Das Haus der verlorenen Wünsche
Roman
Nach dem rätselhaften Tod ihrer Mutter reist die 25-jährige Hamburgerin Tessa nach Schottland, um herauszufinden, was diese dort gewollt hatte, unmittelbar bevor es zu einer grausamen Familientragödie kam. Doch im Land der sturmumtosten...
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Produktinformationen zu „Das Haus der verlorenen Wünsche “
Nach dem rätselhaften Tod ihrer Mutter reist die 25-jährige Hamburgerin Tessa nach Schottland, um herauszufinden, was diese dort gewollt hatte, unmittelbar bevor es zu einer grausamen Familientragödie kam. Doch im Land der sturmumtosten Küsten und der prachtvollen Herrensitze stößt sie nicht nur auf ein Familiengeheimnis, sondern auch auf ein Geheimnis um ihre eigene Person - das ihr Leben komplett verändern wird ...
Klappentext zu „Das Haus der verlorenen Wünsche “
Nach dem rätselhaften Tod ihrer Mutter reist die 25-jährige Hamburgerin Tessa nach Schottland, um herauszufinden, was diese dort gewollt hatte, unmittelbar bevor es zu einer grausamen Familientragödie kam. Doch im Land der sturmumtosten Küsten und der prachtvollen Herrensitze stößt sie nicht nur auf ein Familiengeheimnis, sondern auch auf ein Geheimnis um ihre eigene Person - das ihr Leben komplett verändern wird ...
Lese-Probe zu „Das Haus der verlorenen Wünsche “
Das Haus der verlorenen Wünsche von Mia LöwDornie, November 1916
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Ein jämmerliches Wimmern drang an das Ohr der halb nackten jungen Frau, die über den Kieselstrand rannte, als wäre der Teufel hinter ihr her. Ihr Äußeres ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass ihr schreckliches Leid widerfahren war. Ihre Haut war aschfahl, ihre Beine blutverschmiert, und das strähnige Haar hing ihr wirr ins Gesicht. Sie blieb kurz stehen und lauschte, weil sie dieses vertraute Geräusch vernommen hatte, das sofort wieder verstummt war. Oder hatte sie es sich nur eingebildet? Nach alledem, was sie durchgemacht hatte, wäre es kein Wunder wenn sie einen Säugling weinen hörte, wo gar keiner sein konnte. War es nur das Heulen des Windes gewesen? Schließlich fegte ein heftiger Sturm von Westen mit aller Kraft in die Bucht. Das Wasser des Loch Duich war aufgewühlt, und die Schaumkronen führten wilde Tänze auf. Ein eiskalter Schauer durchfuhr die junge Frau, denn sie war barfuß und nur mit einem Nachthemd bekleidet aus dem Haus der Hebamme geflüchtet. Erst hatte sie gar nicht gespürt, dass der Wind ihre nackten Arme und Beine streifte, doch inzwischen klapperten ihre Zähne vor Kälte unkontrolliert aufeinander. Sie wollte hastig weitereilen - da war es mit einem Mal wieder. Sie hielt den Atem an und lauschte. Vorsichtig näherte sie sich dem Gebüsch. Nun schwoll das Wimmern an. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals. Das war keine Einbildung. Ganz in der Nähe schrie ein Baby. Genauso hatte das arme Geschöpf geklungen, das sie vor ein paar Stunden auf die Welt gebracht und das der Herr ihr gleich wieder genommen hatte. Das war die Strafe gewesen für die große Schuld, die sie auf sich geladen hatte. Sie umrundete das Buschwerk, und da sah sie ihn eingewickelt in ein Plaid auf dem Boden liegen: einen Säugling, der kaum älter als ein paar Stunden sein konnte. Er war viel zarter als das Kind, das sie geboren hatte. Diese Zartheit stand in krassem Gegensatz zu den weit aufgerissenen Augen des Säuglings, die fordernd in die Welt blickten. Eiskalter Zorn stieg in ihr auf. Warum lebte dieses Kind, während ihres hatte sterben müssen? Dennoch verspürte sie den Impuls, es hochzuheben, in den Arm zu nehmen und zu wärmen, aber ihre Wut verbot ihr diesen mütterlichen Reflex. Soll es doch verrecken, schoss es der jungen Frau durch den Kopf, während ihre Hand bereits nach dem kleinen Körper griff. Sie konnte gar nichts dagegen tun. Schon hatte sie das schreiende Bündel Mensch im Arm und sprach beruhigend auf das Kind ein. Pscht! Pscht. Nicht weinen! Ich bin doch da, mein Lieb! Sie war erstaunt, als das Baby tatsächlich verstummte. Zärtlich betrachtete sie das Gesicht des Kindes. Es ist ein Mädchen, ging ihr durch den Kopf, es muss ein Mädchen sein, so zart wie sie ist. Und sie hat eine uralte Seele. Man kann erkennen, wie sie als Greisin aussehen wird. Aus ihren Augen spricht Weisheit, jetzt, wo sie sich beruhigt hat. Auch wenn das kleine Gesichtchen zerknautscht ist, dieses Geschöpf besitzt wenigstens ein Gesicht, musste sie seufzend zugeben. Im Gegensatz zu ihrem Sohn! Ein erneuter eiskalter Schauer durchfuhr sie, während sie an den Albtraum dachte, den sie kurz zuvor erlitten hatte. Der Entsetzensschrei der Hebamme dröhnte noch immer in ihren Ohren. Nein, oh nein, hatte die kräftige Person, die bestimmt nicht leicht zu schockieren war, in einem fort geschrien. Und nach einer Pause, in der sie laut nach Luft geschnappt hatte, erneut: Nein, oh, nein! Dann hatte sie das Kind fluchend in eine Decke gewickelt. Der Säugling hatte laut gebrüllt, aber nur kurz. Nur einen einzigen herzzerreißenden Schrei. Danach war alles still gewesen. Die junge Mutter hatte das nicht begreifen wollen. Warum hatte die Hebamme dem Kind die Decke über den Kopf gezogen? Sie würde das Kind ersticken. »Nicht!«, rief sie flehend. »Du bringst es doch um!« Die Hebamme warf ihr einen mitleidigen Blick zu und schüttelte den Kopf. Da stieg eine Ahnung in ihr auf, dass es womöglich ... »Halt, warte, ich will es sehen!«, flehte sie unter Tränen. Aber die Hebamme wollte ihr den Säugling partout nicht zeigen. Sie wickelte die Decke nur noch enger um den Körper des toten Kindes. Die junge Frau bestand jedoch darauf, wenigstens einen Blick auf das Wesen zu riskieren, dessen Geburt ihr unvorstellbare Schmerzen bereitet hatte. Die Hebamme zögerte, da hatte die Frau ihr das Kind einfach aus dem Arm gerissen und aus der Decke gewickelt.
Das hätte sie nicht tun dürfen, wie sie jetzt wusste. Sie erschauderte. Das Bild dieses entstellten Gesichts hatte sich für alle Zeiten in ihrem Gedächtnis eingebrannt. Den Anblick dieses Monsters würde sie nicht vergessen, solange sie lebte.
»Ich will nicht. Herr, hab Erbarmen! Befrei mich von der grässlichen Erinnerung an Satans Werk!«, schrie sie gegen den Wind an, doch ihre Gebete wurden nicht erhört. Sie sah das Gesicht wieder in einer derartigen Deutlichkeit vor sich, dass ihr speiübel wurde. Gesicht? Eine entstellte Fratze war es gewesen! Wo die Augen hätten sein sollen, war ein rüsselähnliches Nasenrudiment gewesen. Und ein einziges Auge dort, wo sich bei einem menschlichen Antlitz üblicherweise die Nase befand. Direkt darunter ein Mund, eine winzige Spalte. Der zyklopenartige Kopf hing leblos zur Seite. Sie war mit einem Aufschrei ohnmächtig zusammengesackt. Nachdem sie erwacht war und die Nachgeburt herausgepresst hatte, war das Monster fort gewesen. »Es ist besser so«, hatte die Hebamme entschuldigend geraunt. »Du kennst ja die alten Weiber im Dorf.« Sie aber war daraufhin ohne ein Wort zu sagen vom Bett aufgesprungen und zum Kiesstrand gerannt. Nur von einem Gedanken getrieben: das ewige Vergessen zu suchen und sich in die Fluten zu stürzen! Doch sie hatte es einfach nicht über sich gebracht. Sie war streng gläubig und Selbstmord eine Todsünde.
Die junge Frau konnte den Blick nicht mehr von dem Wesen in ihrem Arm lassen. Plötzlich sah es gar nicht mehr so zerknittert aus. Nun konnte man sich vorstellen, dass die Kleine vielleicht sogar einmal eine Schönheit würde, denn sie besaß ungewöhnlich dickes schwarzes Haar für ein Highlandmädchen. Der Zorn auf die Mutter des Kindes fraß sich wie ein Gift durch ihren Körper. Warum hat sie das getan?, fragte sie sich. Warum? Bevor sie mit dem fremden Kind im Arm davoneilte, sah sie sich nach allen Seiten um. Vielleicht lauerte die Mutter ganz in der Nähe und wollte sich vergewissern, dass ihr Kind gut versorgt war. Doch es war weit und breit kein Mensch zu sehen. Es begann zu regnen, und sie beschleunigte ihren Schritt. Sie musste das kleine Wesen schnellstens ins Warme bringen. Nicht auszudenken, wenn es in ihrem Arm sterben würde. Nein, ein zweites Mal würde sie das nicht überleben. Vom Meer her trieben weitere dunkle Wolken in die Bucht. Aber was war das? Die junge Frau wollte ihren Augen nicht trauen. Dort draußen tauchte plötzlich ein Ruderboot auf. Und dann ein zweites. Es sah so aus, als ob das erste verfolgt wurde. Spielte der erschöpften Frau ihre Phantasie einen Streich, oder versuchte der Mensch im zweiten Boot, das erste zum Kentern zu bringen? Es war ein Mann, der wie ein Irrer das Boot zum Schaukeln brachte, die Person im verfolgten Boot eine Frau, wie unschwer an den Röcken zu erkennen war. Ich sollte Hilfe holen, dachte sie noch, als der heisere Schrei des Säuglings ihr ins Bewusstsein zurückbrachte, dass sie das Baby retten musste. Hastig wandte sie den Blick ab, begann zu laufen und überließ die beiden Ruderer dort draußen ihrem Schicksal.
Das Rennen fiel ihr schwer, sie hatte kaum mehr Gefühl in den Beinen, und in ihrem Unterleib tobte ein Höllenfeuer, aber der Gedanke an das Wohl des Kindes verlieh ihr Flügel. Das Beste wäre, sie würde den Säugling erst einmal zum Haus der Hebamme bringen. Die wusste bestimmt, was mit dem ausgesetzten Wurm zu tun war. Erneut überkam sie der Zorn auf die Mutter des Kindes mit aller Macht. Wie hatte sie das nur übers Herz bringen können? Ein Kind in Sturm und Kälte auszusetzen. Wer machte so etwas? Und vor allem, wer konnte schon verzweifelter gewesen sein als sie selbst? Nicht eine Sekunde wäre ihr so etwas Schreckliches in den Sinn gekommen ... Die junge Frau hielt den Atem an. Sie mochte den Gedanken gar nicht zu Ende führen. Hatte sie nicht sogar mit dem Gedanken gespielt, sich etwas anzutun, gleich nachdem sie von der Schwangerschaft erfahren hatte? Sie hätte das Kind mit in den Tod gerissen. Vielleicht wäre es besser so gewesen, dachte sie, während ein Beben durch ihren Körper lief, dann hätte ich niemals erfahren, dass ich ein Monster auf die Welt gebracht habe.
Die junge Frau war froh, als vor ihr endlich die bunten Häuser von Dornie auftauchten. Mit gesenktem Kopf eilte sie durch das Dorf, getrieben von der Sorge, es könne ihr womöglich jemand zu diesem Kind gratulieren. Oder man würde sie gleich für verrückt erklären, weil sie bei Sturm im Nachtzeug herumrannte. Außer Atem erreichte sie das Haus der Hebamme. Ihre Knie zitterten. Lange würde sie sich nicht mehr auf den Beinen halten können. Die Hebamme starrte abwechselnd das Kind und dann sie an. Die junge Frau wollte ihr alles erklären, da spürte sie, wie ihr schwarz vor Augen wurde. Doch sie hielt das Kind nur noch fester. Ich gebe es nie wieder her. Es gehört mir, war ihr letzter Gedanke, bevor sie das Bewusstsein verlor.
St. Andrews, Juni 2012
Seit Teresa, die von allen nur Tessa genannt wurde, in Edinburgh gelandet war, hatte sie das Gefühl, endlich wieder nach Hause zu kommen. Auch auf dem Weg nach St. Andrews kam es ihr so vor, als wäre die Zeit stehen geblieben. Dabei schien eine halbe Ewigkeit vergangen zu sein, seit sie ihr neuntes Schuljahr in dem schottischen Internat verbracht hatte. Sie musste kurz nachrechnen. Sie war fünfzehn gewesen. Dann war es jetzt elf lange Jahre her, und doch kam ihr dieser Flecken Erde so vertraut vor, als hätte sie ihn gestern erst verlassen. Sie erinnerte sich, wie sie damals die Entscheidung für Schottland gefällt hatte, nachdem sie monatelang Erkundigungen über mögliche Schulen eingezogen hatte. Nicht nur das Land, sondern auch die St. Leonards School hatten sie magisch angezogen. Mit den Worten »Diese und keine andere!« hatte sie ihren Eltern damals die Internetseite präsentiert. Tessa erinnerte noch genau, wie verbissen ihre Mutter gegen St. Andrews gewettert hatte. Ja, sie hatte ihr sogar ein Pferd versprochen, wenn sie sich stattdessen für ein englisches Internat entscheiden würde. Tessa vermutete, dass ihre Mutter für England plädierte, weil sie selbst nach ihrem Abitur in einem Hotel in Brighton gearbeitet hatte. Aber Tessa konnte mindestens ebenso stur sein wie ihre Mutter. Von der hatte sie es geerbt, gegen alle Widerstände das zu erkämpfen, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte. Und vom traditionsreichen St. Leonards war sie fasziniert. Der erbitterte Widerstand ihrer Mutter hatte sie eher beflügelt, ihren Willen durchzusetzen. Sie hatte alle möglichen Tricks angewandt, um ihren Vater auf ihre Seite zu ziehen. Sie hatte ihn mit Informationen über das Internat zugeschüttet in der Hoffnung, dass auch ihn die altehrwürdige Schule schwer beeindrucken würde. Ihr Plan ging auf, und als die Sunday Times St. Leonards auch noch zur »Scottish Independent School of the Year« ernannte, hatte sie den Kampf um ihr Auslandsschuljahr gewonnen. Ihre Mutter war damals sehr wütend gewesen. Bei dem Gedanken an ihre Mutter bekam Tessa feuchte Augen. Sie durfte überhaupt nicht an den schrecklichen Albtraum denken. Auf einen Schlag hatte sie die beiden liebsten Menschen verloren. Charlotte und Paul, wie Tessa ihre Eltern nannte. Wenn sie bloß endlich verstehen könnte, was Paul zu dieser Wahnsinnstat getrieben hatte. Sie kannte ihn zeitlebens als einen besonnenen, eher ruhigen Mann. Eine Träne rollte ihr über die Wange. Warum wollte er sie partout nicht sehen? Konnte er sich nicht vorstellen, wie grausam das alles für sie war? Es war schlimm genug, dass ihre Mutter tot war, aber weshalb durfte sie ihn nicht besuchen? Glaubte er, dass sie ihn für seine Tat hassen und ihn nur besuchen würde, um ihm ins Gesicht zu schreien, wie sehr sie ihn verachtete? Und das, obwohl sie ihn in ihren Briefen beschworen hatte, ihr einfach nur die Wahrheit zu sagen. Sie hatte ihm versichert, sie werde ihn nicht vorverurteilen. Warum hatte er ihr trotz allem durch seinen Anwalt ausrichten lassen, dass er keinen Kontakt zu ihr wünschte? Hatte sie nicht ein Recht darauf zu erfahren, was ihn zu diesem Irrsinn getrieben hatte? Wenn er ihr wenigstens schreiben würde! Ihre Briefe waren alle ungeöffnet zurückgekommen. Sie hatte sogar versucht, sich unter falschem Namen eine Besuchserlaubnis für das Untersuchungsgefängnis zu besorgen, aber man hatte ihr mitgeteilt, dass ihr Vater jeglichen Besuch ablehne. Er machte keine Ausnahmen und wollte niemanden sehen. So rigoros war seine Anordnung! Tessa litt Höllenqualen. Doch eines würde sie sich nicht nehmen lassen. Dagegen konnte auch ihr Vater nichts ausrichten. Sie würde zum Prozess gehen, sich in den Zuschauerraum setzen und darauf warten, dass er wenigstens vor Gericht die Hintergründe preisgab. Und sie würde ihn die ganze Zeit anstarren, bis sich ihre Blicke trafen. Tessa fuhr sich hastig mit dem Handrücken übers Gesicht. Tränen liefen ihr inzwischen in Sturzbächen die Wangen hinunter. Der Taxifahrer blickte neugierig in den Rückspiegel. Das darf mir auf keinen Fall im Hotel geschehen, nahm sie sich fest vor. Es musste schließlich nicht gleich jeder sehen, dass sie keine normale Urlauberin war, sondern eine völlig verzweifelte junge Frau auf der Suche nach der Wahrheit.
Als das Taxi vor dem imposanten viktorianischen Gebäude aus hellem Backstein hielt, wünschte sie sich, sie wäre aus einem anderen Anlass hier. Das Wiedersehen mit diesem ihr so vertrauten Ort raubte ihr schier den Atem. Das Hotel lag direkt am Meer und neben dem Old Course, einem der ältesten Golfplätze der Welt. Hier hatten sie damals ihre Schulturniere ausgetragen. Ihr Interesse am Golfspiel war erst in Schottland geweckt worden. Davor, in Deutschland, hatte sie sich strikt geweigert, ihren Vater, einen leidenschaftlichen Spieler, auch nur auf den Platz zu begleiten. Wenn sie an seine Golffreunde dachte! Alles ältere Herren, die ihre Golfbags für jeden sichtbar in ihren Cabrios positionierten. Erst in St. Andrews hatte sie Feuer gefangen, weil das Golfspielen in Schottland ein Sport für jedermann war und so gar nichts von einer imageträchtigen Freizeitbeschäftigung für wohlbetuchte ältere Herren hatte. In diesem Land ging die Begeisterung für das Spiel quer durch die Bevölkerung. Betrübt wandte sie den Blick von der Schönheit des Platzes ab. Schließlich war sie nicht zum Amüsement gekommen. Sie hatte andere Pläne und würde wohl kaum die Muße haben, einen Golfschläger anzufassen. Tessa nahm einen tiefen Atemzug und sog die frische salzige Luft bis tief in die Lungen.
Sie zahlte das Taxi und ließ sich vom Fahrer ihren Koffer die Treppe zum Eingang hinauftragen. Nichts hatte sich verändert. Immer noch waren die Stufen mit einem roten Teppich belegt. Allerdings war er offenbar erst kürzlich ausgewechselt worden. Er war wie neu. Nicht mehr so abgetreten, ausgeblichen und fadenscheinig wie vor elf Jahren. Zögernd betrat sie die Lobby und steuerte auf den Empfang zu. Ihr Blick blieb an einer Fensterfront an der gegenüberliegenden Seite hängen, die einen malerischen Blick bis zum Meer bot. Doch die hohen Fenster ließen ein ganz anderes Szenario, ein furchtbares, vor ihrem inneren Auge auftauchen: die zerborstene Terrassentür, alles voller Scherben, ihren Vater, der die Waffe noch immer in der Hand hält, sein Gesicht zur Fratze verzerrt, und dann das viele Blut ...
Copyright © Piper (Verlag)
Ein jämmerliches Wimmern drang an das Ohr der halb nackten jungen Frau, die über den Kieselstrand rannte, als wäre der Teufel hinter ihr her. Ihr Äußeres ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass ihr schreckliches Leid widerfahren war. Ihre Haut war aschfahl, ihre Beine blutverschmiert, und das strähnige Haar hing ihr wirr ins Gesicht. Sie blieb kurz stehen und lauschte, weil sie dieses vertraute Geräusch vernommen hatte, das sofort wieder verstummt war. Oder hatte sie es sich nur eingebildet? Nach alledem, was sie durchgemacht hatte, wäre es kein Wunder wenn sie einen Säugling weinen hörte, wo gar keiner sein konnte. War es nur das Heulen des Windes gewesen? Schließlich fegte ein heftiger Sturm von Westen mit aller Kraft in die Bucht. Das Wasser des Loch Duich war aufgewühlt, und die Schaumkronen führten wilde Tänze auf. Ein eiskalter Schauer durchfuhr die junge Frau, denn sie war barfuß und nur mit einem Nachthemd bekleidet aus dem Haus der Hebamme geflüchtet. Erst hatte sie gar nicht gespürt, dass der Wind ihre nackten Arme und Beine streifte, doch inzwischen klapperten ihre Zähne vor Kälte unkontrolliert aufeinander. Sie wollte hastig weitereilen - da war es mit einem Mal wieder. Sie hielt den Atem an und lauschte. Vorsichtig näherte sie sich dem Gebüsch. Nun schwoll das Wimmern an. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals. Das war keine Einbildung. Ganz in der Nähe schrie ein Baby. Genauso hatte das arme Geschöpf geklungen, das sie vor ein paar Stunden auf die Welt gebracht und das der Herr ihr gleich wieder genommen hatte. Das war die Strafe gewesen für die große Schuld, die sie auf sich geladen hatte. Sie umrundete das Buschwerk, und da sah sie ihn eingewickelt in ein Plaid auf dem Boden liegen: einen Säugling, der kaum älter als ein paar Stunden sein konnte. Er war viel zarter als das Kind, das sie geboren hatte. Diese Zartheit stand in krassem Gegensatz zu den weit aufgerissenen Augen des Säuglings, die fordernd in die Welt blickten. Eiskalter Zorn stieg in ihr auf. Warum lebte dieses Kind, während ihres hatte sterben müssen? Dennoch verspürte sie den Impuls, es hochzuheben, in den Arm zu nehmen und zu wärmen, aber ihre Wut verbot ihr diesen mütterlichen Reflex. Soll es doch verrecken, schoss es der jungen Frau durch den Kopf, während ihre Hand bereits nach dem kleinen Körper griff. Sie konnte gar nichts dagegen tun. Schon hatte sie das schreiende Bündel Mensch im Arm und sprach beruhigend auf das Kind ein. Pscht! Pscht. Nicht weinen! Ich bin doch da, mein Lieb! Sie war erstaunt, als das Baby tatsächlich verstummte. Zärtlich betrachtete sie das Gesicht des Kindes. Es ist ein Mädchen, ging ihr durch den Kopf, es muss ein Mädchen sein, so zart wie sie ist. Und sie hat eine uralte Seele. Man kann erkennen, wie sie als Greisin aussehen wird. Aus ihren Augen spricht Weisheit, jetzt, wo sie sich beruhigt hat. Auch wenn das kleine Gesichtchen zerknautscht ist, dieses Geschöpf besitzt wenigstens ein Gesicht, musste sie seufzend zugeben. Im Gegensatz zu ihrem Sohn! Ein erneuter eiskalter Schauer durchfuhr sie, während sie an den Albtraum dachte, den sie kurz zuvor erlitten hatte. Der Entsetzensschrei der Hebamme dröhnte noch immer in ihren Ohren. Nein, oh nein, hatte die kräftige Person, die bestimmt nicht leicht zu schockieren war, in einem fort geschrien. Und nach einer Pause, in der sie laut nach Luft geschnappt hatte, erneut: Nein, oh, nein! Dann hatte sie das Kind fluchend in eine Decke gewickelt. Der Säugling hatte laut gebrüllt, aber nur kurz. Nur einen einzigen herzzerreißenden Schrei. Danach war alles still gewesen. Die junge Mutter hatte das nicht begreifen wollen. Warum hatte die Hebamme dem Kind die Decke über den Kopf gezogen? Sie würde das Kind ersticken. »Nicht!«, rief sie flehend. »Du bringst es doch um!« Die Hebamme warf ihr einen mitleidigen Blick zu und schüttelte den Kopf. Da stieg eine Ahnung in ihr auf, dass es womöglich ... »Halt, warte, ich will es sehen!«, flehte sie unter Tränen. Aber die Hebamme wollte ihr den Säugling partout nicht zeigen. Sie wickelte die Decke nur noch enger um den Körper des toten Kindes. Die junge Frau bestand jedoch darauf, wenigstens einen Blick auf das Wesen zu riskieren, dessen Geburt ihr unvorstellbare Schmerzen bereitet hatte. Die Hebamme zögerte, da hatte die Frau ihr das Kind einfach aus dem Arm gerissen und aus der Decke gewickelt.
Das hätte sie nicht tun dürfen, wie sie jetzt wusste. Sie erschauderte. Das Bild dieses entstellten Gesichts hatte sich für alle Zeiten in ihrem Gedächtnis eingebrannt. Den Anblick dieses Monsters würde sie nicht vergessen, solange sie lebte.
»Ich will nicht. Herr, hab Erbarmen! Befrei mich von der grässlichen Erinnerung an Satans Werk!«, schrie sie gegen den Wind an, doch ihre Gebete wurden nicht erhört. Sie sah das Gesicht wieder in einer derartigen Deutlichkeit vor sich, dass ihr speiübel wurde. Gesicht? Eine entstellte Fratze war es gewesen! Wo die Augen hätten sein sollen, war ein rüsselähnliches Nasenrudiment gewesen. Und ein einziges Auge dort, wo sich bei einem menschlichen Antlitz üblicherweise die Nase befand. Direkt darunter ein Mund, eine winzige Spalte. Der zyklopenartige Kopf hing leblos zur Seite. Sie war mit einem Aufschrei ohnmächtig zusammengesackt. Nachdem sie erwacht war und die Nachgeburt herausgepresst hatte, war das Monster fort gewesen. »Es ist besser so«, hatte die Hebamme entschuldigend geraunt. »Du kennst ja die alten Weiber im Dorf.« Sie aber war daraufhin ohne ein Wort zu sagen vom Bett aufgesprungen und zum Kiesstrand gerannt. Nur von einem Gedanken getrieben: das ewige Vergessen zu suchen und sich in die Fluten zu stürzen! Doch sie hatte es einfach nicht über sich gebracht. Sie war streng gläubig und Selbstmord eine Todsünde.
Die junge Frau konnte den Blick nicht mehr von dem Wesen in ihrem Arm lassen. Plötzlich sah es gar nicht mehr so zerknittert aus. Nun konnte man sich vorstellen, dass die Kleine vielleicht sogar einmal eine Schönheit würde, denn sie besaß ungewöhnlich dickes schwarzes Haar für ein Highlandmädchen. Der Zorn auf die Mutter des Kindes fraß sich wie ein Gift durch ihren Körper. Warum hat sie das getan?, fragte sie sich. Warum? Bevor sie mit dem fremden Kind im Arm davoneilte, sah sie sich nach allen Seiten um. Vielleicht lauerte die Mutter ganz in der Nähe und wollte sich vergewissern, dass ihr Kind gut versorgt war. Doch es war weit und breit kein Mensch zu sehen. Es begann zu regnen, und sie beschleunigte ihren Schritt. Sie musste das kleine Wesen schnellstens ins Warme bringen. Nicht auszudenken, wenn es in ihrem Arm sterben würde. Nein, ein zweites Mal würde sie das nicht überleben. Vom Meer her trieben weitere dunkle Wolken in die Bucht. Aber was war das? Die junge Frau wollte ihren Augen nicht trauen. Dort draußen tauchte plötzlich ein Ruderboot auf. Und dann ein zweites. Es sah so aus, als ob das erste verfolgt wurde. Spielte der erschöpften Frau ihre Phantasie einen Streich, oder versuchte der Mensch im zweiten Boot, das erste zum Kentern zu bringen? Es war ein Mann, der wie ein Irrer das Boot zum Schaukeln brachte, die Person im verfolgten Boot eine Frau, wie unschwer an den Röcken zu erkennen war. Ich sollte Hilfe holen, dachte sie noch, als der heisere Schrei des Säuglings ihr ins Bewusstsein zurückbrachte, dass sie das Baby retten musste. Hastig wandte sie den Blick ab, begann zu laufen und überließ die beiden Ruderer dort draußen ihrem Schicksal.
Das Rennen fiel ihr schwer, sie hatte kaum mehr Gefühl in den Beinen, und in ihrem Unterleib tobte ein Höllenfeuer, aber der Gedanke an das Wohl des Kindes verlieh ihr Flügel. Das Beste wäre, sie würde den Säugling erst einmal zum Haus der Hebamme bringen. Die wusste bestimmt, was mit dem ausgesetzten Wurm zu tun war. Erneut überkam sie der Zorn auf die Mutter des Kindes mit aller Macht. Wie hatte sie das nur übers Herz bringen können? Ein Kind in Sturm und Kälte auszusetzen. Wer machte so etwas? Und vor allem, wer konnte schon verzweifelter gewesen sein als sie selbst? Nicht eine Sekunde wäre ihr so etwas Schreckliches in den Sinn gekommen ... Die junge Frau hielt den Atem an. Sie mochte den Gedanken gar nicht zu Ende führen. Hatte sie nicht sogar mit dem Gedanken gespielt, sich etwas anzutun, gleich nachdem sie von der Schwangerschaft erfahren hatte? Sie hätte das Kind mit in den Tod gerissen. Vielleicht wäre es besser so gewesen, dachte sie, während ein Beben durch ihren Körper lief, dann hätte ich niemals erfahren, dass ich ein Monster auf die Welt gebracht habe.
Die junge Frau war froh, als vor ihr endlich die bunten Häuser von Dornie auftauchten. Mit gesenktem Kopf eilte sie durch das Dorf, getrieben von der Sorge, es könne ihr womöglich jemand zu diesem Kind gratulieren. Oder man würde sie gleich für verrückt erklären, weil sie bei Sturm im Nachtzeug herumrannte. Außer Atem erreichte sie das Haus der Hebamme. Ihre Knie zitterten. Lange würde sie sich nicht mehr auf den Beinen halten können. Die Hebamme starrte abwechselnd das Kind und dann sie an. Die junge Frau wollte ihr alles erklären, da spürte sie, wie ihr schwarz vor Augen wurde. Doch sie hielt das Kind nur noch fester. Ich gebe es nie wieder her. Es gehört mir, war ihr letzter Gedanke, bevor sie das Bewusstsein verlor.
St. Andrews, Juni 2012
Seit Teresa, die von allen nur Tessa genannt wurde, in Edinburgh gelandet war, hatte sie das Gefühl, endlich wieder nach Hause zu kommen. Auch auf dem Weg nach St. Andrews kam es ihr so vor, als wäre die Zeit stehen geblieben. Dabei schien eine halbe Ewigkeit vergangen zu sein, seit sie ihr neuntes Schuljahr in dem schottischen Internat verbracht hatte. Sie musste kurz nachrechnen. Sie war fünfzehn gewesen. Dann war es jetzt elf lange Jahre her, und doch kam ihr dieser Flecken Erde so vertraut vor, als hätte sie ihn gestern erst verlassen. Sie erinnerte sich, wie sie damals die Entscheidung für Schottland gefällt hatte, nachdem sie monatelang Erkundigungen über mögliche Schulen eingezogen hatte. Nicht nur das Land, sondern auch die St. Leonards School hatten sie magisch angezogen. Mit den Worten »Diese und keine andere!« hatte sie ihren Eltern damals die Internetseite präsentiert. Tessa erinnerte noch genau, wie verbissen ihre Mutter gegen St. Andrews gewettert hatte. Ja, sie hatte ihr sogar ein Pferd versprochen, wenn sie sich stattdessen für ein englisches Internat entscheiden würde. Tessa vermutete, dass ihre Mutter für England plädierte, weil sie selbst nach ihrem Abitur in einem Hotel in Brighton gearbeitet hatte. Aber Tessa konnte mindestens ebenso stur sein wie ihre Mutter. Von der hatte sie es geerbt, gegen alle Widerstände das zu erkämpfen, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte. Und vom traditionsreichen St. Leonards war sie fasziniert. Der erbitterte Widerstand ihrer Mutter hatte sie eher beflügelt, ihren Willen durchzusetzen. Sie hatte alle möglichen Tricks angewandt, um ihren Vater auf ihre Seite zu ziehen. Sie hatte ihn mit Informationen über das Internat zugeschüttet in der Hoffnung, dass auch ihn die altehrwürdige Schule schwer beeindrucken würde. Ihr Plan ging auf, und als die Sunday Times St. Leonards auch noch zur »Scottish Independent School of the Year« ernannte, hatte sie den Kampf um ihr Auslandsschuljahr gewonnen. Ihre Mutter war damals sehr wütend gewesen. Bei dem Gedanken an ihre Mutter bekam Tessa feuchte Augen. Sie durfte überhaupt nicht an den schrecklichen Albtraum denken. Auf einen Schlag hatte sie die beiden liebsten Menschen verloren. Charlotte und Paul, wie Tessa ihre Eltern nannte. Wenn sie bloß endlich verstehen könnte, was Paul zu dieser Wahnsinnstat getrieben hatte. Sie kannte ihn zeitlebens als einen besonnenen, eher ruhigen Mann. Eine Träne rollte ihr über die Wange. Warum wollte er sie partout nicht sehen? Konnte er sich nicht vorstellen, wie grausam das alles für sie war? Es war schlimm genug, dass ihre Mutter tot war, aber weshalb durfte sie ihn nicht besuchen? Glaubte er, dass sie ihn für seine Tat hassen und ihn nur besuchen würde, um ihm ins Gesicht zu schreien, wie sehr sie ihn verachtete? Und das, obwohl sie ihn in ihren Briefen beschworen hatte, ihr einfach nur die Wahrheit zu sagen. Sie hatte ihm versichert, sie werde ihn nicht vorverurteilen. Warum hatte er ihr trotz allem durch seinen Anwalt ausrichten lassen, dass er keinen Kontakt zu ihr wünschte? Hatte sie nicht ein Recht darauf zu erfahren, was ihn zu diesem Irrsinn getrieben hatte? Wenn er ihr wenigstens schreiben würde! Ihre Briefe waren alle ungeöffnet zurückgekommen. Sie hatte sogar versucht, sich unter falschem Namen eine Besuchserlaubnis für das Untersuchungsgefängnis zu besorgen, aber man hatte ihr mitgeteilt, dass ihr Vater jeglichen Besuch ablehne. Er machte keine Ausnahmen und wollte niemanden sehen. So rigoros war seine Anordnung! Tessa litt Höllenqualen. Doch eines würde sie sich nicht nehmen lassen. Dagegen konnte auch ihr Vater nichts ausrichten. Sie würde zum Prozess gehen, sich in den Zuschauerraum setzen und darauf warten, dass er wenigstens vor Gericht die Hintergründe preisgab. Und sie würde ihn die ganze Zeit anstarren, bis sich ihre Blicke trafen. Tessa fuhr sich hastig mit dem Handrücken übers Gesicht. Tränen liefen ihr inzwischen in Sturzbächen die Wangen hinunter. Der Taxifahrer blickte neugierig in den Rückspiegel. Das darf mir auf keinen Fall im Hotel geschehen, nahm sie sich fest vor. Es musste schließlich nicht gleich jeder sehen, dass sie keine normale Urlauberin war, sondern eine völlig verzweifelte junge Frau auf der Suche nach der Wahrheit.
Als das Taxi vor dem imposanten viktorianischen Gebäude aus hellem Backstein hielt, wünschte sie sich, sie wäre aus einem anderen Anlass hier. Das Wiedersehen mit diesem ihr so vertrauten Ort raubte ihr schier den Atem. Das Hotel lag direkt am Meer und neben dem Old Course, einem der ältesten Golfplätze der Welt. Hier hatten sie damals ihre Schulturniere ausgetragen. Ihr Interesse am Golfspiel war erst in Schottland geweckt worden. Davor, in Deutschland, hatte sie sich strikt geweigert, ihren Vater, einen leidenschaftlichen Spieler, auch nur auf den Platz zu begleiten. Wenn sie an seine Golffreunde dachte! Alles ältere Herren, die ihre Golfbags für jeden sichtbar in ihren Cabrios positionierten. Erst in St. Andrews hatte sie Feuer gefangen, weil das Golfspielen in Schottland ein Sport für jedermann war und so gar nichts von einer imageträchtigen Freizeitbeschäftigung für wohlbetuchte ältere Herren hatte. In diesem Land ging die Begeisterung für das Spiel quer durch die Bevölkerung. Betrübt wandte sie den Blick von der Schönheit des Platzes ab. Schließlich war sie nicht zum Amüsement gekommen. Sie hatte andere Pläne und würde wohl kaum die Muße haben, einen Golfschläger anzufassen. Tessa nahm einen tiefen Atemzug und sog die frische salzige Luft bis tief in die Lungen.
Sie zahlte das Taxi und ließ sich vom Fahrer ihren Koffer die Treppe zum Eingang hinauftragen. Nichts hatte sich verändert. Immer noch waren die Stufen mit einem roten Teppich belegt. Allerdings war er offenbar erst kürzlich ausgewechselt worden. Er war wie neu. Nicht mehr so abgetreten, ausgeblichen und fadenscheinig wie vor elf Jahren. Zögernd betrat sie die Lobby und steuerte auf den Empfang zu. Ihr Blick blieb an einer Fensterfront an der gegenüberliegenden Seite hängen, die einen malerischen Blick bis zum Meer bot. Doch die hohen Fenster ließen ein ganz anderes Szenario, ein furchtbares, vor ihrem inneren Auge auftauchen: die zerborstene Terrassentür, alles voller Scherben, ihren Vater, der die Waffe noch immer in der Hand hält, sein Gesicht zur Fratze verzerrt, und dann das viele Blut ...
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Autoren-Porträt von Mia Löw
Mia Löw hat Jura und Germanistik studiert und als Anwältin und Regieassistentin am Theater gearbeitet. Heute schreibt sie (unter anderem unter Pseudonym) erfolgreiche Neuseelandsagas, Familiengeheimnis- und Liebesromane. Sie lebt mit ihrer Familie und Hund in Hamburg.
Bibliographische Angaben
- Autor: Mia Löw
- 2017, 6. Aufl., 512 Seiten, Maße: 12 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Piper
- ISBN-10: 349230396X
- ISBN-13: 9783492303965
- Erscheinungsdatum: 14.12.2013
Rezension zu „Das Haus der verlorenen Wünsche “
»Herrlicher Schmöker mit Suchtgefahr.« news - das Magazin
Pressezitat
»Herrlicher Schmöker mit Suchtgefahr.« news - das Magazin
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