Bordeaux, mon amour
Eine Liebe zwischen Wehrmacht und Résistance
Eine Liebe zwischen Wehrmacht und Résistance. Heinz Stahlschmidt kam als Besatzer nach Bordeaux und traf die große Liebe. Er verweigerte den Befehl, den Hafen zu sprengen und bewahrte die Stadt vor der Zerstörung. Nun war er selbst in Gefahr und hoffte auf Hilfe der Résistance...
Leider schon ausverkauft
Buch (Gebunden)
4.99 €
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Produktdetails
Produktinformationen zu „Bordeaux, mon amour “
Eine Liebe zwischen Wehrmacht und Résistance. Heinz Stahlschmidt kam als Besatzer nach Bordeaux und traf die große Liebe. Er verweigerte den Befehl, den Hafen zu sprengen und bewahrte die Stadt vor der Zerstörung. Nun war er selbst in Gefahr und hoffte auf Hilfe der Résistance...
Klappentext zu „Bordeaux, mon amour “
'Der deutsche Feldwebel Heinz Stahlschmidt kommt mit der Wehrmacht als Besatzer nach Bordeaux. Aber schon bald verliebt er sich in die Stadt ? und in die Französin Henriette. Da erhält er den Auftrag, den Hafen zu sprengen. Tausende Unschuldige müssten dabei sterben. Er entscheidet sich: gegen den Eid und für die Stadt seiner Geliebten. Er sabotiert den Plan und nimmt den Tod vieler Kameraden in Kauf. Bordeaux bleibt unzerstört, aber nun ist Heinz auf die Hilfe der Résistance angewiesen ? und auf die Liebe von Henriette!
Lese-Probe zu „Bordeaux, mon amour “
Bordeaux, mon amour von Erich SchaakeImmer und immer wieder hatte sie diesen furchtbaren, sehr realistischen Traum: Die Männer zerrten die junge Frau wie eine entlaufene Hündin an einem Strick durch die Rue Bouffard. Man hatte ihr die Hände auf den Rücken gefesselt und ein Schild um den Hals gehängt. Die Aufschrift lautete: »Vendue à l'ennemi« - »Verkauft an den Feind«.
Als man sie in den Hof des Hotels Lalande brachte, sah sie, dass sich dort viele Menschen versammelt hatten, und sie vernahm ein Zischeln, das ihr wie eine bedrohliche Welle entgegenrollte. Sie begann am ganzen Körper zu zittern, denn sie sah nur hasserfüllte Augen, die sie anstarrten, als habe sie mit dem Teufel Unzucht getrieben.
»Putain à boches!«, höhnte eine Stimme, und immer mehr folgten. »Poule à boches!« - »Nutte der Deutschen!« Die Worte trafen sie wie Nadelstiche, und sie fühlte sich wie auf eine unsichtbare Folterbank gefesselt.
Der Kommandant der Résistance hob die Hand, das Zischeln in der Menge verstummte. Dann blickte er sie an.
»Wir werden deinen Fall mit Wohlwollen prüfen, wenn du bereit bist, die Wahrheit zu sagen. Bist du bereit?«
Sie nickte gequält.
»Dann lasst uns mit der Vernehmung beginnen«, sagte er. »Wie alt bist du?«
» 21 Jahre.«
»Beruf?«
»Verkäuferin.«
»Ist es wahr, dass du dich mit einem Nazi eingelassen hast?«
... mehr
Sie sah sich verzweifelt um, als könne sie von den Menschen im Hof Hilfe erhoffen. Aber in den Gesichtern war kein Mitgefühl zu erkennen. Die Zuschauer schienen die öffentliche Verhandlung wie ein Schauspiel zu genießen. Und den meisten war anzusehen, dass sie ihr Urteil bereits gefällt hatten.
»Elle a couché avec les sales boches!« - »Sie hat es mit den dreckigen Deutschen getrieben!«, hörte sie eine Frau rufen. »Alors, ça baise bien, un boche?« - »Und, vögeln die Deutschen gut?«
Der Kommandant blickte sie an. »Was sagst du zu dieser Anklage?«
Für einen kurzen Augenblick schloss sie die Augen und dachte: Welches Verbrechen habe ich begangen? Lieben? Einen Feind? Einen Boche? Wer hat das Recht, über die Liebe zu richten?
Dann sagte sie: »Ja, ich gestehe, dass ich einen deutschen Soldaten liebe. Aber ist es denn strafbar zu lieben?«
»Du scheinst nicht begriffen zu haben, was es bedeutet, ein Deutschenflittchen zu sein«, gab der Kommandant mit eisigem Lächeln zurück. »Du bereust also nichts?«
Non, je ne regrette rien - ich bereue nichts, dachte sie, und einen Augenblick überkam sie das unwirkliche Gefühl, Statistin auf einer Bühne zu sein, auf der Szenen einer Hexenjagd aufgeführt wurden, mit dem Kommandanten als Inquisitor, der scheinbar alle Sonderrechte und Mittel besaß, um sie zu seinem willenlosen Objekt zu machen. Mein Gott, dachte sie, lebe ich im Mittelalter oder in einem zivilisierten Land?
»Tondez la salope!«, hallte es über den Platz. »Schert die Schlampe!«
Wieder sah sie in das Meer der Gesichter, auf denen sich blindwütiger Hass spiegelte. Da wurde ihr klar, sie befand sich auf keiner Bühne, dies war kein Spiel, nein, dies war bitterer Ernst. Sie schien für diese Menschen mit einem nicht zu tilgenden Makel behaftet zu sein.
Weiter konnte sie nicht denken, denn in diesem Augenblick traten zwei Männer der Résistance hinter sie. Der eine drückte sie auf einen Stuhl, der andere packte sie an den Haaren, und plötzlich spürte sie das kalte Metall einer Haarschneidemaschine an ihrer Stirn.
»Was habe ich getan?«, flüsterte Henriette. Sie lag schweißnass in ihrem Bett, von dort starrte sie durch das Fenster hinaus in die Nacht.
»Bist du noch immer wach?«, fragte Heinz.
»Ich hatte wieder diesen Alptraum«, sagte sie. Ihr Kopf lag an seiner Schulter.
Er streichelte ihren Arm. »Warum quälst du dich? Versuch zu schlafen.«
»Es geht nicht«, sagte sie. »Ich muss immer an diese geschorene Frau denken. Es hätte mich genauso treffen können.«
»Wir haben schon so viele Male darüber gesprochen«, sagte er. »Sei froh, dass dieser Krieg und die Zeit des Hasses vorbei sind. Jetzt brauchst du keine Angst mehr zu haben. Morgen beginnt ein neues Leben, mon amour. «
Sie schmiegte sich an ihn, spürte seine gleichmäßigen Atemzüge an ihrem Hals und dachte daran, wie alles begonnen hatte.
Heinz stand am Hafenkai. Während er eine Zigarette rauchte, ließ er seinen Blick über die Häuserfassaden der Altstadt schweifen. Helle Wolken wanderten über die Dächer. Sie kamen von Norden, wo jetzt in der Normandie erbittert gekämpft wurde.
Zwei Wochen waren seit dem Beginn der Invasion vergangen. Das Blatt hatte sich endgültig gewendet. Die Wehrmacht verlor zunehmend an Boden, und die Alliierten befanden sich auf dem Vormarsch. Sie waren besser ausgerüstet und besaßen die absolute Lufthoheit. Nach starkem amerikanischen Artilleriebeschuss und heftigen Kämpfen war Cherbourg, eine wichtige strategische Stellung, in ihre Hän de gefallen. Und auch die Résistance wurde immer aktiver.
Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis es auch in Bordeaux losgeht, dachte er. Was würde dann aus der Stadt werden? Sie war für ihn so etwas wie seine zweite Heimat geworden. Hier hatte er eine Frau gefunden, von der er zuvor nicht einmal zu träumen gewagt hatte.
Er musste an den Bunker in der Rue de Raze denken, wo die 4000 Zünder und Sprengköpfe lagerten. Was für ein Irrsinn. Wie sollte er es bloß mit seinem Gewissen vereinbaren, einen Befehl auszuführen, der einen großen Teil der Stadt zerstören und viele Menschen das Leben kosten würde?
Er musste etwas tun. Für die Stadt und ihre Menschen. Und für die Frau, die er liebte. Aber wie um alles in der Welt konnte er diesen tödlichen Plan vereiteln?
In diesem Augenblick kam einer der französischen Hafenarbeiter zu ihm herüber. Seit Heinz in Bordeaux stationiert war, stand der Mann unter seinem Kommando. Sein Name war Jean Ducasse. Er war zuverlässig, es hatte nie Schwierigkeiten mit ihm gegeben.
»Zigarette?«, fragte Heinz.
Ducasse nickte. Heinz hielt ihm die Packung hin. Dann steckte er sich ebenfalls eine neue Zigarette an. Eine Zeitlang rauchten sie schweigend. Aus dem Hafen waren nur die Motoren eines Schleppers zu hören, der langsam an den Kais vorbeiglitt. Nichts schien darauf hinzuweisen, dass der Krieg mit jedem Tag näher kam.
Heinz blickte Ducasse an. »Kann ich irgendetwas für dich tun? «
Ducasse nickte. »Ich wollte Sie unter vier Augen sprechen.« »Irgendwelche Probleme?«
Ducasse blickte sich um, als wolle er sich vergewissern, dass niemand sie beobachtete. Dann sah er Heinz in die Augen. »Ich kenne Sie jetzt schon ein paar Jahre. Sie haben mich immer korrekt behandelt. Sie haben sich nie wie ein Sieger aufgespielt, und ich weiß, dass Sie Bordeaux mögen.«
Er machte eine Pause, und Heinz spürte plötzlich eine eigenartige Kälte im Nacken. Sollte das eine Anspielung auf Henriette sein? Wusste die Résistance von seiner Beziehung zu ihr? War sie in Gefahr? Wollte der Mann ihn warnen?
»Ich habe eine Nachricht für Sie«, murmelte Ducasse.
Na also, da war was. »Hoffentlich eine gute«, erwiderte Heinz.
Das Gesicht des Arbeiters blieb ausdruckslos, aber auf Heinz wirkte es angespannt, so als habe der Mann vor irgendetwas Angst.
»Bevor ich Ihnen sage, um was es geht, möchte ich Sie bitten, dieses Gespräch vertraulich zu behandeln.«
Heinz nickte.
»Kann ich Ihnen wirklich vertrauen?«
»Ich gebe dir mein Ehrenwort.«
Ducasse sah sich erneut um, dann sagte er: »Ich soll Ihnen eine Nachricht der Résistance übermitteln. Man braucht Ihre Hilfe - dringend.«
»Meine Hilfe?«
Ducasse nickte. »Es geht um das Leben vieler Menschen in dieser Stadt. Die Résistance hat von dem geheimen Plan erfahren, demzufolge die Wehrmacht den Hafen sprengen will. Man glaubt, dass man dies nur mit Ihrer Hilfe ver - hindern kann. Deshalb hat man mich beauftragt, Kontakt mit Ihnen aufzunehmen und Sie um ein Gespräch mit einem Vertreter der Résistance zu bitten.«
»Wie stellst du dir das vor? Ich kann als deutscher Soldat unmöglich Kontakt mit der Résistance aufnehmen! Die Gestapo wird mich am nächsten Baum aufknüpfen.«
Ducasse holte einen Zettel aus der Brusttasche seiner Arbeitsmontur und reichte ihn Heinz. »Hier ist die Adresse.«
Heinz nahm den Zettel und las: Rue Calypso Nr. 58, Bouscat.
»Am besten vernichten Sie den Zettel sofort«, sagte der Arbeiter. Heinz nahm sein Feuerzeug, zündete es an, hielt den Zettel in die Flamme und sah, wie der Wind die brennenden Papierfetzen in die Garonne wirbelte.
»Ihr Kontaktmann heißt William Dupuy, er ist ein pensionierter Schuldirektor«, sprach Ducasse hastig. »Er ist ein wichtiger Verbindungsmann zur Widerstandsgruppe der Forces Françaises de l'Interieur im Département Gironde. «
»Sonst noch was?«, fragte Heinz.
Ducasse blickte ihn an. »Werden Sie mich auch wirklich nicht der Gestapo ans Messer liefern?«
»Du hast mein Ehrenwort: Von diesem Gespräch erfährt niemand was, der dir schaden könnte«, sagte Heinz. »Mach dir keine Sorgen.«
Ducasse nickte. Dann lief er eilig davon.
Sie saßen wieder im Jardin Public. In den Baumwipfeln hatten sich ein paar rötliche Abendwolken gefangen. Einige Kinder spielten auf der Wiese, ihr fröhliches Lachen hallte zu ihnen herüber.
»Was wirst du machen?«, fragte Henriette.
»Ich werde in die Rue Calypso gehen und mir anhören, was die Résistance zu sagen hat. «
Sie blickte ihn an, und er konnte die Angst in ihren Augen sehen.
»Und wenn es eine Falle ist? Auch in der Résistance gibt es Spitzel, die für die Gestapo arbeiten.«
»Das Risiko muss ich eingehen. Du hast doch selbst gesagt, dass ich etwas tun muss.«
»Ja, aber jetzt habe ich entsetzliche Angst. Du darfst dein Leben nicht aufs Spiel setzen. Was soll aus mir werden, wenn dir etwas zustößt?«
»Ich habe mich entschieden. Es muss sein«, entgegnete er fest. Dann legte er seinen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. »Mach dir keine Sorgen, es wird schon nichts schiefgehen.«
© List
Sie sah sich verzweifelt um, als könne sie von den Menschen im Hof Hilfe erhoffen. Aber in den Gesichtern war kein Mitgefühl zu erkennen. Die Zuschauer schienen die öffentliche Verhandlung wie ein Schauspiel zu genießen. Und den meisten war anzusehen, dass sie ihr Urteil bereits gefällt hatten.
»Elle a couché avec les sales boches!« - »Sie hat es mit den dreckigen Deutschen getrieben!«, hörte sie eine Frau rufen. »Alors, ça baise bien, un boche?« - »Und, vögeln die Deutschen gut?«
Der Kommandant blickte sie an. »Was sagst du zu dieser Anklage?«
Für einen kurzen Augenblick schloss sie die Augen und dachte: Welches Verbrechen habe ich begangen? Lieben? Einen Feind? Einen Boche? Wer hat das Recht, über die Liebe zu richten?
Dann sagte sie: »Ja, ich gestehe, dass ich einen deutschen Soldaten liebe. Aber ist es denn strafbar zu lieben?«
»Du scheinst nicht begriffen zu haben, was es bedeutet, ein Deutschenflittchen zu sein«, gab der Kommandant mit eisigem Lächeln zurück. »Du bereust also nichts?«
Non, je ne regrette rien - ich bereue nichts, dachte sie, und einen Augenblick überkam sie das unwirkliche Gefühl, Statistin auf einer Bühne zu sein, auf der Szenen einer Hexenjagd aufgeführt wurden, mit dem Kommandanten als Inquisitor, der scheinbar alle Sonderrechte und Mittel besaß, um sie zu seinem willenlosen Objekt zu machen. Mein Gott, dachte sie, lebe ich im Mittelalter oder in einem zivilisierten Land?
»Tondez la salope!«, hallte es über den Platz. »Schert die Schlampe!«
Wieder sah sie in das Meer der Gesichter, auf denen sich blindwütiger Hass spiegelte. Da wurde ihr klar, sie befand sich auf keiner Bühne, dies war kein Spiel, nein, dies war bitterer Ernst. Sie schien für diese Menschen mit einem nicht zu tilgenden Makel behaftet zu sein.
Weiter konnte sie nicht denken, denn in diesem Augenblick traten zwei Männer der Résistance hinter sie. Der eine drückte sie auf einen Stuhl, der andere packte sie an den Haaren, und plötzlich spürte sie das kalte Metall einer Haarschneidemaschine an ihrer Stirn.
»Was habe ich getan?«, flüsterte Henriette. Sie lag schweißnass in ihrem Bett, von dort starrte sie durch das Fenster hinaus in die Nacht.
»Bist du noch immer wach?«, fragte Heinz.
»Ich hatte wieder diesen Alptraum«, sagte sie. Ihr Kopf lag an seiner Schulter.
Er streichelte ihren Arm. »Warum quälst du dich? Versuch zu schlafen.«
»Es geht nicht«, sagte sie. »Ich muss immer an diese geschorene Frau denken. Es hätte mich genauso treffen können.«
»Wir haben schon so viele Male darüber gesprochen«, sagte er. »Sei froh, dass dieser Krieg und die Zeit des Hasses vorbei sind. Jetzt brauchst du keine Angst mehr zu haben. Morgen beginnt ein neues Leben, mon amour. «
Sie schmiegte sich an ihn, spürte seine gleichmäßigen Atemzüge an ihrem Hals und dachte daran, wie alles begonnen hatte.
Heinz stand am Hafenkai. Während er eine Zigarette rauchte, ließ er seinen Blick über die Häuserfassaden der Altstadt schweifen. Helle Wolken wanderten über die Dächer. Sie kamen von Norden, wo jetzt in der Normandie erbittert gekämpft wurde.
Zwei Wochen waren seit dem Beginn der Invasion vergangen. Das Blatt hatte sich endgültig gewendet. Die Wehrmacht verlor zunehmend an Boden, und die Alliierten befanden sich auf dem Vormarsch. Sie waren besser ausgerüstet und besaßen die absolute Lufthoheit. Nach starkem amerikanischen Artilleriebeschuss und heftigen Kämpfen war Cherbourg, eine wichtige strategische Stellung, in ihre Hän de gefallen. Und auch die Résistance wurde immer aktiver.
Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis es auch in Bordeaux losgeht, dachte er. Was würde dann aus der Stadt werden? Sie war für ihn so etwas wie seine zweite Heimat geworden. Hier hatte er eine Frau gefunden, von der er zuvor nicht einmal zu träumen gewagt hatte.
Er musste an den Bunker in der Rue de Raze denken, wo die 4000 Zünder und Sprengköpfe lagerten. Was für ein Irrsinn. Wie sollte er es bloß mit seinem Gewissen vereinbaren, einen Befehl auszuführen, der einen großen Teil der Stadt zerstören und viele Menschen das Leben kosten würde?
Er musste etwas tun. Für die Stadt und ihre Menschen. Und für die Frau, die er liebte. Aber wie um alles in der Welt konnte er diesen tödlichen Plan vereiteln?
In diesem Augenblick kam einer der französischen Hafenarbeiter zu ihm herüber. Seit Heinz in Bordeaux stationiert war, stand der Mann unter seinem Kommando. Sein Name war Jean Ducasse. Er war zuverlässig, es hatte nie Schwierigkeiten mit ihm gegeben.
»Zigarette?«, fragte Heinz.
Ducasse nickte. Heinz hielt ihm die Packung hin. Dann steckte er sich ebenfalls eine neue Zigarette an. Eine Zeitlang rauchten sie schweigend. Aus dem Hafen waren nur die Motoren eines Schleppers zu hören, der langsam an den Kais vorbeiglitt. Nichts schien darauf hinzuweisen, dass der Krieg mit jedem Tag näher kam.
Heinz blickte Ducasse an. »Kann ich irgendetwas für dich tun? «
Ducasse nickte. »Ich wollte Sie unter vier Augen sprechen.« »Irgendwelche Probleme?«
Ducasse blickte sich um, als wolle er sich vergewissern, dass niemand sie beobachtete. Dann sah er Heinz in die Augen. »Ich kenne Sie jetzt schon ein paar Jahre. Sie haben mich immer korrekt behandelt. Sie haben sich nie wie ein Sieger aufgespielt, und ich weiß, dass Sie Bordeaux mögen.«
Er machte eine Pause, und Heinz spürte plötzlich eine eigenartige Kälte im Nacken. Sollte das eine Anspielung auf Henriette sein? Wusste die Résistance von seiner Beziehung zu ihr? War sie in Gefahr? Wollte der Mann ihn warnen?
»Ich habe eine Nachricht für Sie«, murmelte Ducasse.
Na also, da war was. »Hoffentlich eine gute«, erwiderte Heinz.
Das Gesicht des Arbeiters blieb ausdruckslos, aber auf Heinz wirkte es angespannt, so als habe der Mann vor irgendetwas Angst.
»Bevor ich Ihnen sage, um was es geht, möchte ich Sie bitten, dieses Gespräch vertraulich zu behandeln.«
Heinz nickte.
»Kann ich Ihnen wirklich vertrauen?«
»Ich gebe dir mein Ehrenwort.«
Ducasse sah sich erneut um, dann sagte er: »Ich soll Ihnen eine Nachricht der Résistance übermitteln. Man braucht Ihre Hilfe - dringend.«
»Meine Hilfe?«
Ducasse nickte. »Es geht um das Leben vieler Menschen in dieser Stadt. Die Résistance hat von dem geheimen Plan erfahren, demzufolge die Wehrmacht den Hafen sprengen will. Man glaubt, dass man dies nur mit Ihrer Hilfe ver - hindern kann. Deshalb hat man mich beauftragt, Kontakt mit Ihnen aufzunehmen und Sie um ein Gespräch mit einem Vertreter der Résistance zu bitten.«
»Wie stellst du dir das vor? Ich kann als deutscher Soldat unmöglich Kontakt mit der Résistance aufnehmen! Die Gestapo wird mich am nächsten Baum aufknüpfen.«
Ducasse holte einen Zettel aus der Brusttasche seiner Arbeitsmontur und reichte ihn Heinz. »Hier ist die Adresse.«
Heinz nahm den Zettel und las: Rue Calypso Nr. 58, Bouscat.
»Am besten vernichten Sie den Zettel sofort«, sagte der Arbeiter. Heinz nahm sein Feuerzeug, zündete es an, hielt den Zettel in die Flamme und sah, wie der Wind die brennenden Papierfetzen in die Garonne wirbelte.
»Ihr Kontaktmann heißt William Dupuy, er ist ein pensionierter Schuldirektor«, sprach Ducasse hastig. »Er ist ein wichtiger Verbindungsmann zur Widerstandsgruppe der Forces Françaises de l'Interieur im Département Gironde. «
»Sonst noch was?«, fragte Heinz.
Ducasse blickte ihn an. »Werden Sie mich auch wirklich nicht der Gestapo ans Messer liefern?«
»Du hast mein Ehrenwort: Von diesem Gespräch erfährt niemand was, der dir schaden könnte«, sagte Heinz. »Mach dir keine Sorgen.«
Ducasse nickte. Dann lief er eilig davon.
Sie saßen wieder im Jardin Public. In den Baumwipfeln hatten sich ein paar rötliche Abendwolken gefangen. Einige Kinder spielten auf der Wiese, ihr fröhliches Lachen hallte zu ihnen herüber.
»Was wirst du machen?«, fragte Henriette.
»Ich werde in die Rue Calypso gehen und mir anhören, was die Résistance zu sagen hat. «
Sie blickte ihn an, und er konnte die Angst in ihren Augen sehen.
»Und wenn es eine Falle ist? Auch in der Résistance gibt es Spitzel, die für die Gestapo arbeiten.«
»Das Risiko muss ich eingehen. Du hast doch selbst gesagt, dass ich etwas tun muss.«
»Ja, aber jetzt habe ich entsetzliche Angst. Du darfst dein Leben nicht aufs Spiel setzen. Was soll aus mir werden, wenn dir etwas zustößt?«
»Ich habe mich entschieden. Es muss sein«, entgegnete er fest. Dann legte er seinen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. »Mach dir keine Sorgen, es wird schon nichts schiefgehen.«
© List
... weniger
Autoren-Porträt von Erich Schaake
Erich Schaake berichtete als Chefreporter über politische Ereignisse des Zeitgeschehens wie den Jom-Kippur-Krieg in Israel, die Entführung der Landshut, den Fall Schleyer oder den Afghanistan-Krieg. Als Buchautor veröffentlichte er zeitkritische Romane, Sachbücher und Biographien. Heute lebt er an der französischen Atlantikküste in der Nähe von Bordeaux.
Bibliographische Angaben
- Autor: Erich Schaake
- 2010, 236 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Maße: 14,3 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: List
- ISBN-10: 3471350489
- ISBN-13: 9783471350485
Rezension zu „Bordeaux, mon amour “
»Eine schier unglaubliche Geschichte« Berliner Morgenpost »So wird eine wahre Geschichte vor realem Hintergrund endlich aus der drohenden Vergessenheit geholt.« Wilhelmshavener Zeitung »Das Buch liest sich wie ein spannender Roman, ein interessanter Beitrag zur Aufarbeitung des Zweiten Weltkriegs und der deutsch-französischen Vergangenheit.« Neue Presse »Erich Schaake beschreibt authentisch und spannend ein ungewöhnliches Kapitel des Zweiten Weltkriegs. Das Besondere: der Autor sieht das dramatische Geschehen nicht einseitig aus der Brille des Deutschen, sondern versetzt sich gekonnt zugleich in die Situation, wie sie wohl von den französischen Akteuren empfunden worden ist. Eine Frau und ein Mann zwischen den Fronten, zwischen Gestapo und Résistance, Liebe stärker als Kanonen, eine Geschichte aus dem Leben für das Leben, gegen die Unmenschlichkeit des Krieges. Auch und vielleicht gerade junge Menschen sollten dieses Buch lesen.« Werner D' Hein, amazon.de, November 2010
Kommentar zu "Bordeaux, mon amour"
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Bordeaux, mon amour".
Kommentar verfassen