Die Schriften von Accra
Die Schriften von Accra: Zitate von Paulo Coelho versuchen das Leben zu erklären - und treffen dabei oft den Punkt: "Wenn du glücklich bist, bist du auf dem richtigen Weg."
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Die Schriften von Accra: Zitate von Paulo Coelho versuchen das Leben zu erklären - und treffen dabei oft den Punkt: "Wenn du glücklich bist, bist du auf dem richtigen Weg."
Liebe und Angst - Weisheit und Niederlage - Treue und Freundschaft: Davon handeln die Schriften von Accra. Am Schauplatz Jerusalem, vor den Toren der Stadt bereitet sich ein Heer von Kreuzrittern zum Kampf vor. Zur selben Zeit versammeln sich Leute um den Kopten, einen geheimnisvollen, fremden Mann. Der Grieche kam seinerzeit nach Israel um die Welt zu erobern. Doch er fand in Jerusalem Heimat, denn er wurde in den Bann eines Schatzes von unschätzbaren Wert gezogen: Die Antworten auf die großen Fragen der Menschheit.
- Existentielle Fragen um Liebe, Freundschaft etc.
- Lebensweisheiten à la Coelho
- Die Schriften von Accra: mit vielen Zitaten
Paulo Coelho (*1947) ist weltweit einer der meistgelesenen Schriftstellern. Seine Bücher sind in 73 Sprachen übersetzt und laufend in den Bestsellerlisten vertreten.
"Paulo Coelho erzählt von den elementaren Erfahrungen und die Leser erkennen sich darin wieder: mit ihren Schwächen und Ängsten, ebenso wie mit ihren Sehnsüchten und Träumen."
Der Spiegel
Roman Aus dem Brasilianischen von Maralde Meyer-Minnemann
Was würdest du sagen?«, fragte der Kopte zurück. »Fühlt ein Blatt, das im Winter vom Baum fällt, sich von der Kälte besiegt?
Der Baum sagt zum Blatt: ›Dies ist der Kreislauf der Natur. Auch wenn du glaubst, dass du sterben wirst, lebst du in mir weiter. Dir verdanke ich, dass ich lebe, weil ich durch dich atmen konnte. Dir verdanke ich, dass ich mich geliebt fühlen durfte, denn ich konnte dem müden Wanderer Schatten spenden. Dein Saft ist in meinem Saft, wir sind eins.‹
Kann sich ein Mann besiegt fühlen, der sich jahrelang darauf vorbereitet hat, den höchsten Berg der Welt zu erklimmen, wenn er zum Berg gelangt und sieht, dass die Natur diesen in ein Unwetter gehüllt hat? Der Mann sagt zum Berg: ›Mag sein, dass du mich jetzt nicht willst, aber das Wetter wird sich ändern, und eines Tages werde ich deinen Gipfel erklimmen. Einstweilen wirst du dort auf mich warten.‹
Kann ein junger Mann, wenn er von seiner ersten Liebe abgewiesen wird, behaupten, es gebe die Liebe nicht? Der junge Mann sagt sich: ›Ich werde jemandem begegnen, der versteht, was ich fühle. Und dann werde ich für den Rest meines Lebens glücklich sein.‹
Es gibt im Kreislauf der Natur weder Sieg noch Niederlage. Es gibt nur Bewegung.
Der Winter kämpft darum, alleiniger Herrscher zu sein, aber am Ende wird er den Sieg des Frühlings hinnehmen müssen, der Blumen und Freude mit sich bringt.
Der Sommer will, dass seine heißen Tage ewig fortdauern, weil er überzeugt ist, dass nur die Wärme der Erde zuträglich ist. Aber am Ende nimmt er die Ankunft des Herbstes hin, der erlaubt, dass die Erde sich ausruht.
Die Gazelle frisst das Gras und wird vom Löwen verschlungen. Entscheidend ist nicht, wer der Stärkere ist; Gott weist uns damit auf den natürlichen Kreislauf von Leben, Tod und neuem Leben hin.
Und in diesem Kreislauf gibt es weder Sieger noch Besiegte, nur Etappen, die durchlaufen werden müssen. Wenn des Menschen Herz dies begreifen, wird es frei. Dann erduldet es klaglos schwierige Augenblicke und lässt sich auch durch Augenblicke des Ruhms nicht täuschen.
Beide werden vorübergehen. Einer wird auf den anderen folgen. Und der Kreislauf wird sich fortsetzen, bis wir uns von allem Fleischlichen befreien und uns mit der göttlichen Kraft vereinigen.
Daher sollte der Kämpfer, wenn er sich in der Arena befindet (aus freien Stücken oder weil das unergründliche Schicksal ihn dorthin geführt hat), seinen Geist mit Freude an dem Kampf erfüllen, den er gleich ausfechten wird. Bewahrt er seine Würde und Ehre, kann er den Kampf verlieren, aber er wird nie ein Besiegter sein, weil seine Seele unverletzt blieb.
Und er wird niemandem die Schuld an dem geben, was mit ihm geschieht. Seit er zum ersten Mal geliebt hat und abgewiesen wurde, hat er dies begriffen, denn seine Fähigkeit zu lieben wurde damit nicht getötet. Was für die Liebe gilt, gilt auch für den Krieg.
Einen Kampf oder alles, was wir zu besitzen glaubten, zu verlieren, mag uns betrüben. Aber wenn diese Augenblicke der Traurigkeit vorübergegangen sind, entdecken wir die unbekannte Kraft, die in jedem von uns wohnt, eine überraschende Kraft, die unsere Selbstachtung steigert.
Wir blicken in die Runde und sagen uns selber: ›Ich habe überlebt.‹ Und das erfüllt uns mit Freude.
Nur jene, die diese Kraft nicht kennen, sagen: ›Ich habe verloren.‹ Und verzagen.
Andere, die ihre Niederlage wurmt und das, was die Sieger über sie erzählen, erlauben sich, ein paar Tränen zu vergießen, ohne allerdings in Selbstmitleid zu zerfließen. Sie wissen, dass der Kampf nur unterbrochen ist und sie in diesem Augenblick im Nachteil sind.
Sie hören ihr Herz schlagen und bemerken, dass sie angespannt sind und Angst haben. Doch dann schauen sie auf ihr Leben zurück und entdecken, dass trotz der Angst, die sie spüren, der Glaube ihnen Kraft gibt weiterzumachen.
Sie versuchen herauszufinden, was sie falsch gemacht haben und was richtig. Sie nutzen den Augenblick, in dem sie am Boden liegen, um auszuruhen, ihre Wunden zu pflegen, neue Strategien zu entwickeln und sich besser zu rüsten.
Und es kommt der Tag, an dem ihnen ein neuer Kampf bevorsteht. Die Angst ist zwar immer noch da, aber sie dürfen nicht untätig bleiben, sonst bleiben sie am Boden liegen. Darum stehen sie wieder auf und stellen sich dem Gegner.
Diesmal müssen sie siegen, da sie keine weitere schmerzliche Niederlage hinnehmen wollen.
Und wenn sie nicht dieses Mal siegen, dann eben das nächste oder übernächste Mal. Das Schlimmste ist, zu fallen und nicht wieder auf die Füße zu kommen.
Besiegt ist nur, wer aufgibt. Alle anderen sind siegreich.
Und es wird der Tag kommen, an dem die schwierigen Augenblicke nur noch Geschichten sind, die wir einander stolz erzählen. Und alle werden ehrfürchtig lauschen und drei wichtige Dinge lernen:
Geduld - um den richtigen Augenblick zum Handeln abwarten zu können.
Klugheit - um eine zweite Chance nicht ungenutzt verstreichen zu lassen.
Und stolz auf die eigenen Narben zu sein.
Die Narben sind wie mit dem Eisen in unsere Haut gebrannte Auszeichnungen, und sie werden deinen Feinden Angst einflößen und ihnen zeigen, dass der Mensch, der vor ihnen steht, kampferprobt ist. Häufig führt das dazu, dass die Feinde das Gespräch suchen und den Kampf meiden.
Narben sprechen eine deutlichere Sprache als das Schwert, dessen Klinge sie hervorgerufen hat.«
»Und was ist mit den Besiegten?«, wollte ein Kaufmann wissen, als er sah, dass der Kopte zum Ende gekommen war.
Und dieser antwortete: »Wer besiegt wurde, ist nicht gescheitert.
Besiegt werden bedeutet, dass wir einen bestimmten Kampf oder einen Krieg verlieren. Das Gefühl, gescheitert zu sein, aber nimmt uns jeden Kampfesmut.
Wir fühlen uns als Versager, wenn wir etwas nicht erringen, was wir uns glühend wünschen. Doch das Gefühl, versagt zu haben, nimmt uns die Fähigkeit zu träumen. Nach dem Motto: Wünsche dir nichts, und du wirst niemals leiden.
Die Niederlage endet in dem Augenblick, in dem wir uns einem neuen Kampf stellen. Das Gefühl zu versagen endet nie: Es ist die Wahl einer Lebensform.
Eine Niederlage erleiden diejenigen, die trotz aller Angst weiterhin voller Begeisterung und Glauben leben.
Eine Niederlage erleiden die Tapferen. Nur ihnen wird die Ehre zuteil, zu verlieren und zu gewinnen.
Dass die Niederlage zum Leben gehört, wissen wir alle. Ich stehe nicht hier, um das zu sagen. Nur die Besiegten kennen die Liebe. Denn wir alle fechten im Namen der Liebe unsere ersten Kämpfe aus - und verlieren sie meistens.
Ich stehe hier, um euch auch von jenen zu erzählen, die niemals besiegt wurden.
Es sind jene, die nie gekämpft haben.
Sie haben erfolgreich Verletzungen, Erniedrigungen, das Gefühl von Hilflosigkeit vermieden und jene bitteren Augenblicke, in denen Krieger an der Existenz Gottes zu zweifeln beginnen.
Auch wenn sie sich voller Stolz rühmen können: ›Ich habe nie eine Schlacht verloren‹, können sie sich doch andererseits auch nie sagen: ›Ich habe eine Schlacht gewonnen.‹
Doch das ist ihnen gleichgültig. Sie leben in einer Welt, in der sie scheinbar nichts berühren kann. Sie verschließen die Augen vor Ungerechtigkeit und Leid und wiegen sich in Sicherheit, weil sie sich den alltäglichen Herausforderungen jener nicht stellen müssen, die sich über die eigenen Grenzen hinauswagen.
Sie haben nie ein ›Leb wohl‹ gehört. Aber auch kein ›Da bin ich wieder - umarme mich so, wie jemand, der glaubte, mich verloren zu haben, und mich doch wiedergefunden hat‹.
Die ewig Unbesiegten wirken fröhlich und überlegen, so, als besäßen sie eine Wahrheit, für die sie nie einen Finger gerührt haben. Wie die Hyänen fressen sie nur, was der Löwe übriggelassen hat.
Sie lehren ihre Kinder: ›Lasst euch nicht auf Kämpfe ein, ihr könnt nur verlieren. Behaltet eure Zweifel für euch, und ihr werdet niemals Probleme haben. Greift euch jemand an, tut so, als wäre es nicht geschehen, und lasst euch nicht dazu herab, den Angriff zu erwidern. Es gibt schließlich wichtigere Dinge im Leben.‹
Aber nachts, wenn sie in der Stille allein sind, kämpfen sie imaginäre Schlachten, in denen es um unerfüllte Träume geht, um Ungerechtigkeiten, die sie vorgaben, übersehen zu haben, um Augenblicke von Feigheit, die sie vor allen (nur vor sich selber nicht) verbergen konnten, und um die Liebe, die mit einem Strahlen im Blick ihren Weg kreuzte - jene Liebe, die ihnen von Gott bestimmt war, die sie aber anzusprechen nicht den Mut hatten.
Und sie geloben: ›Morgen wird alles anders.‹
Aber der Morgen kommt und mit ihm die lähmende Frage: ›Und wenn es nicht klappt?‹
Also tun sie nichts.
Wehe denen, die nie besiegt wurden! Sie werden im Leben niemals Sieger sein.«
Copyright © 2013 Diogenes Verlag AG www.diogenes.ch
- Autor: Paulo Coelho
- 2013, 3. Aufl., 192 Seiten, Maße: 12,2 x 18,8 cm, Leinen, Deutsch
- Übersetzung: Meyer-Minnemann, Maralde
- Verlag: Diogenes
- ISBN-10: 3257068484
- ISBN-13: 9783257068481
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