China live
Alltagsleben zwischen Tradition und Hightech
Hightech, politische Repressionen, Wirtschaftsboom: Spannend erzählt die ORF-Korrespondentin Cornelia Vospernik vom Bauboom in Chinas Großstädten, von bitterer Armut auf dem Land und von Kindern, die alleine zurückgelassen...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „China live “
Hightech, politische Repressionen, Wirtschaftsboom: Spannend erzählt die ORF-Korrespondentin Cornelia Vospernik vom Bauboom in Chinas Großstädten, von bitterer Armut auf dem Land und von Kindern, die alleine zurückgelassen werden, weil ihre Eltern Wanderarbeiter sind.
Klappentext zu „China live “
Innenansichten aus China. Von ORF-Korrespondentin Cornelia Vospernik Reichtum und Armut, Hightech und Tradition, Wirtschaftsboom und politische Repressionen: In spannenden Reportagen erzählt Cornelia Vospernik vom Bauboom in den großen Städten, von bitterer Armut auf dem Land und von Kindern, die allein in der Provinz zurückgelassen werden, weil die Eltern Wanderarbeiter sind. Sie beschreibt das Frauenbild in China, wo das Konkubinentum wieder aufersteht, und schildert, wie Eltern in einem Park in Peking Ehepartner für ihre Kinder suchen, als wären sie auf einem Flohmarkt.Wie die neue chinesische Mittelklasse lebt und wovon sie träumt, wie schwierig es ist, Geld von einem Bankkonto abzuheben, oder wie die Medienzensur Internetseiten sperrt und chinesische Filmproduzenten einschränkt, sind weitere Themen. China live: Ein facettenreiches Bild eines Landes, das sich aufschwingt, eine Wirtschafts-Supermacht zu werden, gleichzeitig aber in vielen Bereichen noch in den alten kommunistischen Machtstrukturen verhaftet ist.
Lese-Probe zu „China live “
China live von Cornelia VospernikLESEPROBEN
Andere Länder - andere Sitten
Nudelsuppe mit Stäbchen zu essen, geht eben nicht so leicht, wie es mit einer Gabel ginge, und deshalb ist völlig verständlich, dass in den Nudelsuppenlokalen so gegessen wird, wie man es uns als Kindern verboten hat: Erstens senkt man das Gesicht möglichst weit zur Suppenschüssel, um nicht zu sagen: in die Schüssel, und zweitens darf nach Herzenslust geschlürft werden. Was man nicht einschlürfen konnte, darf man am Ende austrinken. Zumindest dann kommt die Schüssel zum Gesicht und nicht umgekehrt. Nach China zu kommen ist wie ein Tischregel-Befreiungsschlag, aber es ist nicht immer so lustig wie mit der Nudelsuppe.
Wer einen Fisch mit Stäbchen isst, wird Problem Nummer zwei erkennen: Wenn überhaupt, wird dieser nur grob zerlegt. Auch Fleisch wird in China nicht unbedingt erst entbeint, weshalb sich in den Speisen Gräten, Knorpel, Knochensplitter und Knochen finden. Viele Chinesen rollen das dann im Mund genüsslich zu einem Brei, den man verschlucken kann, und was man nicht verschlucken kann, wird - verständlicherweise - ausgespuckt. In einem durchschnittlichen chinesischen Lokal darf alles auf dem Boden landen, oder auf dem Tisch: Gräten, Knochen, Essensreste und natürlich Zigarettenstummel. Daher wachsen die Müllberge vor den kleinen Esslokalen auch so schnell an. Man darf sogar rülpsen und danach auch noch sagen: „Der hat sich gut angehört!" Als unhöflich hingegen gilt, was ich einmal verlangt habe: extra Sojasoße über das Essen - das machen nur Ignoranten. Wieder einmal beuge ich mich meinem Schicksal.
Die durch die Suppenschüssel gezüchtete „Kopf-in-die-Schüssel"-Haltung darf natürlich auch bei allen anderen Speisen eingenommen werden. Sehr schön finde ich immer wieder erwachsene
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Frauen, die sich in einen Maiskolben verbeißen, den sie nicht etwa hoch genug heben, um ihn noch halbwegs stilvoll zu essen, sondern die, ganz im Gegenteil, mit dem Maiskolben und dem Tisch quasi schon eine Ebene bilden und ein wenig wirken, als würden sie gerade einen Knochen abnagen.
Kleine Schalen hingegen werden angehoben. Und es ist überhaupt kein Problem, sich die Schale vor den Mund zu halten und mit den Stäbchen die letzten paar Reiskörner auf kürzestem Weg in den Mund zu befördern. Natürlich wird man nicht in jedem Lokal einfach so auf den Boden ausspucken, aber auch in guten Lokalen habe ich schon die Reste von Tafeln gesehen, auf denen es aussah wie auf einem Schlachtfeld.
Dass man sich, wenn man mit dem Zahnstocher im Mund herumstochert, nicht die andere Hand vor den Mund halten muss, ist auch klar. Ich glaube aber, dass niemand etwas dagegen hat, wenn man das tut. Außerdem wird in China immer und überall gegähnt, ohne dass man sich dabei die Hand vor den Mund hält. Wer Angst vor Virenattacken durch schonungsloses Husten, Niesen und Spucken hat, kann gerne einen Mundschutz tragen. Das ist ziemlich „in"; man sieht allerdings zumeist Frauen mit Mundschutz. Ach ja, und man darf auch überall schlafen. Taxifahrer schlafen im Auto und dürfen aufgeweckt werden oder man schläft nach dem Mittagessen einfach einmal für zehn Minuten am Tisch, das ist kein Problem. Selbst Müllsammler, die auf den Bergen von gerade abgeholten Kartons ihr Nickerchen machen, sieht man immer wieder, nicht nur in meiner Nebenstraße.
Auch sehe ich absolut nie jemanden, der sich mit einem Taschentuch schnäuzt. Dabei kann man Papiertaschentücher jeder Lagenstärke in jeder Menge kaufen, aber ich hege den Verdacht, dass Damen diese nur deshalb bei sich tragen, weil sie, wenn sie eine öffentliche Toilette aufsuchen, zu 99,9 Prozent auf eine Toilette gelangen, wo es kein Papier gibt.
Meine über die Nebengasse hinausgehende Empirie besagt, dass es höchst unwahrscheinlich ist, eine Chinesin oder einen Chinesen beim Schnäuzen zu ertappen. Lieber wird aus Höflichkeit stundenlang die Nase hochgezogen, als dass man ein Taschentuch hervorzieht. Wenn man beobachtet, was geschieht, wenn man sich selbst schnäuzt, weiß man, warum. Ein gebrauchtes Taschentuch wieder in die Tasche zu stecken, gilt in China als extrem unappetitlich. Ich finde es nur leider nicht appetitlicher, selbiges auf den Boden zu werfen, und bin sozusagen in der Zwickmühle zwischen Fremdekel und Eigenekel gefangen.
Aber was ist dieser Ekel schon verglichen mit meinem Hauptekel?
Nicht anfreunden kann ich mich nämlich nach wie vor mit Hocktoiletten, und am allerwenigsten mit jenen, die aus nichts weiter bestehen als einer betonierten Plattform, in der einige Abflussrinnen frei sind, über die aber leider nichts abfließt, weil es keine Spülung gibt. Die verschärfte Version solcher „Toiletten" sind jene, in denen auch jegliche Trennwand fehlt. Bei Anlagen mitten in der Landschaft stößt man häufig auf solche Sanitäreinrichtungen. Aber auch Hocktoiletten mit Spülung und ohne Tür sind nicht unbedingt mein Fall. Schließlich will man seiner Nachfolgerin oder Vorgängerin auf dem Klo nicht unbedingt ins Auge blicken. Aber China ist groß, es leben hier viele Menschen und die haben offensichtlich keine so gestörte Beziehung zur eigenen Körperlichkeit wie wir Mitteleuropäer.
Ich beobachte es immer wieder: Chinesen berühren einander bei jeder Gelegenheit. Vielleicht wollen sie deshalb alle in den Zug einsteigen, aus dem die Passagiere erst aussteigen wollen. Eine Kellnerin wird der anderen zwischen zwei Gängen kurz den Nacken massieren. Junge Frauen gehen Hand in Hand, und wenn man in Streit gerät, wird man sofort einmal geschubst. Selbst bei heiteren Debatten habe ich schon erlebt, dass Frauen ihren Männern fast nebenbei einfach einmal kurz mit der Handtasche über den Kopf gefahren sind. Das fand ich als Frau sehr beeindruckend. Weniger beeindruckend finde ich hingegen, wenn mich ein selbst erklärtes Machtorgan tätlich angreift. Zum Glück hat mein sehr böser Blick vor Wiederholung des Erstschubsers immer noch Wunder gewirkt. Irgendwie mag ich nämlich nicht zurückschubsen, genau dorthin, in den Oberarm, wo man immer geschubst wird, wenn eine Diskussion heftig wird. An der Supermarktkassa entgeht man dem Kontakt ohnehin nicht und es ist für mich eigentlich nur wie die Wahl zwischen Pest und Cholera, ob ich lieber den Einkaufskorb oder den Arm des nächsten Kunden im Rücken habe.
Copyright © 2008 by Verlag Kremayr & Scheriau KG
Kleine Schalen hingegen werden angehoben. Und es ist überhaupt kein Problem, sich die Schale vor den Mund zu halten und mit den Stäbchen die letzten paar Reiskörner auf kürzestem Weg in den Mund zu befördern. Natürlich wird man nicht in jedem Lokal einfach so auf den Boden ausspucken, aber auch in guten Lokalen habe ich schon die Reste von Tafeln gesehen, auf denen es aussah wie auf einem Schlachtfeld.
Dass man sich, wenn man mit dem Zahnstocher im Mund herumstochert, nicht die andere Hand vor den Mund halten muss, ist auch klar. Ich glaube aber, dass niemand etwas dagegen hat, wenn man das tut. Außerdem wird in China immer und überall gegähnt, ohne dass man sich dabei die Hand vor den Mund hält. Wer Angst vor Virenattacken durch schonungsloses Husten, Niesen und Spucken hat, kann gerne einen Mundschutz tragen. Das ist ziemlich „in"; man sieht allerdings zumeist Frauen mit Mundschutz. Ach ja, und man darf auch überall schlafen. Taxifahrer schlafen im Auto und dürfen aufgeweckt werden oder man schläft nach dem Mittagessen einfach einmal für zehn Minuten am Tisch, das ist kein Problem. Selbst Müllsammler, die auf den Bergen von gerade abgeholten Kartons ihr Nickerchen machen, sieht man immer wieder, nicht nur in meiner Nebenstraße.
Auch sehe ich absolut nie jemanden, der sich mit einem Taschentuch schnäuzt. Dabei kann man Papiertaschentücher jeder Lagenstärke in jeder Menge kaufen, aber ich hege den Verdacht, dass Damen diese nur deshalb bei sich tragen, weil sie, wenn sie eine öffentliche Toilette aufsuchen, zu 99,9 Prozent auf eine Toilette gelangen, wo es kein Papier gibt.
Meine über die Nebengasse hinausgehende Empirie besagt, dass es höchst unwahrscheinlich ist, eine Chinesin oder einen Chinesen beim Schnäuzen zu ertappen. Lieber wird aus Höflichkeit stundenlang die Nase hochgezogen, als dass man ein Taschentuch hervorzieht. Wenn man beobachtet, was geschieht, wenn man sich selbst schnäuzt, weiß man, warum. Ein gebrauchtes Taschentuch wieder in die Tasche zu stecken, gilt in China als extrem unappetitlich. Ich finde es nur leider nicht appetitlicher, selbiges auf den Boden zu werfen, und bin sozusagen in der Zwickmühle zwischen Fremdekel und Eigenekel gefangen.
Aber was ist dieser Ekel schon verglichen mit meinem Hauptekel?
Nicht anfreunden kann ich mich nämlich nach wie vor mit Hocktoiletten, und am allerwenigsten mit jenen, die aus nichts weiter bestehen als einer betonierten Plattform, in der einige Abflussrinnen frei sind, über die aber leider nichts abfließt, weil es keine Spülung gibt. Die verschärfte Version solcher „Toiletten" sind jene, in denen auch jegliche Trennwand fehlt. Bei Anlagen mitten in der Landschaft stößt man häufig auf solche Sanitäreinrichtungen. Aber auch Hocktoiletten mit Spülung und ohne Tür sind nicht unbedingt mein Fall. Schließlich will man seiner Nachfolgerin oder Vorgängerin auf dem Klo nicht unbedingt ins Auge blicken. Aber China ist groß, es leben hier viele Menschen und die haben offensichtlich keine so gestörte Beziehung zur eigenen Körperlichkeit wie wir Mitteleuropäer.
Ich beobachte es immer wieder: Chinesen berühren einander bei jeder Gelegenheit. Vielleicht wollen sie deshalb alle in den Zug einsteigen, aus dem die Passagiere erst aussteigen wollen. Eine Kellnerin wird der anderen zwischen zwei Gängen kurz den Nacken massieren. Junge Frauen gehen Hand in Hand, und wenn man in Streit gerät, wird man sofort einmal geschubst. Selbst bei heiteren Debatten habe ich schon erlebt, dass Frauen ihren Männern fast nebenbei einfach einmal kurz mit der Handtasche über den Kopf gefahren sind. Das fand ich als Frau sehr beeindruckend. Weniger beeindruckend finde ich hingegen, wenn mich ein selbst erklärtes Machtorgan tätlich angreift. Zum Glück hat mein sehr böser Blick vor Wiederholung des Erstschubsers immer noch Wunder gewirkt. Irgendwie mag ich nämlich nicht zurückschubsen, genau dorthin, in den Oberarm, wo man immer geschubst wird, wenn eine Diskussion heftig wird. An der Supermarktkassa entgeht man dem Kontakt ohnehin nicht und es ist für mich eigentlich nur wie die Wahl zwischen Pest und Cholera, ob ich lieber den Einkaufskorb oder den Arm des nächsten Kunden im Rücken habe.
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Autoren-Porträt von Cornelia Vospernik
Cornelia Vospernik, geboren 1969, absolvierte nach zwei Jahren am United World College in Duino bei Triest ein Dolmetschstudium für Slowenisch und Italienisch in Graz. Sie arbeitete schon mit 15 Jahren und auch während des gesamten Studiums immer wieder für den ORF. 1996 Wechsel in die Redaktion der "Zeit im Bild" nach Wien. Ab 2000 Auslandskorrespondentin in London, seit Anfang 2007 Leiterin des ORFKorrespondentenbüros für China und den fernöstlichen Raum in Peking.
Bibliographische Angaben
- Autor: Cornelia Vospernik
- 2008, 191 Seiten, Maße: 14,2 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Kremayr & Scheriau
- ISBN-10: 3218007844
- ISBN-13: 9783218007849
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