Das entwertete Selbst
Über Arbeit und Anerkennung
Wenn Menschen sowohl unter ihrer Arbeit als auch unter Arbeitslosigkeit leiden, drängt sich der Verdacht auf, dass ein Zusammenhang mit der gegenwärtigen Bedeutung und Gestalt von Erwerbsarbeit besteht. Diese Untersuchung stellt die Identität erwerbstätiger...
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Produktinformationen zu „Das entwertete Selbst “
Klappentext zu „Das entwertete Selbst “
Wenn Menschen sowohl unter ihrer Arbeit als auch unter Arbeitslosigkeit leiden, drängt sich der Verdacht auf, dass ein Zusammenhang mit der gegenwärtigen Bedeutung und Gestalt von Erwerbsarbeit besteht. Diese Untersuchung stellt die Identität erwerbstätiger und erwerbsloser Subjekte in den Mittelpunkt. Sie verknüpft die Anerkennungstheorie mit der Belastungsforschung sowie mit zeitdiagnostischen Überlegungen zum Wandel der Arbeitswelt und zur Transformation des Wohlfahrtsstaats. So entsteht ein umfassendes Bild des psychosozialen Belastungserlebens Erwerbstätiger und Erwerbsloser, das die Wechselbeziehung von Arbeit, Anerkennung und Identität sichtbar macht.
Großformatiges Paperback. Klappenbroschur
Lese-Probe zu „Das entwertete Selbst “
Einleitung Psychische Leidenserfahrungen sind in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit und medialen Berichterstattung gerückt. Besondere gesellschaftliche Aufmerksamkeit wird dabei den psychischen Erkrankungen Beschäftigter zuteil und im Zusammenhang mit psycho-sozialen Belastungen einer sich wandelnden Arbeitswelt diskutiert. Von den Leidenserfahrungen Arbeitsloser ist hingegen wenig zu hören. Unabhängig von ihrer öffentlichen Rezeption zeigt die wissenschaftliche Befundlage allerdings deutlich, dass Erwerbslose mit einer Reihe unterschiedlicher Belastungen konfrontiert und doppelt so häufig von psychischen Störungen betroffen sind wie Erwerbstätige. Offenbar leiden Menschen an (Erwerbs-)Arbeit und an ihrer Abwesenheit. Die Vermutung, dass diese trivial anmutende Feststellung etwas mit der Bedeutung von Erwerbsarbeit in demokratisch-kapitalistischen Gesellschaften zu tun hat, drängt sich geradezu auf. Obgleich die bisherige Forschung sowohl für das Feld der Erwerbstätigkeit als auch das der Erwerbslosigkeit eine Vielzahl von Stressoren und Einflussfaktoren identifiziert hat, ist unzureichend aufgeklärt, wie diese auf das gesundheitliche Befinden wirken. Stressoren sind keine »Gummibälle«, die nach den Betreffenden geworfen werden und »Eindrücke« in den Individuen hinterlassen. Um einen Beitrag zum Schließen dieser Lücke zu leisten, werden die, in ihrer für den Stressprozess konstitutiven Funktion ausgewiesenen, subjektiven Deutungen zum zentralen Gegenstand der Untersuchung. Entscheidend für das Vorgehen ist, dass Erwerbstätigkeit und Erwerbslosigkeit nicht, wie sonst üblich, getrennt voneinander betrachtet, sondern als zwei »Ausprägungen« einer zentralen gesellschaftlichen Institution begriffen werden. Wenn es darum geht, die Bedeutung von Erwerbsarbeit in ihrer Relevanz für das subjektive Belastungserleben näher zu betrachten, ist naheliegend, diese systematisch von beiden Seiten aus zu erschließen. Die Rede von Bedeutung meint zudem
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zweierlei: Es geht um die gesellschaftliche und die subjektive Bedeutung von Erwerbsarbeit, die freilich aufs Engste miteinander verstrickt sind. Erwerbsarbeit ist konstitutiv für das normative Selbstverständnis und das institutionelle Arrangement einer »(Erwerbs )Arbeitsgesellschaft«. Sie ist zentral für die Identität und den Lebensvollzug der in dieser lebenden Subjekte, denn Erwerbsarbeit dient nicht allein der materiellen Sicherung des Lebensunterhalts, sie ist zentraler Integrationsmodus und Anerkennungsraum. Diese latente und doch grundlegende Funktion von Erwerbsarbeit soll im Rahmen der Untersuchung genau betrachtet werden. Erwerbsarbeit ist eine Quelle für identitätskonstitutive Anerkennungs-erfahrungen, jedoch zugleich von Nichtbeachtungs- und Missachtungserfahrungen (vgl. Voswinkel und Wagner 2013: 75). »[...] Mißachtung kommt für die psychische Integrität der Menschen dieselbe negative Rolle zu[], die die organischen Erkrankungen im Zusammenhang [mit] der Reproduktion seines [sic!] Körpers übernehmen: durch die Erfahrung von sozialer Erniedrigung und Demütigung sind menschliche Wesen in ihrer Identität ebenso gefährdet, wie sie es in ihrem physischen Leben durch das Erleiden von Krankheiten sind.« (Honneth 1994: 218) Wie Gabriele Wagner (2004: 285) bereits konstatiert, stellt eine an-erkennungstheoretische Perspektive »Fragen nicht komplett neu, aber sehr wohl anders [...]« und »neue Fragestellungen [können] [...] neue Antwortrichtungen generieren.« Sie erlaubt es insbesondere, den im Rahmen der Belastungsforschung in seiner potenziellen Relevanz zwar durchaus erkannten, aber kaum systematisch erforschten »Faktor Kultur« in die Untersuchung hereinzuholen und in Bezug zu den subjektiven Leidenserfahrungen zu setzen. Erwerbsarbeitsbezogene Belastungserfahrungen und gesundheitliche Beeinträchtigungen werden sicherlich häufig als individuelles Problem erlebt, doch wie Mohr und Duresso (2012: 198) zu Recht betonen, ist »Erwerbslosigkeit [...] kein psychologisches,
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Inhaltsverzeichnis zu „Das entwertete Selbst “
Inhalt Einleitung 8 I Forschungskontext 1 Begriffliche Vorbemerkungen 13 1.1 Gesundheit und Krankheit 13 1.2 Pathogenese und Salutogenese 15 1.3 Stress: Belastung und Bewältigung 18 2 Forschungsstand und Forschungslücke 26 2.1 Stressoren und Einflussgrößen 33 2.2 Theoretische Ansatze 49 2.3 Kritische Bilanzierung und Forschungsansatz 53 II Theoretische Grundlagen 3 Identität 58 3.1 Identität und Erfahrung: Identität als relationaler Prozess 60 3.2 Komponenten von Identität 65 4 Anerkennung 78 4.1 Anerkennung als Kategorie 80 4.2 Anerkennung als Bedingung für Identität 94 4.3 Anerkennung und Arbeit 111 III Methodisches Vorgehen 5 Vorüberlegungen, Forschungsdesign und Interviewleitfaden 123 6 Feldzugang, Fallauswahl und Durchführung 126 7 Auswertung 130 IV Ergebnisse 8 Bedrohte Identität: Nicht-Anerkennung und Erwerbsarbeit 147 8.1 Nicht-Anerkennung 152 8.2 Nicht-Wertschätzung 161 8.3 Nicht-Achtung 177 8.4 Nicht-Anerkennung in der Erwerbstätigkeit 198 8.5 Nicht-Anerkennung in der Erwerbslosigkeit 225 9 Beschädigte Identität: Folgen von Nicht-Anerkennung 248 9.1 Zweifel am und Behauptung des Selbst in der Erwerbstätigkeit 252 9.2 Verlust des und Kampf um das Selbst in der Erwerbslosigkeit 295 9.3 Zusammenschau der Typen 328 9.4 Elemente der Deutungslogiken und Identitätseffekte 330 9.5 (Hinter-)Gründe differenter Deutungslogiken 350 10 Identität und Gesundheit 369 V Soziale Bedingungen und soziale Bedingtheit 11 Gesellschaftlicher Kontext 381 12 Wandel der Anerkennungsnormen 387 12.1 Subjektivierung von Arbeit 388 12.2 Aktivierende Arbeitsmarktpolitik 411 12.3 Delegitimierung von Anerkennungserwartungen 432 13 Wandel der Zurechnungsmuster 436 13.1 Individualisierung als Zurechnungsmuster 438 13.2 Subjektivierung und individualisierende Zurechnung 450 13.3 Aktivierung und individualisierende Zurechnung 454 14 Exkurs: Konsequenzen für Kämpfe um Anerkennung 459 15 Anerkennung und Herrschaft 467 15.1 Sozialisation in die (Erwerbs-)Arbeitsgesellschaft 469 15.2 Alltäglicher
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Anpassungsdruck 475 15.3 Disziplinierung durch Unsicherheit 479 Schluss 486 Literatur 505 Danksagung 531
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Autoren-Porträt von Anne Röwer
Anne Röwer, Dr. phil., hat am Institut für Soziologie der Universität Jena promoviert.
Bibliographische Angaben
- Autor: Anne Röwer
- 2020, 531 Seiten, Maße: 14,2 x 21,3 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 3593512238
- ISBN-13: 9783593512235
- Erscheinungsdatum: 02.04.2020
Pressezitat
»Röwer legt in ihrem Buch [...] theoretisch begründet und empirisch fundiert dar, weshalb Menschen in Erwerbsarbeitsgesellschaften sowohl unter der Erwerbsarbeit als auch unter dem Fehlen ebendieser leiden. Sie zeigt auf, wie nicht bewältigte/zu bewältigende Negationserfahrungen die Identität (d.h. hier insbesondere Selbstwert und Kontrollüberzeugung) schädigen können.« Dr. des. Benedikt Hassler, socialnet.de, 09.10.2020»Flankiert von einer Vielzahl an sozialdiagnostisch anschlussreichen Beobachtungen, legt Röwer einen empirisch fundierten Beitrag zu einer Anerkennungssoziologie der Arbeit vor, die Modi der Nichtanerkennung in ihrer gelebten Relevanz beleuchtet.« Veronika Zink, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie (2021) 73: 159-162
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