Aspergers Kinder
Die Geburt des Autismus im "Dritten Reich"
Wien 1938: Der Arzt Hans Asperger beschreibt Symptome bei Kindern, die er unter die Diagnose "autistische Psychopathie" fasst. Er hatte bei Patienten Schwächen im sozialen Verhalten beobachtet. Im selben Jahr ziehen die Nationalsozialisten in Wien ein....
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Produktinformationen zu „Aspergers Kinder “
Wien 1938: Der Arzt Hans Asperger beschreibt Symptome bei Kindern, die er unter die Diagnose "autistische Psychopathie" fasst. Er hatte bei Patienten Schwächen im sozialen Verhalten beobachtet. Im selben Jahr ziehen die Nationalsozialisten in Wien ein. Asperger sollte bald verantworten, dass Kinder, die er für "nicht sozial integrierbar" hielt, in der Anstalt Am Spiegelgrund zu "Euthanasie"-Opfern wurden.
Edith Sheffer, Mutter eines von Autismus betroffenen Kindes, hat sich auf die Suche nach den Ursprüngen der Diagnose begeben. Sie zeigt, welche Wertvorstellungen Asperger geprägt haben und welche Entwicklung die Diagnose genommen hat. Ihr berührendes und eindrucksvolles Buch wirft ein neues Licht auf die Geschichte der Psychiatrie im Nationalsozialismus und auf das Asperger-Syndrom.
Edith Sheffer, Mutter eines von Autismus betroffenen Kindes, hat sich auf die Suche nach den Ursprüngen der Diagnose begeben. Sie zeigt, welche Wertvorstellungen Asperger geprägt haben und welche Entwicklung die Diagnose genommen hat. Ihr berührendes und eindrucksvolles Buch wirft ein neues Licht auf die Geschichte der Psychiatrie im Nationalsozialismus und auf das Asperger-Syndrom.
Klappentext zu „Aspergers Kinder “
Wien 1938: Der Arzt Hans Asperger beschreibt Symptome bei Kindern, die er unter die Diagnose »autistische Psychopathie« fasst. Er hatte bei Patienten Schwächen im sozialen Verhalten beobachtet. Im selben Jahr ziehen die Nationalsozialisten in Wien ein. Asperger sollte bald verantworten, dass Kinder, die er für »nicht sozial integrierbar« hielt, in der Anstalt Am Spiegelgrund zu »Euthanasie«-Opfern wurden. Edith Sheffer, Mutter eines von Autismus betroffenen Kindes, hat sich auf die Suche nach den Ursprüngen der Diagnose begeben. Sie zeigt, welche Wertvorstellungen Asperger geprägt haben und welche Entwicklung die Diagnose genommen hat. Ihr berührendes und eindrucksvolles Buch wirft ein neues Licht auf die Geschichte der Psychiatrie im Nationalsozialismus und auf das Asperger-Syndrom.
mit Lesebändchen
Lese-Probe zu „Aspergers Kinder “
EinleitungWas ist der Unterschied zwischen einem Schmetterling und einer Fliege? "[D]er Schmetterling wächst nicht im Zimmer auf wie die Fliege", erklärt Harro. Die Frage ist Teil eines Intelligenztests. Harro möchte mehr über die Fliege erzählen:[Die Fliege] hat eine gaaanz andere Entwicklung! [...] Die Fliegenmutter legt viiiele Eier in eine Dielenritze hinein und dann in ein paar Tagen kriechen Maden heraus; ich hab das einmal in einem Buch gelesen, da erzählt der Fußboden - ich muss mich halbtot lachen (!), wenn ich dran denk: "Was guckt da heraus aus dem Tönnchen, ein riesiger Kopf mit einem winzigen Körper und einem Rüssel wie ein Elefant?" Und dann nach ein paar Tagen verpuppen sie sich wieder und dann kriechen auf einmal ganz herzige kleine Fliegen heraus.Der achtjährige Harro lebt gemeinsam mit anderen Kindern ebenfalls in einem Kokon, abgeschirmt in der Heilpädagogischen Abteilung der Universitäts-Kinderklinik in Wien. Wie die eigenartig geformten Larven fallen diese Kinder auf. Ihre eigentümlichen Wesenszüge stoßen im "Dritten Reich" auf Ablehnung, und die Ärzte und Krankenschwestern in der Abteilung bemühen sich, die Psyche der Kinder zu korrigieren. Hans Asperger, der Leiter der Abteilung, ist der Meinung, mit dem "volle[n] Einsatz des liebenden Erziehers" sei es möglich, dafür zu sorgen, dass "auch solche Menschen ihren Platz in dem Organismus der sozialen Gemeinschaft" fänden.Asperger spricht über die einzigartigen Persönlichkeiten der Kinder, die er behandelt, und nimmt für sich in Anspruch, seine Methode ihren individuellen Bedürfnissen anzupassen. Er wählt einen ganzheitlichen Ansatz. Die Kinder gehen im eleganten, geräumigen Widerhofer-Pavillon verschiedensten Aktivitäten nach: Sie betreiben Sport, spielen Theater, musizieren. Asperger setzt sich mit den Kindern hin und krümmt seinen hochgewachsenen Körper, um sich seinen kleinen Patienten anzupassen. Sein aufmerksamer Blick fängt sämtliche Nuancen ihres Verhaltens ein, das er in seiner
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Habilitationsschrift beschreiben wird. Der Fall des achteinhalb Jahre alten Harro zählt zu den Fallstudien, aus denen Asperger eine neue Diagnose ableitet: die "autistische Psychopathie".Harros Schule hat die Universitäts-Kinderklinik um eine Beurteilung des Jungen gebeten. Aus dem Bericht der Schule geht hervor, dass Harro selten Anweisungen befolgt. Er widerspricht den Lehrern, macht seine Hausaufgaben nicht und beklagt sich über den Unterricht, der ihm "viel zu dumm" scheint. Er wird immer wieder zum Ziel des Spotts seiner Klassenkameraden und reagiert auf geringste Provokationen sehr aggressiv: Kleinigkeiten versetzen ihn derart in Wut, dass er andere Jungen attackiert und verletzt. Er krabbelt während des Unterrichts auf allen Vieren durch das Klassenzimmer, und es gibt sogar Berichte darüber, dass es zu "argen sexuellen Spielereien mit anderen Knaben" einschließlich von "Coitusversuchen" gekommen ist. Dabei hat seine Lehrerin den Eindruck, dass er "könnte, wenn er wollte". Aber Harro ist in allen Fächern durchgefallen und muss das Schuljahr wiederholen.Es fällt den Betreuern in der Heilpädagogischen Abteilung schwer, Harro zu testen. Er verweigert oft die Mitarbeit und scheitert an gewöhnlichen Aufgaben. Auf der anderen Seite beweist der Junge in bestimmten Bereichen für sein Alter ungewöhnliche Fähigkeiten. So wählt er beispielsweise beim Rechnen eigene Lösungswege. Wie viel ist 47 weniger 15? "[E]ntweder 3 dazugeben und zu dem, was weg soll, auch 3 dazugeben, oder erst 7 weg und dann 8." Asperger gelangt zu der Überzeugung, dass diese "besondere Originalität des Denkens und Erlebens" Jungen wie Harro "besondere Leistungen im späteren Leben" ermöglichen werden.Das Problem sieht Asperger darin, dass es Harro an sozialem Empfinden mangelt. Der Arzt beobachtet, dass sich der Junge von Gruppen oft absondert und in der Abteilung "nie warm, zutraulich, fröhlich" ist. Harro nimmt nicht am sozialen Leben teil, er spielt nicht mit den anderen Kindern, sondern sitzt liebe
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Inhaltsverzeichnis zu „Aspergers Kinder “
InhaltEinleitung 9Kapitel 1: Auftritt der Experten 25Kapitel 2: Die Diagnose der Klinik 53Kapitel 3: NS-Psychiatrie und sozialer Geist 69Kapitel 4: Menschenleben auf dem Index 98Kapitel 5: Tödliche Theorien 112Kapitel 6: Asperger und das Tötungssystem 144Kapitel 7: Mädchen und Jungen 167Kapitel 8: Das tägliche Leben mit dem Tod 205Kapitel 9: Im Dienst der "Volksgemeinschaft" 237Kapitel 10: Die Abrechnung 254Nachwort 273Danksagung 287Abkürzungen 291Anmerkungen 293Bildnachweise 337Auswahlbibliografie 338
Autoren-Porträt von Edith Sheffer
Edith Sheffer ist Historikerin und Senior Fellow am Institute of European Studies an der University of California, Berkeley.
Bibliographische Angaben
- Autor: Edith Sheffer
- 2018, 340 Seiten, Maße: 13,9 x 22,1 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Stephan Gebauer
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 3593509431
- ISBN-13: 9783593509433
- Erscheinungsdatum: 30.09.2018
Pressezitat
»Ein wichtiger und gelungener Beitrag zur Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der österreichischen Medizingeschichte.« David Rennert, Der Standard, 05.11.2018»Edith Sheffer hat eine verdienstvolle Studie vorgelegt, in der sie anschaulich schildert, welchen furchtbaren Konsequenzen die nationalsozialistische Ideologie für wehrlose Kinder haben konnte. [...] Sheffer kann, und das ist schon bedeutsam genug, für sich in Anspruch nehmen, die dunkle Seite von Aspergers Tätigkeit endlich ans Licht der Öffentlichkeit gebracht zu haben - ein wichtiger Beitrag zur Aufklärung über die nationalsozialistische Euthanasie.« Ernst Piper, Der Tagesspiegel, 20.12.2018»Edith Sheffer hat in ihrem engagierten, sehr lesbaren und auch für Nichtmediziner verständlichen Werk einen beachtlichen Beitrag zur Aufarbeitung der NS-Medizin in Wien und zur Infragestellung der Person und des Werkes von Hans Asperger geleistet.« Wolfgang Neugebauer, H-Soz-Kult, 30.11.2018»Klassifikation kann einerseits Unterstützung mobilisieren - etwa für angemessene Pflege und angepasste Lehrmethoden in Schulen - oder als Käfig wirken, wenn verschiedene Symptome und Verhaltensweisen zusammengeworfen werden. Das ist eine wichtige, noch lange nicht abgeschlossene Debatte, deren Bedeutung weit über den Autismus hinausreicht. Sheffers Buch gibt ihr eine neue historische Tiefe.« Thomas Weber, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.10.2018»Für historisch interessierte Leser [...] eine Findgrube.« Ilona Jerger, Psychologie Heute, 10.12.2018»Ein ungeheuerliches, mutiges, fantastisches Buch.« Astrid Viciano, Süddeutsche Zeitung, 26.11.2018»In ihrer detaillierten Analyse betrachtet Scheffer nicht nur das ambivalente Verhalten Aspergers. Vielmehr beleuchtet die Historikerin die Folgen einer überzeugten oder auch pragmatischen Anpassung an ein verbrecherisches Regime. Das Buch eignet sich für Leser, die sich mit einem dunklen Kapitel der Medizin- und Psychiatriegeschichte sowie mit den Euthanasieverbrechen des Nationalsozialismus
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auseinandersetzen möchten.« Martin Schneider, Spektrum der Wissenschaft - Gehirn und Geist, 14.01.2019»Sheffers Forschungsarbeit überzeugt durch eine klare Interpretation des Quellenmaterials und der umfangreichen Sekundarliteratur.« Christa Hager, Wiener Zeitung, 01.04.2019»Die Autorin nähert sich der dunklen Seite dieser Geschichte mit großer Sensibilität und eröffnet Einblicke in eine Welt, deren Grausamkeit die menschliche Vorstellungskraft übersteigt.« autismus verstehen, 01.04.2019»Das Buch ist eine materialreiche, moralisch hochdifferenzierte und spannende historische Untersuchung. Sie beschreibt die Verstrickung der Kinderpsychiatrie und der Heilpädagogik, besonders der Person Hans Aspergers, in das Kindereuthanasieprogramm der Nazis und entwickelt das diagnostische Label 'Autismus' aus dem ideologischen Denken des Nationalsozialismus.« Prof. Dr. Carl Heese, Socialnet, 04.06.2019
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