Mein Recht als Nachbar
Nachbarschaftsrecht in Österreich
Die Schneeräumpflicht, streunende Nachbarstiere, das Errichten eines Zauns, störende Pflanzen an der Grundstücksgrenze u.v.a.: Anlässe für Konflikte unter Nachbarn gibt es viele.
Doch was ist erlaubt und was nicht?...
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Produktinformationen zu „Mein Recht als Nachbar “
Die Schneeräumpflicht, streunende Nachbarstiere, das Errichten eines Zauns, störende Pflanzen an der Grundstücksgrenze u.v.a.: Anlässe für Konflikte unter Nachbarn gibt es viele.
Doch was ist erlaubt und was nicht?
Anhand vieler Beispiele vermittelt dieser Ratgeber die juristischen Grundlagen des Nachbarschaftsrecht: kompetent, verständlich und auch kurzweilig. Schließlich erleichtert die Kenntnis der Rechtslage eine gute Nachbarschaft.
Klappentext zu „Mein Recht als Nachbar “
Dass die komplexe Materie des Nachbarschaftsrechts auch verständlich und kurzweilig sein kann, beweist das Buch "Mein Recht als Nachbar". Positiver Nebeneffekt: Die Kenntnis der Rechtslage erleichtert das Zusammenleben.Was darf mein Nachbar? Was darf ich eigentlich selbst? Die Fragen klingen banal, wer sich aber nur ein wenig mit dem tagtäglichen Kleinkrieg beschäftigt, der die Lokalseiten der Tagespresse füllt, der weiß, dass es kaum ein heikleres Gebiet gibt als das Nachbarschaftsrecht und dessen Anwendung in der Praxis.
Mit dem Buch "Mein Recht als Nachbar" legt Autor Gerhard Putz einen Band vor, in dem - neben der theoretischen Grundlage des österreichischen Nachbarschaftsrechts in Form der einschlägigen Gesetzespassagen, die für den Laien meist ohnehin schwer verständlich sind - vor allem die praktische Umsetzung der rechtlichen Lage anhand nachvollziehbarer Beispiele im Vordergrund steht. Abgehandelt werden aktuelle Fragen, angefangen von der rechtlich korrekten Errichtung des Zauns über die Schneeräumpflicht, über die Problematik unerwünschter Pflanzen an der Grundstücksgrenze, streunende Nachbarstiere, die Installierung einer Überwachungskamera, Erweiterungsbauten am Nachbargrundstück, den Misthaufen direkt am Zaun bis hin zum Überfliegen oder Untergraben des eigenen Grundstücks. Die Auflistung verrät schon, dass die Fragen des rechtlich korrekten Zusammenlebens nicht nur für den dicht bewohnten städtischen, sondern auch für den ländlichen Bereich erörtert werden; manches Mal kommt der Humor nicht zu kurz, wenn es um Beispiele aus der Praxis geht.
Das Buch wendet sich an Grundbesitzer und Häuslbauer, aber auch an Mieter - denn einen Nachbarn hat bekanntlich jeder. Und wer mit diesem über Jahre gut auskommen möchte, tut dies am besten auf der Basis und in Kenntnis des gültigen Nachbarschaftsrechts.
Der Autor:
Dr. Gerhard Putz ist in seiner Eigenschaft als langjähriger Rechtsberater in einer österreichischen Landwirtschaftskammer ständig mit
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Rechts- und Grenzstreitigkeiten unter Nachbarn konfrontiert. Nach einer Reihe von Fachartikeln und Broschüren legt er jetzt ein Buch zum Thema vor.
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Lese-Probe zu „Mein Recht als Nachbar “
Mein Recht als Nachbar - Nachbarschaftsrecht in Österreich von Gerhard PutzEinwirkungen vom Nachbargrund
*Fallbeispiele
Fall 1: Lena ist ein Nachtmensch, ein „blödes Mensch (= Mädchen)“, wie ihre Nachbarn befinden. Sie schläft bis Mittag und dreht dafür bis Mitternacht ihren DVD-Player auf volle Lautstärke, sodass nur ihr tauber Nachbar Werner ein Auge zumachen kann. Sie rechtfertigt sich damit, dass Astrids Baby ja auch die ganze Zeit brüllt wie am Spieß. Außerdem lasse Astrid rund um die Uhr ihre Waschmaschine auf vollen Touren laufen. Also: Gleiches Recht für alle!?
Fall 2: Patrick ist Bauer mit Leib und Seele. Da sein Betrieb zu klein ist, um eine Familie zu ernähren, bewirtschaftet er ihn im Nebenerwerb. In der Erntezeit kann es da schon vorkommen, dass der Maschinenring erst spät in der Nacht Erntehelfer zur Verfügung hat. Das stört Pensionist Franck. Er erstattet stets Anzeige, wenn er nach 19:00 Uhr ein Maschinengeräusch hört; sei es vom Mähdrescher oder vom Obstbaumspritzen. Schließlich darf er abends auch nicht Rasenmähen.
Fall 3: Martin hat billig ein Grundstück auf dem Land gekauft, doch er hat es schwer mit seinen Nachbarn. Ständig hält sich deren Getier auf seinem herrlich gepflegten englischen Rasen auf. Sobald seine Rechtschutzversicherung in Kraft tritt, will er die gesamte Nachbarschaft verklagen: Irene, weil ihre Katze ständig seinen einzigen Obstbaum zerkratzt; Andrea, deren Hühner immer wieder sein 1 m2 großes Gemüsebeet verwüsten und Günther, weil der sein Gras nur alle zwei Wochen mäht und deshalb ständig Unkraut Martins Heiligtum bedroht. Frieda verklagt er sicherheitshalber, da sich auf deren Grund ein Konglomeratfelsen befindet und Martin befürchtet, dass früher oder später
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Gesteinsbrocken herabfallen. Dafür müsse Frieda haften. Als Frederick verkündet, er werde sich einen altersschwachen Zirkuselefanten kaufen, kommt auch er auf Martins schwarze Liste. Nicht auszudenken, welchen Schaden das Tier anrichten würde.
Grundsätze des Nachbarrechtes
Einwirkungen vom Nachbargrund sind der häufigste Anlass für nachbarliches Ungemach. Umso verwunderlicher, dass diese Materie im Wesentlichen lediglich in einem Paragrafen geregelt ist.
§ 364 ABGB
(1) Ueberhaupt findet die Ausübung des Eigenthumsrechtes nur in so fern Statt, als dadurch weder in die Rechte eines Dritten ein Eingriff geschieht, noch die in den Gesetzen zur Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohles vorgeschriebenen Einschränkungen übertreten werden. Im Besonderen haben die Eigentümer benachbarter Grundstücke bei der Ausübung ihrer Rechte aufeinander Rücksicht zu nehmen.
(2) Der Eigentümer eines Grundstückes kann dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung und ähnliche insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen. Unmittelbare Zuleitung ist ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig.
(3) Ebenso kann der Grundstückseigentümer einem Nachbarn die von dessen Bäumen oder anderen Pflanzen ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug von Licht oder Luft insoweit untersagen, als diese das Maß des Abs. 2 überschreiten und zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Benutzung des Grundstücks führen. Bundes- und landesgesetzliche Regelungen über den Schutz von oder vor Bäumen und anderen Pflanzen, insbesondere über den Wald-, Flur-, Feld-, Ortsbild-, Natur- und Baumschutz, bleiben unberührt.
Gewöhnliche Belästigungen, wie sie das Zusammenleben von Menschen mit sich bringt, muss man dulden. Dies gilt auch für Einwirkungen gewöhnlichen Ausmaßes, die zu keiner erheblichen Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung führen. Nur wenn sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen, können sie untersagt werden.
Da dem Eigentümer die unbeschränkte Herrschaft über seine Liegenschaft zusteht, kann er auf seine Ansprüche verzichten oder eine Erweiterung seiner Ansprüche vereinbaren. § 364 ABGB gilt daher nur, wenn nichts anderes vereinbart wird (OGH 24. 02. 1971, 5Ob23/71, SZ 44/22).
Nachbar ist nicht nur der Eigentümer unmittelbar angrenzender Grundflächen, sondern jeder Eigentümer, der von Maßnahmen, die vom Grundstück der beklagten Partei ausgehen, betroffen sein kann, und zwar ohne Unterschied, wie groß die Entfernung ist und welche Grundstücke dazwischen liegen (OGH 03.10.1996, 1Ob2170/96s, SZ 69/220).
Was sind Immissionen?
Einen zentralen Begriff des Nachbarrechtes bildet das Wort „Immission“ oder auf gut Deutsch „Einwirkung“. Das Gesetz erläutert diesen Begriff nicht näher, aber man geht davon aus, dass nur mittelbares Eindringen im Rahmen der Ortsüblichkeit zu dulden ist. Eine unmittelbare Zuleitung (vgl. SZ 48/4), etwa von Abwässern durch ein Rohr (JBl 1966, 144), Anpressen von Eis und Schnee im Zuge der Straßenräumung (JBl 1987, 381, siehe S. XXX) oder das Pflanzen einer Kletterpflanze (SZ 64/158 = EvBl 1992/56, siehe S. XXX) ist auf alle Fälle verboten. Dazu zählt auch das Eindringen grobkörperlicher Stoffe, wie von Steinen, Kugeln oder Fußbällen (SZ 14/224; vgl. EvBl 1939/525; SZ 68/208 = RdU 1996, 100).
Je nach Art der Immission spricht man von grobkörperlichen, ideellen oder negativen Immissionen:
Körperliche Immissionen sind Einwirkungen durch feste Stoffe (Kugeln etc.), durch gasförmige (z. B. Geruch) oder durch energetische Übertragungen (z. B. Lärm oder Erschütterung).
Ideelle Immissionen beeinträchtigen des Nachbarn psychisches Wohlbefinden, da er sich beispielsweise vor ihnen ekelt (etwa eine besonders hässliche Nachbarin), sein Moralempfinden verletzt (z. B. ein Bordell in der Nachbarschaft) oder weil sie ihn einfach stören (beispielsweise Müll und Gerümpel auf dem Nachbargrund). Ideelle Immissionen können nicht untersagt werden.
Von negativen Immissionen spricht man, wenn Immissionen nützliche Einflüsse vom Nachbargrundstück fernhalten (z. B. Entzug von Licht und Luft oder das Versperren der Aussicht infolge hoher Pflanzen oder Bauten).
Tiere allgemein
Grundsätzlich ist anerkannt, dass auch Tiere solchen Einwirkungen gleich gehalten werden können (vgl. RS0010588). Über die Frage, bei welchen Tiergattungen das Eindringen auf ein fremdes Grundstück noch nach § 364 Abs. 2 ABGB zu beurteilen ist, ist strittig. In der älteren Rechtsprechung wurden Schafe, Schweine und Hühner (1Ob366/29 = SZ 11/174), Hühner (2Ob53/39 = EvBl 1939/290; 2Ob74/49 = SZ 22/197), Bienen (4Ob2347/96t = NZ 1998, 143), Hunde (1Ob23/99k) und Katzen (8Ob94/01h) den Immissionen im Sinne des § 364 Abs.2 gleichgestellt. In seiner Entscheidung 4Ob250/06b (SZ 2007/23) hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass diese Bestimmung auf das Eindringen größerer Tiere nicht anzuwenden ist, wozu jedenfalls Schafe und Ziegen zählen (so auch 10Ob52/11m bei ausschwärmenden Hühnern; siehe unten; vgl. OGH 09. 11. 2011, 5Ob138/11x, JBl 2012, 299 ff).
Hühner
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Der Kläger erwarb 1964 m2 völlige Wildnis, die er durch Bebauung, Aufschütten und Anpflanzen kultivierte. Die Hühner des Beklagten waren während der letzten 70 Jahre (ANMERKUNG: Es handelte sich dabei nicht immer um dieselben Hühner, sonst würde sich das Problem aufgrund der Altersschwäche der Tiere wohl bereits von selbst erledigt haben) nie eingezäunt. Sie wurden täglich ab ca. 14:00 Uhr bis zum Einbruch der Dämmerung, das heißt bis ca. 18:00 Uhr (längstens bis 19:30 Uhr), freigelassen und liefen im gesamten Dorfbereich umher. Bislang gab es mit keinem Nachbarn Probleme. Das änderte sich nun. Der Kläger brachte vor, dass die Hühner die Erde und den Holzdekor im Blumenbeet herausscharren. Außerdem sei der gepflasterte Vorplatz des Klägers sehr häufig durch Hühnerkot verschmutzt. Weiters würden diverse Blumenzwiebeln und Blumen, die sich im Blumenbeet des Klägers befanden, durch das Scharren der Hühner beschädigt, sodass die Blumen nicht mehr wuchsen. Der Kläger begehrte die Unterlassung des Eingriffs in sein Eigentum.
Der Fall ging wieder durch alle Instanzen, der OGH entschied: Die Anwendung des § 364 Abs. 2 ABGB ist im Fall des Eindringens größerer Tiere (wozu neben Schafen und Ziegen auch Hühner zählen) ausgeschlossen, wenn der Grundeigentümer die von seinem Grundstück ausgehenden Beeinträchtigungen eines anderen mit zumutbaren Maßnahmen verhindern kann. § 364 Abs. 2 ABGB ist daher auf Beeinträchtigungen durch Hühner nicht anwendbar. Der beeinträchtigte Nachbar kann deshalb die Eigentumsfreiheitsklage (siehe S. XXX) einbringen, ohne dass es dabei auf die Kriterien der Ortsüblichkeit und Wesentlichkeit des Eingriffs ankommt (OGH 08. 11. 2011, 10Ob52/11m, RS0127237, EvBl 2012, 43f; vgl. 5Ob138/11x). Der Hühnerhalter verlor den Prozess und musste sämtliche Gerichts- und Anwaltskosten bezahlen. Ob seine Hühner inzwischen inhaftiert sind oder er an einer Hühnerphobie leidet, ist unbekannt.
Katzen
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Die Grundstücke der Streitteile befanden sich in einer Tiroler Gemeinde mit knapp weniger als 9000 Einwohnern und waren durch einen ca. 1 m hohen Maschendrahtzaun getrennt. Die Beklagte hielt seit etwa zehn Jahren zwei Katzen, die kastriert bzw. sterilisiert waren. Als Freigänger konnten sie das Haus jederzeit verlassen und wieder dorthin zurückkehren. Vor allem nachts drangen sie zweibis dreimal täglich über den Maschendrahtzaun auf das Grundstück des Klägers ein und verrichteten dort ihre Notdurft. Ein von der Beklagten auf ihrer Liegenschaft als Katzenklo eingerichtetes, mit Rindenmulch befülltes Beet brachte nur kurzfristig Abhilfe. Es kam auch vor, dass andere Tiere als Katzen (ANMERKUNG: Welche? Hunde? Kühe? Elefanten?) auf das Grundstück des Klägers gelangten und dort ihre Notdurft verrichteten. Der Kläger hatte sich eine Steinschleuder zugelegt, um die Katzen der Beklagten zu verjagen (Pfui!). Er begehrte folgendes Urteil: Die beklagte Partei ist schuldig, als Eigentümerin der Liegenschaft ..., es zu unterlassen, zu dulden, dass ihre Katzen durch Kot und Urin die Liegenschaft des Klägers EZ ... verschmutzen.
Der OGH urteilte: Nach § 4 Z 2 Tierschutzgesetz, BGBl I 2004/118 idgF, gehören Hauskatzen zu den Haustieren. Jedenfalls außerhalb des großstädtischen Bereichs ist eine Haltung dieser Tiere in der Form anerkannt, dass sie sich außerhalb des Wohnraums frei bewegen können. Die Anbindehaltung von Katzen ist auch kurzfristig nicht erlaubt (Anlage 1 Z 2 Abs. 2 der 2. Tierhaltungsverordnung, BGBl II 2004/486 idgF). Damit ist es mit zumutbaren (und gesetzlich zulässigen) Maßnahmen kaum zu verhindern, dass Katzen, sofern sie nicht ausschließlich als Wohnungskatzen gehalten werden, die Grundgrenze zum Nachbarn überschreiten. Es besteht aber kein gesetzliches Gebot, Katzen ausschließlich innerhalb von Wohnräumlichkeiten zu halten.Der OGH urteilte: Nach § 4 Z 2 Tierschutzgesetz, BGBl I 2004/118 idgF, gehören Hauskatzen zu den Haustieren.
Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass das Eindringen zweier Katzen nicht die gesetzliche Grenze der Ortsüblichkeit überschreitet und daher selbst dann hinzunehmen ist, wenn damit eine wesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Benützung eines Grundstücks verbunden ist. Die Ortsüblichkeit einer Immission nach dieser Gesetzesstelle findet erst dort ihre Grenzen, wo die ortsübliche Benützung der Nachbarliegenschaft derart beeinträchtigt wird, dass es nicht nur zu einer Belästigung, sondern zu Schäden an der Substanz des Grundstücks oder an der Person des Nachbarn kommt. Der Kläger wurde verurteilt, seiner Nachbarin die mit 2.458,28 @ bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen (OGH 09.11. 2011, 5Ob138/11x, EvBl 2012/37). Seither feiert die Mieze angeblich wüste Partys in Nachbars Garten.
Steinschlag als Elementarereignis
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Im Zuge der Verkaufsverhandlungen wurden die Kläger über folgende, bereits seit Jahren bestehende Vereinbarung informiert: „Ebenso wie bisher die Übergeberin (Brauerei S-GmbH) hat in Hinkunft die Übernehmerin (Beklagte) für die Vermeidung von Schäden durch herabbrechendes Gestein, Erdreich oder ähnliches von dem steilen Abfall der Übergabsliegenschaft gegen die Baulichkeiten der Übergeberin ... bei sonstiger Verpflichtung zum Schadenersatz Sorge zu tragen.“ Die Kläger forderten, die Beklagte schuldig zu erkennen, 1. ihnen den Betrag von ATS 39.147,60 samt 4 % Zinsen seit dem Klagstag zu zahlen (siehe unten) und 2. Vorkehrungen baulicher Art auf ihrem Grundstück zu treffen, wodurch in Hinkunft das Abstürzen von Gestein, Erdreich und anderen Stoffen auf die Liegenschaft ... vermieden und hintangehalten wird. Von den Grundstücken der Beklagten würden Gesteinsmassen, Geröll und Erdreich abstürzen und zum Teil in einer Regenrinne oberhalb des Gebäudes liegen blieben, zum anderen Teil aber auch das Blechdach des niedrigeren Gebäudes durchschlagen. Das habe zu einer Durchfeuchtung der Dachkonstruktion und des darunter liegenden Mauerwerks geführt, sodass Decken- und Fußbodenschäden aufgetreten seien. Weil überdies die Abwasserrinne mit Geröll angefüllt worden sei, sei auch dort Wasser in das Gebäude eingedrungen und habe erhebliche Bauschäden verursacht, deren Behebung einen Kostenaufwand von ATS 39.147,60 erfordere. Die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des angeführten Kostenaufwandes und zur Vornahme von Vorkehrungen zur Unterbringung künftiger Immissionen ergebe sich nicht nur aus den nachbarrechtlichen Vorschriften, sondern auch aufgrund des Vertrages.
Dazu der OGH: Die Kläger haben ein Grundstück erworben, das an einen natürlich gewachsenen Konglomeratfelsen grenzt. Es war objektiv erkennbar, dass Einwirkungen durch herabfallendes Gestein auf die Dauer nicht auszuschließen sind. Dafür wurde von den Klägern nach den Feststellungen der Untergerichte auch ein Kaufpreis entrichtet, bei dem auf die Lage und Beschaffenheit des Unterliegergrundstücks Bedacht genommen wurde. Die Kläger als Erwerber der Unterliegergrundstücke haben damit die Unzukömmlichkeiten auf sich genommen, die mit dem Erwerb einer an einen Konglomeratfelsen angrenzenden Liegenschaft verbunden sind (vgl. hiezu JBl 1961, 156). Sie können daher von den Beklagten nur noch zumutbare Vorkehrungen gegen Schäden durch herab fallendes Gestein, Erdreich und größere Äste begehren. Das trifft auch für den Ausgleichsanspruch zu (OGH 24. 02. 1971, 5Ob 23/71; vgl. auch OGH 27. 11. 1984, 2Ob569/83, SZ 57/187).
Steinschlag als Folge einer Rodung am Nachbargrund
Beispiel aus der Gerichtspraxis
„Tatort“: Eine rund 10 ha große Waldfläche (Schutzwald). Im Rahmen einer Überprüfung wurde festgestellt, dass die Stabilität des Schutzwaldes aufgrund der konsenslos und unsachgemäß vorgenommenen Fällungen im Hinblick auf den felsigen und seichtgründigen Untergrund nicht mehr voll gewährleistet sei. Der Beklagte wurde daraufhin bescheidmäßig zur Wiederaufforstung verpflichtet. Der Nachbar begehrte daraufhin vom Grundeigentümer die Unterlassung von Immissionen in Form von Steinen und Felsbrocken im Bereich seiner Liegenschaft (Streitwert: ATS 60.000,–). Er habe rechtswidrig den Schutzwald durch Kahlschlägerung weitgehend entfernt. Die Folge sei, dass sich insbesondere durch Erosion, Wind- und Wassereinwirkung und aufgrund der steilen Hanglage zahlreiche Steine, zum Teil sogar Felsbrocken, lösten, in seine Liegenschaft eindrängen und dort Schäden anrichteten. Solche Steinschläge habe es zuvor nie gegeben. Die Steinschlaggefahr sei durch die Schlägerung jedenfalls erhöht worden.
Dazu das Höchstgericht: Nach Auffassung des erkennenden Senates sind nachbarrechtliche Ansprüche ausgeschlossen, wenn es sich um Elementarereignisse handelt, die ohne menschliches Zutun eintreten. Nun stelle zwar eine forstwirtschaftliche Waldnutzung an sich bereits einen Eingriff in die Natur dar, der eine Veränderung gegenüber dem Zustand eines Urwaldes mit sich bringt. Dennoch löse nicht schon jegliche Waldbewirtschaftung eine Immissionshaftung für Steinschlag- oder Lawinengefahr aus. Auch dann stehe die Naturgewalt im Vordergrund, deren Auswirkungen im Allgemeinen dem Waldeigentümer nicht zuzurechnen seien. Werde aber eine im Hinblick auf das Naturwirken besonders gefährliche Nutzungsart gewählt, könne eine nachbarrechtliche Verantwortlichkeit bestehen. Immissionsrechtliche Ansprüche bestünden grundsätzlich unabhängig von den forstrechtlichen Bestimmungen. Dass ein Verhalten öffentlichrechtlichen Vorschriften entspricht, schließe einen Anspruch gemäß § 364 ABGB ebenso wenig aus, wie umgekehrt der Verstoß gegen öffentliches Recht nicht schon einen privatrechtlichen Unterlassungsanspruch begründe. Im vorliegenden Fall habe der Grundeigentümer eine besonders gefährliche Nutzungsart gewählt, weshalb er die hierdurch begünstigten Auswirkungen der Naturgewalten immissionsrechtlich zu verantworten habe (OGH 20. 03. 1997, 2Ob13/97v, JBl 1997, 658).
Vgl. aber OGH 24. 02. 1971, 5 Ob 23/71, SZ 44/22, RS0010613: Nicht durch die Vorschrift des § 364 Abs. 2 ABGB gedeckt ist das Eindringen fester Körper größeren Umfanges. Die Grundeigentümer sind daher befugt, mittelbare Einwirkungen auf Grund des Nachbarrechtes abzuwehren, soweit es sich um grob körperliche Immissionen handelt, was für herabfallendes Gestein, Erdreich und größere Äste, nicht aber für fallendes Laub und herabrinnende Hangwässer zutrifft.
Entzug von Grundwasser
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Der Kläger betrieb auf etwa 10 000 m2 eine Gärtnerei. Der Wasserbedarf wurde ohne Wasserrechtliche Bewilligung aus einem Hausbrunnen gedeckt. Die Beklagte errichtete 200 m entfernt eine Tankstelle. Im Zuge der Bauarbeiten wurde über deren Veranlassung durch ein Tiefbauunternehmen Grundwasser aus der Baugrube abgepumpt. Der Kläger begehrte, gestützt auf die §§ 364 und 364a ABGB, aber auch unter Behauptung eines Verschuldens der beklagten Partei, von dieser Schadenersatz in der Höhe von ATS 516.559,–. Er brachte vor, dass aufgrund der Tiefbohrungen der Grundwasserspiegel auch im Bereich seines Grundstücks abgesunken und der Hausbrunnen versiegt sei. Mangels Wasserversorgung seien 10 % der von ihm ausgesteckten Pflanzenstecklinge für Balkonpflanzen irreparabel beschädigt worden.
Dazu der OGH: Dem Kläger wurde grundsätzlich Recht gegeben. Zur Höhe des Anspruchs mangle es jedoch an entsprechenden Feststellungen. Aus der Begründung: Beim Absenken des Grundwasserspiegels handelt es sich nicht um eine „negative“ Einwirkung, wie sie z. B. der teilweise Entzug der Aussicht auf ein Grundstück, die Entziehung der erwärmenden Kraft der Sonne und ihres Lichtes durch Bauwerke auf dem Nachbargrund (MietSlg 35.024 f) darstellen. Die Ableitung des Grundwassers ist nämlich der Zuleitung von Wasser und damit eines sinnlich wahrnehmbaren Stoffs auf mechanischem oder physikalischem Weg (MietSlg 35.025) gleichzuhalten und stellt daher begrifflich eine Immission im Sinne der §§ 364f ABGB dar. Werden etwa das unbeabsichtigte Eindringen von Niederschlagswasser auf ein Nachbargrundstück (MietSlg 27.047) und – vor allem auch – das Absenken des Grundwasserspiegels durch die Errichtung einer Sohldrainage zur Entwässerung während der Durchführung von Bauarbeiten (ecolex 1991, 454) als Immissionen beurteilt, muss dies gleichermaßen auch für das Vorgehen der beklagten Partei bei der Absenkung des Grundwasserspiegels auf ihrem Grundstück zur Errichtung einer behördlich genehmigten Anlage gelten (SZ 57/179). Die beklagte Partei hat das schädigende Verhalten des von ihr beauftragten Unternehmens und deren Leute zu vertreten (OGH 03. 10. 1996, 1Ob2170/96s, SZ 69/220).
Überschwemmung und Vermurung infolge von Geländekorrekturen
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Die Beklagten führten in weiten Bereichen ihres Grundstücks Geländekorrekturen durch, nahmen Aufschüttungen und Planierungen vor und änderten die Nutzungsart von Wiese in Acker, auf dem Mais angebaut wurde. Die Ackernutzung in einer Hanglage und die Bestellung mit Mais sind ortsüblich. Bei der Vornahme der Geländekorrekturen und gleichzeitiger Ackernutzung wurde von den Beklagten jedoch auf das Auftreten möglicher Oberflächenabflüsse und Bodenabträge bei stärkeren Niederschlägen nicht ausreichend Bedacht genommen. Der Kläger begehrte, die Beklagten schuldig zu erkennen, dafür Sorge zu tragen, dass es auf seinem Grundstück zu keinen Überschwemmungen und Vermurungen durch vom Grundstück der Beklagten abfließendes Wasser und abgeschwemmten Schlamm kommen könne. Die bisher von den Beklagten ergriffenen Maßnahmen, insbesondere die Errichtung eines Grabens, seien unzureichend.
Die beklagten Landwirte beriefen sich unter anderem auf die Ortsüblichkeit ihres Vorgehens und auf § 39 WRG („Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse“).
§ 39 Wasserrechtsgesetz
(1) Der Eigentümer eines Grundstückes darf den natürlichen Abfluß der darauf sich ansammelnden oder darüber fließenden Gewässer zum Nachteile des unteren Grundstückes nicht willkürlich ändern. (2) Dagegen ist auch der Eigentümer des unteren Grundstückes nicht befugt, den natürlichen Ablauf solcher Gewässer zum Nachteile des oberen Grundstückes zu hindern. (3) Die Abs. 1 und 2 gelten nicht für eine Änderung der Ablaufverhältnisse, die durch die ordnungsmäßige Bearbeitung eines landwirtschaftlichen Grundstückes notwendigerweise bewirkt wird.
ANMERKUNG
§ 39 Abs.1 WRG gelangt nach ständiger Rechtsprechung nur bei unverbauten, landwirtschaftlichen Zwecken dienenden Grundstücke zur Anwendung (SZ 26/151;JBl 1995, 317; VwSlg. 13564A).
Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz beschäftigte sich als 2. Instanz mit diesem Vorbringen und führte dazu aus: Gemäß § 32 Abs. 8 WRG gilt die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung als ordnungsgemäß, wenn sie unter Einhaltung der bezughabenden Rechtsvorschriften in Berücksichtigung der Standortgegebenheiten, insbesondere betreffend Chemikalien, Pflanzenschutz- und Düngemittel, Klärschlamm, Bodenschutz und Waldbehandlung sowie besonderer wasserrechtlicher Anordnungen erfolgt. Mit dieser Gesetzesbestimmung wird durch die Erwähnung der bezughabenden Rechtsvorschriften auch auf die Bodenschutzgesetze der Länder verwiesen. Nach § 6 des Stmk landwirtschaftlichen Bodenschutzgesetzes sind die Nutzungsberechtigten landwirtschaftlicher Böden verpflichtet, Bodenerosionen und Bodenverdichtungen durch pflanzenbauliche, kulturtechnische und landtechnische Maßnahmen zu vermeiden. Nach dem hier vorliegenden Sachverhalt ist von den Beklagten diesen öffentlich-rechtlichen Bestimmungen nicht entsprochen worden. Ungeachtet der Verletzung öffentlich-rechtlicher Bestimmungen bleiben jedoch parallele zivilrechtliche Unterlassungsansprüche (wie nach den §§ 364 ff ABGB) davon unberührt; bei einer willkürlichen Veränderung der natürlichen Abflussverhältnisse besteht eine „konkurrierende Zuständigkeit“ von Gericht und Wasserrechtsbehörde (vgl. SZ 36/164). Allerdings kommt eine „mehr als hilfsweise“ Heranziehung öffentlich-rechtlicher Vorschriften bei der Beurteilung privatrechtlicher Abwehransprüche nicht in Betracht.
Der OGH schloss sich dieser Ansicht an und beurteilte den Sachverhalt ausschließlich nach §§ 364 ff. ABGB: Nicht hinzunehmen sind vom Nachbarn gesetzte Tätigkeiten, die unmittelbar auf die Einwirkung gerichtet sind (vgl. JBl 1966, 144 [Zuführung von Abwässern in einer Röhre bis zur Grundstücksgrenze und deren Weiterfluss in einer offenen Rinne, sodass sie in das angrenzende Erdreich und sodann in das Nachbargrundstück eindringen können]; 5Ob332/68 [Ableitung von Abwasser durch Rohrleitungen in die unmittelbare Nähe der Grundstückgrenze, von wo es infolge undichter Leitung auf das hangabwärts liegende Grundstück sickert]; 1Ob16/77=SZ 50/84 [Einleitung von Abwässern eines Bergbaubetriebs in ein Fischwasser]; 1Ob29/89 [Ableitung der Überwässer durch Rohre und Gräben derart, dass das Wasser nicht mehr versickern kann]; 8Ob523/95 [Verschmutzung des Nachbargrundstücks durch Jauche]; 1Ob31/95=RdU 1996, 146 [Eröffnung der Möglichkeit zum Eintritt von Wasser in den Keller des Klägers durch eine Gemeindekanalisationsanlage];RS0010635).
Eine unmittelbare Zuleitung liegt auch dann vor, wenn nur die Zuleitung durch eine „Veranstaltung“ des Nachbarn bewirkt wird, die für eine Einwirkung gerade in der Richtung auf das Nachbargrundstück hin ursächlich ist (SZ 50/84, SZ 55/30; 1Ob615/94 = SZ 67/212 = JBl 1995, 317; RdU 1996, 146 u. a.), hier somit, wenn die Beklagten durch ihre „Veranstaltungen“ die Möglichkeit zum Eintritt von (Niederschlags-)Wasser auf das Grundstück des Klägers eröffneten (RdU 1996, 146 mwN). Somit sind auch erdbautechnische Veränderungen des höherliegenden Grundstücks (Geländekorrekturen durch Aufschüttungen und Planierungen), die zu einer maßgeblichen Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse der Niederschlagswässer zum Nachteil des Unterliegers führen, als unmittelbare Zuleitungen iSd § 364 Abs. 2 zweiter Satz ABGB zu beurteilen.
Dabei ist es bedeutungslos, ob der Oberlieger überhaupt keine Maßnahmen gegen die von ihm vorgenommene Änderung der Abflussverhältnisse (auch der Niederschlagswässer) trifft oder sich – so wie hier – seine Maßnahmen als ungenügend erweisen, um das Grundstück des Unterliegers vor negativen Auswirkungen dieser Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse der Niederschlagswässer zu schützen.
Damit bedarf es aber keiner Prüfung der ortsüblichen Verhältnisse mehr. Denn unmittelbare Zuleitungen müssen unter keinen Umständen geduldet werden und erlauben es dem Störer nicht, sich auf die Ortsüblichkeit zu berufen (SZ 44/140 = ImmZ 1972, 59; SZ 55/30; RdU 1996, 146 u. a.). Die Kläger bekamen Recht, die Beklagten mussten die Kosten in der Höhe von ATS 22.127,76 übernehmen (OGH 24. 04. 2001, 1Ob42/01k, ecolex 2001,738 = immolex 2002,333 = RdU 2002,76 = MietSlg 53.025 = MietSlg 53.064).
Wasser und Schlamm vom Nachbaracker
Beispiel aus der Gerichtspraxis:
Ein Grundstückseigentümer begehrte Reinigungskosten von je 400,– @ für die Überschwemmungen sowie den Ersatz von 16.508,99 @ für sonstige Schäden. Weiters begehrte er, den Beklagten schuldig zu erkennen, alles zu unterlassen, wodurch von dessen Grundstücken Wasser und Schlamm auf seine Liegenschaft gelangen kann, insbesondere die Entfernung von Schutzeinrichtungen. Der benachbarte Landwirt habe die Abflussverhältnisse des anfallenden Oberflächenwassers durch die Art der Bestellung seiner zur Gemeindestraße abfallenden Felder verändert und dadurch die Ursache für die Verschlammung des klägerischen Grundstücks im Falle von schweren, nicht außergewöhnlichen Niederschlägen geschaffen.
Der OGH stellte fest: Ein neu zugezogener Nachbar, dessen Vorgänger nachteilige Einwirkungen vom Nachbargrundstück als ortsübliche Immissionen zu dulden hatten, kann den Emittenten grundsätzlich nicht zur Änderung der Nutzung seiner Liegenschaft und zu Einschränkungen der bisherigen Bewirtschaftung zwingen, sondern hat vielmehr selbst für die Abwehr bisher ortsüblicher und damit zulässiger Immissionen Sorge zu tragen (OGH 18. 10. 2005, 1Ob190/05f).
Verunreinigung von Teichen durch Baumaßnahmen
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Oberhalb der Fischteichanlage des Klägers mündete das Wasser der P-Quelle in den K-Bach. Die beklagte Gemeinde beauftragte die Firma F. Quellfassungsarbeiten an der P-Quelle durchzuführen. Eine wasserrechtliche Bewilligung für die Durchführung dieser Arbeiten bzw. für die damit verbundene Einleitung von Schlamm- und Erdmassen in den K-Bach wurde nicht eingeholt. Mit einem Bagger wurde von etwa 60 m bachabwärts der P-Quelle bis zur P-Quelle ein bis zu 5 m tiefer Graben gegraben. Die Gemeinde hatte weder überprüft, ob der Kläger verständigt worden war, noch ob die Firma von der Existenz der Teiche wusste. Bald bemerkte der Kläger, dass das Wasser in allen drei Teichen infolge Verschmutzung des zuführenden K-Baches dunkelbraun und moorig war. Wenn das Wasser über das Umleitgerinne abgeleitet worden wäre, hätte die Verschmutzung viel geringer gehalten werden können. Nach Beendigung der Quellfassungsarbeiten unterließ der Kläger vorerst aus verschiedenen Gründen eine Reinigung der Teiche. Aufgrund des Güterwegebaues kam es zu weiteren Verschmutzungen der Teiche, sodass der Kläger eine Reinigung dann für zwecklos hielt. Stattdessen begehrte er den Zuspruch von ATS 289.800,– sA (Kosten der Reinigung der Fischteiche von den abgesetzten Schlammassen: ATS 205.200,–; Ersatz für verendete Fische: ATS 54.600,–. Verdienstentgang für drei Jahre: ATS 30.000,–) und die Feststellung, dass die Gemeinde für alle Schäden und Folgen hafte.
Dem Kläger wurde für das 1. Jahr kein Verdienstentgang zugesprochen, weil er in der Lage gewesen wäre, mit relativ geringen Mitteln (ATS 18.144,–) den Schlamm rechtzeitig zu entfernen und den Fischbestand zu ersetzen. Hätte er dies getan, hätte er im 1. Jahr keinen Verdienstentgang gehabt. Er hatte es sich daher selbst zuzuschreiben, dass er in diesem Jahr keinen Erlös ziehen konnte. Insgesamt wurde ihm der Betrag von ATS 41.585,– sA zuerkannt, und zwar ATS 23.441,– für das Absterben der Fische und ATS 18.144,– für die Kosten der Entfernung des angeschwemmten Schlammes. Die Gemeinde hafte für Schäden, die durch Arbeiten an der Quellfassung der P-Quelle, nicht aber für Schäden, die durch die Arbeiten zum Güterweg G eingetreten seien. Sie sei nämlich weder Auftraggeberin noch Bauherrin des Güterweges gewesen, sondern lediglich mit 20 % an der Beitragsgemeinschaft beteiligt. Es sei für sie aber vorhersehbar gewesen, dass durch die Arbeiten an der P-Quelle eine Verschmutzung der Teiche eintreten werde. Sie hätte sich daher zumindest versichern müssen, dass die Baufirma die Verständigung des Klägers vorgenommen habe bzw. ob jener die Existenz der Teiche überhaupt bekannt gewesen sei, zumal eine wasserrechtliche Bewilligung der Arbeiten nicht erfolgte. Der OGH stellte weiters grundsätzlich fest, dass die nachbarrechtlichen Vorschriften des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches auch im Verhältnis eines beeinträchtigten Privatgrundstückes zu einer öffentlichen Straße anzuwenden sind. Öffentliches Gut stehe im Privateigentum des Staates oder einer anderen Gebietskörperschaft. Als Verwalterin des öffentlichen Gutes habe die Gemeinde auch die privatrechtlichen Verpflichtungen wahrzunehmen. Daraus folge, dass gegen sie grundsätzlich auch nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche gerichtet werden können (OGH 31. 08. 1984, 1Ob14/84, SZ 57/134).
Hoheitliche Maßnahmen (z. B. Müllablagerstätten, öffentliche Straßen oder die Stationierung von Abfangjägern) können mit privatrechtlichen Mitteln nicht verhindert werden (vgl. SZ 15/118). Alle Anordnungen der Gebietskörperschaft, die im Rahmen der ihr obliegenden Verpflichtung für die Erhaltung der Straßen getroffen werden, gelten als Akte der Hoheitsverwaltung. Soweit die Gebietskörperschaft als Bauherr auftrete, hafte sie nach den Grundsätzen des Nachbarrechtes. Es komme nicht darauf an, ob die Arbeiten, von denen die Einwirkungen ausgingen, privaten Zwecken oder solchen des Gemeinwohles dienten (OGH 21. 04. 1982, 6Ob548/81, SZ 55/55).
Verunreinigung eines Hausbrunnens durch Jauche
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Die Beklagten, die eine insgesamt 22 ha große Land- und Forstwirtschaft betreiben, brachten auf ihren Wiesengrundstücken sieben bis acht Fässer Jauche mit einem Inhalt von je 2600 Liter und ca. vier Säcke à 50 kg Weidenitramon aus. Es kam zu starken Regenfällen, in deren Verlauf Abschwemmungen von der Wiesenfläche der Bauern in Richtung Süden zum Anwesen des Nachbarn erfolgten. Kurze Zeit später stellten diese fest, dass das Wasser ihres Hausbrunnens nach Jauche stank und schäumte. Die Untersuchung von Wasserproben ergab den Nachweis von Fäkalcolibakterien, sodass das Brunnenwasser nicht getrunken werden konnte. Trotz mehrmaligen Auspumpens des Brunnens und Zusatzes von Chlortabletten ließen sich die Verunreinigungen nicht beseitigen. Die Kläger ließen daraufhin an anderer Stelle auf ihrem Grundstück einen neuen Brunnen bohren, dessen Wasser jedoch gleichfalls Fäkalcolibakterien enthielt, sodass es als Nutz- und Trinkwasser nicht verwendbar war. Mit ihrer Klage forderten sie Schadenersatz sowie die Feststellung, dass die Landwirte zur ungeteilten Hand für alle nachteiligen Folgen der durch die Düngung hervorgerufenen Verunreinigung des Wassers im Hausbrunnen der Kläger haften.
Der OGH gab ihnen Recht und führte in diesem Zusammenhang aus: Auch durchaus ortsübliche landwirtschaftliche Maßnahmen können dann zu nachbarrechtlichen Ansprüchen führen, wenn sie – etwa aufgrund der besonderen Bodenverhältnisse – zu Einwirkungen auf das Nachbargrundstück führen, die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten. Für nachbarrechtliche Ansprüche, die auf eine Gewässerverunreinigung zurückzuführen sind, ist die Vorschrift des § 26 Abs. 5 WRG analog anzuwenden, sodass die Kläger nur den Beweis zu erbringen haben, dass die Beklagten örtlich und nach der Beschaffenheit der Abwässer als Verursacher in Betracht kommen, während es Sache der Beklagten ist, diese Vermutung durch den Nachweis der Unwahrscheinlichkeit der Verursachung zu entkräften. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung ist ein vom Verschulden unabhängiger Ausgleichsanspruch in den Fällen des § 364 Abs. 2 ABGB dann zuzubilligen, wenn sich ausreichende Anhaltspunkte für eine Analogie zu § 364a ABGB ergeben. Diese Gesetzesstelle regelt einen der Enteignung verwandten Tatbestand. Der Geschädigte hat deshalb einen Ersatzanspruch, weil er im Interesse des Nachbarn Eingriffe in sein Eigentum hinnehmen muss, die über die normale Duldungspflicht des § 364 Abs. 2 ABGB hinausgehen. Jede Analogie zu § 364a ABGB hat an diese Grundsituation anzuknüpfen. Dem Geschädigten muss ein Abwehrrecht genommen sein, das ihm nach dem Inhalt seines Eigentums an sich zugestanden wäre (OGH 17. 11. 1993, 1Ob19/93, SZ 66/147).
Wasser
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Die Kläger waren Miteigentümer eines – in Hanglage – unterhalb jenem der Beklagten gelegenen Grundstücks. Sie begehrten, die Beklagten schuldig zu erkennen, dafür Sorge zu tragen, dass die Meteorwässer nicht von deren Grundstück auf den Grund der Kläger abgeleitet werden. Durch die bautechnische Ausgestaltung der Auffahrt der Beklagten und durch das Fehlen jeglicher Abflussvorkehrungen am Beginn des Einfahrtsbereichs gelange Regenwasser ungehindert über die öffentliche Straße direkt in die der Auffahrt der Beklagten gegenüber liegende Garage der Kläger. Die Auffahrtstraße der Beklagten entfalte eine kanalartige Wirkung, die eine Überflutung des benachbarten Grundstücks der Kläger geradezu fördere. Die Beklagten hätten eine unmittelbare Immission im Sinn des § 364 Abs. 2 zweiter Satz ABGB zu verantworten. Selbst bei Annahme einer (nur) mittelbaren Immission werde das nach den ortsüblichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschritten und die ortsübliche Nutzung des Grundstücks der Kläger wesentlich beeinträchtigt.
Der OGH: Nachbarrechtliche Ansprüche nach § 364 Abs. 2 ABGB verjähren – als Anwendungsfälle der negatorischen Eigentumsklage – grundsätzlich nicht. Die Beklagten haben durch die Vornahme einer wesentlichen Veränderung der Abflussverhältnisse im Zuge der Errichtung der Zufahrtsstraße eine – regelmäßig stattfindende – unmittelbare Zuleitung von Meteorwässern auf das Grundstück der Kläger bewirkt. Dies ist gemäß § 364 Abs. 2 letzter Satz ABGB unzulässig. Der Klagsanspruch besteht daher – mangels Verjährung – zu Recht. Die Beklagten mussten den klagenden Parteien deren mit 13.242,02 @ bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen ersetzen (OGH 21. 10. 2008, 1Ob47/08f, RS0124364; vgl. OGH 16. 06. 2011 6Ob75/11i).
Die Zuführung von Abwässern verstößt gegen das Verbot unmittelbarer Zuleitung (RS0010551; SZ 54/137 [Abflussrohr]). Im Sinne dieser Rechtsprechung liegt auch in der Errichtung des Dachs eines Carports eine „Veranstaltung“, durch die unmittelbar Regenwasser auf das Nachbargrundstück abgeleitet wird (9Ob32/02z; 7Ob21/04w; 7Ob8/07p) (OGH 24. 01. 2008, 2Ob111/07y).
Laub
Ein Immissionsabwehranspruch nach § 364 Abs. 2 bzw. 3 ABGB besteht, wenn die Beeinträchtigung unter Bedachtnahme auf das nachbarrechtliche Rücksichtnahmegebot die ortsübliche Benutzung des Grundeigentums wesentlich beeinträchtigt und einen unzumutbaren Zustand herbeiführt, der nicht durch eine leichte und einfache Ausübung des Selbsthilferechts beseitigt werden kann. Bei Laub (vgl. 5Ob23/71 = SZ 44/22) und Nadeln handelt es sich um keine grobkörperlichen Einwirkungen, wie etwa bei Fußbällen (u. a. OGH 28. 06. 2011, 9Ob29/11x, JBl 2011, 788ff), Tennisbällen (8Ob635/92 = SZ 65/145), Baumstämmen (5Ob3/99y = JBl 1999, 520), flüssigem Beton im Zuge einer Bauführung (OGH 20. 10. 1977, 6Ob673/77, MietSlg 29042) oder Erdmassen (5Ob23/71 = SZ 44/22), die nach § 364 Abs. 2 Satz 2 ABGB unabhängig von ihrer Ortsüblichkeit und Wesentlichkeit untersagt werden können (RS0010613). Eine gelegentliche Reinigung der Dachrinne ist den Beklagten nach den örtlichen Verhältnissen jedenfalls zumutbar. Die abstrakte Gefahr, dass es bei einem Unterbleiben dieser Reinigung (auch) wegen der Laub- und Nadelimmissionen zu einer Verstopfung der Dachrinne und in weiterer Folge bei andauerndem Überlaufen zu euchtigkeitsschäden im Mauerwerk kommen könnte, ist daher kein Grund, eine wesentliche Eigentumsbeeinträchtigung anzunehmen (OGH 09. 08. 2011, 4Ob96/11p, EvBl 2012, 1103; EvBl-LS 2011/175).
Veitschi-Pflanze
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Zwischen 1956 bis 1958 wurden an eine nicht unmittelbar an die Liegenschaften der Kläger anschließende Hofseite zwei Veitschi-Pflanzen gesetzt. Diese breiteten sich derart aus, dass einige Jahre später die die beiden Liegenschaften trennende, im Eigentum der Kläger stehende Feuermauer, bewachsen war. Die Kläger begehrten, die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, den Bewuchs des gesamten Grenzmauerwerkes, des Garagendaches und der Hoffassade durch Veitschi-Pflanzen zu unterlassen, den bestehenden Bewuchs zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Durch die Bepflanzung werde das Mauerwerk der Kläger in unzulässiger Weise in Anspruch genommen und die Gebäudesubstanz geschädigt.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung 7Ob613/91 (SZ 64/158 = EvBl 1992/56) dargelegt hat, stellt das zwangsläufige und überdies auch beabsichtigte Emporranken einer Kletterpflanzen einer im Eigentum des Nachbarn stehenden Grenzmauer einen Eigentumseingriff dar, der den Nachbarn befugt, den anderen von der Benützung der Mauer auszuschließen und unberechtigte Eingriffe in sein Eigentumsrecht mit Klage nach § 523 ABGB geltend zu machen. Ihm steht weiters das Recht zu, die Entfernung der Kletterpflanze (auch dort handelte es sich um einen Veitschi), von der der Bewuchs ausgeht und die anders gar nicht wachsen kann, weil dies ihrem zwangsläufigen Wachstum entspricht, zu verlangen. Eine derartige Benützung der Nachbarmauer ist als unmittelbare Zuleitung im Sinn des § 364 Abs. 2 zweiter Satz ABGB zu beurteilen, die ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig ist. Im vorliegenden Fall wurden die Wurzelstöcke der Veitschi-Pflanze aber nicht entlang der Grenzmauer gesetzt. Die Pflanze breitete sich nicht nur über die Grenzmauer und zur Liegenschaft der Kläger hin aus, sondern begrünte vor allem auch im Eigentum der Beklagten stehende Mauern in deren Hof.
Soweit die Pflanze die Fassade des Nachbargebäudes empor rankt, führt dies zu einer unzumutbaren, nicht mehr mit dem Utilitätserfordernis zu rechtfertigenden Einschränkung des Eigentumsrechtes der Kläger an ihrer Liegenschaft, wozu auch die Freiheit der Gestaltung der äußeren Bauteile ihres Hauses gehört. Dies führte dazu, dass die Kläger mit ihrer Eigentumsfreiheitsklage insoweit durchdrangen, als der Pflanzenbewuchs über die hofinnenseitige Wand (von den Beklagten aus gesehen) der Feuermauer auf ihr Grundstück hinüberreichte, also auch das Dach ihrer Garage und ihre eigenen Hoffassade in Mitleidenschaft zog. Das Begehren, „den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen“, war jedoch mangels Bestimmtheit abzuweisen, da unklar war, in welchem Zustand die betroffenen Gebäudeteile vor dem Pflanzenbewuchs waren. Hinsichtlich des Unterlassungs- und Entfernungsbegehrens, soweit es die zum Hof der Beklagten gerichtete Seite der Feuermauer betraf, sah der OGH das Verfahren als noch nicht spruchreif. Diesbezüglich wurde die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen (OGH 29. 03. 2001, 6Ob255/00v, SZ 74/57).
Nachbars Nüsse beschädigen ein Auto
Beispiel aus der Gerichtspraxis
An der Grundstücksgrenze befand sich ein 25 Jahre alter und 12 m hoher Nussbaum, einige seiner Äste ragten über die Grenze und den vom Kläger gemieteten Abstellplatz, sodass im Jahr 2006 Nüsse auf das Fahrzeug des Klägers prasselten. Er argumentierte, es handle sich um unmittelbare Einwirkungen seitens der Beklagten im Sinne des § 364 Abs. 2 ABGB, wobei er das Eindringen der grob körperlichen Stoffe, der Nüsse, nicht dulden müsse.
Das LG St. Pölten nahm sich als Berufungsgericht der Sache an und führte aus: § 364 Abs. 3 ABGB idF des ZivRÄG 2004 regelt nur die Abwehr bestimmter negativer Immissionen durch Pflanzen, die sich in einem Entzug von Licht oder Luft äußern. In Bezug auf das Eindringen von Wurzeln oder Ästen in den Bereich des Nachbargrundes ist aber nach wie vor § 422 ABGB die Sondervorschrift zu § 364 ABGB. Über das in § 422 ABGB normierte Selbsthilferecht hinaus habe der Nachbar nicht die Möglichkeit, ein auf sein Eigentumsrecht gestütztes Begehren zur Beseitigung des Überhangs durch den Eigentümer des Baums oder Strauchs zu stellen. Daraus folge, dass der Baumeigentümer mit dem Belassen von über die Grundgrenze gewachsenen Wurzeln oder überhängenden Ästen nicht gegen die §§ 421, 422 ABGB verstoße und damit auch nicht rechtswidrig handle. Er könne daher nach diesen Bestimmungen auch nicht für einen dem Nachbarn daraus entstehenden Schaden haftbar gemacht werden (RS0011093). Für den verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruch im Sinn des § 364a ABGB fehle es an den nötigen Tatbestandsvoraussetzungen. Der Nachbar verlor den Prozess (LG St. Pölten 10. 01. 2008, 21R346/07a, RSP0000075).
Unkrautspritzung
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Der Beklagte hatte auf seinen Äckern durch die Lagerhausgenossenschaft D. eine Unkrautspritzung durchführen lassen. Schon nach zwei Tagen zeigten sich in einem angrenzenden Weingarten der Klägerin Laubverfärbungen. An circa 1000 Weinstöcken wurde eine Ertragsminderung festgestellt, die einen Mostausfall von circa 400 Litern zur Folge hatte. Der Mostpreis betrug damals durchschnittlich ATS 5,– pro Liter. Sie forderte vom Nachbarn Ersatz.
Das Höchstgericht stellte fest: Eine einmalige Einwirkung wird oft nicht genügen, um den Untersagungsund Ersatzanspruch nach § 364 ABGB zu begründen. Es wird verlangt werden müssen, dass die Einwirkung von einer gewissen Dauer ist oder mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederkehrt. Das bedeutet aber nur, dass eine einmalige Einwirkung, die keine länger währenden Folgen nach sich zieht und auch keine Wiederholung befürchten lässt, nicht zum Anlass schikanöser Untersagungs- und Ersatzansprüche genommen werden soll. Anders ist es jedoch hier, wo die Einwirkung des Giftstoffes eine Laubverfärbung, dann aber weiterhin einen Traubenausfall und damit letzten Endes eine nicht unbeträchtliche Ertragsminderung nach sich gezogen hat. Darin liegt ohne Zweifel eine Dauerfolge, welche die Einwirkung zu einer solchen nach § 364 ABGB macht. In ähnlichem Sinne hat der OGH in der Entscheidung SZ VI 405 auch das Auslegen von Gift auf einem Grundstück, wodurch fremde Tiere, aber auch Menschen, gefährdet werden können, als eine nach § 364 Abs. 1 ABGB verbotene Ausübung des Eigentumsrechtes erklärt. Ganz abgesehen davon hat die Klägerin auch keine Gewähr, dass ihr nicht im nächsten Jahr ein gleicher Schaden zugefügt wird. Angesichts der zunehmenden Anwendung derartiger Spritzungen in der Landwirtschaft muss sie im Gegenteil mit einer Wiederholung rechnen und es ginge wohl nicht an, ihre Ersatzklagen mit der Begründung abzuweisen, dass es sich nur um eine einmalige Einwirkung in dem jeweiligen Jahr handle. Mag auch mit der Verwendung moderner Spritzmittel eine gewisse Beeinträchtigung der Nachbarkulturen verbunden sein, so geht die Beschädigung von 1000 Weinstöcken jedenfalls über jedes ortsübliche Maß weit hinaus. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, eine wesentliche Beeinträchtigung des ortsüblichen Gebrauches liege nur dann vor, wenn der Weinbau der Klägerin zur Gänze oder wenigstens teilweise unmöglich gemacht werde, nicht aber dann, wenn die Wirkung bloß vorübergehender Natur sei, findet im Gesetz keine Stütze. Ist aber die gegebene Immission als solche nach § 364 ABGB aufzufassen, dann steht der Klägerin ein Ausgleichsanspruch ohne Rücksicht darauf zu, ob den Beklagten irgendein Verschulden trifft. Auch eine einmalige Einwirkung mit Dauerfolgen auf dem Nachbargrundstück ist eine Immission nach § 364 ABGB. Der OGH trug daher dem Berufungsgericht eine neue Entscheidung auf (OGH 01. 07. 1959, 5Ob325/59, SZ 32/88).
Ein Komposthaufen an der Grenze
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Unmittelbar an der Grundgrenze, nur 4 m vom Wohngebäude des Nachbarn entfernt, mieften auf einem Komposthaufen allerhand Speisereste, Gras, Laub, Knochen, Eierschalen sowie Hasenmist. Die Folge war eine erhebliche Geruchs- und Fliegenbelästigung, weshalb es den einzelnen Wohnungsmietern im Hause des Nachbarn oft unmöglich war, Fenster oder Balkontüren zu öffnen. Mit ihrer Klage forderten diese die Verurteilung des Komposthaufenbesitzers zur Unterlassung der Ablagerung von Abfällen, insbesondere von Speiseresten und Stallmist im Bereich der Grundgrenze. Der Beklagte wandte ein, der Komposthaufen bestehe seit Jahrzehnten und die Kompostierung sei ortsüblich.
Die Richter des OGH rümpften die Nase. Die Klage wurde aus formalen Gründen abgewiesen. Der Kläger forderte vom Beklagten bestimmte Maßnahmen zur Verhinderung der störenden Immissionen, nämlich das Unterlassen der Ablagerung von Abfällen. Damit wurde aber ein Anspruch geltend gemacht, der aus dem Gesetz nicht ableitbar ist. Der Verpflichtete hat dafür zu sorgen, dass sein Nachbar nicht durch Immissionen beeinträchtigt wird, die Art, wie dies zu geschehen hat, bleibt aber dem Verpflichteten überlassen. Der Rechtsanwalt hätte das Klagebegehren also anders formulieren müssen. Die klagende Partei wurde dazu verurteilt, die mit ATS 43.750,97 bestimmten Kosten der Verfahren aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen (OGH 14. 10. 1997, 1Ob144/97a, JBl 1998, 308). Teurer Mist!
Elektrische Wellen und Blitze
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Die beklagte Partei, die Österreichische Rundfunk GmbH, errichtete auf dem 2166 m hohen Dobratsch eine UKW- und Fernsehsendeanlage mit einem etwa 160 m hohen Sendeturm. Dort herrschen anormale Verhältnisse des luftelektrischen Schönwetterfeldes, die die inschlagswahrscheinlichkeit für Blitze vergrößern. Die Republik Österreich (Post- und Telegrafenverwaltung) behauptete, dass bei den Gewittern im Juli und September 1970 Blitzentladungen auf dem Dobratsch über die Materialseilbahn der beklagten Partei in das Fernmeldekabelnetz Bleiberg abgeleitet wurden. Dadurch seien Schäden entstanden, deren Behebung bisher ATS 1.244.374,– erfordert hätten. Es seien auch in Zukunft Blitzschäden nicht ausgeschlossen, aber auch die bisherigen Beschädigungen könnten Folgeschäden mit sich bringen. Die Haftung der beklagten Partei sei gegeben, weil die Erdungsanlage in ordnungswidriger Weise mit den Seilen der Materialseilbahn zusammengeschaltet gewesen sei, die Talstation eine völlig unzureichende Erdung aufgewiesen habe und wegen der ungünstigen Verhältnisse auf dem Dobratsch besondere Blitzschutzmaßnahmen getroffen hätten werden müssen. Die zweitklagende Partei, die Bleiberger Bergwerksunion Aktiengesellschaft, forderte Schadenersatz in der Höhe von ATS 64.534,77.
Windbruch durch Autobahnbau
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Durch einen orkanartigen Sturm kam es auf dem Waldgrundstück der Klägerin zu umfangreichen Windbruchschäden. Ursache für diesen Schaden waren die bis unmittelbar an die Grenze vorgenommenen Rodungen im Zuge des Autobahnbaues. Durch den Trassenaufhieb für die Autobahn und die Rodungen wurde der Waldbestand der Klägerin auf eine Länge von 360 m nach Westen geöffnet und dadurch der unmittelbaren Einwirkung aller Westwinde ausgesetzt. Angrenzende Waldgrundstücke mit geschlossenen Bestandsrändern (Deckungsschutz, Waldtrauf bzw. Waldrand) wiesen damals keine Schäden auf. Bei Erhaltung der sturmfesten Waldtraufe und des gerodeten Waldteiles wäre auch auf dem Waldgrundstück der Klägerin durch den Sturm kein flächiger Schaden eingetreten. Sie forderte den Ersatz des Schadens.
Der OGH stellte fest: Im vorliegenden Fall konnte sich die Klägerin gegen die im Zuge des Autobahnbaus erwirkten Rodungsbewilligungen nicht wehren und musste die von dieser behördlich genehmigten „Anlage“ ausgegangene, typischerweise zu erwartende, Gefahr des Windbruches hinnehmen. In Analogie zu § 364a ABGB muss ihr daher ein verschuldensunabhängiger Schadenersatzanspruch gegen die beklagte Partei als Grundnachbarin zuerkannt werden. Da die Abgeltung dieses Windbruchschadens aus dem Enteignungsverfahren und der Vereinbarung der Enteignungsentschädigung ausgeklammert war und die Kausalität zwischen der Rodung und dem vorliegenden Windwurfschaden feststeht, wurde der Klage stattgegeben (OGH 19. 04. 1989, 8Ob636/88, JBl 1989, 646).
Sportplatz
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Die Klägerin begehrte, die Gemeinde schuldig zu erkennen, die von den ihr gehörigen Grundstücken ausgehenden Lärmeinwirkungen durch Eishockeyspiele, Eisstockturniere, Eisdiskos, Publikumslauf und sonstige Veranstaltungen, soweit diese Einwirkungen das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß von 46 dB überschreiten, zu unterlassen. Bei Errichtung des Wohnhauses sei nicht erkennbar gewesen, dass auf den benachbarten Grundstücken eine Sportanlage errichtet werde, zumal es weder eine Flutlichtanlage noch Eishockeybanden gab. Aufgrund der Witterungsverhältnisse im Winter sei es unmöglich gewesen, eine Eisfläche zu erzeugen. Weder am Tag der Bauverhandlung noch zur Zeit der Vermessung des Grundstücks der Klägerin sei eine Eisfläche vorhanden gewesen.
Bei der Beurteilung der Frage, ob die Immission ortsüblich ist, kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Beurteilung an. Allmählich wachsende Immissionen können das Maß des Zulässigen ebenso erhöhen wie Änderungen in den Benützungsgepflogenheiten oder in der Bewertung bestimmter Beeinträchtigungen. Eine übliche (voraussehbare) Zunahme der Immissionen ist hinzunehmen (wie stärkerer Besuch einer renovierten Sportanlage: SZ 52/53, oder eine Verlegung von Spielen in die Abendstunden trotz Flutlichtanlage und Lautsprecherverstärkung: MietSlg 34.033). Die Plötzlichkeit der Veränderung ist zwar nicht maßgebliches Kriterium, doch muss sich der beeinträchtigte Nachbar eher gegen eine schlagartige Lärmverstärkung zur Last setzen dürfen. Nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist es, seit wann die Immission vorkommt. Ob der Beschwerte bei Erwerb seines Grundstückes bereits mit einer derartigen Einwirkung rechnen musste, ist nur dann beachtlich, wenn es sich um eine Immission handelt, deren Ursache für den Charakter der Umgebung von Bedeutung ist, wie etwa die Immission durch einen Bahnbetrieb (vgl. SZ 54/158) oder eine bereits bestehende große Sportanlage (vgl. SZ 52/53 und MietSlg 34.033). In der Entscheidung ecolex 1993, 451 wurde eine Prägung der Landschaft durch eine vier Plätze aufweisende Tennisanlage verneint. Wann aus einer Überschreitung des bis dahin Ortsüblichen eine Änderung des Üblichen wird, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Die Untersagungsmöglichkeit kann nicht schon von vornherein an der Anerkennung eines neuen Standards scheitern. Andererseits ist die Ortsüblichkeit kein Fall der (für dingliche Rechte an Liegenschaften 30-jährigen) Ersitzung und dieser nur entfernt ähnlich. Ausschlaggebend wird die mit der Verwendung der Begriffe „gewöhnlich“ und „ortsüblich“ verbundene Absicht des Gesetzgebers sein, nicht auf lange Dauer, sondern auf das Hinnehmen des Zustandes abzustellen. Dem entspricht am besten der in der gesamten Rechtsordnung für dieses Anliegen übliche Zeitraum von drei Jahren. „Nimmt der betroffene Anrainer eine Lärmsteigerung durch mehr als 3 Jahre unbeanstandet hin, so ist die ‚Ortsüblichkeit‘ unter Berücksichtigung des neu hinzugekommenen Lärms zu beurteilen.“ Um die Angelegenheit richtig beurteilen zu können, forderte der OGH deshalb weitere Erhebungen (OGH 26. 11. 1997, 7Ob361/97g, SZ 70/251).
Lärm durch Fußballspielen
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Die klagenden Parteien begehren, die Beklagte zu verpflichten, eine vom Fußballplatz ausgehende Lärmentwicklung zu unterlassen, welche das ortsübliche und zumutbare Maß übersteigt.
Der OGH sah es gelassen: Lärmeinwirkungen sind mittelbare Immissionen, die nur so weit, als sie das ortsübliche Ausmaß überschreiten und die ortsübliche Benützung wesentlich beeinträchtigen, untersagt werden können. Der Maßstab der Wesentlichkeit der Einwirkung ist in erster Linie ein objektiver, der auf die Benützung der Nachbargrundstücke abstellt und daher von der Natur und Zweckbestimmung des beeinträchtigenden Grundstücks abhängig ist. Maßgeblich ist demnach nicht das subjektive Empfinden des sich gestört fühlenden Nachbarn, sondern das eines Durchschnittsmenschen, der sich in der Lage des Gestörten befindet (RS0010607; RS0010557). Maßgebend sind die Lage des beeinträchtigten Grundstücks zu dem, von dem die Störung ausgeht, und die Verhältnisse in der unmittelbaren Umgebung beider Liegenschaften (RS0010678; RS0010653). Für die Ortsüblichkeit und deren Intensität können auch Ö-Normen als Anhaltspunkt dienen (RS0010678). In der Regel hängt die Ortsüblichkeit von Immissionen in dem zu betrachtenden Raum davon ab, ob schon eine größere Anzahl von Grundstücken dieses Gebiets so genutzt wird, dass Einwirkungen von ihnen ausgehen, die den zu beurteilenden Immissionen entsprechen RS0010653). Flächenwidmungsplänen kommt daher nur Indizfunktion für die in dem betreffenden Raum bestehenden Verhältnisse, sowohl in Bezug auf Art und Ausmaß üblicher Immissionen als auch der Grundstücksnutzung, zu (zuletzt 7Ob192/09z). Der beeinträchtigte Grundnachbar muss im Allgemeinen eine durch die normalerweise voraussehbare Entwicklung begründete Zunahme der Einwirkungen hinnehmen, nicht aber eine schlagartige Verstärkung (RS0010672). Neben dem Grad und der Dauer der Einwirkung und ihrer Störungseignung sind auch das Herkommen und das öffentliche Interesse wesentlich (7Ob192/09z). Allerdings kann das öffentliche Interesse dann nicht anerkannt werden, wenn die Beeinträchtigung nicht notwendig mit dem Betrieb der Anlage verbunden ist, sondern durch Schutzeinrichtungen abgestellt oder doch auf ein tragbares Maß vermindert werden kann und wenn keine ausreichende Notwendigkeit gegeben ist, die Anlage an einem Ort zu betreiben, an dem sie eine Beeinträchtigung über das nach den dort gegebenen Verhältnissen gewöhnliche Maß hinaus bewirkt (RS0010680). Da bereits seit den 1950er Jahren auf der betreffenden Fläche Fußball gespielt werde, sei davon auszugehen, dass die dadurch entstehenden Geräusche, insbesondere die Schreie der Spieler – wodurch Pegelspitzen von bis zu 57 dB auftreten – bereits von Ortsüblichkeit auszugehen ist (OGH 16. 06. 2011, 6Ob105/11a). Die Klage wurde abgewiesen, die Spieler schreien weiter …
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Grundsätze des Nachbarrechtes
Einwirkungen vom Nachbargrund sind der häufigste Anlass für nachbarliches Ungemach. Umso verwunderlicher, dass diese Materie im Wesentlichen lediglich in einem Paragrafen geregelt ist.
§ 364 ABGB
(1) Ueberhaupt findet die Ausübung des Eigenthumsrechtes nur in so fern Statt, als dadurch weder in die Rechte eines Dritten ein Eingriff geschieht, noch die in den Gesetzen zur Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohles vorgeschriebenen Einschränkungen übertreten werden. Im Besonderen haben die Eigentümer benachbarter Grundstücke bei der Ausübung ihrer Rechte aufeinander Rücksicht zu nehmen.
(2) Der Eigentümer eines Grundstückes kann dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung und ähnliche insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen. Unmittelbare Zuleitung ist ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig.
(3) Ebenso kann der Grundstückseigentümer einem Nachbarn die von dessen Bäumen oder anderen Pflanzen ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug von Licht oder Luft insoweit untersagen, als diese das Maß des Abs. 2 überschreiten und zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Benutzung des Grundstücks führen. Bundes- und landesgesetzliche Regelungen über den Schutz von oder vor Bäumen und anderen Pflanzen, insbesondere über den Wald-, Flur-, Feld-, Ortsbild-, Natur- und Baumschutz, bleiben unberührt.
Gewöhnliche Belästigungen, wie sie das Zusammenleben von Menschen mit sich bringt, muss man dulden. Dies gilt auch für Einwirkungen gewöhnlichen Ausmaßes, die zu keiner erheblichen Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung führen. Nur wenn sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen, können sie untersagt werden.
Da dem Eigentümer die unbeschränkte Herrschaft über seine Liegenschaft zusteht, kann er auf seine Ansprüche verzichten oder eine Erweiterung seiner Ansprüche vereinbaren. § 364 ABGB gilt daher nur, wenn nichts anderes vereinbart wird (OGH 24. 02. 1971, 5Ob23/71, SZ 44/22).
Nachbar ist nicht nur der Eigentümer unmittelbar angrenzender Grundflächen, sondern jeder Eigentümer, der von Maßnahmen, die vom Grundstück der beklagten Partei ausgehen, betroffen sein kann, und zwar ohne Unterschied, wie groß die Entfernung ist und welche Grundstücke dazwischen liegen (OGH 03.10.1996, 1Ob2170/96s, SZ 69/220).
Was sind Immissionen?
Einen zentralen Begriff des Nachbarrechtes bildet das Wort „Immission“ oder auf gut Deutsch „Einwirkung“. Das Gesetz erläutert diesen Begriff nicht näher, aber man geht davon aus, dass nur mittelbares Eindringen im Rahmen der Ortsüblichkeit zu dulden ist. Eine unmittelbare Zuleitung (vgl. SZ 48/4), etwa von Abwässern durch ein Rohr (JBl 1966, 144), Anpressen von Eis und Schnee im Zuge der Straßenräumung (JBl 1987, 381, siehe S. XXX) oder das Pflanzen einer Kletterpflanze (SZ 64/158 = EvBl 1992/56, siehe S. XXX) ist auf alle Fälle verboten. Dazu zählt auch das Eindringen grobkörperlicher Stoffe, wie von Steinen, Kugeln oder Fußbällen (SZ 14/224; vgl. EvBl 1939/525; SZ 68/208 = RdU 1996, 100).
Je nach Art der Immission spricht man von grobkörperlichen, ideellen oder negativen Immissionen:
Körperliche Immissionen sind Einwirkungen durch feste Stoffe (Kugeln etc.), durch gasförmige (z. B. Geruch) oder durch energetische Übertragungen (z. B. Lärm oder Erschütterung).
Ideelle Immissionen beeinträchtigen des Nachbarn psychisches Wohlbefinden, da er sich beispielsweise vor ihnen ekelt (etwa eine besonders hässliche Nachbarin), sein Moralempfinden verletzt (z. B. ein Bordell in der Nachbarschaft) oder weil sie ihn einfach stören (beispielsweise Müll und Gerümpel auf dem Nachbargrund). Ideelle Immissionen können nicht untersagt werden.
Von negativen Immissionen spricht man, wenn Immissionen nützliche Einflüsse vom Nachbargrundstück fernhalten (z. B. Entzug von Licht und Luft oder das Versperren der Aussicht infolge hoher Pflanzen oder Bauten).
Tiere allgemein
Grundsätzlich ist anerkannt, dass auch Tiere solchen Einwirkungen gleich gehalten werden können (vgl. RS0010588). Über die Frage, bei welchen Tiergattungen das Eindringen auf ein fremdes Grundstück noch nach § 364 Abs. 2 ABGB zu beurteilen ist, ist strittig. In der älteren Rechtsprechung wurden Schafe, Schweine und Hühner (1Ob366/29 = SZ 11/174), Hühner (2Ob53/39 = EvBl 1939/290; 2Ob74/49 = SZ 22/197), Bienen (4Ob2347/96t = NZ 1998, 143), Hunde (1Ob23/99k) und Katzen (8Ob94/01h) den Immissionen im Sinne des § 364 Abs.2 gleichgestellt. In seiner Entscheidung 4Ob250/06b (SZ 2007/23) hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass diese Bestimmung auf das Eindringen größerer Tiere nicht anzuwenden ist, wozu jedenfalls Schafe und Ziegen zählen (so auch 10Ob52/11m bei ausschwärmenden Hühnern; siehe unten; vgl. OGH 09. 11. 2011, 5Ob138/11x, JBl 2012, 299 ff).
Hühner
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Der Kläger erwarb 1964 m2 völlige Wildnis, die er durch Bebauung, Aufschütten und Anpflanzen kultivierte. Die Hühner des Beklagten waren während der letzten 70 Jahre (ANMERKUNG: Es handelte sich dabei nicht immer um dieselben Hühner, sonst würde sich das Problem aufgrund der Altersschwäche der Tiere wohl bereits von selbst erledigt haben) nie eingezäunt. Sie wurden täglich ab ca. 14:00 Uhr bis zum Einbruch der Dämmerung, das heißt bis ca. 18:00 Uhr (längstens bis 19:30 Uhr), freigelassen und liefen im gesamten Dorfbereich umher. Bislang gab es mit keinem Nachbarn Probleme. Das änderte sich nun. Der Kläger brachte vor, dass die Hühner die Erde und den Holzdekor im Blumenbeet herausscharren. Außerdem sei der gepflasterte Vorplatz des Klägers sehr häufig durch Hühnerkot verschmutzt. Weiters würden diverse Blumenzwiebeln und Blumen, die sich im Blumenbeet des Klägers befanden, durch das Scharren der Hühner beschädigt, sodass die Blumen nicht mehr wuchsen. Der Kläger begehrte die Unterlassung des Eingriffs in sein Eigentum.
Der Fall ging wieder durch alle Instanzen, der OGH entschied: Die Anwendung des § 364 Abs. 2 ABGB ist im Fall des Eindringens größerer Tiere (wozu neben Schafen und Ziegen auch Hühner zählen) ausgeschlossen, wenn der Grundeigentümer die von seinem Grundstück ausgehenden Beeinträchtigungen eines anderen mit zumutbaren Maßnahmen verhindern kann. § 364 Abs. 2 ABGB ist daher auf Beeinträchtigungen durch Hühner nicht anwendbar. Der beeinträchtigte Nachbar kann deshalb die Eigentumsfreiheitsklage (siehe S. XXX) einbringen, ohne dass es dabei auf die Kriterien der Ortsüblichkeit und Wesentlichkeit des Eingriffs ankommt (OGH 08. 11. 2011, 10Ob52/11m, RS0127237, EvBl 2012, 43f; vgl. 5Ob138/11x). Der Hühnerhalter verlor den Prozess und musste sämtliche Gerichts- und Anwaltskosten bezahlen. Ob seine Hühner inzwischen inhaftiert sind oder er an einer Hühnerphobie leidet, ist unbekannt.
Katzen
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Die Grundstücke der Streitteile befanden sich in einer Tiroler Gemeinde mit knapp weniger als 9000 Einwohnern und waren durch einen ca. 1 m hohen Maschendrahtzaun getrennt. Die Beklagte hielt seit etwa zehn Jahren zwei Katzen, die kastriert bzw. sterilisiert waren. Als Freigänger konnten sie das Haus jederzeit verlassen und wieder dorthin zurückkehren. Vor allem nachts drangen sie zweibis dreimal täglich über den Maschendrahtzaun auf das Grundstück des Klägers ein und verrichteten dort ihre Notdurft. Ein von der Beklagten auf ihrer Liegenschaft als Katzenklo eingerichtetes, mit Rindenmulch befülltes Beet brachte nur kurzfristig Abhilfe. Es kam auch vor, dass andere Tiere als Katzen (ANMERKUNG: Welche? Hunde? Kühe? Elefanten?) auf das Grundstück des Klägers gelangten und dort ihre Notdurft verrichteten. Der Kläger hatte sich eine Steinschleuder zugelegt, um die Katzen der Beklagten zu verjagen (Pfui!). Er begehrte folgendes Urteil: Die beklagte Partei ist schuldig, als Eigentümerin der Liegenschaft ..., es zu unterlassen, zu dulden, dass ihre Katzen durch Kot und Urin die Liegenschaft des Klägers EZ ... verschmutzen.
Der OGH urteilte: Nach § 4 Z 2 Tierschutzgesetz, BGBl I 2004/118 idgF, gehören Hauskatzen zu den Haustieren. Jedenfalls außerhalb des großstädtischen Bereichs ist eine Haltung dieser Tiere in der Form anerkannt, dass sie sich außerhalb des Wohnraums frei bewegen können. Die Anbindehaltung von Katzen ist auch kurzfristig nicht erlaubt (Anlage 1 Z 2 Abs. 2 der 2. Tierhaltungsverordnung, BGBl II 2004/486 idgF). Damit ist es mit zumutbaren (und gesetzlich zulässigen) Maßnahmen kaum zu verhindern, dass Katzen, sofern sie nicht ausschließlich als Wohnungskatzen gehalten werden, die Grundgrenze zum Nachbarn überschreiten. Es besteht aber kein gesetzliches Gebot, Katzen ausschließlich innerhalb von Wohnräumlichkeiten zu halten.Der OGH urteilte: Nach § 4 Z 2 Tierschutzgesetz, BGBl I 2004/118 idgF, gehören Hauskatzen zu den Haustieren.
Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass das Eindringen zweier Katzen nicht die gesetzliche Grenze der Ortsüblichkeit überschreitet und daher selbst dann hinzunehmen ist, wenn damit eine wesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Benützung eines Grundstücks verbunden ist. Die Ortsüblichkeit einer Immission nach dieser Gesetzesstelle findet erst dort ihre Grenzen, wo die ortsübliche Benützung der Nachbarliegenschaft derart beeinträchtigt wird, dass es nicht nur zu einer Belästigung, sondern zu Schäden an der Substanz des Grundstücks oder an der Person des Nachbarn kommt. Der Kläger wurde verurteilt, seiner Nachbarin die mit 2.458,28 @ bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen (OGH 09.11. 2011, 5Ob138/11x, EvBl 2012/37). Seither feiert die Mieze angeblich wüste Partys in Nachbars Garten.
Steinschlag als Elementarereignis
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Im Zuge der Verkaufsverhandlungen wurden die Kläger über folgende, bereits seit Jahren bestehende Vereinbarung informiert: „Ebenso wie bisher die Übergeberin (Brauerei S-GmbH) hat in Hinkunft die Übernehmerin (Beklagte) für die Vermeidung von Schäden durch herabbrechendes Gestein, Erdreich oder ähnliches von dem steilen Abfall der Übergabsliegenschaft gegen die Baulichkeiten der Übergeberin ... bei sonstiger Verpflichtung zum Schadenersatz Sorge zu tragen.“ Die Kläger forderten, die Beklagte schuldig zu erkennen, 1. ihnen den Betrag von ATS 39.147,60 samt 4 % Zinsen seit dem Klagstag zu zahlen (siehe unten) und 2. Vorkehrungen baulicher Art auf ihrem Grundstück zu treffen, wodurch in Hinkunft das Abstürzen von Gestein, Erdreich und anderen Stoffen auf die Liegenschaft ... vermieden und hintangehalten wird. Von den Grundstücken der Beklagten würden Gesteinsmassen, Geröll und Erdreich abstürzen und zum Teil in einer Regenrinne oberhalb des Gebäudes liegen blieben, zum anderen Teil aber auch das Blechdach des niedrigeren Gebäudes durchschlagen. Das habe zu einer Durchfeuchtung der Dachkonstruktion und des darunter liegenden Mauerwerks geführt, sodass Decken- und Fußbodenschäden aufgetreten seien. Weil überdies die Abwasserrinne mit Geröll angefüllt worden sei, sei auch dort Wasser in das Gebäude eingedrungen und habe erhebliche Bauschäden verursacht, deren Behebung einen Kostenaufwand von ATS 39.147,60 erfordere. Die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des angeführten Kostenaufwandes und zur Vornahme von Vorkehrungen zur Unterbringung künftiger Immissionen ergebe sich nicht nur aus den nachbarrechtlichen Vorschriften, sondern auch aufgrund des Vertrages.
Dazu der OGH: Die Kläger haben ein Grundstück erworben, das an einen natürlich gewachsenen Konglomeratfelsen grenzt. Es war objektiv erkennbar, dass Einwirkungen durch herabfallendes Gestein auf die Dauer nicht auszuschließen sind. Dafür wurde von den Klägern nach den Feststellungen der Untergerichte auch ein Kaufpreis entrichtet, bei dem auf die Lage und Beschaffenheit des Unterliegergrundstücks Bedacht genommen wurde. Die Kläger als Erwerber der Unterliegergrundstücke haben damit die Unzukömmlichkeiten auf sich genommen, die mit dem Erwerb einer an einen Konglomeratfelsen angrenzenden Liegenschaft verbunden sind (vgl. hiezu JBl 1961, 156). Sie können daher von den Beklagten nur noch zumutbare Vorkehrungen gegen Schäden durch herab fallendes Gestein, Erdreich und größere Äste begehren. Das trifft auch für den Ausgleichsanspruch zu (OGH 24. 02. 1971, 5Ob 23/71; vgl. auch OGH 27. 11. 1984, 2Ob569/83, SZ 57/187).
Steinschlag als Folge einer Rodung am Nachbargrund
Beispiel aus der Gerichtspraxis
„Tatort“: Eine rund 10 ha große Waldfläche (Schutzwald). Im Rahmen einer Überprüfung wurde festgestellt, dass die Stabilität des Schutzwaldes aufgrund der konsenslos und unsachgemäß vorgenommenen Fällungen im Hinblick auf den felsigen und seichtgründigen Untergrund nicht mehr voll gewährleistet sei. Der Beklagte wurde daraufhin bescheidmäßig zur Wiederaufforstung verpflichtet. Der Nachbar begehrte daraufhin vom Grundeigentümer die Unterlassung von Immissionen in Form von Steinen und Felsbrocken im Bereich seiner Liegenschaft (Streitwert: ATS 60.000,–). Er habe rechtswidrig den Schutzwald durch Kahlschlägerung weitgehend entfernt. Die Folge sei, dass sich insbesondere durch Erosion, Wind- und Wassereinwirkung und aufgrund der steilen Hanglage zahlreiche Steine, zum Teil sogar Felsbrocken, lösten, in seine Liegenschaft eindrängen und dort Schäden anrichteten. Solche Steinschläge habe es zuvor nie gegeben. Die Steinschlaggefahr sei durch die Schlägerung jedenfalls erhöht worden.
Dazu das Höchstgericht: Nach Auffassung des erkennenden Senates sind nachbarrechtliche Ansprüche ausgeschlossen, wenn es sich um Elementarereignisse handelt, die ohne menschliches Zutun eintreten. Nun stelle zwar eine forstwirtschaftliche Waldnutzung an sich bereits einen Eingriff in die Natur dar, der eine Veränderung gegenüber dem Zustand eines Urwaldes mit sich bringt. Dennoch löse nicht schon jegliche Waldbewirtschaftung eine Immissionshaftung für Steinschlag- oder Lawinengefahr aus. Auch dann stehe die Naturgewalt im Vordergrund, deren Auswirkungen im Allgemeinen dem Waldeigentümer nicht zuzurechnen seien. Werde aber eine im Hinblick auf das Naturwirken besonders gefährliche Nutzungsart gewählt, könne eine nachbarrechtliche Verantwortlichkeit bestehen. Immissionsrechtliche Ansprüche bestünden grundsätzlich unabhängig von den forstrechtlichen Bestimmungen. Dass ein Verhalten öffentlichrechtlichen Vorschriften entspricht, schließe einen Anspruch gemäß § 364 ABGB ebenso wenig aus, wie umgekehrt der Verstoß gegen öffentliches Recht nicht schon einen privatrechtlichen Unterlassungsanspruch begründe. Im vorliegenden Fall habe der Grundeigentümer eine besonders gefährliche Nutzungsart gewählt, weshalb er die hierdurch begünstigten Auswirkungen der Naturgewalten immissionsrechtlich zu verantworten habe (OGH 20. 03. 1997, 2Ob13/97v, JBl 1997, 658).
Vgl. aber OGH 24. 02. 1971, 5 Ob 23/71, SZ 44/22, RS0010613: Nicht durch die Vorschrift des § 364 Abs. 2 ABGB gedeckt ist das Eindringen fester Körper größeren Umfanges. Die Grundeigentümer sind daher befugt, mittelbare Einwirkungen auf Grund des Nachbarrechtes abzuwehren, soweit es sich um grob körperliche Immissionen handelt, was für herabfallendes Gestein, Erdreich und größere Äste, nicht aber für fallendes Laub und herabrinnende Hangwässer zutrifft.
Entzug von Grundwasser
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Der Kläger betrieb auf etwa 10 000 m2 eine Gärtnerei. Der Wasserbedarf wurde ohne Wasserrechtliche Bewilligung aus einem Hausbrunnen gedeckt. Die Beklagte errichtete 200 m entfernt eine Tankstelle. Im Zuge der Bauarbeiten wurde über deren Veranlassung durch ein Tiefbauunternehmen Grundwasser aus der Baugrube abgepumpt. Der Kläger begehrte, gestützt auf die §§ 364 und 364a ABGB, aber auch unter Behauptung eines Verschuldens der beklagten Partei, von dieser Schadenersatz in der Höhe von ATS 516.559,–. Er brachte vor, dass aufgrund der Tiefbohrungen der Grundwasserspiegel auch im Bereich seines Grundstücks abgesunken und der Hausbrunnen versiegt sei. Mangels Wasserversorgung seien 10 % der von ihm ausgesteckten Pflanzenstecklinge für Balkonpflanzen irreparabel beschädigt worden.
Dazu der OGH: Dem Kläger wurde grundsätzlich Recht gegeben. Zur Höhe des Anspruchs mangle es jedoch an entsprechenden Feststellungen. Aus der Begründung: Beim Absenken des Grundwasserspiegels handelt es sich nicht um eine „negative“ Einwirkung, wie sie z. B. der teilweise Entzug der Aussicht auf ein Grundstück, die Entziehung der erwärmenden Kraft der Sonne und ihres Lichtes durch Bauwerke auf dem Nachbargrund (MietSlg 35.024 f) darstellen. Die Ableitung des Grundwassers ist nämlich der Zuleitung von Wasser und damit eines sinnlich wahrnehmbaren Stoffs auf mechanischem oder physikalischem Weg (MietSlg 35.025) gleichzuhalten und stellt daher begrifflich eine Immission im Sinne der §§ 364f ABGB dar. Werden etwa das unbeabsichtigte Eindringen von Niederschlagswasser auf ein Nachbargrundstück (MietSlg 27.047) und – vor allem auch – das Absenken des Grundwasserspiegels durch die Errichtung einer Sohldrainage zur Entwässerung während der Durchführung von Bauarbeiten (ecolex 1991, 454) als Immissionen beurteilt, muss dies gleichermaßen auch für das Vorgehen der beklagten Partei bei der Absenkung des Grundwasserspiegels auf ihrem Grundstück zur Errichtung einer behördlich genehmigten Anlage gelten (SZ 57/179). Die beklagte Partei hat das schädigende Verhalten des von ihr beauftragten Unternehmens und deren Leute zu vertreten (OGH 03. 10. 1996, 1Ob2170/96s, SZ 69/220).
Überschwemmung und Vermurung infolge von Geländekorrekturen
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Die Beklagten führten in weiten Bereichen ihres Grundstücks Geländekorrekturen durch, nahmen Aufschüttungen und Planierungen vor und änderten die Nutzungsart von Wiese in Acker, auf dem Mais angebaut wurde. Die Ackernutzung in einer Hanglage und die Bestellung mit Mais sind ortsüblich. Bei der Vornahme der Geländekorrekturen und gleichzeitiger Ackernutzung wurde von den Beklagten jedoch auf das Auftreten möglicher Oberflächenabflüsse und Bodenabträge bei stärkeren Niederschlägen nicht ausreichend Bedacht genommen. Der Kläger begehrte, die Beklagten schuldig zu erkennen, dafür Sorge zu tragen, dass es auf seinem Grundstück zu keinen Überschwemmungen und Vermurungen durch vom Grundstück der Beklagten abfließendes Wasser und abgeschwemmten Schlamm kommen könne. Die bisher von den Beklagten ergriffenen Maßnahmen, insbesondere die Errichtung eines Grabens, seien unzureichend.
Die beklagten Landwirte beriefen sich unter anderem auf die Ortsüblichkeit ihres Vorgehens und auf § 39 WRG („Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse“).
§ 39 Wasserrechtsgesetz
(1) Der Eigentümer eines Grundstückes darf den natürlichen Abfluß der darauf sich ansammelnden oder darüber fließenden Gewässer zum Nachteile des unteren Grundstückes nicht willkürlich ändern. (2) Dagegen ist auch der Eigentümer des unteren Grundstückes nicht befugt, den natürlichen Ablauf solcher Gewässer zum Nachteile des oberen Grundstückes zu hindern. (3) Die Abs. 1 und 2 gelten nicht für eine Änderung der Ablaufverhältnisse, die durch die ordnungsmäßige Bearbeitung eines landwirtschaftlichen Grundstückes notwendigerweise bewirkt wird.
ANMERKUNG
§ 39 Abs.1 WRG gelangt nach ständiger Rechtsprechung nur bei unverbauten, landwirtschaftlichen Zwecken dienenden Grundstücke zur Anwendung (SZ 26/151;JBl 1995, 317; VwSlg. 13564A).
Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz beschäftigte sich als 2. Instanz mit diesem Vorbringen und führte dazu aus: Gemäß § 32 Abs. 8 WRG gilt die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung als ordnungsgemäß, wenn sie unter Einhaltung der bezughabenden Rechtsvorschriften in Berücksichtigung der Standortgegebenheiten, insbesondere betreffend Chemikalien, Pflanzenschutz- und Düngemittel, Klärschlamm, Bodenschutz und Waldbehandlung sowie besonderer wasserrechtlicher Anordnungen erfolgt. Mit dieser Gesetzesbestimmung wird durch die Erwähnung der bezughabenden Rechtsvorschriften auch auf die Bodenschutzgesetze der Länder verwiesen. Nach § 6 des Stmk landwirtschaftlichen Bodenschutzgesetzes sind die Nutzungsberechtigten landwirtschaftlicher Böden verpflichtet, Bodenerosionen und Bodenverdichtungen durch pflanzenbauliche, kulturtechnische und landtechnische Maßnahmen zu vermeiden. Nach dem hier vorliegenden Sachverhalt ist von den Beklagten diesen öffentlich-rechtlichen Bestimmungen nicht entsprochen worden. Ungeachtet der Verletzung öffentlich-rechtlicher Bestimmungen bleiben jedoch parallele zivilrechtliche Unterlassungsansprüche (wie nach den §§ 364 ff ABGB) davon unberührt; bei einer willkürlichen Veränderung der natürlichen Abflussverhältnisse besteht eine „konkurrierende Zuständigkeit“ von Gericht und Wasserrechtsbehörde (vgl. SZ 36/164). Allerdings kommt eine „mehr als hilfsweise“ Heranziehung öffentlich-rechtlicher Vorschriften bei der Beurteilung privatrechtlicher Abwehransprüche nicht in Betracht.
Der OGH schloss sich dieser Ansicht an und beurteilte den Sachverhalt ausschließlich nach §§ 364 ff. ABGB: Nicht hinzunehmen sind vom Nachbarn gesetzte Tätigkeiten, die unmittelbar auf die Einwirkung gerichtet sind (vgl. JBl 1966, 144 [Zuführung von Abwässern in einer Röhre bis zur Grundstücksgrenze und deren Weiterfluss in einer offenen Rinne, sodass sie in das angrenzende Erdreich und sodann in das Nachbargrundstück eindringen können]; 5Ob332/68 [Ableitung von Abwasser durch Rohrleitungen in die unmittelbare Nähe der Grundstückgrenze, von wo es infolge undichter Leitung auf das hangabwärts liegende Grundstück sickert]; 1Ob16/77=SZ 50/84 [Einleitung von Abwässern eines Bergbaubetriebs in ein Fischwasser]; 1Ob29/89 [Ableitung der Überwässer durch Rohre und Gräben derart, dass das Wasser nicht mehr versickern kann]; 8Ob523/95 [Verschmutzung des Nachbargrundstücks durch Jauche]; 1Ob31/95=RdU 1996, 146 [Eröffnung der Möglichkeit zum Eintritt von Wasser in den Keller des Klägers durch eine Gemeindekanalisationsanlage];RS0010635).
Eine unmittelbare Zuleitung liegt auch dann vor, wenn nur die Zuleitung durch eine „Veranstaltung“ des Nachbarn bewirkt wird, die für eine Einwirkung gerade in der Richtung auf das Nachbargrundstück hin ursächlich ist (SZ 50/84, SZ 55/30; 1Ob615/94 = SZ 67/212 = JBl 1995, 317; RdU 1996, 146 u. a.), hier somit, wenn die Beklagten durch ihre „Veranstaltungen“ die Möglichkeit zum Eintritt von (Niederschlags-)Wasser auf das Grundstück des Klägers eröffneten (RdU 1996, 146 mwN). Somit sind auch erdbautechnische Veränderungen des höherliegenden Grundstücks (Geländekorrekturen durch Aufschüttungen und Planierungen), die zu einer maßgeblichen Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse der Niederschlagswässer zum Nachteil des Unterliegers führen, als unmittelbare Zuleitungen iSd § 364 Abs. 2 zweiter Satz ABGB zu beurteilen.
Dabei ist es bedeutungslos, ob der Oberlieger überhaupt keine Maßnahmen gegen die von ihm vorgenommene Änderung der Abflussverhältnisse (auch der Niederschlagswässer) trifft oder sich – so wie hier – seine Maßnahmen als ungenügend erweisen, um das Grundstück des Unterliegers vor negativen Auswirkungen dieser Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse der Niederschlagswässer zu schützen.
Damit bedarf es aber keiner Prüfung der ortsüblichen Verhältnisse mehr. Denn unmittelbare Zuleitungen müssen unter keinen Umständen geduldet werden und erlauben es dem Störer nicht, sich auf die Ortsüblichkeit zu berufen (SZ 44/140 = ImmZ 1972, 59; SZ 55/30; RdU 1996, 146 u. a.). Die Kläger bekamen Recht, die Beklagten mussten die Kosten in der Höhe von ATS 22.127,76 übernehmen (OGH 24. 04. 2001, 1Ob42/01k, ecolex 2001,738 = immolex 2002,333 = RdU 2002,76 = MietSlg 53.025 = MietSlg 53.064).
Wasser und Schlamm vom Nachbaracker
Beispiel aus der Gerichtspraxis:
Ein Grundstückseigentümer begehrte Reinigungskosten von je 400,– @ für die Überschwemmungen sowie den Ersatz von 16.508,99 @ für sonstige Schäden. Weiters begehrte er, den Beklagten schuldig zu erkennen, alles zu unterlassen, wodurch von dessen Grundstücken Wasser und Schlamm auf seine Liegenschaft gelangen kann, insbesondere die Entfernung von Schutzeinrichtungen. Der benachbarte Landwirt habe die Abflussverhältnisse des anfallenden Oberflächenwassers durch die Art der Bestellung seiner zur Gemeindestraße abfallenden Felder verändert und dadurch die Ursache für die Verschlammung des klägerischen Grundstücks im Falle von schweren, nicht außergewöhnlichen Niederschlägen geschaffen.
Der OGH stellte fest: Ein neu zugezogener Nachbar, dessen Vorgänger nachteilige Einwirkungen vom Nachbargrundstück als ortsübliche Immissionen zu dulden hatten, kann den Emittenten grundsätzlich nicht zur Änderung der Nutzung seiner Liegenschaft und zu Einschränkungen der bisherigen Bewirtschaftung zwingen, sondern hat vielmehr selbst für die Abwehr bisher ortsüblicher und damit zulässiger Immissionen Sorge zu tragen (OGH 18. 10. 2005, 1Ob190/05f).
Verunreinigung von Teichen durch Baumaßnahmen
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Oberhalb der Fischteichanlage des Klägers mündete das Wasser der P-Quelle in den K-Bach. Die beklagte Gemeinde beauftragte die Firma F. Quellfassungsarbeiten an der P-Quelle durchzuführen. Eine wasserrechtliche Bewilligung für die Durchführung dieser Arbeiten bzw. für die damit verbundene Einleitung von Schlamm- und Erdmassen in den K-Bach wurde nicht eingeholt. Mit einem Bagger wurde von etwa 60 m bachabwärts der P-Quelle bis zur P-Quelle ein bis zu 5 m tiefer Graben gegraben. Die Gemeinde hatte weder überprüft, ob der Kläger verständigt worden war, noch ob die Firma von der Existenz der Teiche wusste. Bald bemerkte der Kläger, dass das Wasser in allen drei Teichen infolge Verschmutzung des zuführenden K-Baches dunkelbraun und moorig war. Wenn das Wasser über das Umleitgerinne abgeleitet worden wäre, hätte die Verschmutzung viel geringer gehalten werden können. Nach Beendigung der Quellfassungsarbeiten unterließ der Kläger vorerst aus verschiedenen Gründen eine Reinigung der Teiche. Aufgrund des Güterwegebaues kam es zu weiteren Verschmutzungen der Teiche, sodass der Kläger eine Reinigung dann für zwecklos hielt. Stattdessen begehrte er den Zuspruch von ATS 289.800,– sA (Kosten der Reinigung der Fischteiche von den abgesetzten Schlammassen: ATS 205.200,–; Ersatz für verendete Fische: ATS 54.600,–. Verdienstentgang für drei Jahre: ATS 30.000,–) und die Feststellung, dass die Gemeinde für alle Schäden und Folgen hafte.
Dem Kläger wurde für das 1. Jahr kein Verdienstentgang zugesprochen, weil er in der Lage gewesen wäre, mit relativ geringen Mitteln (ATS 18.144,–) den Schlamm rechtzeitig zu entfernen und den Fischbestand zu ersetzen. Hätte er dies getan, hätte er im 1. Jahr keinen Verdienstentgang gehabt. Er hatte es sich daher selbst zuzuschreiben, dass er in diesem Jahr keinen Erlös ziehen konnte. Insgesamt wurde ihm der Betrag von ATS 41.585,– sA zuerkannt, und zwar ATS 23.441,– für das Absterben der Fische und ATS 18.144,– für die Kosten der Entfernung des angeschwemmten Schlammes. Die Gemeinde hafte für Schäden, die durch Arbeiten an der Quellfassung der P-Quelle, nicht aber für Schäden, die durch die Arbeiten zum Güterweg G eingetreten seien. Sie sei nämlich weder Auftraggeberin noch Bauherrin des Güterweges gewesen, sondern lediglich mit 20 % an der Beitragsgemeinschaft beteiligt. Es sei für sie aber vorhersehbar gewesen, dass durch die Arbeiten an der P-Quelle eine Verschmutzung der Teiche eintreten werde. Sie hätte sich daher zumindest versichern müssen, dass die Baufirma die Verständigung des Klägers vorgenommen habe bzw. ob jener die Existenz der Teiche überhaupt bekannt gewesen sei, zumal eine wasserrechtliche Bewilligung der Arbeiten nicht erfolgte. Der OGH stellte weiters grundsätzlich fest, dass die nachbarrechtlichen Vorschriften des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches auch im Verhältnis eines beeinträchtigten Privatgrundstückes zu einer öffentlichen Straße anzuwenden sind. Öffentliches Gut stehe im Privateigentum des Staates oder einer anderen Gebietskörperschaft. Als Verwalterin des öffentlichen Gutes habe die Gemeinde auch die privatrechtlichen Verpflichtungen wahrzunehmen. Daraus folge, dass gegen sie grundsätzlich auch nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche gerichtet werden können (OGH 31. 08. 1984, 1Ob14/84, SZ 57/134).
Hoheitliche Maßnahmen (z. B. Müllablagerstätten, öffentliche Straßen oder die Stationierung von Abfangjägern) können mit privatrechtlichen Mitteln nicht verhindert werden (vgl. SZ 15/118). Alle Anordnungen der Gebietskörperschaft, die im Rahmen der ihr obliegenden Verpflichtung für die Erhaltung der Straßen getroffen werden, gelten als Akte der Hoheitsverwaltung. Soweit die Gebietskörperschaft als Bauherr auftrete, hafte sie nach den Grundsätzen des Nachbarrechtes. Es komme nicht darauf an, ob die Arbeiten, von denen die Einwirkungen ausgingen, privaten Zwecken oder solchen des Gemeinwohles dienten (OGH 21. 04. 1982, 6Ob548/81, SZ 55/55).
Verunreinigung eines Hausbrunnens durch Jauche
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Die Beklagten, die eine insgesamt 22 ha große Land- und Forstwirtschaft betreiben, brachten auf ihren Wiesengrundstücken sieben bis acht Fässer Jauche mit einem Inhalt von je 2600 Liter und ca. vier Säcke à 50 kg Weidenitramon aus. Es kam zu starken Regenfällen, in deren Verlauf Abschwemmungen von der Wiesenfläche der Bauern in Richtung Süden zum Anwesen des Nachbarn erfolgten. Kurze Zeit später stellten diese fest, dass das Wasser ihres Hausbrunnens nach Jauche stank und schäumte. Die Untersuchung von Wasserproben ergab den Nachweis von Fäkalcolibakterien, sodass das Brunnenwasser nicht getrunken werden konnte. Trotz mehrmaligen Auspumpens des Brunnens und Zusatzes von Chlortabletten ließen sich die Verunreinigungen nicht beseitigen. Die Kläger ließen daraufhin an anderer Stelle auf ihrem Grundstück einen neuen Brunnen bohren, dessen Wasser jedoch gleichfalls Fäkalcolibakterien enthielt, sodass es als Nutz- und Trinkwasser nicht verwendbar war. Mit ihrer Klage forderten sie Schadenersatz sowie die Feststellung, dass die Landwirte zur ungeteilten Hand für alle nachteiligen Folgen der durch die Düngung hervorgerufenen Verunreinigung des Wassers im Hausbrunnen der Kläger haften.
Der OGH gab ihnen Recht und führte in diesem Zusammenhang aus: Auch durchaus ortsübliche landwirtschaftliche Maßnahmen können dann zu nachbarrechtlichen Ansprüchen führen, wenn sie – etwa aufgrund der besonderen Bodenverhältnisse – zu Einwirkungen auf das Nachbargrundstück führen, die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten. Für nachbarrechtliche Ansprüche, die auf eine Gewässerverunreinigung zurückzuführen sind, ist die Vorschrift des § 26 Abs. 5 WRG analog anzuwenden, sodass die Kläger nur den Beweis zu erbringen haben, dass die Beklagten örtlich und nach der Beschaffenheit der Abwässer als Verursacher in Betracht kommen, während es Sache der Beklagten ist, diese Vermutung durch den Nachweis der Unwahrscheinlichkeit der Verursachung zu entkräften. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung ist ein vom Verschulden unabhängiger Ausgleichsanspruch in den Fällen des § 364 Abs. 2 ABGB dann zuzubilligen, wenn sich ausreichende Anhaltspunkte für eine Analogie zu § 364a ABGB ergeben. Diese Gesetzesstelle regelt einen der Enteignung verwandten Tatbestand. Der Geschädigte hat deshalb einen Ersatzanspruch, weil er im Interesse des Nachbarn Eingriffe in sein Eigentum hinnehmen muss, die über die normale Duldungspflicht des § 364 Abs. 2 ABGB hinausgehen. Jede Analogie zu § 364a ABGB hat an diese Grundsituation anzuknüpfen. Dem Geschädigten muss ein Abwehrrecht genommen sein, das ihm nach dem Inhalt seines Eigentums an sich zugestanden wäre (OGH 17. 11. 1993, 1Ob19/93, SZ 66/147).
Wasser
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Die Kläger waren Miteigentümer eines – in Hanglage – unterhalb jenem der Beklagten gelegenen Grundstücks. Sie begehrten, die Beklagten schuldig zu erkennen, dafür Sorge zu tragen, dass die Meteorwässer nicht von deren Grundstück auf den Grund der Kläger abgeleitet werden. Durch die bautechnische Ausgestaltung der Auffahrt der Beklagten und durch das Fehlen jeglicher Abflussvorkehrungen am Beginn des Einfahrtsbereichs gelange Regenwasser ungehindert über die öffentliche Straße direkt in die der Auffahrt der Beklagten gegenüber liegende Garage der Kläger. Die Auffahrtstraße der Beklagten entfalte eine kanalartige Wirkung, die eine Überflutung des benachbarten Grundstücks der Kläger geradezu fördere. Die Beklagten hätten eine unmittelbare Immission im Sinn des § 364 Abs. 2 zweiter Satz ABGB zu verantworten. Selbst bei Annahme einer (nur) mittelbaren Immission werde das nach den ortsüblichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschritten und die ortsübliche Nutzung des Grundstücks der Kläger wesentlich beeinträchtigt.
Der OGH: Nachbarrechtliche Ansprüche nach § 364 Abs. 2 ABGB verjähren – als Anwendungsfälle der negatorischen Eigentumsklage – grundsätzlich nicht. Die Beklagten haben durch die Vornahme einer wesentlichen Veränderung der Abflussverhältnisse im Zuge der Errichtung der Zufahrtsstraße eine – regelmäßig stattfindende – unmittelbare Zuleitung von Meteorwässern auf das Grundstück der Kläger bewirkt. Dies ist gemäß § 364 Abs. 2 letzter Satz ABGB unzulässig. Der Klagsanspruch besteht daher – mangels Verjährung – zu Recht. Die Beklagten mussten den klagenden Parteien deren mit 13.242,02 @ bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen ersetzen (OGH 21. 10. 2008, 1Ob47/08f, RS0124364; vgl. OGH 16. 06. 2011 6Ob75/11i).
Die Zuführung von Abwässern verstößt gegen das Verbot unmittelbarer Zuleitung (RS0010551; SZ 54/137 [Abflussrohr]). Im Sinne dieser Rechtsprechung liegt auch in der Errichtung des Dachs eines Carports eine „Veranstaltung“, durch die unmittelbar Regenwasser auf das Nachbargrundstück abgeleitet wird (9Ob32/02z; 7Ob21/04w; 7Ob8/07p) (OGH 24. 01. 2008, 2Ob111/07y).
Laub
Ein Immissionsabwehranspruch nach § 364 Abs. 2 bzw. 3 ABGB besteht, wenn die Beeinträchtigung unter Bedachtnahme auf das nachbarrechtliche Rücksichtnahmegebot die ortsübliche Benutzung des Grundeigentums wesentlich beeinträchtigt und einen unzumutbaren Zustand herbeiführt, der nicht durch eine leichte und einfache Ausübung des Selbsthilferechts beseitigt werden kann. Bei Laub (vgl. 5Ob23/71 = SZ 44/22) und Nadeln handelt es sich um keine grobkörperlichen Einwirkungen, wie etwa bei Fußbällen (u. a. OGH 28. 06. 2011, 9Ob29/11x, JBl 2011, 788ff), Tennisbällen (8Ob635/92 = SZ 65/145), Baumstämmen (5Ob3/99y = JBl 1999, 520), flüssigem Beton im Zuge einer Bauführung (OGH 20. 10. 1977, 6Ob673/77, MietSlg 29042) oder Erdmassen (5Ob23/71 = SZ 44/22), die nach § 364 Abs. 2 Satz 2 ABGB unabhängig von ihrer Ortsüblichkeit und Wesentlichkeit untersagt werden können (RS0010613). Eine gelegentliche Reinigung der Dachrinne ist den Beklagten nach den örtlichen Verhältnissen jedenfalls zumutbar. Die abstrakte Gefahr, dass es bei einem Unterbleiben dieser Reinigung (auch) wegen der Laub- und Nadelimmissionen zu einer Verstopfung der Dachrinne und in weiterer Folge bei andauerndem Überlaufen zu euchtigkeitsschäden im Mauerwerk kommen könnte, ist daher kein Grund, eine wesentliche Eigentumsbeeinträchtigung anzunehmen (OGH 09. 08. 2011, 4Ob96/11p, EvBl 2012, 1103; EvBl-LS 2011/175).
Veitschi-Pflanze
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Zwischen 1956 bis 1958 wurden an eine nicht unmittelbar an die Liegenschaften der Kläger anschließende Hofseite zwei Veitschi-Pflanzen gesetzt. Diese breiteten sich derart aus, dass einige Jahre später die die beiden Liegenschaften trennende, im Eigentum der Kläger stehende Feuermauer, bewachsen war. Die Kläger begehrten, die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, den Bewuchs des gesamten Grenzmauerwerkes, des Garagendaches und der Hoffassade durch Veitschi-Pflanzen zu unterlassen, den bestehenden Bewuchs zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Durch die Bepflanzung werde das Mauerwerk der Kläger in unzulässiger Weise in Anspruch genommen und die Gebäudesubstanz geschädigt.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung 7Ob613/91 (SZ 64/158 = EvBl 1992/56) dargelegt hat, stellt das zwangsläufige und überdies auch beabsichtigte Emporranken einer Kletterpflanzen einer im Eigentum des Nachbarn stehenden Grenzmauer einen Eigentumseingriff dar, der den Nachbarn befugt, den anderen von der Benützung der Mauer auszuschließen und unberechtigte Eingriffe in sein Eigentumsrecht mit Klage nach § 523 ABGB geltend zu machen. Ihm steht weiters das Recht zu, die Entfernung der Kletterpflanze (auch dort handelte es sich um einen Veitschi), von der der Bewuchs ausgeht und die anders gar nicht wachsen kann, weil dies ihrem zwangsläufigen Wachstum entspricht, zu verlangen. Eine derartige Benützung der Nachbarmauer ist als unmittelbare Zuleitung im Sinn des § 364 Abs. 2 zweiter Satz ABGB zu beurteilen, die ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig ist. Im vorliegenden Fall wurden die Wurzelstöcke der Veitschi-Pflanze aber nicht entlang der Grenzmauer gesetzt. Die Pflanze breitete sich nicht nur über die Grenzmauer und zur Liegenschaft der Kläger hin aus, sondern begrünte vor allem auch im Eigentum der Beklagten stehende Mauern in deren Hof.
Soweit die Pflanze die Fassade des Nachbargebäudes empor rankt, führt dies zu einer unzumutbaren, nicht mehr mit dem Utilitätserfordernis zu rechtfertigenden Einschränkung des Eigentumsrechtes der Kläger an ihrer Liegenschaft, wozu auch die Freiheit der Gestaltung der äußeren Bauteile ihres Hauses gehört. Dies führte dazu, dass die Kläger mit ihrer Eigentumsfreiheitsklage insoweit durchdrangen, als der Pflanzenbewuchs über die hofinnenseitige Wand (von den Beklagten aus gesehen) der Feuermauer auf ihr Grundstück hinüberreichte, also auch das Dach ihrer Garage und ihre eigenen Hoffassade in Mitleidenschaft zog. Das Begehren, „den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen“, war jedoch mangels Bestimmtheit abzuweisen, da unklar war, in welchem Zustand die betroffenen Gebäudeteile vor dem Pflanzenbewuchs waren. Hinsichtlich des Unterlassungs- und Entfernungsbegehrens, soweit es die zum Hof der Beklagten gerichtete Seite der Feuermauer betraf, sah der OGH das Verfahren als noch nicht spruchreif. Diesbezüglich wurde die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen (OGH 29. 03. 2001, 6Ob255/00v, SZ 74/57).
Nachbars Nüsse beschädigen ein Auto
Beispiel aus der Gerichtspraxis
An der Grundstücksgrenze befand sich ein 25 Jahre alter und 12 m hoher Nussbaum, einige seiner Äste ragten über die Grenze und den vom Kläger gemieteten Abstellplatz, sodass im Jahr 2006 Nüsse auf das Fahrzeug des Klägers prasselten. Er argumentierte, es handle sich um unmittelbare Einwirkungen seitens der Beklagten im Sinne des § 364 Abs. 2 ABGB, wobei er das Eindringen der grob körperlichen Stoffe, der Nüsse, nicht dulden müsse.
Das LG St. Pölten nahm sich als Berufungsgericht der Sache an und führte aus: § 364 Abs. 3 ABGB idF des ZivRÄG 2004 regelt nur die Abwehr bestimmter negativer Immissionen durch Pflanzen, die sich in einem Entzug von Licht oder Luft äußern. In Bezug auf das Eindringen von Wurzeln oder Ästen in den Bereich des Nachbargrundes ist aber nach wie vor § 422 ABGB die Sondervorschrift zu § 364 ABGB. Über das in § 422 ABGB normierte Selbsthilferecht hinaus habe der Nachbar nicht die Möglichkeit, ein auf sein Eigentumsrecht gestütztes Begehren zur Beseitigung des Überhangs durch den Eigentümer des Baums oder Strauchs zu stellen. Daraus folge, dass der Baumeigentümer mit dem Belassen von über die Grundgrenze gewachsenen Wurzeln oder überhängenden Ästen nicht gegen die §§ 421, 422 ABGB verstoße und damit auch nicht rechtswidrig handle. Er könne daher nach diesen Bestimmungen auch nicht für einen dem Nachbarn daraus entstehenden Schaden haftbar gemacht werden (RS0011093). Für den verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruch im Sinn des § 364a ABGB fehle es an den nötigen Tatbestandsvoraussetzungen. Der Nachbar verlor den Prozess (LG St. Pölten 10. 01. 2008, 21R346/07a, RSP0000075).
Unkrautspritzung
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Der Beklagte hatte auf seinen Äckern durch die Lagerhausgenossenschaft D. eine Unkrautspritzung durchführen lassen. Schon nach zwei Tagen zeigten sich in einem angrenzenden Weingarten der Klägerin Laubverfärbungen. An circa 1000 Weinstöcken wurde eine Ertragsminderung festgestellt, die einen Mostausfall von circa 400 Litern zur Folge hatte. Der Mostpreis betrug damals durchschnittlich ATS 5,– pro Liter. Sie forderte vom Nachbarn Ersatz.
Das Höchstgericht stellte fest: Eine einmalige Einwirkung wird oft nicht genügen, um den Untersagungsund Ersatzanspruch nach § 364 ABGB zu begründen. Es wird verlangt werden müssen, dass die Einwirkung von einer gewissen Dauer ist oder mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederkehrt. Das bedeutet aber nur, dass eine einmalige Einwirkung, die keine länger währenden Folgen nach sich zieht und auch keine Wiederholung befürchten lässt, nicht zum Anlass schikanöser Untersagungs- und Ersatzansprüche genommen werden soll. Anders ist es jedoch hier, wo die Einwirkung des Giftstoffes eine Laubverfärbung, dann aber weiterhin einen Traubenausfall und damit letzten Endes eine nicht unbeträchtliche Ertragsminderung nach sich gezogen hat. Darin liegt ohne Zweifel eine Dauerfolge, welche die Einwirkung zu einer solchen nach § 364 ABGB macht. In ähnlichem Sinne hat der OGH in der Entscheidung SZ VI 405 auch das Auslegen von Gift auf einem Grundstück, wodurch fremde Tiere, aber auch Menschen, gefährdet werden können, als eine nach § 364 Abs. 1 ABGB verbotene Ausübung des Eigentumsrechtes erklärt. Ganz abgesehen davon hat die Klägerin auch keine Gewähr, dass ihr nicht im nächsten Jahr ein gleicher Schaden zugefügt wird. Angesichts der zunehmenden Anwendung derartiger Spritzungen in der Landwirtschaft muss sie im Gegenteil mit einer Wiederholung rechnen und es ginge wohl nicht an, ihre Ersatzklagen mit der Begründung abzuweisen, dass es sich nur um eine einmalige Einwirkung in dem jeweiligen Jahr handle. Mag auch mit der Verwendung moderner Spritzmittel eine gewisse Beeinträchtigung der Nachbarkulturen verbunden sein, so geht die Beschädigung von 1000 Weinstöcken jedenfalls über jedes ortsübliche Maß weit hinaus. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, eine wesentliche Beeinträchtigung des ortsüblichen Gebrauches liege nur dann vor, wenn der Weinbau der Klägerin zur Gänze oder wenigstens teilweise unmöglich gemacht werde, nicht aber dann, wenn die Wirkung bloß vorübergehender Natur sei, findet im Gesetz keine Stütze. Ist aber die gegebene Immission als solche nach § 364 ABGB aufzufassen, dann steht der Klägerin ein Ausgleichsanspruch ohne Rücksicht darauf zu, ob den Beklagten irgendein Verschulden trifft. Auch eine einmalige Einwirkung mit Dauerfolgen auf dem Nachbargrundstück ist eine Immission nach § 364 ABGB. Der OGH trug daher dem Berufungsgericht eine neue Entscheidung auf (OGH 01. 07. 1959, 5Ob325/59, SZ 32/88).
Ein Komposthaufen an der Grenze
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Unmittelbar an der Grundgrenze, nur 4 m vom Wohngebäude des Nachbarn entfernt, mieften auf einem Komposthaufen allerhand Speisereste, Gras, Laub, Knochen, Eierschalen sowie Hasenmist. Die Folge war eine erhebliche Geruchs- und Fliegenbelästigung, weshalb es den einzelnen Wohnungsmietern im Hause des Nachbarn oft unmöglich war, Fenster oder Balkontüren zu öffnen. Mit ihrer Klage forderten diese die Verurteilung des Komposthaufenbesitzers zur Unterlassung der Ablagerung von Abfällen, insbesondere von Speiseresten und Stallmist im Bereich der Grundgrenze. Der Beklagte wandte ein, der Komposthaufen bestehe seit Jahrzehnten und die Kompostierung sei ortsüblich.
Die Richter des OGH rümpften die Nase. Die Klage wurde aus formalen Gründen abgewiesen. Der Kläger forderte vom Beklagten bestimmte Maßnahmen zur Verhinderung der störenden Immissionen, nämlich das Unterlassen der Ablagerung von Abfällen. Damit wurde aber ein Anspruch geltend gemacht, der aus dem Gesetz nicht ableitbar ist. Der Verpflichtete hat dafür zu sorgen, dass sein Nachbar nicht durch Immissionen beeinträchtigt wird, die Art, wie dies zu geschehen hat, bleibt aber dem Verpflichteten überlassen. Der Rechtsanwalt hätte das Klagebegehren also anders formulieren müssen. Die klagende Partei wurde dazu verurteilt, die mit ATS 43.750,97 bestimmten Kosten der Verfahren aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen (OGH 14. 10. 1997, 1Ob144/97a, JBl 1998, 308). Teurer Mist!
Elektrische Wellen und Blitze
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Die beklagte Partei, die Österreichische Rundfunk GmbH, errichtete auf dem 2166 m hohen Dobratsch eine UKW- und Fernsehsendeanlage mit einem etwa 160 m hohen Sendeturm. Dort herrschen anormale Verhältnisse des luftelektrischen Schönwetterfeldes, die die inschlagswahrscheinlichkeit für Blitze vergrößern. Die Republik Österreich (Post- und Telegrafenverwaltung) behauptete, dass bei den Gewittern im Juli und September 1970 Blitzentladungen auf dem Dobratsch über die Materialseilbahn der beklagten Partei in das Fernmeldekabelnetz Bleiberg abgeleitet wurden. Dadurch seien Schäden entstanden, deren Behebung bisher ATS 1.244.374,– erfordert hätten. Es seien auch in Zukunft Blitzschäden nicht ausgeschlossen, aber auch die bisherigen Beschädigungen könnten Folgeschäden mit sich bringen. Die Haftung der beklagten Partei sei gegeben, weil die Erdungsanlage in ordnungswidriger Weise mit den Seilen der Materialseilbahn zusammengeschaltet gewesen sei, die Talstation eine völlig unzureichende Erdung aufgewiesen habe und wegen der ungünstigen Verhältnisse auf dem Dobratsch besondere Blitzschutzmaßnahmen getroffen hätten werden müssen. Die zweitklagende Partei, die Bleiberger Bergwerksunion Aktiengesellschaft, forderte Schadenersatz in der Höhe von ATS 64.534,77.
Windbruch durch Autobahnbau
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Durch einen orkanartigen Sturm kam es auf dem Waldgrundstück der Klägerin zu umfangreichen Windbruchschäden. Ursache für diesen Schaden waren die bis unmittelbar an die Grenze vorgenommenen Rodungen im Zuge des Autobahnbaues. Durch den Trassenaufhieb für die Autobahn und die Rodungen wurde der Waldbestand der Klägerin auf eine Länge von 360 m nach Westen geöffnet und dadurch der unmittelbaren Einwirkung aller Westwinde ausgesetzt. Angrenzende Waldgrundstücke mit geschlossenen Bestandsrändern (Deckungsschutz, Waldtrauf bzw. Waldrand) wiesen damals keine Schäden auf. Bei Erhaltung der sturmfesten Waldtraufe und des gerodeten Waldteiles wäre auch auf dem Waldgrundstück der Klägerin durch den Sturm kein flächiger Schaden eingetreten. Sie forderte den Ersatz des Schadens.
Der OGH stellte fest: Im vorliegenden Fall konnte sich die Klägerin gegen die im Zuge des Autobahnbaus erwirkten Rodungsbewilligungen nicht wehren und musste die von dieser behördlich genehmigten „Anlage“ ausgegangene, typischerweise zu erwartende, Gefahr des Windbruches hinnehmen. In Analogie zu § 364a ABGB muss ihr daher ein verschuldensunabhängiger Schadenersatzanspruch gegen die beklagte Partei als Grundnachbarin zuerkannt werden. Da die Abgeltung dieses Windbruchschadens aus dem Enteignungsverfahren und der Vereinbarung der Enteignungsentschädigung ausgeklammert war und die Kausalität zwischen der Rodung und dem vorliegenden Windwurfschaden feststeht, wurde der Klage stattgegeben (OGH 19. 04. 1989, 8Ob636/88, JBl 1989, 646).
Sportplatz
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Die Klägerin begehrte, die Gemeinde schuldig zu erkennen, die von den ihr gehörigen Grundstücken ausgehenden Lärmeinwirkungen durch Eishockeyspiele, Eisstockturniere, Eisdiskos, Publikumslauf und sonstige Veranstaltungen, soweit diese Einwirkungen das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß von 46 dB überschreiten, zu unterlassen. Bei Errichtung des Wohnhauses sei nicht erkennbar gewesen, dass auf den benachbarten Grundstücken eine Sportanlage errichtet werde, zumal es weder eine Flutlichtanlage noch Eishockeybanden gab. Aufgrund der Witterungsverhältnisse im Winter sei es unmöglich gewesen, eine Eisfläche zu erzeugen. Weder am Tag der Bauverhandlung noch zur Zeit der Vermessung des Grundstücks der Klägerin sei eine Eisfläche vorhanden gewesen.
Bei der Beurteilung der Frage, ob die Immission ortsüblich ist, kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Beurteilung an. Allmählich wachsende Immissionen können das Maß des Zulässigen ebenso erhöhen wie Änderungen in den Benützungsgepflogenheiten oder in der Bewertung bestimmter Beeinträchtigungen. Eine übliche (voraussehbare) Zunahme der Immissionen ist hinzunehmen (wie stärkerer Besuch einer renovierten Sportanlage: SZ 52/53, oder eine Verlegung von Spielen in die Abendstunden trotz Flutlichtanlage und Lautsprecherverstärkung: MietSlg 34.033). Die Plötzlichkeit der Veränderung ist zwar nicht maßgebliches Kriterium, doch muss sich der beeinträchtigte Nachbar eher gegen eine schlagartige Lärmverstärkung zur Last setzen dürfen. Nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist es, seit wann die Immission vorkommt. Ob der Beschwerte bei Erwerb seines Grundstückes bereits mit einer derartigen Einwirkung rechnen musste, ist nur dann beachtlich, wenn es sich um eine Immission handelt, deren Ursache für den Charakter der Umgebung von Bedeutung ist, wie etwa die Immission durch einen Bahnbetrieb (vgl. SZ 54/158) oder eine bereits bestehende große Sportanlage (vgl. SZ 52/53 und MietSlg 34.033). In der Entscheidung ecolex 1993, 451 wurde eine Prägung der Landschaft durch eine vier Plätze aufweisende Tennisanlage verneint. Wann aus einer Überschreitung des bis dahin Ortsüblichen eine Änderung des Üblichen wird, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Die Untersagungsmöglichkeit kann nicht schon von vornherein an der Anerkennung eines neuen Standards scheitern. Andererseits ist die Ortsüblichkeit kein Fall der (für dingliche Rechte an Liegenschaften 30-jährigen) Ersitzung und dieser nur entfernt ähnlich. Ausschlaggebend wird die mit der Verwendung der Begriffe „gewöhnlich“ und „ortsüblich“ verbundene Absicht des Gesetzgebers sein, nicht auf lange Dauer, sondern auf das Hinnehmen des Zustandes abzustellen. Dem entspricht am besten der in der gesamten Rechtsordnung für dieses Anliegen übliche Zeitraum von drei Jahren. „Nimmt der betroffene Anrainer eine Lärmsteigerung durch mehr als 3 Jahre unbeanstandet hin, so ist die ‚Ortsüblichkeit‘ unter Berücksichtigung des neu hinzugekommenen Lärms zu beurteilen.“ Um die Angelegenheit richtig beurteilen zu können, forderte der OGH deshalb weitere Erhebungen (OGH 26. 11. 1997, 7Ob361/97g, SZ 70/251).
Lärm durch Fußballspielen
Beispiel aus der Gerichtspraxis
Die klagenden Parteien begehren, die Beklagte zu verpflichten, eine vom Fußballplatz ausgehende Lärmentwicklung zu unterlassen, welche das ortsübliche und zumutbare Maß übersteigt.
Der OGH sah es gelassen: Lärmeinwirkungen sind mittelbare Immissionen, die nur so weit, als sie das ortsübliche Ausmaß überschreiten und die ortsübliche Benützung wesentlich beeinträchtigen, untersagt werden können. Der Maßstab der Wesentlichkeit der Einwirkung ist in erster Linie ein objektiver, der auf die Benützung der Nachbargrundstücke abstellt und daher von der Natur und Zweckbestimmung des beeinträchtigenden Grundstücks abhängig ist. Maßgeblich ist demnach nicht das subjektive Empfinden des sich gestört fühlenden Nachbarn, sondern das eines Durchschnittsmenschen, der sich in der Lage des Gestörten befindet (RS0010607; RS0010557). Maßgebend sind die Lage des beeinträchtigten Grundstücks zu dem, von dem die Störung ausgeht, und die Verhältnisse in der unmittelbaren Umgebung beider Liegenschaften (RS0010678; RS0010653). Für die Ortsüblichkeit und deren Intensität können auch Ö-Normen als Anhaltspunkt dienen (RS0010678). In der Regel hängt die Ortsüblichkeit von Immissionen in dem zu betrachtenden Raum davon ab, ob schon eine größere Anzahl von Grundstücken dieses Gebiets so genutzt wird, dass Einwirkungen von ihnen ausgehen, die den zu beurteilenden Immissionen entsprechen RS0010653). Flächenwidmungsplänen kommt daher nur Indizfunktion für die in dem betreffenden Raum bestehenden Verhältnisse, sowohl in Bezug auf Art und Ausmaß üblicher Immissionen als auch der Grundstücksnutzung, zu (zuletzt 7Ob192/09z). Der beeinträchtigte Grundnachbar muss im Allgemeinen eine durch die normalerweise voraussehbare Entwicklung begründete Zunahme der Einwirkungen hinnehmen, nicht aber eine schlagartige Verstärkung (RS0010672). Neben dem Grad und der Dauer der Einwirkung und ihrer Störungseignung sind auch das Herkommen und das öffentliche Interesse wesentlich (7Ob192/09z). Allerdings kann das öffentliche Interesse dann nicht anerkannt werden, wenn die Beeinträchtigung nicht notwendig mit dem Betrieb der Anlage verbunden ist, sondern durch Schutzeinrichtungen abgestellt oder doch auf ein tragbares Maß vermindert werden kann und wenn keine ausreichende Notwendigkeit gegeben ist, die Anlage an einem Ort zu betreiben, an dem sie eine Beeinträchtigung über das nach den dort gegebenen Verhältnissen gewöhnliche Maß hinaus bewirkt (RS0010680). Da bereits seit den 1950er Jahren auf der betreffenden Fläche Fußball gespielt werde, sei davon auszugehen, dass die dadurch entstehenden Geräusche, insbesondere die Schreie der Spieler – wodurch Pegelspitzen von bis zu 57 dB auftreten – bereits von Ortsüblichkeit auszugehen ist (OGH 16. 06. 2011, 6Ob105/11a). Die Klage wurde abgewiesen, die Spieler schreien weiter …
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Autoren-Porträt von Gerhard Putz
Mag. Dr. Gerhard Putz ist Vortragender, Autor zahlreicher Fachartikel und seit vielen Jahren in der landwirtschaftlichen Rechtsberatung tätig.
Bibliographische Angaben
- Autor: Gerhard Putz
- 2012, 1. Aufl., 208 Seiten, Maße: 13,5 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Stocker
- ISBN-10: 3702013717
- ISBN-13: 9783702013714
- Erscheinungsdatum: 31.10.2012
Kommentar zu "Mein Recht als Nachbar"
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