Aloisia
Eine Hebamme spielt Schicksal
Zwei Frauen im Kreißsaal. Bei beiden geht es um Leben und Tod. Da die Ärzte nicht rechtzeitig eintreffen, muss Hebamme Aloisia handeln. Sie beeinflusst mit ihrer Entscheidung schicksalhaft das Leben zweier Familien.
Erst nach Jahren kommt die...
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Produktinformationen zu „Aloisia “
Zwei Frauen im Kreißsaal. Bei beiden geht es um Leben und Tod. Da die Ärzte nicht rechtzeitig eintreffen, muss Hebamme Aloisia handeln. Sie beeinflusst mit ihrer Entscheidung schicksalhaft das Leben zweier Familien.
Erst nach Jahren kommt die Wahrheit über diese Schicksalsnacht ans Licht.
Lese-Probe zu „Aloisia “
Aloisia. Eine Hebamme spielt Schicksal von Roswitha GruberKapitel 3
Das Glück auf dem Gumperhof war mit der Ge burt des ersehnten Erben und Hofnachfolgers vollkommen. Blasius Moosberger konnte nicht umhin, jedem, den er im Dorf traf, von seinen neuen Vaterfreuden zu berichten. Im Gasthaus gab er Runde um Runde aus, um die Ankunft des Stammhalters gebührend zu feiern. Auch Zenta erlebte ein ganz neues Selbstwertgefühl. Von ihrer Schwiegermutter brauchte sie sich keine Hetzreden und keine Schmähungen mehr anzuhören. Und sonntags konnte sie stolz erhobenen Hauptes in die Kirche gehen.
Die Taufe des kleinen Blasius wurde für vier Wochen nach seiner Geburt angesetzt. Das sollte ein Fest werden! Nicht nur für die zahlreiche Verwandtschaft, nein, das ganze Dorf sollte daran teilnehmen. Man ließ eigens den größten Saal des Gasthauses für diesen Tag reservieren. Pater Severin, Onkel vom alten Blasius, jüngster und noch einzig lebender Bruder seines Vaters, der in einem Benediktinerkloster lebte, wurde eigens herzitiert. Wenn man schon einen Geistlichen in der Familie hatte, so sollte der die Taufe vornehmen. Man würde es doch keinem Fremden überlassen, den Erben des traditionsreichen Gumperhofes zu taufen. Selbst verständlich lud man auch Aloisia Gaßlmaier zu dem Fest ein. Ihr, so glaubte man, war es in erster Linie zu danken, dass der Gumperhof doch noch zu einem männlichen Erben gekommen war.
»Mir schuldet ihr keinen Dank«, wehrte sie bescheiden ab, als der Moosberger die Einladung in ihrem Haus persönlich aussprach, nicht ohne ihr eine große Flasche vom selbstgebrannten Obstler zu überreichen.
»Beim Herrgott müsst ihr euch bedanken. Der allein hat es zu eurem Wohle gelenkt.«
»Ohne dem Herrgott den gebührenden Dank schuldig zu bleiben: Wenn du ihn nicht dabei unterstützt
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hättest, wer weiß, wie das sonst noch ausgegangen wäre!«, widersprach der Bauer. »Ehre, wem Ehre gebührt, Aloisia! «
Die Hebamme rang sich ein schiefes Lächeln ab. »Wenn überhaupt, dann war ich sein Werkzeug, mehr nicht. Aber vielen Dank für die Flasche. Die wird mich im nächsten Winter wärmen, wenn ich wiedermal nachts raus muss. Für die Einladung danke ich ganz besonders. Es ist mir eine Ehre, sie anzunehmen … falls mir nicht ein kleiner Erden bürger dazwischenkommt«, schränkte sie ein.
»Du weißt selbst, Blasi, wie unberechenbar die sind.« Es war ihr sehr schwergefallen, diese Worte leichthin zu formulieren, denn natürlich kam es für sie gar nicht in Frage, an der Taufe teilzuneh men. Überall die strahlenden Gesichter, die Fragen, die Glückwünsche, die auf sie zukommenwürden – im Bewusstsein dessen, was sie getan hatte, konnte sie das einfach nicht ertragen. Um dem zu entgehen, übernahm sie an dem Tag der Taufe für ihre Kollegin im Krankenhaus den Bereitschaftsdienst.
Das erwies sich jedoch als eine Taktik, mit der sie vom Regen in die Traufe kam, denn an diesem Sonntag wurde sie tatsächlich zu einer Entbindung gerufen – ihr erster Einsatz dort nach der schicksalsschweren Zwillingsgeburt. Wohl hatte sie in der Zwischenzeit in einigen Bauernhäusern Müttern in ihrer schweren Stunde beigestanden. Das hatte ihr aber nichts ausgemacht; es waren unkomplizierte Routinefälle gewesen. Aber hier, da sie an die Stätte ihrer betrügerischen Tat zu rückkehrte, brach die ganze Situation wieder über sie her ein. Ein Zittern befiel sie, der kalte Schweiß brach ihr aus, ihre Knie schlotterten. Einen Moment befürchtete sie so gar, sie werde nicht imstande sein, die Entbindung zu leiten. »Reiß dich zusammen!«, ermahnte sie sich selbst, denn wer hätte denn ihre Aufgaben sonst übernehmen sollen?
Das Bewusstsein der Notwendigkeit half ihr dabei, sich auf die Erfahrung zu stützen, die ein langes Arbeitsleben ihr beschert hatte. Das beklem mende Gefühl, jeden Moment könne eine zweite Schwangere auf tauchen und sie vor neue Probleme stellen, machte sie aber dennoch während der ganzen Zeit fahrig und schreckhaft.
Erst als es bei der Kreißenden in die Endphase ging, als die Presswehen einsetzten, kam die alte Sicherheit wieder. Glücklich hielt sie das neue zappelnde und quäkende Menschlein in ihren Händen und legte es der strahlenden Mutter in den Arm. Gleich da nach überfiel sie jedoch wieder die vorhe rige Unsicherheit. Beim Entsorgen der Nachgeburt, beim Versorgen des Kindes, beim Ausfüllen der Papiere war sie wie der zerstreut und schreckhaft.
© Rosenheimer Verlagshaus
Die Hebamme rang sich ein schiefes Lächeln ab. »Wenn überhaupt, dann war ich sein Werkzeug, mehr nicht. Aber vielen Dank für die Flasche. Die wird mich im nächsten Winter wärmen, wenn ich wiedermal nachts raus muss. Für die Einladung danke ich ganz besonders. Es ist mir eine Ehre, sie anzunehmen … falls mir nicht ein kleiner Erden bürger dazwischenkommt«, schränkte sie ein.
»Du weißt selbst, Blasi, wie unberechenbar die sind.« Es war ihr sehr schwergefallen, diese Worte leichthin zu formulieren, denn natürlich kam es für sie gar nicht in Frage, an der Taufe teilzuneh men. Überall die strahlenden Gesichter, die Fragen, die Glückwünsche, die auf sie zukommenwürden – im Bewusstsein dessen, was sie getan hatte, konnte sie das einfach nicht ertragen. Um dem zu entgehen, übernahm sie an dem Tag der Taufe für ihre Kollegin im Krankenhaus den Bereitschaftsdienst.
Das erwies sich jedoch als eine Taktik, mit der sie vom Regen in die Traufe kam, denn an diesem Sonntag wurde sie tatsächlich zu einer Entbindung gerufen – ihr erster Einsatz dort nach der schicksalsschweren Zwillingsgeburt. Wohl hatte sie in der Zwischenzeit in einigen Bauernhäusern Müttern in ihrer schweren Stunde beigestanden. Das hatte ihr aber nichts ausgemacht; es waren unkomplizierte Routinefälle gewesen. Aber hier, da sie an die Stätte ihrer betrügerischen Tat zu rückkehrte, brach die ganze Situation wieder über sie her ein. Ein Zittern befiel sie, der kalte Schweiß brach ihr aus, ihre Knie schlotterten. Einen Moment befürchtete sie so gar, sie werde nicht imstande sein, die Entbindung zu leiten. »Reiß dich zusammen!«, ermahnte sie sich selbst, denn wer hätte denn ihre Aufgaben sonst übernehmen sollen?
Das Bewusstsein der Notwendigkeit half ihr dabei, sich auf die Erfahrung zu stützen, die ein langes Arbeitsleben ihr beschert hatte. Das beklem mende Gefühl, jeden Moment könne eine zweite Schwangere auf tauchen und sie vor neue Probleme stellen, machte sie aber dennoch während der ganzen Zeit fahrig und schreckhaft.
Erst als es bei der Kreißenden in die Endphase ging, als die Presswehen einsetzten, kam die alte Sicherheit wieder. Glücklich hielt sie das neue zappelnde und quäkende Menschlein in ihren Händen und legte es der strahlenden Mutter in den Arm. Gleich da nach überfiel sie jedoch wieder die vorhe rige Unsicherheit. Beim Entsorgen der Nachgeburt, beim Versorgen des Kindes, beim Ausfüllen der Papiere war sie wie der zerstreut und schreckhaft.
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Autoren-Porträt von Roswitha Gruber
Roswitha Gruber lebt und arbeitet in Reit im Winkl und arbeitet in ihrem alten Bauernhof unermüdlich an neuen Buchideen. Bereits als 15-Jährige hat sie ihre ersten schriftstellerischen Versuche zu Papier gebracht. Heute widmet sie sich schwerpunktmäßig der Schilderung starker Frauen mit außergewöhnlichen Lebensgeschichten, die sich enormer Beliebtheit erfreuen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Roswitha Gruber
- 2009, 352 Seiten, Maße: 12,5 x 19,4 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: ROSENHEIMER VERLAGSHAUS
- ISBN-10: 3475538741
- ISBN-13: 9783475538742
- Erscheinungsdatum: 26.02.2009
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