Bevormundete Staatsbürgerinnen
Die "radikale" Frauenbewegung im Deutschen Kaiserreich. Dissertationsschrift
Am 19. Januar 1919 konnten Frauen erstmals auf nationaler Ebene in Deutschland das Wahlrecht ausüben. Nach heftig geführten Auseinandersetzungen war damit ein wichtiges Ziel der "radikalen Frauenbewegung" des Deutschen Kaiserreichs erreicht. Anne-Laure...
Leider schon ausverkauft
Buch (Kartoniert)
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Produktdetails
Produktinformationen zu „Bevormundete Staatsbürgerinnen “
Am 19. Januar 1919 konnten Frauen erstmals auf nationaler Ebene in Deutschland das Wahlrecht ausüben. Nach heftig geführten Auseinandersetzungen war damit ein wichtiges Ziel der "radikalen Frauenbewegung" des Deutschen Kaiserreichs erreicht. Anne-Laure Briatte zeichnet die bislang vernachlässigte Geschichte dieses Zweiges der deutschen Frauenbewegung nach, der sich um die von Minna Cauer herausgegebene Zeitschrift "Die Frauenbewegung" gruppierte. Ihre Analyse der Positionen der "linken" Feministinnen, ihrer Erfolge und ihres Scheiterns füllt eine große Lücke in der Erforschung der deutschen Frauen-bewegung.
Klappentext zu „Bevormundete Staatsbürgerinnen “
Am 19. Januar 1919 konnten Frauen erstmals auf nationaler Ebene in Deutschland das Wahlrecht ausüben. Nach heftig geführten Auseinandersetzungen war damit ein wichtiges Ziel des "radikalen" Flügels der Frauenbewegung des Deutschen Kaiserreichs erreicht. Anne-Laure Briatte zeichnet die bislang vernachlässigte Geschichte dieses Zweiges der deutschen Frauenbewegung nach, der sich um die Hauptakteurinnen Minna Cauer, Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann gruppierte. Ihre Analyse der Kämpfe der "linken" Frauenrechtlerinnen, ihrer Erfolge und ihres Scheiterns schließt eine große Lücke in der Erforschung der deutschen Frauenbewegung.
Großformatiges Paperback. Klappenbroschur
Lese-Probe zu „Bevormundete Staatsbürgerinnen “
Einleitung Im geistigen und politischen Brodeln des Vormärz, das in die Revolution von 1848/49 mündete, wurden sich einige »fortschrittliche Frauen« in den deutschen Einzelstaaten ihres gemeinsamen Schicksals bewusst, das in einer weitgehenden Rechtlosigkeit und vielfachen gesellschaftlichen und rechtlichen Einschränkungen bestand. Die sächsische Schriftstellerin und Publizistin Louise Otto, die heute als Initiatorin der deutschen Frauenbewegung gilt, erregte einiges Aufsehen mit ihrem Leserbrief in den Sächsischen Vaterlandsblättern: »Die Teilnahme der Frauen an den Interessen des Staates ist nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht.« Diese Idee hatte die Französin Olympe de Gouges schon in ihrer Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin (1791) in abgewandelter Form vorgebracht, in der sie auf die Universalität der Menschenrechte hinwies. Trotz des reaktionären Windes, der nach der Revolution von 1848/49 wehte, bildete sich ab der Mitte der 1860er Jahre eine deutsche Frauenbewegung, die erneut an der essentialistischen Sichtweise auf die »Natur der Frauen« rüttelte und die Universalität der Menschenrechte einforderte. Hedwig Dohm, eine engagierte Schriftstellerin aus Berlin, die ihrer Zeit weit voraus war, brachte 1876 diese Forderung nach politischer Teilhabe hervor, und zwar mit der einfachen Begründung: »Die Menschenrechte haben kein Geschlecht.« Die Frauen, die sich am Ende der 1880er Jahre unter dem Banner des »radikalen« Flügels der deutschen Frauenbewegung sammelten, gingen noch weiter in ihrem Willen, an der Gesellschaft ihrer Zeit mit allen dazugehörigen Bürgerrechten teilzuhaben, als sie 1901 erklärten: »Wir sind Bürgerinnen des Staates, folglich haben wir das volle Recht wie jeder Bürger, uns mit allen Angelegenheiten des öffentlichen Lebens zu beschäftigen, d. h. also politisch aktiv zu sein. [...] Es ist unwürdig, die Bürger des Deutschen Reiches unter dem Druck einer politischen Unmündigkeit zu halten [...].« Dieses Zitat zeigt, dass sich die
... mehr
»radikalen« Frauenrechtlerinnen im Deutschen Kaiserreich als Staatsbürgerinnen verstanden, die ungerechterweise bevormundet wurden. Sie strebten danach, ihre bürgerlichen Rechte und Pflichten auszuüben. Doch drängten die Gesetze sie unter dem Vorwand aus der Staatsbürgergemeinschaft, dass sie Frauen seien, und stellten sie unter die Vormundschaft ihres Vaters oder Ehemannes. Die deutschen Frauenrechtlerinnen vom Ende des 19. Jahrhunderts waren nicht bereit, diese Situation noch länger hinzunehmen, ebenso wenig wie die normativen Diskurse über die Geschlechterrollen, auf denen sie beruhte. Die ökonomischen und sozialen Veränderungen ab dem Ende des 18. Jahrhunderts hatten die Trennung von Familien- und Arbeitsbereich vorangetrieben. Wie die Historikerin Karin Hausen gezeigt hat, ging diese Trennung mit einer Aufteilung der Geschlechterrollen einher. Dies führte letztendlich zu einer normativen Definition einander gegensätzlicher und hierarchisierter geschlechterspezifischer Eigenschaften, die als natürlich und damit als unumstößlich charakterisiert wurden. Aus diesen Gründen meinten sämtliche Gegnerinnen und Gegner der Gleichheit der Geschlechter auch angeben zu können, dass die Frauen von Natur aus weder in der Lage noch dazu berufen seien, in politischen Angelegenheiten mitzuwirken. Letztere konnten sich auf Denker des europäischen Bürgertums aus dem späten 18. und 19. Jahrhundert berufen, beispielsweise auf Jean-Jacques Rousseau, Immanuel Kant und Johann Gottlieb Fichte, die diese Hierarchisierung mit einem philosophischen Unterbau versehen hatten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand etwas, das bald schon die »Frauenfrage« genannt wurde. Die Industrialisierung Deutschlands zwang die Frauen aus ärmeren Schichten, außerhalb des Hauses zu arbeiten: als Heim- oder als Fabrikarbeiterinnen und später auch im tertiären Sektor. Sie führte auch dazu, dass die Lebenswege von manchen bürgerlichen Frauen sich veränderten. Die ledig Gebliebenen (gleichgültig, ob frei
... weniger
Inhaltsverzeichnis zu „Bevormundete Staatsbürgerinnen “
InhaltEinleitung 11Ebenen der Reflexion und theoretische Grundlagen 15Quellenkorpus und methodologische Ansätze 32Aufbau 38Kapitel I »Wir kämpfen um unser Menschenrecht«: Die Entstehung der »radikal«-bürgerlichen Frauenbewegung (1888-1899)1.Vom Ursprung des Feminismus zur organisierten Frauenbewegung in Deutschland 431.1Die Anfänge des Feminismus bis zum Ende der 1880er Jahre 43Die Ursprünge des deutschen Feminismus 44Die Frauen während der Revolution von 1848 46Die Entstehung der deutschen Frauenbewegung491.2Der Verein »Frauenwohl«: ein »Kampfverein«52Minna Cauer53Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann 58Die ersten Schritte des Berliner Vereins »Frauenwohl«651.3Die feministische Entwicklung des Vereins »Frauenwohl« 67Innere Konflikte 68Kurs auf die »Propagandaarbeit« nehmen 71Ein »Kampfinstrument«: die Zeitschrift Die Frauenbewegung 75Fazit832. Ausdifferenzierung der Tätigkeitsfelder und Spezialisierung der »Radikalen«852.1Der Kampf um Frauenbildung und um den Zugang zu qualifizierten Berufen 86Kritik an der Mädchenbildung 87Die Vereine der »Frauenbildungsbewegung« und ihre Reformvorschläge 91Die »Radikalen«: Spezialistinnen oder Impulsgeberinnen?1012.2Die Sittlichkeitsfrage 103Die Lage der Prostituierten im Deutschen Kaiserreich104Kritik an der staatlichen Reglementierung: der Verein »Jugendschutz«106Die deutsche abolitionistische Bewegung1122.3Der Kampf um die rechtliche Gleichstellung 116Ein Zivilrecht, das die Frauen »genau wie Unmündige, Geisteskranke und Verbrecher« behandelt 118Die Rechtsschutzstellen125Die Expertinnen: Doktorinnen und Autodidaktinnen128Fazit1343.Die Positionierung der »Radikalen« zu den anderen Frauenbewegungen 1373.1Die »Radikalen« als Opposition im Bund Deutscher Frauenvereine (BDF)137Die Entstehung des BDF138Der Konflikt um die Satzung des BDF 143»Radikale« und »Gemäßigte«1503.2Annäherungsversuche an die Arbeiterinnenvereine157Reaktionen auf den Ausschluss der Arbeiterinnenvereine158Clara Zetkins Politik der »reinlichen Scheidung«160War
... mehr
eine punktuelle Zusammenarbeit möglich? 1643.3Die Krisen der Jahre 1898 und 1899: Die »Radikalen« arbeiten ihre Positionen heraus 169Schlussfolgerungen aus Kapitel I 172Kapitel II »Wir sind Bürgerinnen des Staates«: Die »Radikalen« als Faktor des politischen Lebens (1899-1908)1.Der Verband fortschrittlicher Frauenvereine: ein Dachverband nach Maß 1791.1Eine moderne Kommunikationspolitik für die abolitionistische Bewegung 179Die Ziele der deutschen abolitionistischen Bewegung 182»Skandalisierung« und »Propaganda der Tat«186Polemik um die »Neue Ethik«1941.2Die Frauenstimmrechtsbewegung als neuer Motor des »radikalen« Flügels 200Das Gefühl einer doppelten Verspätung 203Die Bewegung kommt ins Rollen 206Den Willen zu politischer Teilhabe inszenieren 2101.3 Die Politik der ausgestreckten Hand gegenüber den Arbeiterinnen 213Initiativen zu einer Annäherung 214Ein Schritt nach vorne, zwei zurück 220Schwierigkeiten und Hindernisse 225Gründe für das Scheitern 234Fazit2372.Die »Radikalen« auf der Suche nach Partnerinnen und Partnern 2392.1 Gewinn an Einfluss der »Radikalen« im BDF 239Marie Stritt, Vorsitzende des BDF (1899-1910) 240Vom BDF übernommene »radikale« Positionen 244Eine Vermittlerin »radikaler« Ideen im BDF 2502.2Kurs auf die internationale Frauenbewegung: eine strategische Orientierung 255Feminismus und Internationalismus 256Ein kontrollierter Ideentransfer260Strategische Herausforderungen 267Fazit 2733. Teilhabewillige Staatsbürgerinnen2753.1Die »Radikalen« und das Parlament 275Eine Bresche in die politische Sphäre 276Fixierung auf das Parlament 279Überschätzung des Gewichts des Parlaments im politischen Leben2823.2Zusammenarbeit mit den linksliberalen Parteien 284Die Liberalen als die natürlichen Verbündeten der Frauenrechtlerinnen?285Die Zeit der Enttäuschung 293Perspektivwechsel 3033.3Auf der Schule der Staatsbürgerlichkeit 312Anspruch auf Professionalität in der frauenbewegten Vereinspraxis 312Die Frauen müssen politisiert werden - aber wie? 315Die »Neue Frau« 320Schlussfolgerungen aus Kapitel II 326Kapitel III »So war selbstverständlich ein fruchtbares und erquickliches Arbeiten ausgeschlossen«: Kohäsionsverlust der »radikalen« Frauenbewegung (1908-1919)1.Neue Paradigmen und Profilverlust der »Radikalen« 3331.1Ambivalente Auswirkungen des Vereinsgesetzes von 1908 334Das Reichsvereinsgesetz von 1908334Die Frage des Beitritts von Frauen zu politischen Parteien336Eine zweischneidige Sache für die »Radikalen« 3411.2Ideologische Konflikte innerhalb der Frauenstimmrechtsbewegung 343Das allgemeine, gleiche Wahlrecht für beide Geschlechter 344Das auf die Frauen ausgedehnte Zensuswahlrecht 346Das demokratische Wahlrecht nur für Frauen? 3481.3Persönliche Konflikte an der Spitze der »Radikalen«354Das Dreigestirn an der Spitze zerfällt355Innerer Dissens 357Strukturelle Schwäche der »radikalen« Frauenbewegung 3632. Die »Radikalen« und der Krieg3672.1Weiblicher Pazifismus in Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg 369Feminismus und Pazifismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts370Der Nationale Frauendienst 373Erste Reaktionen der »Radikalen« auf den Ausbruch des Krieges 3762.2 Pazifistisches Engagement von Frauen 383Die internationale Frauenfriedensbewegung auf dem Haager Kongress 1915383Die deutsche Sektion des »Internationalen Frauenausschusses für einen dauernden Frieden« 390Pazifistisches Engagement in gemischtgeschlechtlichen Friedensorganisationen 3923.Epilog: Was wurde nach dem Krieg aus den »Radikalen«?401Minna Cauer verlässt die feministische Bühne404Neue Prioritätensetzung in der Zwischenkriegszeit409Schlussfolgerungen aus Kapitel III416Schluss419Die Geschichte eines Scheiterns? 419Feminismus und Politik421Ausgeschlossene Staatsbürgerinnen und unsichtbare Subjekte der Geschichte 424Quellen 4271. Ungedruckte Quellen 4272. Periodika 4273. Gedruckte Quellen 428Literatur4331.Methodologische und historiographische Fragen 4332. Deutsche Sozial- und Politikgeschichte 4353. Frauengeschichte und Frauenbewegungsgeschichte 439Anhang 453Vorstandsmitglieder des Verbands fortschrittlicher Frauenvereine (VfF) und des Deutschen Verbands für Frauenstimmrecht (DVF)453Kurzbiographien455Abkürzungen487Abbildungsnachweis488Danksagung 489
... weniger
Autoren-Porträt von Anne-Laure Briatte
Anne-Laure Briatte, Dr. phil., lehrt und forscht an der Université Sorbonne.
Bibliographische Angaben
- Autor: Anne-Laure Briatte
- 2020, 490 Seiten, Maße: 14,2 x 22,3 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzer: Meiken Endruweit
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 3593508273
- ISBN-13: 9783593508276
- Erscheinungsdatum: 15.01.2020
Pressezitat
»Briatte hat die 'radikale' Frauenbewegung auf ihrem Weg ganz offenbar mit Sympathie begleitet. Dies hat jedoch nie ihren wissenschaftlichen Blick getrübt, sodass eine exzellente Arbeit entstanden ist.« Rolf Löchel, literaturkritik.de, 02.03.2020»Die Lektüre des anschaulich strukturierten Buches eignet sich sowohl als Einstieg und Überblick als auch für vertiefende Studien zur vernachlässigten Geschichte linksliberaler Bestrebungen von Frauen im Kaiserreich. Briatte greift wichtige Thesen aus der Forschung zur Frauenbewegungsgeschichte auf und entwickelt sie am Untersuchungsmaterial weiter. [...] Neu ist darüber hinaus die Betrachtung der 'Radikalen' als ein eigenständiges Netzwerk von Frauen, die sowohl auf persönlicher als auch auf politische Ebene miteinander agierten. Dies unterscheidet die Perspektive von einer reinen Organisationsgeschichte und verleiht den dargestellten Akteurinnen eine Lebendigkeit, die hilft zu verstehen, wie im Kaiserreich um Ideal und Wirklichkeit gerungen werden musste, weil heute selbstverständliche Grundrechte als »radikal' galten.« Andreas Neumann, H-Soz-Kult, 18.05.2020»Anne-Laure Briatte gebührt das Verdienst, mit ihrer 2013 in Frankreich erschienenen und nun in deutscher Sprache vorliegenden Dissertation eine erste Gesamtdarstellung des sich selbst als 'radikal' bezeichnenden Flügels der deutschen Frauenbewegung erarbeitet zu haben.« Sylvia Schraut, DAMALS, 15.06.2020»Briatte bietet [...] eine überzeugende Darstellung, die sowohl Details zu den speziellen Tätigkeits- und Problemfeldern wie einen Überblick der Entwicklung dieses 'radikalen' Flügels der bürgerlichen Frauenbewegung liefert.« Laura Pachtner, Sehepunkte, 15.10.2020»Anne-Laure Briatte beschreibt in ihrer Arbeit das politische Handeln der 'Radikalen' als gesellschaftliches Reformprojekt.« Helke Dreier, Ariadne. Forum für Frauen- und Geschlechtergeschichte 77, Mai 2021»Auch damals waren die Radikalen, ganz wie heute, eine Minderheitenströmung innerhalb der Frauenbewegung.
... mehr
Aber sie waren die Provokantesten, im Denken wie Handeln. Und die Erfolgreichsten. Das hat die Französin Anne-Laure Briatte nun in ihrer beeindruckenden Studie [...] recherchiert und belegt.« Alice Schwarzer, EMMA, Juli/August 2022»Dennoch gab es zu den Radikalen bisher, hundert Jahre danach, erstaunlicherweise keine eigenständige Forschungsarbeit. Es blieb einer französischen Historikerin, [...] Anne-Laure Briatte, vorbehalten, sich diesen Radikalen zuzuwenden. Unter dem Titel 'Bevormundete Staatsbürgerinnen' erkundet sie auf über 420 Seiten die kühne, mitreißende Geschichte der Radikalen, berichtet über ihre Erfolge und Konflikte, über Siege und Niederlagen, über ihre Strategien und Beziehungen.« Kerstin Wolff, EMMA, Juli/August 2022
... weniger
Kommentar zu "Bevormundete Staatsbürgerinnen"
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Bevormundete Staatsbürgerinnen".
Kommentar verfassen