Abgründe
Wenn aus Menschen Mörder werden. Der legendäre Mordermittler deckt auf
Eine junge Frau tötet ihren ehemaligen Liebhaber auf grausame Weise. Ein Jugendlicher ersticht einen ihm völlig Unbekannten. Aus reiner Mordlust. Der legendäre Mordermittler Josef Wilfling erzählt seine spannendsten Fälle und...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Abgründe “
Eine junge Frau tötet ihren ehemaligen Liebhaber auf grausame Weise. Ein Jugendlicher ersticht einen ihm völlig Unbekannten. Aus reiner Mordlust. Der legendäre Mordermittler Josef Wilfling erzählt seine spannendsten Fälle und zeigt: Die Wirklichkeit ist packender als jeder Krimi.
Klappentext zu „Abgründe “
Eine junge Frau tötet ihren ehemaligen Liebhaber auf grausame Weise mit einem Besenstiel. Ein Mann ermordet zwei Frauen, um die Aufdeckung seiner kriminellen Machenschaften zu verhindern. Ein Jugendlicher ersticht einen ihm völlig Unbekannten. Aus reiner Mordlust. Das Unfassbare war bei ihm der Normalfall: Der legendäre Mordermittler Josef Wilfling hatte es tagtäglich mit Menschen zu tun, die Ungeheuerliches getan oder erlebt haben. Jetzt erzählt er seine spektakulärsten Fälle, schildert Tathintergründe, gibt den Blick in seelische Abgründe frei und zeigt: Die Wirklichkeit ist packender als jeder Krimi.
Lese-Probe zu „Abgründe “
Abgründe von Josef Wolfing GRAUSAMKEIT Seit drei Wochen hatte sich Emil S. nicht mehr gemeldet. Die 79-jährige Alwine W. machte sich Sorgen. Bislang hatten sie sich mindestens einmal wöchentlich in einem Café oder zum Essen in der Bahnkantine getroffen. Aber Emil S. ging nicht mehr ans Telefon, und auch im Justizzentrum, wo sie sich fast täglich die Zeit vertrieben und die dortigen Prozesse verfolgten - am liebsten natürlich Mordprozesse -, war er schon lange nicht mehr gesehen worden. Sie gehörten zur dortigen Stammzuhörerschaft und kannten sich untereinander.
Alwine läutete an Emils Haustür und konnte die Glocke sogar bis nach unten hören, weil die Balkontür von seiner Wohnung im zweiten Stock offen stand. Es wurde aber nicht geöffnet. Also klingelte sie schließlich bei der Nachbarin im zweiten Stock, die ihr vom Sehen her bekannt war und die in ihrem Alter sein durfte. Tatsächlich betätigte diese den Türöffner, und Alwine ging nach oben. Ingesamt sechs Parteien lebten in dem zweistöckigen Block, der zu einer großen Wohnanlage gehörte, welche von der Bundesbahn in den 1960er-Jahren errichtet worden war und in der fast ausschließlich Bahnbedienstete wohnten, vorwiegend Pensionisten und Rentner. Es waren preisgünstige Wohnungen, die zwar klein, inzwischen aber auf modernsten Stand gebracht worden waren.
Der betagten Nachbarin war gar nicht bewusst, dass sie Emil S. schon lange nicht mehr gesehen hatte. Erst jetzt im Nachhinein falle ihr auf, dass er ihr ja jeden Tag die Zeitung eingeworfen habe und dass das schon seit geraumer Zeit nicht mehr der Fall war. »Da wird doch nichts passiert sein mit dem Herrn S. Ganz gesund war der ja auch nicht mehr, so wie der schon vor Jahren geschnauft hat, wenn er die Treppe hochging«, meinte sie. Alwine W. klopfte mehrfach kräftig
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an Emils Wohnungstür, aber es rührte sich nichts. Sie hob den Briefkastenschlitz hoch. Ein Schwall unangenehm riechender Luft wehte ihr entgegen. Sie kannte diesen Gestank nur allzu gut aus den Kriegsjahren, in denen sie viele Leichen gesehen und gerochen hatte.
Alwine W. rief die Polizei. Die beiden jungen Beamten zögerten nicht lange und ließen die Wohnung öffnen. Einer von ihnen ging hinein. Es dauerte keine 20 Sekunden, und er kam kreidebleich wieder heraus, mit einer Hand Mund und Nase zuhaltend. »Hol die Kripo«, sagte er zu seinem Kollegen, »der ist umgebracht worden. In seinem Hals steckt ein Besen.«
Als meine beiden Kollegen und ich am späten Nachmittag an den Tatort kamen, hatte sich vor dem Haus eine kleine Menschenmenge versammelt. Neugierige Nachbarn, denen jetzt allen einfiel, dass sie Herrn S. ja schon so lange nicht mehr gesehen hatten. Da man aber kaum engen persönlichen Kontakt untereinander hatte und lediglich normale nachbarschaftliche Beziehungen
pflegte - was in einer Großstadt bedeutet, dass man sich grüßt und gelegentlich ein paar Worte wechselt -, war niemandem aufgefallen, dass Emil S., der wie viele andere immerhin schon seit 40 Jahren hier lebte, irgendwie fehlte. Als ich die Ansammlung der Anwohner sah, war mir klar, dass nun allerlei Erkenntnisse und Gerüchte ausgetauscht und vermischt werden würden, was natürlich einer objektiven Informationsgewinnung abträglich war. Und oft wird das, was man erfahren hat, gerne als eigenes Wissen verkauft - besonders wenn Belohnungen ausgesetzt sind.
Es sah nicht gut aus. Liegezeit mindestens drei Wochen, schätzte die Leichenschauerin. Da die Balkontür weit offen stand, hielt sich der Gestank in Grenzen. Es war ein grausiger, fast schon skurriler Anblick. Keiner von uns hatte Derartiges vorher gesehen. Der Besenstil ragte aus dem Hals heraus und stand kerzengerade in die Höhe, wobei die Bürste zwischen Balkontür und Türrahmen eingeklemmt war. Dadurch konnte die Tür nicht zuschlagen, und gleichzeitig hatte der Besenstiel einen festen Halt. Der Körper des Mannes war aufgedunsen, der Kopf war schwarz-klumpig, und die wohl schon dritte Generation von Maden war dabei, ihr Werk fortzusetzen. Die Leiche war bekleidet mit Hemd und Hose. Wir vereinbarten mit dem Erkennungsdienst, nach der fotografischen Sicherung des Tatortes den Besenstil ca. 3o Zentimeter über dem Hals abzusägen und die Leiche bekleidet und unverändert ins Institut für Rechtsmedizin bringen zu lassen. Mit bloßem Auge war lediglich erkennbar, dass wohl Gesicht und Schädel zertrümmert waren, eine visuelle Identifizierung war nicht mehr möglich. Bei genauerem Hinsehen erkannte man auch einige scharfrandige Hautdurchtrennungen im Kopfbereich, wie sie von einem Messer hätten verursacht worden sein können. Ein solches lag aber nirgends offen herum, wie wir bei erster Durchsicht feststellten. Auf dem Tisch befand sich eine leere Geldbörse, und man konnte an den lose herunterhängenden Antennen- und Stromkabeln sehen, dass auf der kleinen Anrichte, wo die Staubschicht entsprechend ausgespart war, ein Fernsehgerät gestanden haben müsste. Ein Raubmord?
Die Wohnungstür war unbeschädigt und nur ins Schloss gezogen. Der Schlüssel steckte an der Innenseite. Der oder die Täter müssen also eingelassen worden sein. Ein Einsteigen und auch eine Flucht über den Balkon, der zur Hofseite hinausging, konnte ausgeschlossen werden. Die Tat muss sich nicht zwangsläufig bei offenem Fenster zugetragen haben. Denkbar, dass die Balkontür erst nachträglich geöffnet und fixiert wurde. Zumal niemand bisher etwas gehört haben will und die Tat garantiert nicht geräuschlos abgelaufen war.
Alwine W. selbst lebte seit vielen Jahren alleine in einer kleinen Altbauwohnung in der Innenstadt. In Emils Wohnung war sie schon seit Jahren nicht mehr gewesen. Die alte Dame war körperlich und geistig zwar noch sehr rüstig, aber der Vorfall hatte ihr zu schaffen gemacht. Sie saß auf der Stiege im Treppenhaus, hatte die Arme auf den angezogenen Knien verschränkt und den Kopf darauf gelegt. Ich bot ihr an, sie nach Hause zu fahren. Unterwegs könnten wir uns ja unterhalten, schlug ich vor, und sie nahm dankbar an. Es habe ja einmal eine Zeit gegeben, da habe sie sich Hoffnungen gemacht, begann sie zu erzählen, als wir in meinem Dienstwagen saßen.
Copyright © 2010 by Wilhelm Heyne Verlag, München
Alwine W. rief die Polizei. Die beiden jungen Beamten zögerten nicht lange und ließen die Wohnung öffnen. Einer von ihnen ging hinein. Es dauerte keine 20 Sekunden, und er kam kreidebleich wieder heraus, mit einer Hand Mund und Nase zuhaltend. »Hol die Kripo«, sagte er zu seinem Kollegen, »der ist umgebracht worden. In seinem Hals steckt ein Besen.«
Als meine beiden Kollegen und ich am späten Nachmittag an den Tatort kamen, hatte sich vor dem Haus eine kleine Menschenmenge versammelt. Neugierige Nachbarn, denen jetzt allen einfiel, dass sie Herrn S. ja schon so lange nicht mehr gesehen hatten. Da man aber kaum engen persönlichen Kontakt untereinander hatte und lediglich normale nachbarschaftliche Beziehungen
pflegte - was in einer Großstadt bedeutet, dass man sich grüßt und gelegentlich ein paar Worte wechselt -, war niemandem aufgefallen, dass Emil S., der wie viele andere immerhin schon seit 40 Jahren hier lebte, irgendwie fehlte. Als ich die Ansammlung der Anwohner sah, war mir klar, dass nun allerlei Erkenntnisse und Gerüchte ausgetauscht und vermischt werden würden, was natürlich einer objektiven Informationsgewinnung abträglich war. Und oft wird das, was man erfahren hat, gerne als eigenes Wissen verkauft - besonders wenn Belohnungen ausgesetzt sind.
Es sah nicht gut aus. Liegezeit mindestens drei Wochen, schätzte die Leichenschauerin. Da die Balkontür weit offen stand, hielt sich der Gestank in Grenzen. Es war ein grausiger, fast schon skurriler Anblick. Keiner von uns hatte Derartiges vorher gesehen. Der Besenstil ragte aus dem Hals heraus und stand kerzengerade in die Höhe, wobei die Bürste zwischen Balkontür und Türrahmen eingeklemmt war. Dadurch konnte die Tür nicht zuschlagen, und gleichzeitig hatte der Besenstiel einen festen Halt. Der Körper des Mannes war aufgedunsen, der Kopf war schwarz-klumpig, und die wohl schon dritte Generation von Maden war dabei, ihr Werk fortzusetzen. Die Leiche war bekleidet mit Hemd und Hose. Wir vereinbarten mit dem Erkennungsdienst, nach der fotografischen Sicherung des Tatortes den Besenstil ca. 3o Zentimeter über dem Hals abzusägen und die Leiche bekleidet und unverändert ins Institut für Rechtsmedizin bringen zu lassen. Mit bloßem Auge war lediglich erkennbar, dass wohl Gesicht und Schädel zertrümmert waren, eine visuelle Identifizierung war nicht mehr möglich. Bei genauerem Hinsehen erkannte man auch einige scharfrandige Hautdurchtrennungen im Kopfbereich, wie sie von einem Messer hätten verursacht worden sein können. Ein solches lag aber nirgends offen herum, wie wir bei erster Durchsicht feststellten. Auf dem Tisch befand sich eine leere Geldbörse, und man konnte an den lose herunterhängenden Antennen- und Stromkabeln sehen, dass auf der kleinen Anrichte, wo die Staubschicht entsprechend ausgespart war, ein Fernsehgerät gestanden haben müsste. Ein Raubmord?
Die Wohnungstür war unbeschädigt und nur ins Schloss gezogen. Der Schlüssel steckte an der Innenseite. Der oder die Täter müssen also eingelassen worden sein. Ein Einsteigen und auch eine Flucht über den Balkon, der zur Hofseite hinausging, konnte ausgeschlossen werden. Die Tat muss sich nicht zwangsläufig bei offenem Fenster zugetragen haben. Denkbar, dass die Balkontür erst nachträglich geöffnet und fixiert wurde. Zumal niemand bisher etwas gehört haben will und die Tat garantiert nicht geräuschlos abgelaufen war.
Alwine W. selbst lebte seit vielen Jahren alleine in einer kleinen Altbauwohnung in der Innenstadt. In Emils Wohnung war sie schon seit Jahren nicht mehr gewesen. Die alte Dame war körperlich und geistig zwar noch sehr rüstig, aber der Vorfall hatte ihr zu schaffen gemacht. Sie saß auf der Stiege im Treppenhaus, hatte die Arme auf den angezogenen Knien verschränkt und den Kopf darauf gelegt. Ich bot ihr an, sie nach Hause zu fahren. Unterwegs könnten wir uns ja unterhalten, schlug ich vor, und sie nahm dankbar an. Es habe ja einmal eine Zeit gegeben, da habe sie sich Hoffnungen gemacht, begann sie zu erzählen, als wir in meinem Dienstwagen saßen.
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Autoren-Porträt von Josef Wilfling
Josef Wilfling, 1947 - 2022, war 42 Jahre lang im Polizeidienst tätig, 22 davon bei der Münchner Mordkommission. Der Vernehmungsspezialist klärte spektakuläre Fälle wie den Sedlmayr- und den Moshammer-Mord auf, schnappte Serientäter wie den Frauenmörder Horst David und verhörte Hunderte Kriminelle. Bei Heyne sind bereits seine Bestseller Abgründe, Unheil und Verderben erschienen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Josef Wilfling
- 2011, 320 Seiten, Maße: 11,7 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453601920
- ISBN-13: 9783453601925
- Erscheinungsdatum: 07.04.2011
Rezension zu „Abgründe “
"Kaum jemand blickt so oft und so tief in menschliche Abgründe, wie ein Mordermittler." (Münchner Merkur)
Kommentar zu "Abgründe"