Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Ikea-Schrank feststeckte
Roman
Er ist von Beruf Fakir. Er heißt Ayarajmushee Dikku Pradash und ist Hochstapler. Und er ist auf dem Weg nach Paris, weil er sich ein Nagelbett von Ikea zulegen möchte. Kaum ist Ayarajmushee dort gelandet, verliebt er sich im IKEA-Bistro in Marie - und das Abenteuer beginnt
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Ikea-Schrank feststeckte “
Er ist von Beruf Fakir. Er heißt Ayarajmushee Dikku Pradash und ist Hochstapler. Und er ist auf dem Weg nach Paris, weil er sich ein Nagelbett von Ikea zulegen möchte. Kaum ist Ayarajmushee dort gelandet, verliebt er sich im IKEA-Bistro in Marie - und das Abenteuer beginnt
Klappentext zu „Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Ikea-Schrank feststeckte “
Der Nr.1-Bestseller aus FrankreichEin irrsinniger Lesetrip - einmal um die halbe Welt und zurück: Die Geschichte eines Fakirs, der in einem Ikea-Schrank auf eine wundersame Reise gerät
Ayarajmushee Dikku Pradash, charmanter Hochstapler in Turban und Seide sowie Träger eines Schnurrbarts beträchtlicher Größe, fliegt eines Tages aus Indien nach Paris. Er ist von Beruf Fakir und möchte sich bei Ikea ein brandneues Nagelbett zulegen: Modell Likstupiksta, schwedische Kiefer, 15 000 Nägel, Farbe: Puma-rot.
Kaum am Flughafen angekommen, handelt er sich Ärger mit einem Taxifahrer ein, verliebt sich im Ikea-Bistro in die schöne Französin Marie, nistet sich über Nacht im Möbellager ein und versteckt sich in einem Ikea-Schrank. Prompt gerät er in diesem Schrank auf eine Reise, auf der er illegale Einwanderer aus Afrika und eine mondäne Schauspielerin trifft, die seinen Blick auf die Welt verändern. Über England, Barcelona, Rom und Tripolis gelangt er schließlich zurück nach Paris...
Dergroße Überraschungserfolg aus Frankreich - ein Roman über das Leben in unserer globalisierten Welt - heiter, schnell, wundervoll überdreht.
Lese-Probe zu „Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Ikea-Schrank feststeckte “
Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Ikea-Schrank feststeckte von Romain Puértolas ... mehr
Noch nie im Leben hatte Ayarajmushee so viele Stühle, Spaghettizangen und Lampen auf einem Haufen gesehen. Vor seinen staunenden Augen erstreckte sich, zum Greifen nah, eine unermessliche Anzahl und Vielfalt aller möglichen Gegenstände. Bei vielen hatte er keine Ahnung, wozu sie dienen mochten, aber das störte ihn nicht weiter. Die schiere Menge machte ihn schwindelig. Die reinste Ali-Baba-Höhle. Alles Mögliche, überall. Wenn sein Cousin mit dabei gewesen wäre, hätten sie einander zugerufen: »Schau mal hier! Und das da! Und das!«, und wären dabei von einem Verkaufstisch zum nächsten gesprungen wie kleine Jungen, die alles anfassen müssen, auch wenn man sie für verrückt halten sollte. Zu Hause in seinem Dorf schlug man die Verrückten mit langen Holzstöcken. Er wollte gar nicht wissen, ob man sie in Frankreich viel besser behandelte.
All diese Salatschüsseln und Lampen zeigten ihm jedenfalls überdeutlich, dass er aus einer ganz und gar anderen Welt kam. Und ohne diese Reise hätte er vielleicht nie erfahren, dass es solche Weltgegenden gab! Er musste das seinem Cousin in allen Einzelheiten schildern. Wenn er nur da wäre. So ganz allein konnte er all diese Dinge und Entdeckungen gar nicht wirklich verkraften.
Unter diesen Gedanken gelangte Ayarajmushee bald in die Schlafzimmerabteilung. Mehr als ein Dutzend Betten standen da aufgebaut, mit Bettwäsche, eine Garnitur bunter als die andere, und auf den Etiketten, die daran baumelten, standen unwahrscheinliche, unbegreifliche Namen. Mysa Strå, Mysa Ljung, Mysa Rosenglim (bastelten die sich die Namen aus blind zusammengefischten Buchstaben, oder was?). Weiche Kissen lagen ordentlich darauf, oder besser, waren sorgfältig unordentlich wirkend dekoriert, und luden zum Schlaf ein.
Ein Paar legte sich gerade sittsam auf ein Birkeland-Bett und stellte sich bereits die köstlichen Nächte vor, die es darin verbringen würde. Vielleicht würden sie sogar ein Kind darin machen? Und tatsächlich, ein Schild teilte auf Französisch und Englisch mit, dass jedes zehnte Kind in einem Ikea-Bett gezeugt werde. Die ikealosen indischen Geburtenraten waren in diese Statistik ganz sicher nicht mit eingegangen.
Das idyllische Bild wurde allerdings plötzlich zerstört, als zwei Kinder sich wie wild auf ein Aspelund-Bett warfen und eine stürmische Kissenschlacht begannen. Entsetzt sprang das junge Paar auf, es lag zwei Betten weiter, und floh in die Badezimmerabteilung, alle Fortpflanzungspläne vorerst hinter sich lassend.
Auch Ayarajmushee hielt sich nicht länger in dieser feindlichen Umgebung auf und schlängelte sich zwischen den Nachttischchen hindurch. Nicht, dass er keine Kinder mochte, im Gegenteil, aber er interessierte sich für keines der hier ausgestellten Bettenmodelle. Dasjenige, das er im Auge hatte, musste woanders stehen.
Drei Angestellte waren leicht zu erkennen, sie waren in den Farben des Geschäfts gekleidet, mithin in denen der schwedischen Fahne, blau und gelb, wie jene schöne Schwedin im Sari, die ihm in seiner Vorstellung ein Chicken Tandoori servierte, doch waren sie alle in Beratungsgespräche mit anderen Kunden vertieft. Er näherte sich einem davon und wartete, dass er an die Reihe käme.
Der Verkäufer, bei dem er anstand, war ein dicklicher Mann mit einer großen, auffällig grün schillernden Brille, ein Kopf, den man bei jedem »Wer ist Wer?«-Spiel sofort erkennen würde. Er machte sich an seinem Computer zu schaffen, hob dann und wann den Blick zu den beiden Kunden, die vor ihm standen, um sich dann wieder seinem Bildschirm zuzuwenden. Nach einigen Minuten riss er ein Blatt Papier ab, das aus dem Drucker gekommen war, und reichte es den beiden, die zufrieden abzogen und sich schon darauf freuten, ihren Freunden zu erzählen, das Elton John jetzt bei Ikea arbeitete und ihnen gerade einen Schuhschrank verkauft hatte.
Nachdem er sich vergewissert hatte, dass der Verkäufer Englisch sprach, erkundigte sich Ayarajmushee, ob in der Möbelausstellung wohl das neueste Modell des Nagelbetts namens Likstupikstå zu finden sei. Zur Illustration seiner Worte zog er ein Blatt Papier aus der Anzugtasche, entfaltete es und reichte es dem Kundenberater.
Zu sehen war darauf ein Foto dieses Betts für Fakire aus echter schwedischer Kiefer, drei verschiedene Farbtöne standen zur Wahl, mit höhenverstellbaren Nägeln (rostfrei). Er hatte es aus dem Ikea- Katalog von Juni 2012 gerissen, der in einer weltweiten Auflage von 198 Millionen gedruckt worden war, also doppelt so vielen Exemplaren wie die Bibel.
Man konnte mehrere Ausführungen wählen: zweihundert Nägel (teuer und besonders gefährlich), fünftausend Nägel (bezahlbar und ganz bequem) und fünfzehntausend Nägel (billig und paradoxerweise richtig gemütlich). Über dem Foto des Bettes prangte der Slogan: Für prickelnde Nächte! Der Preis, 99,99 Euro für das Modell mit fünfzehntausend Nägeln, stand in dicken gelben Ziffern daneben.
»Dieses Modell haben wir leider nicht mehr im Laden«, erklärte der Elton John der Apfelsinenkistenmöbel in angestrengt korrektem Englisch. »Ausverkauft. «
Als er sah, was für ein langes Gesicht sein potentieller Kunde machte, fügte er rasch hinzu:
»Aber wir können es aus dem Lager bestellen.«
»Wie lange wird das dauern?« Ayarajmushee fürchtete entsetzt, seine Reise könnte vergeblich gewesen sein.
»Morgen könnten Sie es haben.«
»Morgen früh?«
»Morgen früh.«
»Gut, gekauft.«
Zufrieden, dass sein Kunde zufrieden war, legte Elton die Finger auf die Tastatur.
»Ihr Name?«
»Mister Pradash. Ayarajmushee, ganz einfach, wie man es spricht.«
»Oha!« So einfach fand der Angestellte das offenbar nicht. Einfachheitshalber, oder noch eher, weil er zu faul zum Nachfragen war, machte er ein X ins Feld des Vornamens.
»Also, ein Likstupikstå, Fakir-Edition in echter schwedischer Kiefer, mit höhenverstellbaren Nägeln (rostfrei). Welche Farbe?«
»Was empfehlen Sie?«
»Pumarot, schildkrötblau oder delphingrün.«
»Äh?« Ayarajmushee konnte den Zusammenhang zwischen den Farben und den Tieren nicht so recht erkennen. »Ich kann den Zusammenhang zwischen den Farben und den Tieren nicht so recht erkennen«, sagte er.
»Das ist Marketing. Damit haben wir nichts zu tun.«
»Gut, dann pumarot.«
Frenetisch hämmerte der Kundenberater auf seine Tastatur ein.
»Hier bitte, Sie können es morgen früh ab zehn abholen. Darf's noch etwas sein?«
»Hm, ja, nur eine kleine Frage, aus Neugier. Wie kommt es wohl, dass das Modell mit fünfzehntausend Nägeln nur einen Bruchteil von dem mit zweihundert kostet, das dazu noch viel gefährlicher ist?«
Der Mann musterte ihn über den oberen Rand seiner Brille hinweg, als würde er ihn nicht ganz verstehen.
»Ich glaube, Sie verstehen mich nicht ganz«, fuhr der Fakir fort. »Welcher Idiot soll ein Bett kaufen, das viel teurer, viel unbequemer und viel gefährlicher ist?«
»Wenn Sie in einer Woche immer noch dasitzen und die fünfzehntausend Nägel in die fünfzehntausend vorgestanzten Löcher im Brett einsetzen, dann fragen Sie sich das nicht mehr, Monsieur, sondern dann tut es Ihnen leid, dass Sie nicht das teurere, unbequemere und gefährlichere Modell genommen haben. Glauben Sie mir!«
Ayarajmushee nickte und nahm seinen HundertEuro- Schein aus dem Portemonnaie, so, dass nur die bedruckte Seite zu sehen war. Den unsichtbaren Gummi hatte er abgenommen, denn diesmal würde er das Geld tatsächlich ausgeben. Seine Mission war erfüllt. Hier und jetzt sofort.
»Man zahlt nicht hier, Monsieur, sondern unten an der Kasse. Morgen, nach dem Abholen. Das macht dann 115,89 Euro.«
Hätte er sich nicht an der Katalogseite festhalten können, die der Mann ihm lächelnd hinhielt, Ayarajmushee wäre rücklings umgefallen.
»115,89 Euro?«, wiederholte er perplex.
»99,99 Euro war das Sonderangebot, bis letzte Woche. Schauen Sie, da steht es.«
Mit seinem pummeligen Zeigefinger deutete der Mann auf das Kleingedruckte unten auf der Katalogseite, es war nicht größer als Ameisenfüßchen.
»Ah.«
Die Welt brach um den Inder zusammen.
»So. Ich hoffe, Sie waren mit unserem Service zufrieden. Wenn ja, sagen Sie es weiter, wenn nein, sparen Sie sich die Mühe. Wir danken.«
Der junge Elton sah den Verkaufsvorgang als abgeschlossen an und wandte seinen dicken Kopf mitsamt der delphingrünen Brille der Frau hinter Ayarajmushee zu.
»Guten Tag, Madame, was kann ich für Sie tun?«
Der Fakir war beiseite getreten und hatte die Frau vorgelassen. Sorgenvoll betrachtete er seinen Hundert- Euro-Schein und fragte sich, woher er bis zum nächsten Morgen die 15,89 Euro nehmen sollte, die ihm jetzt noch fehlten.
Auf einem großen, bei den Kassen angebrachten Schild stand zu lesen, dass das Möbelhaus montags, mittwochs und freitags um 20.00 Uhr schloss. Gegen 19.45 Uhr - Ayarajmushee hatte die Uhrzeit von der Swatch einer üppigen Blondine abgelesen - erschien es ihm also geraten, sich wieder in die Bettenabteilung zu begeben. Kaum war er nach verstohlenen Blicken ringsum unter das Bett eines in grellen, psychedelischen Farben gehaltenen Musterzimmers gerutscht, da ertönte über Lautsprecher eine bedrohliche elektronische Frauenstimme. Ayarajmushee schrak hoch und knallte mit dem Kopf an den Lattenrost. Hatte man ihn entdeckt?
Alarmiert fürchtete der Fakir, dass die Scharfschützen auf den Schlafzimmerschränken ihre Präzisionsgewehre bereits auf das Bett Birkeland richteten, während eine frankoschwedische Einsatztruppe sich im Laufschritt näherte, um ihn zu umstellen. Sein Herz pochte wie der Soundtrack zu einem Bollywoodfilm. Er lockerte seine Krawatte, indem er die Sicherheitsnadel öffnete, um besser Luft zu bekommen. Sein Abenteuer stand kurz vor einem jähen Ende.
Doch auch nach einigen Minuten war niemand gekommen, um ihn unter dem Bett herauszuholen, und er begriff, dass diese Kommandostimme wohl nur auf den nahen Geschäftsschluss hingewiesen hatte.
Er atmete auf und wartete.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
Noch nie im Leben hatte Ayarajmushee so viele Stühle, Spaghettizangen und Lampen auf einem Haufen gesehen. Vor seinen staunenden Augen erstreckte sich, zum Greifen nah, eine unermessliche Anzahl und Vielfalt aller möglichen Gegenstände. Bei vielen hatte er keine Ahnung, wozu sie dienen mochten, aber das störte ihn nicht weiter. Die schiere Menge machte ihn schwindelig. Die reinste Ali-Baba-Höhle. Alles Mögliche, überall. Wenn sein Cousin mit dabei gewesen wäre, hätten sie einander zugerufen: »Schau mal hier! Und das da! Und das!«, und wären dabei von einem Verkaufstisch zum nächsten gesprungen wie kleine Jungen, die alles anfassen müssen, auch wenn man sie für verrückt halten sollte. Zu Hause in seinem Dorf schlug man die Verrückten mit langen Holzstöcken. Er wollte gar nicht wissen, ob man sie in Frankreich viel besser behandelte.
All diese Salatschüsseln und Lampen zeigten ihm jedenfalls überdeutlich, dass er aus einer ganz und gar anderen Welt kam. Und ohne diese Reise hätte er vielleicht nie erfahren, dass es solche Weltgegenden gab! Er musste das seinem Cousin in allen Einzelheiten schildern. Wenn er nur da wäre. So ganz allein konnte er all diese Dinge und Entdeckungen gar nicht wirklich verkraften.
Unter diesen Gedanken gelangte Ayarajmushee bald in die Schlafzimmerabteilung. Mehr als ein Dutzend Betten standen da aufgebaut, mit Bettwäsche, eine Garnitur bunter als die andere, und auf den Etiketten, die daran baumelten, standen unwahrscheinliche, unbegreifliche Namen. Mysa Strå, Mysa Ljung, Mysa Rosenglim (bastelten die sich die Namen aus blind zusammengefischten Buchstaben, oder was?). Weiche Kissen lagen ordentlich darauf, oder besser, waren sorgfältig unordentlich wirkend dekoriert, und luden zum Schlaf ein.
Ein Paar legte sich gerade sittsam auf ein Birkeland-Bett und stellte sich bereits die köstlichen Nächte vor, die es darin verbringen würde. Vielleicht würden sie sogar ein Kind darin machen? Und tatsächlich, ein Schild teilte auf Französisch und Englisch mit, dass jedes zehnte Kind in einem Ikea-Bett gezeugt werde. Die ikealosen indischen Geburtenraten waren in diese Statistik ganz sicher nicht mit eingegangen.
Das idyllische Bild wurde allerdings plötzlich zerstört, als zwei Kinder sich wie wild auf ein Aspelund-Bett warfen und eine stürmische Kissenschlacht begannen. Entsetzt sprang das junge Paar auf, es lag zwei Betten weiter, und floh in die Badezimmerabteilung, alle Fortpflanzungspläne vorerst hinter sich lassend.
Auch Ayarajmushee hielt sich nicht länger in dieser feindlichen Umgebung auf und schlängelte sich zwischen den Nachttischchen hindurch. Nicht, dass er keine Kinder mochte, im Gegenteil, aber er interessierte sich für keines der hier ausgestellten Bettenmodelle. Dasjenige, das er im Auge hatte, musste woanders stehen.
Drei Angestellte waren leicht zu erkennen, sie waren in den Farben des Geschäfts gekleidet, mithin in denen der schwedischen Fahne, blau und gelb, wie jene schöne Schwedin im Sari, die ihm in seiner Vorstellung ein Chicken Tandoori servierte, doch waren sie alle in Beratungsgespräche mit anderen Kunden vertieft. Er näherte sich einem davon und wartete, dass er an die Reihe käme.
Der Verkäufer, bei dem er anstand, war ein dicklicher Mann mit einer großen, auffällig grün schillernden Brille, ein Kopf, den man bei jedem »Wer ist Wer?«-Spiel sofort erkennen würde. Er machte sich an seinem Computer zu schaffen, hob dann und wann den Blick zu den beiden Kunden, die vor ihm standen, um sich dann wieder seinem Bildschirm zuzuwenden. Nach einigen Minuten riss er ein Blatt Papier ab, das aus dem Drucker gekommen war, und reichte es den beiden, die zufrieden abzogen und sich schon darauf freuten, ihren Freunden zu erzählen, das Elton John jetzt bei Ikea arbeitete und ihnen gerade einen Schuhschrank verkauft hatte.
Nachdem er sich vergewissert hatte, dass der Verkäufer Englisch sprach, erkundigte sich Ayarajmushee, ob in der Möbelausstellung wohl das neueste Modell des Nagelbetts namens Likstupikstå zu finden sei. Zur Illustration seiner Worte zog er ein Blatt Papier aus der Anzugtasche, entfaltete es und reichte es dem Kundenberater.
Zu sehen war darauf ein Foto dieses Betts für Fakire aus echter schwedischer Kiefer, drei verschiedene Farbtöne standen zur Wahl, mit höhenverstellbaren Nägeln (rostfrei). Er hatte es aus dem Ikea- Katalog von Juni 2012 gerissen, der in einer weltweiten Auflage von 198 Millionen gedruckt worden war, also doppelt so vielen Exemplaren wie die Bibel.
Man konnte mehrere Ausführungen wählen: zweihundert Nägel (teuer und besonders gefährlich), fünftausend Nägel (bezahlbar und ganz bequem) und fünfzehntausend Nägel (billig und paradoxerweise richtig gemütlich). Über dem Foto des Bettes prangte der Slogan: Für prickelnde Nächte! Der Preis, 99,99 Euro für das Modell mit fünfzehntausend Nägeln, stand in dicken gelben Ziffern daneben.
»Dieses Modell haben wir leider nicht mehr im Laden«, erklärte der Elton John der Apfelsinenkistenmöbel in angestrengt korrektem Englisch. »Ausverkauft. «
Als er sah, was für ein langes Gesicht sein potentieller Kunde machte, fügte er rasch hinzu:
»Aber wir können es aus dem Lager bestellen.«
»Wie lange wird das dauern?« Ayarajmushee fürchtete entsetzt, seine Reise könnte vergeblich gewesen sein.
»Morgen könnten Sie es haben.«
»Morgen früh?«
»Morgen früh.«
»Gut, gekauft.«
Zufrieden, dass sein Kunde zufrieden war, legte Elton die Finger auf die Tastatur.
»Ihr Name?«
»Mister Pradash. Ayarajmushee, ganz einfach, wie man es spricht.«
»Oha!« So einfach fand der Angestellte das offenbar nicht. Einfachheitshalber, oder noch eher, weil er zu faul zum Nachfragen war, machte er ein X ins Feld des Vornamens.
»Also, ein Likstupikstå, Fakir-Edition in echter schwedischer Kiefer, mit höhenverstellbaren Nägeln (rostfrei). Welche Farbe?«
»Was empfehlen Sie?«
»Pumarot, schildkrötblau oder delphingrün.«
»Äh?« Ayarajmushee konnte den Zusammenhang zwischen den Farben und den Tieren nicht so recht erkennen. »Ich kann den Zusammenhang zwischen den Farben und den Tieren nicht so recht erkennen«, sagte er.
»Das ist Marketing. Damit haben wir nichts zu tun.«
»Gut, dann pumarot.«
Frenetisch hämmerte der Kundenberater auf seine Tastatur ein.
»Hier bitte, Sie können es morgen früh ab zehn abholen. Darf's noch etwas sein?«
»Hm, ja, nur eine kleine Frage, aus Neugier. Wie kommt es wohl, dass das Modell mit fünfzehntausend Nägeln nur einen Bruchteil von dem mit zweihundert kostet, das dazu noch viel gefährlicher ist?«
Der Mann musterte ihn über den oberen Rand seiner Brille hinweg, als würde er ihn nicht ganz verstehen.
»Ich glaube, Sie verstehen mich nicht ganz«, fuhr der Fakir fort. »Welcher Idiot soll ein Bett kaufen, das viel teurer, viel unbequemer und viel gefährlicher ist?«
»Wenn Sie in einer Woche immer noch dasitzen und die fünfzehntausend Nägel in die fünfzehntausend vorgestanzten Löcher im Brett einsetzen, dann fragen Sie sich das nicht mehr, Monsieur, sondern dann tut es Ihnen leid, dass Sie nicht das teurere, unbequemere und gefährlichere Modell genommen haben. Glauben Sie mir!«
Ayarajmushee nickte und nahm seinen HundertEuro- Schein aus dem Portemonnaie, so, dass nur die bedruckte Seite zu sehen war. Den unsichtbaren Gummi hatte er abgenommen, denn diesmal würde er das Geld tatsächlich ausgeben. Seine Mission war erfüllt. Hier und jetzt sofort.
»Man zahlt nicht hier, Monsieur, sondern unten an der Kasse. Morgen, nach dem Abholen. Das macht dann 115,89 Euro.«
Hätte er sich nicht an der Katalogseite festhalten können, die der Mann ihm lächelnd hinhielt, Ayarajmushee wäre rücklings umgefallen.
»115,89 Euro?«, wiederholte er perplex.
»99,99 Euro war das Sonderangebot, bis letzte Woche. Schauen Sie, da steht es.«
Mit seinem pummeligen Zeigefinger deutete der Mann auf das Kleingedruckte unten auf der Katalogseite, es war nicht größer als Ameisenfüßchen.
»Ah.«
Die Welt brach um den Inder zusammen.
»So. Ich hoffe, Sie waren mit unserem Service zufrieden. Wenn ja, sagen Sie es weiter, wenn nein, sparen Sie sich die Mühe. Wir danken.«
Der junge Elton sah den Verkaufsvorgang als abgeschlossen an und wandte seinen dicken Kopf mitsamt der delphingrünen Brille der Frau hinter Ayarajmushee zu.
»Guten Tag, Madame, was kann ich für Sie tun?«
Der Fakir war beiseite getreten und hatte die Frau vorgelassen. Sorgenvoll betrachtete er seinen Hundert- Euro-Schein und fragte sich, woher er bis zum nächsten Morgen die 15,89 Euro nehmen sollte, die ihm jetzt noch fehlten.
Auf einem großen, bei den Kassen angebrachten Schild stand zu lesen, dass das Möbelhaus montags, mittwochs und freitags um 20.00 Uhr schloss. Gegen 19.45 Uhr - Ayarajmushee hatte die Uhrzeit von der Swatch einer üppigen Blondine abgelesen - erschien es ihm also geraten, sich wieder in die Bettenabteilung zu begeben. Kaum war er nach verstohlenen Blicken ringsum unter das Bett eines in grellen, psychedelischen Farben gehaltenen Musterzimmers gerutscht, da ertönte über Lautsprecher eine bedrohliche elektronische Frauenstimme. Ayarajmushee schrak hoch und knallte mit dem Kopf an den Lattenrost. Hatte man ihn entdeckt?
Alarmiert fürchtete der Fakir, dass die Scharfschützen auf den Schlafzimmerschränken ihre Präzisionsgewehre bereits auf das Bett Birkeland richteten, während eine frankoschwedische Einsatztruppe sich im Laufschritt näherte, um ihn zu umstellen. Sein Herz pochte wie der Soundtrack zu einem Bollywoodfilm. Er lockerte seine Krawatte, indem er die Sicherheitsnadel öffnete, um besser Luft zu bekommen. Sein Abenteuer stand kurz vor einem jähen Ende.
Doch auch nach einigen Minuten war niemand gekommen, um ihn unter dem Bett herauszuholen, und er begriff, dass diese Kommandostimme wohl nur auf den nahen Geschäftsschluss hingewiesen hatte.
Er atmete auf und wartete.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
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Autoren-Porträt von Romain Puértolas
Romain Puértolas wurde 1975 am ersten Tag des Winters in Montpellier geboren. Als Kind stiehlt er die Romanideen seines Goldfischs Gérard, den er von seiner Mutter zum zehnten Geburtstag geschenkt bekommen hat. Er bekritzelt gerne Post-it-Zettel und hat in Frankreich, Spanien und England gelebt. Er war DJ, Zauberkünstler, Flugverkehrsmanager und Übersetzer. "Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Ikea-Schrank feststeckte" ist sein Debüt, das zum Nr.1-Bestseller wurde und in fünfunddreißig Ländern erscheint.Hinrich Schmidt-Henkel, geboren 1959, lebt in Berlin, übersetzt Prosa und Theaterstücke aus dem Französischen, Norwegischen und Italienischen, zuletzt vor allem Jean Echenoz, Yasmina Reza, Jon Fosse, Erlend Loe und Louis-Ferdinand Céline.
Bibliographische Angaben
- Autor: Romain Puértolas
- 2014, 304 Seiten, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Schmidt-Henkel, Hinrich
- Übersetzer: Hinrich Schmidt-Henkel
- Verlag: S. Fischer Verlag GmbH
- ISBN-10: 3100003950
- ISBN-13: 9783100003959
- Erscheinungsdatum: 24.04.2014
Rezension zu „Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Ikea-Schrank feststeckte “
Eine Lektüre bei der man sich gut fühlt, lachen und weinen zugleich kann. ORF TV Zeit im Bild 20140425
Kommentare zu "Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Ikea-Schrank feststeckte"
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