Berlin Palace
Roman
»Berlin Palace« ist eine Liebesgeschichte mit Chinesen im Rotkäppchenkostüm, ein Roman über die Zukunft der Deutschen und der unglaubliche, neue Wurf des virtuosen Jörg-Uwe Albig.
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Berlin Palace “
»Berlin Palace« ist eine Liebesgeschichte mit Chinesen im Rotkäppchenkostüm, ein Roman über die Zukunft der Deutschen und der unglaubliche, neue Wurf des virtuosen Jörg-Uwe Albig.
Klappentext zu „Berlin Palace “
In einer nahen Zukunft wird die westliche Welt ihre globale Vormachtstellung an China verloren haben. Deutsche Arbeiter verlassen die marode Heimat, um in Asien ihr Glück zu finden. Doch die Germanen sind in China nicht nur geduldet - sie sind Kult. Der Werbefilmer Ai, ein junger Chinese, begeistert sich für germanische Folklore, die sich von der »Schwalbenstadt«, einem futuristischen Vorstadtslum ausbreitet. Ai liebt die Märchen der Gebrüder Grimm, er liebt die deutsche Küche und die deutsche Musik. Doch vor allem liebt er Olympia, eine junge Schauspielerin, die in ihm zwar einen Freund, aber nicht ihren Geliebten sieht. Als Ai den Auftrag für einen Werbefilm erhält, in dem Olympia die Hauptrolle spielen soll, sieht er seine Chance.
In einer nahen Zukunft wird die westliche Welt ihre globale Vormachtstellung an China verloren haben. Deutsche Arbeiter verlassen die marode Heimat, um in Asien ihr Glück zu finden. Doch die Germanen sind in China nicht nur geduldet - sie sind Kult. Der Werbefilmer Ai, ein junger Chinese, begeistert sich für germanische Folklore, die sich von der "Schwalbenstadt", einem futuristischen Vorstadtslum ausbreitet. Ai liebt die Märchen der Gebrüder Grimm, er liebt die deutsche Küche und die deutsche Musik. Doch vor allem liebt er Olympia, eine junge Schauspielerin, die in ihm zwar einen Freund, aber nicht ihren Geliebten sieht. Als Ai den Auftrag für einen Werbefilm erhält, in dem Olympia die Hauptrolle spielen soll, sieht er seine Chance.
Lese-Probe zu „Berlin Palace “
1 Es war kurz vor Mittag, der Himmel hoch. Schwalben stürzten von Glaswänden in die Tiefe. Ich fuhr mit Meister Zhao durch die Straßen. Die Ampel schaltete auf Rot, dann auf Grün. Als der Ausländer sich auf unsere Kühlerhaube stürzte, hatte ich den Fuß schon auf dem Gas.
Nie zuvor hatte ich mir die Männer genauer angesehen, die Tag für Tag an dieser Kreuzung lauerten, mit ihren Wassereimern, ihren Ledertüchern und Gummiwischern, ihren Blicken voll Sanftmut und bezwungenem Stolz. Immer hatte ich nur auf die Hände geachtet, die nach getaner Arbeit durchs Seitenfenster ragten, hatte einen Zehner hineingelegt und die Scheibe hochsurren lassen. Bisweilen, wenn die Hände besonders feucht waren, gab ich auch einen Zwanziger. Dieser Mann aber hauchte auf die Windschutzscheibe, überzog sie mit zartem Reif. Dann zog er die Zunge durch den Staubfilm, der im scharfen Licht flirrte. »Fahr weiter«, knurrte Meister Zhao und verdrehte die Augen. »Ich kann nicht«, wandte ich ein. Ich ließ den Motor der Konkubine aufheulen, aber ließ die Kupplung nicht los. Hinter uns brandeten Huptöne auf, kamen näher, zogen vorbei, setzten fern wieder ein und fluteten von neuem heran. »Der hört nicht mehr auf«, schnalzte Meister Zhao. »Dem schmeckt's.« Der Ausländer, dünn und weiß, hatte jetzt nichts Sanftes mehr an sich. Sein Lecken war Zorn und Hass. »Vielleicht hat er lange nichts gegessen«, vermutete ich.
Ich sah seine Haut, das Weiß, das aus dem quergestreiften Polohemd quoll. Ich sah das Haar, dessen Farbe wie Kot war, wie lehmige, fruchtbare Erde. Gebannt verfolgte ich das Wischen der Zunge.
Die Ausländer, die an dieser Kreuzung warteten, sahen anders aus als die Ausländer meiner Kindheit, die zur Zeit des Zweiten Großen Sprungs ins Land gekommen waren, zur Zeit der Jahrtausendwende, zur Zeit unserer Wiedergeburt. Es waren ja Tigerzeiten gewesen damals, Schwellenzeiten, und wie Tiger waren sie über unsere Schwelle gesetzt, gefährlich lächelnd. Sie hatten im Kempinski gewohnt, im Lido
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und im Grand Hotel , hatten Chauffeure gehabt und Maßanzüge. Unsere Frauen telefonierten nachts im Hyatt die Zimmernummern durch, um schließlich einen Belgier am Apparat zu haben, der sie mitnahm.
»Schau dir bloß diese Zunge an«, staunte jetzt Meister Zhao. Wir starrten auf das hellrosa Organ, das sich krümmte, streckte und plattdrückte an unserer Scheibe, das an der Druckfläche schimmelbleich war wie der Rest der Gestalt. »Vielleicht ist er krank«, mutmaßte ich. »Gut, dass die Scheibe zwischen uns ist.« »Ich meine die Größe«, sagte Meister Zhao und starrte. »Wie eine Schweineleber.«
Von den Straßenlinden schwebten Blüten herab, langsam, wie Tang im Wasser. Sie verharrten auf der Scheibe, als hätte jemand einen Film angehalten. Die Zunge machte sich über sie her, leckte senkrechte Schneisen durch ihr Gewölk, zog Querlinien, legte Lichtungen frei. Durch die Lücken sahen wir die Brauen des Mannes, seine Lider, geschlossen wie vor Schmerz oder Lust. »Lindenblütentee«, sagte Meister Zhao, zeigte auf die Zunge, die weißen Flocken, die sich sammelten in ihrer Kerbe. »Gut für die Bronchien.« Mit der Zeit hatten immer weniger Ausländer unsere Stadt bevölkert, und schließlich waren sie ganz weggeblieben. Sie hatten nun selber ein Schwellenland daheim, wo sie Treppensteigen üben konnten; doch die Schwellen führten abwärts, nicht aufwärts. Und als sie eines Tages zurückkamen in sickernden, verzweigten Rinnsalen, sahen sie anders aus, kleiner, seltsam mutiert. Ihre Stimmen waren leiser geworden, ihre Augen unsteter. Jetzt schien es, als trügen sie ein Geheimnis mit sich herum; vielleicht war es das Geheimnis der großen Zahl.
Der Kopf des Ausländers schwang jetzt in langen Schwüngen auf und ab. Ich dachte an Elefanten im Zoo. Die Ampel zeigte Rot, Grün, Rot, dann wieder Grün; jedes Grün löste Huptöne aus. »Rot«, schmetterte Meister Zhao begeistert. Ich zog eine Packung Scharlachkamelie aus der Jackentasche,
»Schau dir bloß diese Zunge an«, staunte jetzt Meister Zhao. Wir starrten auf das hellrosa Organ, das sich krümmte, streckte und plattdrückte an unserer Scheibe, das an der Druckfläche schimmelbleich war wie der Rest der Gestalt. »Vielleicht ist er krank«, mutmaßte ich. »Gut, dass die Scheibe zwischen uns ist.« »Ich meine die Größe«, sagte Meister Zhao und starrte. »Wie eine Schweineleber.«
Von den Straßenlinden schwebten Blüten herab, langsam, wie Tang im Wasser. Sie verharrten auf der Scheibe, als hätte jemand einen Film angehalten. Die Zunge machte sich über sie her, leckte senkrechte Schneisen durch ihr Gewölk, zog Querlinien, legte Lichtungen frei. Durch die Lücken sahen wir die Brauen des Mannes, seine Lider, geschlossen wie vor Schmerz oder Lust. »Lindenblütentee«, sagte Meister Zhao, zeigte auf die Zunge, die weißen Flocken, die sich sammelten in ihrer Kerbe. »Gut für die Bronchien.« Mit der Zeit hatten immer weniger Ausländer unsere Stadt bevölkert, und schließlich waren sie ganz weggeblieben. Sie hatten nun selber ein Schwellenland daheim, wo sie Treppensteigen üben konnten; doch die Schwellen führten abwärts, nicht aufwärts. Und als sie eines Tages zurückkamen in sickernden, verzweigten Rinnsalen, sahen sie anders aus, kleiner, seltsam mutiert. Ihre Stimmen waren leiser geworden, ihre Augen unsteter. Jetzt schien es, als trügen sie ein Geheimnis mit sich herum; vielleicht war es das Geheimnis der großen Zahl.
Der Kopf des Ausländers schwang jetzt in langen Schwüngen auf und ab. Ich dachte an Elefanten im Zoo. Die Ampel zeigte Rot, Grün, Rot, dann wieder Grün; jedes Grün löste Huptöne aus. »Rot«, schmetterte Meister Zhao begeistert. Ich zog eine Packung Scharlachkamelie aus der Jackentasche,
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Autoren-Porträt von Jörg-Uwe Albig
Jörg-Uwe Albig, geboren 1960 in Bremen, studierte Kunst und Musik in Kassel, war Redakteur beim Stern und lebte zwei Jahre als Korrespondent einer deutschen Kunstzeitschrift in Paris. Seit 1993 arbeitet er als freier Autor in Berlin. 1999 wurde sein Romandebüt »Velo« veröffentlicht. Es folgten die Romane »Land voller Liebe«, »Berlin Palace«, »Ueberdog«, »Zornfried« und zuletzt das Sachbuch »Moralophobia«.
Bibliographische Angaben
- Autor: Jörg-Uwe Albig
- 2010, 1. Aufl. 2010, 240 Seiten, Maße: 15 x 21,9 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Tropen
- ISBN-10: 3608501061
- ISBN-13: 9783608501063
- Erscheinungsdatum: 26.02.2010
Rezension zu „Berlin Palace “
"Und ein Spiegel ist, was Jörg-Uwe Albig uns in "Berlin Palace" vorhält. Im Grunde handelt es sich sogar um ein ganzes Spiegelkabinett, in dem ein imaginäres China auf ein imaginäres Deutschland trifft. Mit einer Mittelpunktsfigur wie von Novalis oder E.T.A. Hoffmann erdacht - romantisch, sehnsüchtig, diffus. Man kann schon in einen regelrechten Rausch der Spiegelungen und Bezüge geraten bei diesem Autor. Und bleibt doch nüchtern. Denn die wahren Räusche, das wusste schon der Dr. Benn, sind kalt." Tilman Krause, Die Welt, 14.4.2010 "Dieser Roman macht Geräusche. Komische, herrliche, lyrische Geräusche. ... "Berlin Palace" liest sich, als würde Dietmar Dath ein Buch von Christian Kracht nacherzählen, Fantasy und Maskerade ... Es ist, als würde man in eine Seifenblase eindringen, die einen umfängt, alles zugleich klarer und schillernder und reiner erscheinen lässt, die aber hauchdünn ist und immer wieder zu platzen droht." Tobias Rüther, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 14.03.2010 ""Berlin Palace" ist ein leichtes, witziges Buch mit einem sehr ernsten Kern. ... Seine Romane sind eine Schule des Hinsehens; durch den alten didaktischen Trick des mundus perversus stoßen sie den Leser über die Bande auf die unverstellte Wirklichkeit. Früher hätte man gesagt, Albig sei ein "kritischer" Autor. Weil er dabei so klug und unterhaltsam ist, lassen wir uns gerne belehren." Richard Kämmerlings, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.03.2010 ""Berlin Palace" ist eine bissige Satire, die schwungvoll jede Leitkulturarroganz auf die Hörner nimmt und elegant mit grassierenden Chinaängsten und -phantasien spielt: ein intelligentes, funkelndes, witziges Lesevergnügen." Jörg Magenau, SZ, 05.05.2010 "magenumdrehend witzige Zukunftsszenerie." Verena Lugert, Neon 04/2010 ""Berlin Palace" ist ein kritischer Denkanstoß: Übermütig komisch, manchmal hart an der Grenze zu Kalauer und Klamauk, aber stets Ernst gemeint. " Martin Halter, Berliner Zeitung, 03.05.2010 "Jörg-Uwe Albig istein
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Spezialist für spiegelverkehrte Szenarien. " Christoph Schröder, Der Tagesspiegel, 23.07.2010 "Albig ist ein bemerkenswerter Autor. Für seine Sprachkunst muss er gepriesen werden." Ijoma Mangold
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Kommentar zu "Berlin Palace"