Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull
Felix Krull, Sohn eines bankrotten Sektfabrikanten, blickt auf sein Leben zurück: Mit den Papieren, dem Vermögen und dem Namen des Marquis de Venosta stehen dem ehemaligen Hotelpagen die Türen zur Gesellschaft offen. Und er weiß sie geschickt für sich zu nutzen.
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Felix Krull, Sohn eines bankrotten Sektfabrikanten, blickt auf sein Leben zurück: Mit den Papieren, dem Vermögen und dem Namen des Marquis de Venosta stehen dem ehemaligen Hotelpagen die Türen zur Gesellschaft offen. Und er weiß sie geschickt für sich zu nutzen.
Mit Felix Krull hat sich Thomas Mann seit 1910 beschäftigt. 1922 wurde das Erste Buch des Romans veröffentlicht, 1937 eine erweiterte Fassung davon. Erst im Herbst 1954 erschien - nach wiederum mehrjähriger Arbeit - "der Memoiren erster Teil" im Rahmen der "Stockholmer Gesamtausgabe". Über einen zweiten Teil gibt es keine konkreten Pläne Thomas Manns.
Der vorliegende Reprint entspricht in Textgestalt und Ausstattung der Erstausgabe von 1954. Nach Erscheinen dieser Ausgabe hat der Autor selbst Änderungen im Text vorgenommen; die endgültige Fassung des Romans lag schließlich mit der 3. Auflage (1955) vor.
Die "Stockholmer Gesamtausgabe der Werke von Thomas Mann" wurde von Gottfried Bermann Fischer im schwedischen Exil gegründet. Als erster Band erschien 1939 der Roman "Lotte in Weimar". 1965 wurde die Ausgabe mit zwei Bänden "Reden und Aufsätze" abgeschlossen. Der Einband wurde von Hugo Steiner-Prag entworfen, das Emblem der Leier mit Pfeil und Bogen war seit den zwanziger Jahren für die Werkausgaben Thomas Manns gebräuchlich.
Einige Bände dieser Ausgabe wurden mit einem individuellen Schutzumschlag versehen. Den Originalumschlag von "Felix Krull" hat der 1915 geborenen Graphiker und Maler Martin Kausche gestaltet. Kausches Arbeiten prägten maßgeblich das Gesicht des S. Fischer Verlags in den fünfziger und sechziger Jahren.
Bekenntnisse desHochstaplers Felix Kroll von ThomasMann
LESEPROBE
Dies war das Heim, worin ich an einem lauen Regentage des Wonnemondes- einem Sonntage übrigens - geboren wurde, und von nun an gedenke ich nichtmehr vorzugreifen, sondern die Zeitfolge sorgfältig zur Richtschnur zu nehmen.Meine Geburt ging, wenn ich recht unterrichtet bin, nur sehr langsam und nichtohne künstliche Nachhilfe unseres damaligen Hausarztes, Doktor Mecum,vonstatten, und zwar hauptsächlich deshalb, weil ich mich - wenn ich jenesfrühe und fremde Wesen als »ich« bezeichnen darf - außerordentlich untätig undteilnahmslos dabei verhielt, die Bemühungen meiner Mutter fast gar nichtunterstützte und nicht den mindesten Eifer zeigte, auf eine Welt zu gelangen,die ich später so inständig lieben sollte. Dennoch war ich ein gesundes, wohlgestaltesKind, das an dem Busen einer ausgezeichneten Amme aufs hoffnungsvollstegedieh. Ich kann aber nach wiederholtem eindringlichem Nachdenken nicht umhin,mein träges und widerwilliges Verhalten bei meiner Geburt, diese offenbareUnlust, das Dunkel des Mutterschoßes mit dem hellen Tage zu vertauschen, inZusammenhang zu bringen mit der außerordentlichen Neigung und Begabung zumSchlafe, die mir von klein auf eigentümlich war. Man sagte mir, daß ich einruhiges Kind gewesen sei, kein Schreihals und Störenfried, sondern demSchlummer und Halbschlummer in einem den Wärterinnen bequemen Grade zugetan;und obgleich mich später so sehr nach der Welt und den Menschen verlangte, daßich mich unter verschiedenen Namen unter sie mischte und vieles tat, um siefür mich zu gewinnen, so blieb ich doch in der Nacht und im Schlaf stets innigzu Hause, entschlummerte auch ohne körperliche Ermüdung leicht und gern,verlor mich weit in ein traumloses Vergessen und erwachte nach langer, zehn-, zwölf-,ja vierzehnstündiger Versunkenheit erquickt und befriedigter als durch dieErfolge und Genugtuungen des Tages. Man könnte in dieser ungewöhnlichenSchlaflust einen Widerspruch zu dem großen Lebens- und Liebesdrange erblicken,der mich beseelte und von dem an gehörigem Orte noch zu sprechen sein wird.Allein ich ließ schon einfließen, daß ich diesem Punkte wiederholt einangestrengtes Nachdenken gewidmet habe, und mehrmals habe ich deutlich zuverstehen geglaubt, daß es sich hier nicht um einen Gegensatz, sondern vielmehrum eine verborgene Zusammengehörigkeit und Übereinstimmung handelt. Jetzt nämlich,wo ich, obgleich erst vierzigjährig, gealtert und müde bin, wo kein begierigesGefühl mich mehr zu den Menschen drängt und ich gänzlich auf mich selbstzurückgezogen dahinlebe: jetzt erst ist auch meine Schlafkraft erlahmt, jetzterst bin ich dem Schlafe gewissermaßen entfremdet, ist mein Schlummer kurz,untief und flüchtig geworden, während ich vormals im Zuchthause,wo vielGelegenheit dazu war, womöglich noch besser schlief als in den weichlichenBetten der Palasthotels. - Aber ich verfalle in meinen alten Fehler desVoraneilens.
Oft hörte ich aus dem Munde der Meinen, daß ich ein Sonntagskindsei, und obgleich ich fern von allem Aberglauben erzogen worden bin, habe ichdoch dieser Tatsache, in Verbindung mit meinem Vornamen Felix (so wurde ich nachmeinem Paten Schimmelpreester genannt) sowie mit meiner körperlichen Feinheitund Wohlgefälligkeit, immer eine geheimnisvolle Bedeutung beigemessen. Ja, derGlaube an mein Glück und daß ich ein Vorzugskind des Himmels sei, ist in meinemInnersten stets lebendig gewesen, und ich kann sagen, daß er im ganzen nichtLügen gestraft worden ist. Stellt sich doch das eben als die bezeichnendeEigentümlichkeit meines Lebens dar, daß alles, was an Leiden und Qual darinvorgekommen, als etwas Fremdes und von der Vorsehung ursprünglich nichtGewolltes erscheint, durch das meine wahre und eigentliche Bestimmung immerfortgleichsam sonnig hindurchschimmert. - Nach dieser Abschweifung ins Allgemeinefahre ich fort, das Gemälde meiner Jugend in großen Zügen zu entwerfen.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2004
- Autor: Thomas Mann
- 2004, 3. Aufl., 448 Seiten, Maße: 12,2 x 19,2 cm, Leinen, Deutsch
- Verlag: S. Fischer Verlag GmbH
- ISBN-10: 3103481292
- ISBN-13: 9783103481297
- Erscheinungsdatum: 22.07.2004
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