Asoziale Marktwirtschaft
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Mehr und mehr multinationale Konzerne verlagern ihre Betriebe ins Ausland - dorthin, wo sie weniger Abgaben entrichten. Dabei zahlen Multis und reiche Privatpersonen ohnedies Jahr für Jahr immer weniger Steuern. Der Anteil des Kapitals am Gesamtsteueraufkommen in Deutschland ist von 34,7 Prozent im Jahr 1960 auf 12,2 Prozent im Jahr 2002 gesunken. Die gesellschaftliche Infrastruktur - Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Polizei, Straßen usw. - wird im Wesentlichen von Lohnabhängigen und vom Mittelstand finanziert. Die Multis werden mit üppigen Subventionen bedient. In diesem Buch kommen hochrangige Insider zu Wort, die ungeschminkt erzählen, wie die Welt hinter den dick gepolsterten Türen aussieht. Einzige Bedingung: dass ihre Identität im Verborgenen bleibt. So schildern Konzernbetriebsprüfer, wie Multis ihre Gewinne verschleiern und wie die Arbeit der Finanzbehörden von Politikern behindert wird. Brüsseler Insider berichten, wie Konzern-Lobbyisten Druck auf die EU-Kommission ausüben und wie ungeniert Konzernherren in die Subventionstöpfe greifen. Ein hochrangiger Konzernmanager und Wirtschaftsanwälte erläutern die Steuerstricks der Multis. - Zusätzlich zeigen Tabellen und Grafiken, welche Konzerne den Staat besonders schamlos ausplündern und welche Konzernchefs und Spitzenmanager sich besonders ungeniert bereichern.
Dieses Buch enthüllt:- Die Steuertricks der Konzerne - Bilanzakrobatik im Graubereich zwischen Kreativität und Wirtschaftskriminalität - wie
Asoziale Marktwirtschaft vonHans Weiss
LESEPROBE
Hans WeissH
Einleitung: Die Macht der Konzerne
Enron und Worldcom in den USA, Parmalat in Italien, Vivendiin Frankreich, Gasprom in Russland - die Namen dieser Konzerne stehen fürFinanzskandale, bei denen Zehntausende ihre Jobs und Hunderttausende ihr Geldverloren haben. Sieht man sich diese Fälle an, stößt man immer wieder aufdieselben Beteiligten: hochgelobte Manager, angesehene Wirtschaftsprüfer,Steuerberater, Beratungsfirmen und Banken. Enron galt als Amerikasinnovativstes Unternehmen, das sich rasch vergrößerte, indem ständig neueFirmen aufgekauft oder gegründet wurden - insgesamt mehr als 3.500. Jahresumsatz:200 Milliarden Dollar. Die Steuerabteilung des Konzerns wurde als»profitcenter« geführt - also als Abteilung, die von 1996 bis 1999 nichtSteuern zahlte, sondern enorme Gewinne verbuchte. Bei den Bilanztricks halfenrenommierte Wirtschaftsanwälte, internationale Beratungsunternehmen und auchdie Deutsche Bank. Im Herbst 2001, als Enron fast über Nacht zusammen brach,erwies sich der Konzern als aufgeblasenes Luftschloss. Die Manager hatten mitGeld um sich geworfen und sich bei Politikern beliebt gemacht. 6 MillionenDollar gingen als Spenden an amerikanische Abgeordnete, George Bush erhielt623.000 Euro für sein Wahlkampfbudget.
Das Lebensbekenntnis des Enron-Chefs lautete: »Ich glaube anGott, und ich glaube an den freien Markt.« Seinen Mitarbeitern empfahl er:»Reden Sie die Aktie hoch.« Worldcom, die zweitgrößte Telefongesellschaft derUSA, vereinigte sich 1997 mit dem MCI-Konzern. Das ging gut bis zum Sommer desJahres 2002. Dann flog auf, dass 3,8 Milliarden Dollar, die der Konzern alsGewinn in der Bilanz angab, gar nicht existierten. Einige Wochen später war diehochgelobte Firma bankrott. Die Schadenssumme kletterte schließlich auf 12Milliarden Dollar.
Zahlenspiele
Als staunender Beobachter fragt man sich: Handelt es sichhier um Ausnahmefälle? Ist es möglich, Bilanzen so zu manipulieren, dass esfast niemandem auffällt?
Wer sich zum ersten Mal mit Bilanzen beschäftigt, muss zunächsteine wichtige Lektion lernen: Hier begibt er sich in eine Welt, in der dieDoppelmoral zu Hause ist. An der Börse präsentieren sich die Konzerne mitschönen Gewinnen, dem Finanzamt gegenüber legen sie Wert darauf, Verluste zumachen. Dabei handelt es sich nicht etwa um verschiedene Geschäftsjahre oderum unterschiedliche Firmen, nein, es ist ein und dasselbe Unternehmen, daseinmal als gut, einmal als schlecht verkauft wird. Fast möchte man glauben,hier handle es sich um Betrug.
Diese Doppelmoral erfordert auch eine doppelte Buchführung.Man könnte ja sonst den Überblick verlieren. Einerseits haben wir es mit einerpositiven Handelsbilanz zu tun, andererseits mit einer negativen Steuerbilanz- falls wir diese überhaupt zu Gesicht bekommen, denn Steuerbilanzen zählen zuden am besten gehüteten Geheimnissen unserer Gesellschaft.
Beschäftigt man sich näher mit den Geheimnissen von Bilanzen,drängt sich bald der Eindruck auf, dass Bilanzzahlen nicht ernst zu nehmensind, weder die der Handelsbilanz noch die der Steuerbilanz. Allen haftet derGeruch des Falschen an.
Ein schönes Beispiel dafür, dass Bilanzregeln verschiedenerFinanzbehörden am Ende unterschiedliche Bilanzzahlen ergeben, istDaimlerChrysler. Als der deutsche Autokonzern 1993 an die New Yorker Börseging, war er gezwungen, erstmals die dort geltenden Bilanzregeln anzuwenden.
Bis dahin hatte Daimler sein Geschäftsergebnis nach deutschenBilanzregeln ausgewiesen und galt mit einem Gewinn von 602 Millionen Mark alshochprofitabel. An der New Yorker Börse zeigte sich bei Daimler jedoch einVerlust von 1,8 Milliarden US-Dollar - für dasselbe Geschäftsjahr. Dieserdramatische Unterschied zur Bilanz ergibt sich dadurch, dass in DeutschlandVerluste leichter versteckt werden können.
Im Waschsalon
Lassen wir uns von drei internationalen Spezialisten erklären,warum Bilanzzahlen generell mit Vorsicht zu genießen sind. Zwei von ihnenlehren als Professoren an weltberühmten Institutionen il den USA undFrankreich, in denen junge Wirtschaftswissenschaftler ausgebildet werden, undberaten außerdem Konzerne beim Bilanzieren, der dritte ist Wirtschaftsjournalistbei der angesehenen »Harvard Business Review«. Il einem Buch erklären sieanhand vieler Beispiele die Tricks der Branche: Profits you cal trust.5 Was siebeschreiben, sind keile Einzelfälle, sondern allgemein übliche Praktiken, dieil den USA genauso wie in Europa angewandt werden.
Am Ende des Buches bleibt der Eildruck, dass die Bilanzzahlenvon Konzernen - seien es Umsätze, Gewinne, Vermögenswerte, Cashflow oder wasauch immer - im Regelfall manipuliert sind. Seriöse Zahlenangaben sindAusnahmen.
Mit ein wenig Phantasie kann man Bilanzzahlen fast beliebigaufblähen und klein kriegen, je nachdem. Um zu erfahren, wie das geht, begebenwir uns mit den Autoren des Buches il eilen Waschsalon - denn Insider derFinanzbranche verwenden für manche Bilanztricks Bezeichnungen, die mit dein Waschenund Reinigen von Kleidung zu tun haben.
© Kiepenheuer & Witsch Verlag
- Autoren: Hans Weiss , Ernst Schmiederer
- 2004, 2. Aufl., 341 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Maße: 14,2 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- ISBN-10: 346203412X
- ISBN-13: 9783462034127
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Asoziale Marktwirtschaft".
Kommentar verfassen