Eiskalt ist die Zärtlichkeit
Grace Winters Ehemann Robb ist ein gefährlicher Psychopath. Grace setzt alles auf eine Karte: Sie täuscht ihren Tod vor, um ihm zu entkommen. Erst scheint ihr Plan aufzugehen. Doch während sich Grace ihr neues Leben einrichtet, nimmt Robb ihre Spur auf.
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Produktinformationen zu „Eiskalt ist die Zärtlichkeit “
Grace Winters Ehemann Robb ist ein gefährlicher Psychopath. Grace setzt alles auf eine Karte: Sie täuscht ihren Tod vor, um ihm zu entkommen. Erst scheint ihr Plan aufzugehen. Doch während sich Grace ihr neues Leben einrichtet, nimmt Robb ihre Spur auf.
Lese-Probe zu „Eiskalt ist die Zärtlichkeit “
Eiskalt ist die Zärtlichkeit von Karen Rose 1GegenwartDouglas Lake, East Tennessee
Sonntag, 4. März, 9:30 Uhr
»Gott, das hier hasse ich am meisten an unserer Arbeit. Wie, zum Teufel, kannst du jetzt etwas essen?«
Hutchins blickte über den Lake Douglas hinweg, der in der stillen Morgenfrühe vor ihnen lag, und dachte an die Leiche, die sie herausziehen würden, und an die widersinnige Verschwendung von Leben. Mit der unerschütterlichen Ruhe eines Sheriffs, der auf eine langjährige Erfahrung zurückblickte, stopfte er den Rest seines Doughnuts in sich hinein. »Weil ich bestimmt keinen Appetit mehr habe, wenn sie den Jungen rausgeholt haben. Verhungern will ich aber auch nicht.« Er warf einen mitfühlenden Blick auf das blasse Gesicht seines jüngsten Rekruten. »Wirst dich schon daran gewöhnen, Junge.«
McCoy schüttelte den Kopf. »Man sollte meinen, dass sie vernünftiger wären.«
»Die jungen Leute sind selten vernünftig. Schon gar nicht, wenn sie Frühjahrsferien haben. Auch daran wirst du dich gewöhnen. Ich rechne fest damit, dass wir noch weitere aus dem See ziehen werden, bevor die Urlaubssaison vorüber ist.«
... mehr
»Vermutlich werde ich die Eltern informieren müssen, wenn unsere Arbeit beendet ist.«
Hutchins zuckte mit den Schultern und zündete sich eine Zigarette an. »Du hast den Fall übernommen, Junge. Dann musst du ihn auch zu Ende bringen. Meine Lieblingsbeschäftigung ist das auch nicht gerade, aber du musst noch lernen, schlechte Nachrichten zu überbringen.«
McCoy konzentrierte sich auf das Boot, das langsam einen Haken über den Boden des Sees zog. »Sie hoffen immer noch, dass er lebt. Heiliger Strohsack, Hutch - wie können Eltern sich dermaßen an ihre Hoffnung klammern? Die anderen Jungs haben es klar und deutlich zu Protokoll gegeben. Sie haben getrunken und herumgealbert, und der Kleine hat seinen Jet-Ski kaputtgefahren. Sie haben gesehen, wie er untergegangen ist.«
Hutchins sog an seiner Zigarette und stieß den Rauch mit einem Seufzer wieder aus. »College-Kids sind dumm. Ich sag's dir immer wieder. Aber Eltern ...« Er schüttelte seinen grauen Kopf. »Eltern hoffen. Sie hoffen, bis du sie zwingst, eine Leiche zu identifizieren.«
»Oder das, was davon übrig ist«, brummte McCoy.
»Hey, Tyler.« Die Worte tönten unter statischem Knistern aus McCoys Funkgerät.
»Hey, Wendell«, antwortete McCoy und schluckte. Bei der Vorstellung, was Wendells Haken zutage beförderte, kam ihm die Galle hoch. »Was hast du gefunden?«
»Tja, eine Leiche ist es nicht, so viel steht fest.«
Hutchins griff nach dem Funkgerät. »Was redest du da, Junge?«
»Es ist ein Auto, Sheriff.«
Hutchins schnaubte verächtlich. »Da unten liegen genug Autos herum, um einen Gebrauchtwagenhandel aufzumachen. Das Haus meiner Urgroßmutter steht auch da unten.« Der ganze Mist war noch übrig aus der Zeit, als die Tennessee Valley Authorities in den dreißiger Jahren die Staudämme gebaut und das Tal geflutet hatten. Das war allgemein bekannt.
da, lauter Fords der Serie Model T. Der hier ist neueren Datums. Sieht aus wie ein Ford aus den späten Achtzigern. Auf dem Rücksitz liegt ein Kinderrucksack - einer von diesen Mutant-Ninja-Turtle-Dingern. Wir holen ihn ran.« »Verdammt.« Hutchins zertrat seine Zigarette unter dem Stiefelabsatz. »Irgendwas ist immer. Holt ihn ran und sucht dann weiter nach dem Jungen.
Asheville, North CarolinaSonntag, 4. März, 22:30 Uhr
»Verdammter Hurensohn.« Der Junge rang nach Luft. »Scheißkerl.«
Rob Winters starrte den Halbwüchsigen, der bereits kurz vor der Ohnmacht stand, leidenschaftslos an. Schade eigentlich. Er hatte gehofft, der Junge habe mehr Mumm. Mit vierzehn hatte er die Schläge seines Alten hoch erhobenen Hauptes über sich ergehen lassen. Er verstärkte den Druck auf die Hand des dunkelhäutigen Jungen, die er wie ein Schraubstock umklammert hielt. Der Junge stöhnte wieder
und taumelte rücklings gegen die Gassenmauer. Ein dumpfer Aufprall ertönte, als sein Kopf mit den albernen Zöpfchen gegen den Stein schlug.
»Ich weiß nichts. Hab ich doch schon gesagt.« Der Junge sog scharf den Atem ein und versuchte seine Hand zu befreien. »Sie können mich ruhig gehen lassen. Ich sag den Bullen nichts, ich schwör's, Mann. Beim Grab meiner Mutter.«
Winters verzog höhnisch die Lippen. »Ich wette den Monatsvorrat an Lebensmittelmarken deiner Mama darauf, dass sie noch quicklebendig ist, und wenn du auch am Leben bleiben willst, dann sagst du mir, was ich wissen will.« Winters' Stimme klang ruhig und leise, im krassen Gegensatz zu den keuchenden Schreien, die über die blutigen, geschwollenen Lippen des Jungen kamen. »Alonzo Jones. Wo ist er?«
Der Junge wehrte sich, doch Winters drückte ihn fester an die Gassenmauer. Er wimmerte, woraufhin Winters seinen unbarmherzigen Griff noch verstärkte. Winters neigte sich so dicht dem Kopf des Jungen entgegen, dass seine Lippen dessen Ohr streiften. »Hör zu, Junge, hör mir sehr gut zu, denn ich sag's nur einmal. Ich muss wissen, wo ich Alonzo Jones finde, und du willst eine gesunde Hand behalten. Wenn ich noch fester zudrücke, werden deine Nerven dauerhaft beschädigt sein, und du bekommst Probleme, wenn du das nächste Mal vorhast, ein Kaufhaus auszuräumen.«
Die Augen des jungen weiteten sich, und das Weiße darin blitzte hell in der Dunkelheit auf. »Ich hab kein Kaufhaus ausgeräumt, Mann. Ich schwör's. Oh, verdammt!« Das letzte entfuhr ihm als schriller Schrei, als Winters seine Hand hart quetschte.
»Doch, hast du. Wir haben dich auf Video aufgenommen,
Junge. Du und diese Bande, mit der du dich rumtreibst. Anführer ist ein gewisser Alonzo Jones. Jetzt kannst du mit mir zur Wache kommen und uns ganz genau erzählen, wie ihr einem zweiundsechzigjährigen unbewaffneten Weißen ein Messer in den Bauch gestoßen habt, oder du erzählst mir, wo ich Alonzo Jones finde. Den will ich noch dringender sprechen, als ich deinen traurigen Arsch im Knast vergammeln sehen will.«
Der Junge fuhr sich mit der Zunge über seine blutige Lippe, und seine Augen wurden schmal vor Hass. »Du bist ein Bulle? Scheiße, Mann. Ich muss gar nicht mit dir reden. Ich brauche mit keinem anderen außer mit meinem Anwalt zu reden. Über brutale Übergriffe der Polizei. Ihr weißen Bullen habt Spaß daran, uns Schwarze zu verprügeln.« Er ließ sich gegen die Mauer fallen. Schweißperlen traten ihm auf die Stirn, als er versuchte, seine Hand aus dem eisernen Griff zu befreien. »Du bist am Arsch.«
Winters lächelte und genoss den Anblick des Jungen, als der Hass in seinen Augen wieder der Angst wich. Dann drückte er kräftig zu und senkte den Kopf, um über das Brüllen des Jungen hinweg das Knacken der Knorpel zu hören.
»Arschficker, Scheißkerl!«
»Dass deine ach so heilige Mutter dir einen solchen Wortschatz durchgehen lässt! Sag, wo Jones ist. Auf der Stelle.« Der Junge sackte in sich zusammen, und seine Knie schlugen auf dem Asphalt auf. »Bei seiner Frau.«
Winters ließ die Hand des Jungen los, krallte die Finger um seinen dünnen, schmutzigen Hals und drückte sein Gesicht auf die Straße, während der Junge schützend seine verletzte Hand bedeckte. »Ihr Name?«
»Ich weiß ...« Ein erstickter Schmerzensschrei unterbrach seine erbärmliche Lügen. Dann hob Winters den Daumen vom Kehlkopf des Jungen. »Chaniqua«, keuchte er. Winters' Stiefel traf den Jungen an der Hüfte, der sich daraufhin zusammenkrümmte und wie ein kleines Kind weinte. »Den Nachnamen, du unnützes ...«, er trat erneut zu, und seine Stiefelspitze traf den Jungen in den Bauch und schleuderte ihn auf den Rücken, »... feiges Stück Scheiße.« Ein schwaches Stöhnen drang zu ihm hinauf. »Pierce. Chaniqua Pierce. Friseurin. In ... der Innenstadt.«
Winters verzog das Gesicht, als der Junge auf seine Stiefel kotzte. Wut und Abscheu kochten in ihm hoch, und er trat wieder nach dem Jungen. Dann noch einmal. Und noch einmal. >Jetzt weißt du, wie der alte Mann sich gefühlt hat, als er zusammengerollt auf dem Boden seines Ladens lag und in einer Lache seines eigenen Bluts sterben musste.« Winters wischte mit einem Stiefel den größten Teil des Erbrochenen an der schmutzigen Hose des Jungen ab. Dann zielte er erneut und trat hemmungslos zu. Der magere Körper des Jungen prallte gegen die Ziegelmauer, seine Augäpfel rollten nach hinten, und Blut floss in einem steten Strom aus seinem Mundwinkel. Ein finaler Tritt gegen den Kopf gab ihm den Rest, und der Junge erzitterte und stieß seinen letzten Atemzug aus.
Winters holte tief Luft und wischte den anderen Stiefel am Hemd des Jungen ab.
Ein Stück Scheiße weniger auf der Straße. Er fand, dass er gute Arbeit geleistet hatte, schälte sich die dünnen Latex-Handschuhe von den Fingern und warf sie in einen Müllcontainer. Man konnte nie vorsichtig genug sein, wenn man
mit Straßengangs zu tun hatte. Fiese Krankheiten lauerten überall auf der Straße.
Während er die Viertelmeile zum Parkplatz seines Lieferwagens zurücklegte, entfernte er die Wattepads aus seinem Mund, den falschen Überbiss von seinem Oberkiefer und zog sich die graue Perücke vom Kopf. Nun konnte ihn niemand mehr mit diesem Straßenjungen in Verbindung bringen, selbst dann nicht, wenn sich jemand die Mühe machte, die Polizei zu rufen. Er warf einen raschen Blick über die Straße, bevor er sorgfältig seine Perücke verstaute, dann wechselte er die Stiefel und warf das schmutzige Paar mit gerunzelter Stirn auf den Rücksitz. Es waren seine besten Stiefel. Winters zuckte mit den Schultern. Sue Ann würde sie später reinigen. Er schwang sich auf den Fahrersitz und fühlte sich unbesiegbar.
Es war an der Zeit, Miss Chaniqua Pierce einen Besuch abzustatten.
Er war kaum fünf Minuten gefahren, als sich sein Pieper meldete. Aus dem Augenwinkel spähte er nach der Nummer, während er den Blick ansonsten auf den Abschaum gerichtet hielt, der zu dieser Zeit, wo anständige Menschen längst im Bett waren, herumlungerte. Verdammte Scheiße. Konnte dieses Weibsstück ihn nicht mal fünf Minuten in Ruhe lassen. Mit einem wütenden Knurren zog er sein Telefon aus der Tasche und gab die Nummer ein.»Ross.«
Winters knirschte mit den Zähnen. Ross, wie in Lieutenant Ross. Wie in Quotenfrau, geschrieben in großen, schwarzen Druckbuchstaben. Das Miststück, das den Job an sich gerissen hatte, der ihm zustand.
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH, steinerne Furt, 86167 Augsburg
Copyright der Originalausgabe © 2003 by Karen Rose Hafer
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2005 by Knaur Taschenbuch
Hutchins zuckte mit den Schultern und zündete sich eine Zigarette an. »Du hast den Fall übernommen, Junge. Dann musst du ihn auch zu Ende bringen. Meine Lieblingsbeschäftigung ist das auch nicht gerade, aber du musst noch lernen, schlechte Nachrichten zu überbringen.«
McCoy konzentrierte sich auf das Boot, das langsam einen Haken über den Boden des Sees zog. »Sie hoffen immer noch, dass er lebt. Heiliger Strohsack, Hutch - wie können Eltern sich dermaßen an ihre Hoffnung klammern? Die anderen Jungs haben es klar und deutlich zu Protokoll gegeben. Sie haben getrunken und herumgealbert, und der Kleine hat seinen Jet-Ski kaputtgefahren. Sie haben gesehen, wie er untergegangen ist.«
Hutchins sog an seiner Zigarette und stieß den Rauch mit einem Seufzer wieder aus. »College-Kids sind dumm. Ich sag's dir immer wieder. Aber Eltern ...« Er schüttelte seinen grauen Kopf. »Eltern hoffen. Sie hoffen, bis du sie zwingst, eine Leiche zu identifizieren.«
»Oder das, was davon übrig ist«, brummte McCoy.
»Hey, Tyler.« Die Worte tönten unter statischem Knistern aus McCoys Funkgerät.
»Hey, Wendell«, antwortete McCoy und schluckte. Bei der Vorstellung, was Wendells Haken zutage beförderte, kam ihm die Galle hoch. »Was hast du gefunden?«
»Tja, eine Leiche ist es nicht, so viel steht fest.«
Hutchins griff nach dem Funkgerät. »Was redest du da, Junge?«
»Es ist ein Auto, Sheriff.«
Hutchins schnaubte verächtlich. »Da unten liegen genug Autos herum, um einen Gebrauchtwagenhandel aufzumachen. Das Haus meiner Urgroßmutter steht auch da unten.« Der ganze Mist war noch übrig aus der Zeit, als die Tennessee Valley Authorities in den dreißiger Jahren die Staudämme gebaut und das Tal geflutet hatten. Das war allgemein bekannt.
da, lauter Fords der Serie Model T. Der hier ist neueren Datums. Sieht aus wie ein Ford aus den späten Achtzigern. Auf dem Rücksitz liegt ein Kinderrucksack - einer von diesen Mutant-Ninja-Turtle-Dingern. Wir holen ihn ran.« »Verdammt.« Hutchins zertrat seine Zigarette unter dem Stiefelabsatz. »Irgendwas ist immer. Holt ihn ran und sucht dann weiter nach dem Jungen.
Asheville, North CarolinaSonntag, 4. März, 22:30 Uhr
»Verdammter Hurensohn.« Der Junge rang nach Luft. »Scheißkerl.«
Rob Winters starrte den Halbwüchsigen, der bereits kurz vor der Ohnmacht stand, leidenschaftslos an. Schade eigentlich. Er hatte gehofft, der Junge habe mehr Mumm. Mit vierzehn hatte er die Schläge seines Alten hoch erhobenen Hauptes über sich ergehen lassen. Er verstärkte den Druck auf die Hand des dunkelhäutigen Jungen, die er wie ein Schraubstock umklammert hielt. Der Junge stöhnte wieder
und taumelte rücklings gegen die Gassenmauer. Ein dumpfer Aufprall ertönte, als sein Kopf mit den albernen Zöpfchen gegen den Stein schlug.
»Ich weiß nichts. Hab ich doch schon gesagt.« Der Junge sog scharf den Atem ein und versuchte seine Hand zu befreien. »Sie können mich ruhig gehen lassen. Ich sag den Bullen nichts, ich schwör's, Mann. Beim Grab meiner Mutter.«
Winters verzog höhnisch die Lippen. »Ich wette den Monatsvorrat an Lebensmittelmarken deiner Mama darauf, dass sie noch quicklebendig ist, und wenn du auch am Leben bleiben willst, dann sagst du mir, was ich wissen will.« Winters' Stimme klang ruhig und leise, im krassen Gegensatz zu den keuchenden Schreien, die über die blutigen, geschwollenen Lippen des Jungen kamen. »Alonzo Jones. Wo ist er?«
Der Junge wehrte sich, doch Winters drückte ihn fester an die Gassenmauer. Er wimmerte, woraufhin Winters seinen unbarmherzigen Griff noch verstärkte. Winters neigte sich so dicht dem Kopf des Jungen entgegen, dass seine Lippen dessen Ohr streiften. »Hör zu, Junge, hör mir sehr gut zu, denn ich sag's nur einmal. Ich muss wissen, wo ich Alonzo Jones finde, und du willst eine gesunde Hand behalten. Wenn ich noch fester zudrücke, werden deine Nerven dauerhaft beschädigt sein, und du bekommst Probleme, wenn du das nächste Mal vorhast, ein Kaufhaus auszuräumen.«
Die Augen des jungen weiteten sich, und das Weiße darin blitzte hell in der Dunkelheit auf. »Ich hab kein Kaufhaus ausgeräumt, Mann. Ich schwör's. Oh, verdammt!« Das letzte entfuhr ihm als schriller Schrei, als Winters seine Hand hart quetschte.
»Doch, hast du. Wir haben dich auf Video aufgenommen,
Junge. Du und diese Bande, mit der du dich rumtreibst. Anführer ist ein gewisser Alonzo Jones. Jetzt kannst du mit mir zur Wache kommen und uns ganz genau erzählen, wie ihr einem zweiundsechzigjährigen unbewaffneten Weißen ein Messer in den Bauch gestoßen habt, oder du erzählst mir, wo ich Alonzo Jones finde. Den will ich noch dringender sprechen, als ich deinen traurigen Arsch im Knast vergammeln sehen will.«
Der Junge fuhr sich mit der Zunge über seine blutige Lippe, und seine Augen wurden schmal vor Hass. »Du bist ein Bulle? Scheiße, Mann. Ich muss gar nicht mit dir reden. Ich brauche mit keinem anderen außer mit meinem Anwalt zu reden. Über brutale Übergriffe der Polizei. Ihr weißen Bullen habt Spaß daran, uns Schwarze zu verprügeln.« Er ließ sich gegen die Mauer fallen. Schweißperlen traten ihm auf die Stirn, als er versuchte, seine Hand aus dem eisernen Griff zu befreien. »Du bist am Arsch.«
Winters lächelte und genoss den Anblick des Jungen, als der Hass in seinen Augen wieder der Angst wich. Dann drückte er kräftig zu und senkte den Kopf, um über das Brüllen des Jungen hinweg das Knacken der Knorpel zu hören.
»Arschficker, Scheißkerl!«
»Dass deine ach so heilige Mutter dir einen solchen Wortschatz durchgehen lässt! Sag, wo Jones ist. Auf der Stelle.« Der Junge sackte in sich zusammen, und seine Knie schlugen auf dem Asphalt auf. »Bei seiner Frau.«
Winters ließ die Hand des Jungen los, krallte die Finger um seinen dünnen, schmutzigen Hals und drückte sein Gesicht auf die Straße, während der Junge schützend seine verletzte Hand bedeckte. »Ihr Name?«
»Ich weiß ...« Ein erstickter Schmerzensschrei unterbrach seine erbärmliche Lügen. Dann hob Winters den Daumen vom Kehlkopf des Jungen. »Chaniqua«, keuchte er. Winters' Stiefel traf den Jungen an der Hüfte, der sich daraufhin zusammenkrümmte und wie ein kleines Kind weinte. »Den Nachnamen, du unnützes ...«, er trat erneut zu, und seine Stiefelspitze traf den Jungen in den Bauch und schleuderte ihn auf den Rücken, »... feiges Stück Scheiße.« Ein schwaches Stöhnen drang zu ihm hinauf. »Pierce. Chaniqua Pierce. Friseurin. In ... der Innenstadt.«
Winters verzog das Gesicht, als der Junge auf seine Stiefel kotzte. Wut und Abscheu kochten in ihm hoch, und er trat wieder nach dem Jungen. Dann noch einmal. Und noch einmal. >Jetzt weißt du, wie der alte Mann sich gefühlt hat, als er zusammengerollt auf dem Boden seines Ladens lag und in einer Lache seines eigenen Bluts sterben musste.« Winters wischte mit einem Stiefel den größten Teil des Erbrochenen an der schmutzigen Hose des Jungen ab. Dann zielte er erneut und trat hemmungslos zu. Der magere Körper des Jungen prallte gegen die Ziegelmauer, seine Augäpfel rollten nach hinten, und Blut floss in einem steten Strom aus seinem Mundwinkel. Ein finaler Tritt gegen den Kopf gab ihm den Rest, und der Junge erzitterte und stieß seinen letzten Atemzug aus.
Winters holte tief Luft und wischte den anderen Stiefel am Hemd des Jungen ab.
Ein Stück Scheiße weniger auf der Straße. Er fand, dass er gute Arbeit geleistet hatte, schälte sich die dünnen Latex-Handschuhe von den Fingern und warf sie in einen Müllcontainer. Man konnte nie vorsichtig genug sein, wenn man
mit Straßengangs zu tun hatte. Fiese Krankheiten lauerten überall auf der Straße.
Während er die Viertelmeile zum Parkplatz seines Lieferwagens zurücklegte, entfernte er die Wattepads aus seinem Mund, den falschen Überbiss von seinem Oberkiefer und zog sich die graue Perücke vom Kopf. Nun konnte ihn niemand mehr mit diesem Straßenjungen in Verbindung bringen, selbst dann nicht, wenn sich jemand die Mühe machte, die Polizei zu rufen. Er warf einen raschen Blick über die Straße, bevor er sorgfältig seine Perücke verstaute, dann wechselte er die Stiefel und warf das schmutzige Paar mit gerunzelter Stirn auf den Rücksitz. Es waren seine besten Stiefel. Winters zuckte mit den Schultern. Sue Ann würde sie später reinigen. Er schwang sich auf den Fahrersitz und fühlte sich unbesiegbar.
Es war an der Zeit, Miss Chaniqua Pierce einen Besuch abzustatten.
Er war kaum fünf Minuten gefahren, als sich sein Pieper meldete. Aus dem Augenwinkel spähte er nach der Nummer, während er den Blick ansonsten auf den Abschaum gerichtet hielt, der zu dieser Zeit, wo anständige Menschen längst im Bett waren, herumlungerte. Verdammte Scheiße. Konnte dieses Weibsstück ihn nicht mal fünf Minuten in Ruhe lassen. Mit einem wütenden Knurren zog er sein Telefon aus der Tasche und gab die Nummer ein.»Ross.«
Winters knirschte mit den Zähnen. Ross, wie in Lieutenant Ross. Wie in Quotenfrau, geschrieben in großen, schwarzen Druckbuchstaben. Das Miststück, das den Job an sich gerissen hatte, der ihm zustand.
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Copyright der Originalausgabe © 2003 by Karen Rose Hafer
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2005 by Knaur Taschenbuch
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Autoren-Porträt von Karen Rose
Bibliographische Angaben
- Autor: Karen Rose
- 2010, 1, 637 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3868003312
- ISBN-13: 9783868003314
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