Das gibts doch nicht!
Österreichs skurrilste Orte
Könnte man es nicht schwarz auf weiß in diesem Buch lesen, man würde nicht im Traum darauf kommen: Ein Land, das sich über Stephansdom, Festung Hohensalzburg oder Goldenes Dachl definiert, hat von Wien bis nach Vorarlberg auch noch ganz andere...
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Produktinformationen zu „Das gibts doch nicht! “
Klappentext zu „Das gibts doch nicht! “
Könnte man es nicht schwarz auf weiß in diesem Buch lesen, man würde nicht im Traum darauf kommen: Ein Land, das sich über Stephansdom, Festung Hohensalzburg oder Goldenes Dachl definiert, hat von Wien bis nach Vorarlberg auch noch ganz andere Sehenswürdigkeiten zu bieten. Es überrascht mit Lady Diana am Cobenzl, James Joyce in Feldkirch - und Michael Jackson in Mistelbach. Voller Witz und Ironie gehen die Autoren unzähligen österreichischen Sonderbarkeiten auf den Grund und klären auf.
Lese-Probe zu „Das gibts doch nicht! “
Das gibt´s doch nicht, Markus Foschum und Jürgen ZahrlWem die Wiener Stunde schlägt
... mehr
Wo Wien am intensivsten, zentralsten und repräsentativsten
ist, rund um den Stephansdom, wimmelt es nur so von Sehenswürdigkeiten
und Touristen. Hier ist die Österreich-Kapitale
auch am historischsten, gilt der nahe Hohe Markt doch als der
älteste Platz in Wien. Zur Zeit der alten Römer stand hier der
Palast des Lagerkommandanten. Auch der berühmte Kaiser
Marc Aurel hat an der Stelle eine Zeit lang residiert und ist 108
nach Christus hier auch gestorben. Es genügt ein kleiner Blick
nach oben, um den alten Kaiser wiederzusehen. Wie auch eine
ganze Truppe von bedeutenden Persönlichkeiten, die die
Geschichte Wiens prägten und gestalteten.
Die Rede ist von einer Uhr, die eigentlich eine Firmenwerbung
und zugleich eine Brücke ist. Doch alles der Reihe nach.
1911 wollte die Versicherungsgesellschaft „Der Anker“ an
ihrem Sitz in Wien ein neues und repräsentatives Verwaltungsgebäude
errichten. Seit 1869 residierte die Gesellschaft im
Galvagnihof am Hohen Markt, doch die gut gehenden
Geschäfte hatten zu Raumnot geführt. Bei dem Neubau gab es
jedoch ein Problem. Weil eine Seitengasse verlängert werden
sollte, musste das neue Gebäude der Anker Versicherung
durchbrochen werden. So kam es also, dass die zwei Häuser
des neuen Firmensitzes durch eine Straße getrennt waren.
Schließlich wuchs die Idee, die beiden Häuser durch eine Brücke
zu verbinden. Für die Ausgestaltung wurde ein damals
recht berühmter Künstler gewonnen – Professor Franz von
Matsch, der es als Maler und Bildhauer zu Ruhm gebracht
hatte und 1912 sogar in den Adelsstand erhoben wurde. Er
entwarf eine „musikalische Figurenuhr“ – die Ankeruhr.
Das Besondere ist, dass die 60 Minuten einer Stunde nicht
über einen Kreis dargestellt werden, wie bei Uhren normalerweise
üblich, sondern horizontal. Eine in zwölf Felder aufgeteilte
Zeitskala von 0 bis 60 entspricht den Minuten. Darunter
schreiten Figuren dahin. Zwölf sind es an der Zahl und jede
braucht eine – ihre – Stunde, um die Strecke von 0 bis 60 abzugehen.
Bei diesen Stundenregenten handelt es sich um Persönlichkeiten
aus der Wiener Geschichte, die für ihre Zeit stehen.
Gleich als erstem Regenten begegnen wir besagtem Kaiser
Marc Aurel, der für die Antike steht. Es folgen der fränkische
Kaiser Karl der Große aus dem frühen Mittelalter sowie der
Babenbergerherzog Leopold VI. mit seiner Gemahlin Theodora
von Byzanz. Als Vierter stellt sich der Minnesänger
Walther von der Vogelweide ein, gefolgt vom ersten Habsburger
König Rudolf samt Gattin Anna von Hohenberg. Der
Vater des Stephansdoms, Baumeister Hans Puchsbaum, ist
der sechste Stundenregent, und auch der letzte Ritter, Kaiser
Maximilian I., darf in dem Reigen nicht fehlen. Bürgermeister
Johann Andreas von Liebenberg, der sich bei Bekämpfung
der Pest 1679 und der Türken 1683 hervorgetan hatte, ist der
achte Stundenregent, der neunte stammt ebenfalls aus dieser
Zeit, denn Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg war Oberkommandant
bei der Türkenbelagerung. Der „edle Ritter“
Prinz Eugen, der erfolgreich Feldzüge führte und das Belvedere
erbauen ließ, ist der nächste, gefolgt von Kaiserin
Maria Theresia und Kaisergemahl Franz I. von Lothringen.
Der zwölften Stunde ist schließlich der Komponist Joseph
Haydn zugeordnet.
Alle Figuren, jede ist zwischen 2,60 und 2,80 Meter groß und
aus Kupfer, ziehen täglich zu Mittag vorbei. Jeder ist ein historisches
Musikstück zugeordnet. Eine Zwangspause gab es im
April und Mai 2013, als es ein Problem mit der Kette gab, die
die Figuren bewegt. Inzwischen ist die Uhr, die mittlerweile
der Helvetia-Versicherungs AG gehört, aber natürlich wieder
in Betrieb. Die Helvetia residiert heute als Nachfolger des
Ankers am Hohen Graben.
Der Hype um die vernagelten Hölzer
Nägel in Holzpflöcke zu schlagen ist heute nur noch ein beliebtes
(oft unter Alkoholeinfluss ausgeübtes) Spielchen auf Skihütten
und Kirtagen, in Österreich hat es jedoch eine lange Tradition.
Der Hintergrund ist teils sagenhaft, teils kriegerisch, aber
immer interessant und kurios. Die zeitweise Begeisterung
dafür führte zu einer weiten Verbreitung, einem wahren Hype,
wie man heute sagen würde. Die beiden berühmtesten Vertreter
dieser „vernagelten Hölzer“ finden sich in Wien und können
heute noch besichtigt werden: der „Stock im Eisen“ und der
„Wehrmann in Eisen“.
Mitten in der Wiener City, gleich neben dem Stephansdom,
an der Ecke Kärntner Straße und Graben, steht in der Nische
eines noblen Hauses ein Baumstamm. Oder besser gesagt, der
rund zwei Meter lange Rest eines Baumes. Dass es sich um
einen solchen handelt, ist auch erst auf den zweiten Blick zu
erkennen, denn das Holz ist über und über mit Nägeln beschlagen,
zusätzlich sind auch fünf Metallbänder und ein Schloss
angebracht. Es handelt sich um den „Stock im Eisen“, auch der
Platz ist nach ihm benannt.
Um diesen Rest einer alten Fichte ranken sich viele Sagen.
Der Teufel höchstpersönlich habe den Baum in Eisen gelegt.
Oder aber ein Schlosserjunge habe hier einen gestohlenen
Nagel eingeschlagen. Oder man wollte den Baum als Erinnerung
an die einst hier verbreiteten Wälder erhalten. Tatsache
ist, dass der Baum aus dem Mittelalter stammt und um 1440
gefällt wurde, wie Untersuchungen von 1975 ergaben. Nägel
begann man schon einzuschlagen, als der Baum noch wuchs.
Dass er auf dem Platz aufgestellt war, ist bereits von 1548 überliefert.
Seit 1891 steht der Baum auf einer eineinhalb Meter
hohen Granitsäule. „Stock im Eisen“ heißt er übrigens wegen
der Metallbänder, nicht wegen der Nägel. Warum die eingeschlagen
wurden, weiß man übrigens nicht so genau, wahrscheinlich
war es eine Art Votivgabe. Denn Nägel waren im
Mittelalter teuer. Im 18. Jahrhundert schlugen Schlossergesellen,
die auf der Walz (während der Wanderjahre) nach Wien
kamen, einen Nagel in den Baumstamm. Vor neuerlichen
Nagelattacken ist der mittelalterliche Stock heute geschützt,
weil in einer Glasvitrine untergebracht.
Weniger bekannt, weil auch an weniger prominenter Stelle zu
finden, ist der „Wehrmann in Eisen“. Dabei löste er geradezu einen
Nagel-Boom aus. Er steht heute hinter dem Wiener Rathauspark
und kann sowohl als gedankliche Fortführung des „Stock im
Eisen“ als auch als Vorbild für viele weitere „Nagel-Statuen“ gesehen
werden. Auf den ersten Blick handelt es sich um eine dunkle
Statue eines Ritters. Auf den zweiten Blick offenbart sich, wo
die dunkle Farbe herrührt: Der Ritter steckt in einer Rüstung
aus Tausenden Nägeln. Mehr als eine halbe Million Stück sollen
es sein. Darunter steckt zwar nicht unbedingt ein weicher,
jedoch ein hölzerner Kern, handelt es sich doch um eine Holzstatue,
die ursprünglich im März 1915 am Schwarzenbergplatz
aufgestellt wurde. Gegen eine Spende durfte man einen Nagel
einschlagen, der Erlös kam Witwen und Waisen zugute. Denn
es herrschte Krieg, der Erste Weltkrieg. Die patriotische Aktion
wurde von Erzherzog Ludwig Salvator am 6. März 1915
gestartet, laut der Tageszeitung „Die Reichspost“ folgten in den
ersten beiden Tagen 1.400 Personen seinem Beispiel. Je nach
Spendenbereitschaft konnte man einen eisernen, silbernen
oder sogar goldenen Nagel einschlagen. Die Aktion machte
Schule: In der gesamten österreichisch-ungarischen Monarchie
wurden für den guten Zweck Nägel in hölzerne Standbilder
geschlagen.
Da gab es weitere Wehrmänner in Amstetten, in Niederösterreich
oder in Graz, aber auch einen „Waidmann in Eisen“
in einem Gasthaus in Wien-Alsergrund, etliche „U-Boote in
Eisen“, etwa eines der Favoritner Sektion des Österreichischen
Flottenvereins, oder auch einen „Sanitätsmann in Eisen“, ein
„Posthorn in Eisen“ sowie eine „Feldhaubitze in Eisen“. In
Berndorf in Niederösterreich wurde ein hölzerner Bär benagelt,
in Ternitz eine Wehrgranate. Sehr beliebt waren auch
Kreuze, Säulen und Heilige. Letztere vor allem in Deutschland,
wo sich die Nagelfiguren auch bald verbreiteten. Sogar in
Übersee gab es welche. Der „Eiserne Mann“ in Buenos Aires
wurde von einem Tiroler in Argentinien angefertigt, in San
Francisco wurde von Auslandsösterreichern bis zum
Kriegseintritt der USA ein eisernes Kreuz benagelt.
Mit schwindender Begeisterung für den Krieg wurden auch
die eisernen Symbole unbeliebter. Der Urahn, der Wehrmann
in Wien, feierte 1934 ein Comeback, als Geld für den Bau eines
Kriegerdenkmals gesammelt wurde. Damals wurde auch der
Spruch: „Wehrmann Wiens gemahne an die Zeit, da unerschöpflich
wie des Krieges Leid die Liebe war und die Barmherzigkeit.“
Das nie errichtete Denkmal für 1683
Gewürdigt wird in Wien gern und oft, bedenkt man, wie viele
Denkmäler es in der Stadt gibt. Alleine entlang der Prachtstraße,
dem Ring, sind es rund 80 Skulpturen. Das reicht vom
ältesten Denkmal, jenem von 1781 für Kaiser Franz Stephan I.
im Burggarten, über das riesige 20-Meter-Denkmal für Kaiserin
Maria Theresia zwischen dem Kunst- und dem Naturhistorischen
Museum bis zum berühmten und vor allem bei fernöstlichen
Besuchern als Fotomotiv so beliebten Denkmal für
den Walzerkönig Johann Strauß Sohn im Stadtpark. Ein
Denkmal sticht in Sachen Kuriosität aber besonders hervor:
Jenes, das an den Entsatz, die Rettung der Stadt im Zuge der
Türkenbelagerung 1683, erinnern soll. Denn dieses Denkmal
wurde nie gebaut.
Am 12. September 1983 wurde im Grete-Rehor-Park nahe
des Parlaments der Grundstein für ein Entsatz-Denkmal
gelegt. Hintergrund war das 300-jährige Jubiläum der Rettung.
Die Initiative für ein Denkmal ging von einem eigens gegründeten
Verein, den „Freunden Sobieskis“ aus. Stand der polnische
König Jan III. Sobieski doch bekanntlich an der Spitze des
Entsatzheeres, das dem belagerten Wien zu Hilfe eilte und am
12. September 1683 die Türken in der Schlacht am Kahlenberg
schlagen und damit die Eingeschlossenen befreien konnte.
Dieses Ereignis wollten die „Freunde“ würdigen: „Schnell noch
ein Denkmal für alle, die damals an der Verteidigung und dem
Entsatz Wiens teilgenommen haben, errichten.“ Das Problem
war, dass bis zum geplanten Enthüllungstag am 12. September
nur mehr wenig Zeit blieb, und kein Geld vorhanden war.
Finanziert werden sollte das Denkmal über Spenden „aller
traditionsbewussten Österreicher und Europäer“, wie der geistige
Vater der Aktion, Professor Otto Swoboda, im Mai 1983 in
der „Presse“ schrieb.
Auch der Entwurf des Denkmals stammte von Professor
Swoboda. Es sollte ein steinernes Quadrat mit zwei Metern
Seitenlänge werden, die Kosten wurden auf 250.000 Schilling
geschätzt. Verschiedenste Aufstellungsorte wurden in Erwägung
gezogen, und schließlich stellte die Stadt ein Grundstück
im 7. Bezirk zur Verfügung. Doch es kam ganz anders. Am
12. September 1983 gab es zwar eine Feier, doch aufgestellt
werden konnte kein Denkmal, lediglich der Grundstein wurde
gelegt. Darauf ist zu lesen: „Grundstein für das Entsatz-Denkmal
1683–1983. Provisorisch gesetzt von den Freunden Sobieskis.
Wien, am 12. Sept. 1983“. Und dabei sollte es bleiben. Ende
Oktober 1983 war zwar noch in der „Wiener Zeitung“ zu lesen,
dass das Denkmal „in absehbarer Zeit ausgeführt und aufgestellt
werden soll“, doch schließlich wurde das Projekt aufgegeben.
Auch, weil die Kosten für eine Realisierung weitaus mehr
als die ursprünglich veranschlagten 250.000 Schilling betragen hätten.
Und so blieb es beim Grundstein. Es war übrigens nicht der erste Versuch,
den historischen Anlass zu würdigen. Schon 100 Jahre zuvor, anlässlich
Der Säkularferien 1883 in Wien, wollte der Schriftsteller Richard von Kralik ein
riesiges Nationaldenkmal auf dem Kahlenberg realisieren.
Eine „Wartburg österreichischer Geschichte, eine Walhalla
heimischen Ruhmes“ sollte es werden. Doch die Begeisterung
war nicht entsprechend und so geriet das Projekt etliche Jahre
in Vergessenheit, bis Kralik 1903 einen neuen Versuch startete.
Das führte dazu, dass die Architekten Franz Biberhofer und
Karl Troll zumindest einen Entwurf der „Österreichischen
Ruhmeshalle“ am Leopoldsberg präsentierten. Geworden ist
das auch wieder nichts. Während des Ersten Weltkrieges dachte
man erneut über die Idee nach, und es gab sogar einen Denkmalwettbewerb.
Umgesetzt wurde davon nichts.
Doch es gibt durchaus auch realisierte Denkmäler im
Zusammenhang mit 1683: Im Türkenschanzpark (der so heißt,
weil hier türkische Truppen dem Entsatzheer besonders heftigen
Widerstand leisteten) gibt es seit 2003 das Denkmal eines
Kosaken, der rauchend neben seinem Pferd sitzt. Und im April
2013 wurde am Leopoldsberg das Denkmal dreier Kosaken
durch den Bürgermeister der Stadt Kiew, Oleksandr Popov,
und Wiens Bürgermeister Michael Häupl enthüllt. Die Kosaken
waren 1683 Teil des Entsatzheeres. Interessante Informationen
zur Wien-Belagerung 1683, zu den verschiedenen
Denkmälern und zum „Türkengedächtnis“ bietet ein Forschungsprojekt
der Österreichischen Akademie der Wissenschaften:
www.tuerkengedaechtnis.oeaw.ac.at.
© Metroverlag
Wo Wien am intensivsten, zentralsten und repräsentativsten
ist, rund um den Stephansdom, wimmelt es nur so von Sehenswürdigkeiten
und Touristen. Hier ist die Österreich-Kapitale
auch am historischsten, gilt der nahe Hohe Markt doch als der
älteste Platz in Wien. Zur Zeit der alten Römer stand hier der
Palast des Lagerkommandanten. Auch der berühmte Kaiser
Marc Aurel hat an der Stelle eine Zeit lang residiert und ist 108
nach Christus hier auch gestorben. Es genügt ein kleiner Blick
nach oben, um den alten Kaiser wiederzusehen. Wie auch eine
ganze Truppe von bedeutenden Persönlichkeiten, die die
Geschichte Wiens prägten und gestalteten.
Die Rede ist von einer Uhr, die eigentlich eine Firmenwerbung
und zugleich eine Brücke ist. Doch alles der Reihe nach.
1911 wollte die Versicherungsgesellschaft „Der Anker“ an
ihrem Sitz in Wien ein neues und repräsentatives Verwaltungsgebäude
errichten. Seit 1869 residierte die Gesellschaft im
Galvagnihof am Hohen Markt, doch die gut gehenden
Geschäfte hatten zu Raumnot geführt. Bei dem Neubau gab es
jedoch ein Problem. Weil eine Seitengasse verlängert werden
sollte, musste das neue Gebäude der Anker Versicherung
durchbrochen werden. So kam es also, dass die zwei Häuser
des neuen Firmensitzes durch eine Straße getrennt waren.
Schließlich wuchs die Idee, die beiden Häuser durch eine Brücke
zu verbinden. Für die Ausgestaltung wurde ein damals
recht berühmter Künstler gewonnen – Professor Franz von
Matsch, der es als Maler und Bildhauer zu Ruhm gebracht
hatte und 1912 sogar in den Adelsstand erhoben wurde. Er
entwarf eine „musikalische Figurenuhr“ – die Ankeruhr.
Das Besondere ist, dass die 60 Minuten einer Stunde nicht
über einen Kreis dargestellt werden, wie bei Uhren normalerweise
üblich, sondern horizontal. Eine in zwölf Felder aufgeteilte
Zeitskala von 0 bis 60 entspricht den Minuten. Darunter
schreiten Figuren dahin. Zwölf sind es an der Zahl und jede
braucht eine – ihre – Stunde, um die Strecke von 0 bis 60 abzugehen.
Bei diesen Stundenregenten handelt es sich um Persönlichkeiten
aus der Wiener Geschichte, die für ihre Zeit stehen.
Gleich als erstem Regenten begegnen wir besagtem Kaiser
Marc Aurel, der für die Antike steht. Es folgen der fränkische
Kaiser Karl der Große aus dem frühen Mittelalter sowie der
Babenbergerherzog Leopold VI. mit seiner Gemahlin Theodora
von Byzanz. Als Vierter stellt sich der Minnesänger
Walther von der Vogelweide ein, gefolgt vom ersten Habsburger
König Rudolf samt Gattin Anna von Hohenberg. Der
Vater des Stephansdoms, Baumeister Hans Puchsbaum, ist
der sechste Stundenregent, und auch der letzte Ritter, Kaiser
Maximilian I., darf in dem Reigen nicht fehlen. Bürgermeister
Johann Andreas von Liebenberg, der sich bei Bekämpfung
der Pest 1679 und der Türken 1683 hervorgetan hatte, ist der
achte Stundenregent, der neunte stammt ebenfalls aus dieser
Zeit, denn Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg war Oberkommandant
bei der Türkenbelagerung. Der „edle Ritter“
Prinz Eugen, der erfolgreich Feldzüge führte und das Belvedere
erbauen ließ, ist der nächste, gefolgt von Kaiserin
Maria Theresia und Kaisergemahl Franz I. von Lothringen.
Der zwölften Stunde ist schließlich der Komponist Joseph
Haydn zugeordnet.
Alle Figuren, jede ist zwischen 2,60 und 2,80 Meter groß und
aus Kupfer, ziehen täglich zu Mittag vorbei. Jeder ist ein historisches
Musikstück zugeordnet. Eine Zwangspause gab es im
April und Mai 2013, als es ein Problem mit der Kette gab, die
die Figuren bewegt. Inzwischen ist die Uhr, die mittlerweile
der Helvetia-Versicherungs AG gehört, aber natürlich wieder
in Betrieb. Die Helvetia residiert heute als Nachfolger des
Ankers am Hohen Graben.
Der Hype um die vernagelten Hölzer
Nägel in Holzpflöcke zu schlagen ist heute nur noch ein beliebtes
(oft unter Alkoholeinfluss ausgeübtes) Spielchen auf Skihütten
und Kirtagen, in Österreich hat es jedoch eine lange Tradition.
Der Hintergrund ist teils sagenhaft, teils kriegerisch, aber
immer interessant und kurios. Die zeitweise Begeisterung
dafür führte zu einer weiten Verbreitung, einem wahren Hype,
wie man heute sagen würde. Die beiden berühmtesten Vertreter
dieser „vernagelten Hölzer“ finden sich in Wien und können
heute noch besichtigt werden: der „Stock im Eisen“ und der
„Wehrmann in Eisen“.
Mitten in der Wiener City, gleich neben dem Stephansdom,
an der Ecke Kärntner Straße und Graben, steht in der Nische
eines noblen Hauses ein Baumstamm. Oder besser gesagt, der
rund zwei Meter lange Rest eines Baumes. Dass es sich um
einen solchen handelt, ist auch erst auf den zweiten Blick zu
erkennen, denn das Holz ist über und über mit Nägeln beschlagen,
zusätzlich sind auch fünf Metallbänder und ein Schloss
angebracht. Es handelt sich um den „Stock im Eisen“, auch der
Platz ist nach ihm benannt.
Um diesen Rest einer alten Fichte ranken sich viele Sagen.
Der Teufel höchstpersönlich habe den Baum in Eisen gelegt.
Oder aber ein Schlosserjunge habe hier einen gestohlenen
Nagel eingeschlagen. Oder man wollte den Baum als Erinnerung
an die einst hier verbreiteten Wälder erhalten. Tatsache
ist, dass der Baum aus dem Mittelalter stammt und um 1440
gefällt wurde, wie Untersuchungen von 1975 ergaben. Nägel
begann man schon einzuschlagen, als der Baum noch wuchs.
Dass er auf dem Platz aufgestellt war, ist bereits von 1548 überliefert.
Seit 1891 steht der Baum auf einer eineinhalb Meter
hohen Granitsäule. „Stock im Eisen“ heißt er übrigens wegen
der Metallbänder, nicht wegen der Nägel. Warum die eingeschlagen
wurden, weiß man übrigens nicht so genau, wahrscheinlich
war es eine Art Votivgabe. Denn Nägel waren im
Mittelalter teuer. Im 18. Jahrhundert schlugen Schlossergesellen,
die auf der Walz (während der Wanderjahre) nach Wien
kamen, einen Nagel in den Baumstamm. Vor neuerlichen
Nagelattacken ist der mittelalterliche Stock heute geschützt,
weil in einer Glasvitrine untergebracht.
Weniger bekannt, weil auch an weniger prominenter Stelle zu
finden, ist der „Wehrmann in Eisen“. Dabei löste er geradezu einen
Nagel-Boom aus. Er steht heute hinter dem Wiener Rathauspark
und kann sowohl als gedankliche Fortführung des „Stock im
Eisen“ als auch als Vorbild für viele weitere „Nagel-Statuen“ gesehen
werden. Auf den ersten Blick handelt es sich um eine dunkle
Statue eines Ritters. Auf den zweiten Blick offenbart sich, wo
die dunkle Farbe herrührt: Der Ritter steckt in einer Rüstung
aus Tausenden Nägeln. Mehr als eine halbe Million Stück sollen
es sein. Darunter steckt zwar nicht unbedingt ein weicher,
jedoch ein hölzerner Kern, handelt es sich doch um eine Holzstatue,
die ursprünglich im März 1915 am Schwarzenbergplatz
aufgestellt wurde. Gegen eine Spende durfte man einen Nagel
einschlagen, der Erlös kam Witwen und Waisen zugute. Denn
es herrschte Krieg, der Erste Weltkrieg. Die patriotische Aktion
wurde von Erzherzog Ludwig Salvator am 6. März 1915
gestartet, laut der Tageszeitung „Die Reichspost“ folgten in den
ersten beiden Tagen 1.400 Personen seinem Beispiel. Je nach
Spendenbereitschaft konnte man einen eisernen, silbernen
oder sogar goldenen Nagel einschlagen. Die Aktion machte
Schule: In der gesamten österreichisch-ungarischen Monarchie
wurden für den guten Zweck Nägel in hölzerne Standbilder
geschlagen.
Da gab es weitere Wehrmänner in Amstetten, in Niederösterreich
oder in Graz, aber auch einen „Waidmann in Eisen“
in einem Gasthaus in Wien-Alsergrund, etliche „U-Boote in
Eisen“, etwa eines der Favoritner Sektion des Österreichischen
Flottenvereins, oder auch einen „Sanitätsmann in Eisen“, ein
„Posthorn in Eisen“ sowie eine „Feldhaubitze in Eisen“. In
Berndorf in Niederösterreich wurde ein hölzerner Bär benagelt,
in Ternitz eine Wehrgranate. Sehr beliebt waren auch
Kreuze, Säulen und Heilige. Letztere vor allem in Deutschland,
wo sich die Nagelfiguren auch bald verbreiteten. Sogar in
Übersee gab es welche. Der „Eiserne Mann“ in Buenos Aires
wurde von einem Tiroler in Argentinien angefertigt, in San
Francisco wurde von Auslandsösterreichern bis zum
Kriegseintritt der USA ein eisernes Kreuz benagelt.
Mit schwindender Begeisterung für den Krieg wurden auch
die eisernen Symbole unbeliebter. Der Urahn, der Wehrmann
in Wien, feierte 1934 ein Comeback, als Geld für den Bau eines
Kriegerdenkmals gesammelt wurde. Damals wurde auch der
Spruch: „Wehrmann Wiens gemahne an die Zeit, da unerschöpflich
wie des Krieges Leid die Liebe war und die Barmherzigkeit.“
Das nie errichtete Denkmal für 1683
Gewürdigt wird in Wien gern und oft, bedenkt man, wie viele
Denkmäler es in der Stadt gibt. Alleine entlang der Prachtstraße,
dem Ring, sind es rund 80 Skulpturen. Das reicht vom
ältesten Denkmal, jenem von 1781 für Kaiser Franz Stephan I.
im Burggarten, über das riesige 20-Meter-Denkmal für Kaiserin
Maria Theresia zwischen dem Kunst- und dem Naturhistorischen
Museum bis zum berühmten und vor allem bei fernöstlichen
Besuchern als Fotomotiv so beliebten Denkmal für
den Walzerkönig Johann Strauß Sohn im Stadtpark. Ein
Denkmal sticht in Sachen Kuriosität aber besonders hervor:
Jenes, das an den Entsatz, die Rettung der Stadt im Zuge der
Türkenbelagerung 1683, erinnern soll. Denn dieses Denkmal
wurde nie gebaut.
Am 12. September 1983 wurde im Grete-Rehor-Park nahe
des Parlaments der Grundstein für ein Entsatz-Denkmal
gelegt. Hintergrund war das 300-jährige Jubiläum der Rettung.
Die Initiative für ein Denkmal ging von einem eigens gegründeten
Verein, den „Freunden Sobieskis“ aus. Stand der polnische
König Jan III. Sobieski doch bekanntlich an der Spitze des
Entsatzheeres, das dem belagerten Wien zu Hilfe eilte und am
12. September 1683 die Türken in der Schlacht am Kahlenberg
schlagen und damit die Eingeschlossenen befreien konnte.
Dieses Ereignis wollten die „Freunde“ würdigen: „Schnell noch
ein Denkmal für alle, die damals an der Verteidigung und dem
Entsatz Wiens teilgenommen haben, errichten.“ Das Problem
war, dass bis zum geplanten Enthüllungstag am 12. September
nur mehr wenig Zeit blieb, und kein Geld vorhanden war.
Finanziert werden sollte das Denkmal über Spenden „aller
traditionsbewussten Österreicher und Europäer“, wie der geistige
Vater der Aktion, Professor Otto Swoboda, im Mai 1983 in
der „Presse“ schrieb.
Auch der Entwurf des Denkmals stammte von Professor
Swoboda. Es sollte ein steinernes Quadrat mit zwei Metern
Seitenlänge werden, die Kosten wurden auf 250.000 Schilling
geschätzt. Verschiedenste Aufstellungsorte wurden in Erwägung
gezogen, und schließlich stellte die Stadt ein Grundstück
im 7. Bezirk zur Verfügung. Doch es kam ganz anders. Am
12. September 1983 gab es zwar eine Feier, doch aufgestellt
werden konnte kein Denkmal, lediglich der Grundstein wurde
gelegt. Darauf ist zu lesen: „Grundstein für das Entsatz-Denkmal
1683–1983. Provisorisch gesetzt von den Freunden Sobieskis.
Wien, am 12. Sept. 1983“. Und dabei sollte es bleiben. Ende
Oktober 1983 war zwar noch in der „Wiener Zeitung“ zu lesen,
dass das Denkmal „in absehbarer Zeit ausgeführt und aufgestellt
werden soll“, doch schließlich wurde das Projekt aufgegeben.
Auch, weil die Kosten für eine Realisierung weitaus mehr
als die ursprünglich veranschlagten 250.000 Schilling betragen hätten.
Und so blieb es beim Grundstein. Es war übrigens nicht der erste Versuch,
den historischen Anlass zu würdigen. Schon 100 Jahre zuvor, anlässlich
Der Säkularferien 1883 in Wien, wollte der Schriftsteller Richard von Kralik ein
riesiges Nationaldenkmal auf dem Kahlenberg realisieren.
Eine „Wartburg österreichischer Geschichte, eine Walhalla
heimischen Ruhmes“ sollte es werden. Doch die Begeisterung
war nicht entsprechend und so geriet das Projekt etliche Jahre
in Vergessenheit, bis Kralik 1903 einen neuen Versuch startete.
Das führte dazu, dass die Architekten Franz Biberhofer und
Karl Troll zumindest einen Entwurf der „Österreichischen
Ruhmeshalle“ am Leopoldsberg präsentierten. Geworden ist
das auch wieder nichts. Während des Ersten Weltkrieges dachte
man erneut über die Idee nach, und es gab sogar einen Denkmalwettbewerb.
Umgesetzt wurde davon nichts.
Doch es gibt durchaus auch realisierte Denkmäler im
Zusammenhang mit 1683: Im Türkenschanzpark (der so heißt,
weil hier türkische Truppen dem Entsatzheer besonders heftigen
Widerstand leisteten) gibt es seit 2003 das Denkmal eines
Kosaken, der rauchend neben seinem Pferd sitzt. Und im April
2013 wurde am Leopoldsberg das Denkmal dreier Kosaken
durch den Bürgermeister der Stadt Kiew, Oleksandr Popov,
und Wiens Bürgermeister Michael Häupl enthüllt. Die Kosaken
waren 1683 Teil des Entsatzheeres. Interessante Informationen
zur Wien-Belagerung 1683, zu den verschiedenen
Denkmälern und zum „Türkengedächtnis“ bietet ein Forschungsprojekt
der Österreichischen Akademie der Wissenschaften:
www.tuerkengedaechtnis.oeaw.ac.at.
© Metroverlag
... weniger
Autoren-Porträt von Jürgen Zahrl, Markus Foschum
Ju¿rgen Zahrl, geboren 1979 in Zwettl/NÖ. Nach dem Journalismusstudium in Salzburg schnuppert er kurz Radioluft. Seit 2003 schreibt er fu¿r den ¿KURIER¿. Markus Foschum, Jahrgang 1967, lebt in Niederösterreich. Publizistik-, Kommunikations- und Politikstudium, Co-Autor von ¿Historische Bilder ¿ Vöslau, Gainfarn, Großau¿. Seit etlichen Jahren Redakteur im Chronik-Ressort des ¿KURIER¿.
Bibliographische Angaben
- Autoren: Jürgen Zahrl , Markus Foschum
- 2014, 240 Seiten, Maße: 13,5 x 20 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Metro-Verlag Wien
- ISBN-10: 3993001877
- ISBN-13: 9783993001872
- Erscheinungsdatum: 15.09.2014
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