Das wollte ich Ihnen schon immer mal sagen
Mut zur ehrlichen Kritik
JOACHIM LLAMBI IST BEKANNT DAFÜR, DASS ER KLARTEXT REDET.
Wer sich fragt, warum er sich das traut, bekommt in diesem Buch überraschende Antworten. Der Chefjuror von Let's Dance zeigt, wie Kritik positiv beim Gegenüber ankommt. Dabei gewährt er...
Wer sich fragt, warum er sich das traut, bekommt in diesem Buch überraschende Antworten. Der Chefjuror von Let's Dance zeigt, wie Kritik positiv beim Gegenüber ankommt. Dabei gewährt er...
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Produktinformationen zu „Das wollte ich Ihnen schon immer mal sagen “
Klappentext zu „Das wollte ich Ihnen schon immer mal sagen “
JOACHIM LLAMBI IST BEKANNT DAFÜR, DASS ER KLARTEXT REDET.Wer sich fragt, warum er sich das traut, bekommt in diesem Buch überraschende Antworten. Der Chefjuror von Let's Dance zeigt, wie Kritik positiv beim Gegenüber ankommt. Dabei gewährt er Einblicke in seine Erfahrungen als Promi, Börsenhändler und Tanzprofi - und spart wie gewohnt nicht mit offenen Worten. Seine Botschaft: Mit ehrlicher Kritik machen wir uns langfristig eher Freunde als mit unaufrichtigem Geschwafel. Denn der richtige Umgang mit Kritik ist der Schlüssel zu erfolgreichen Beziehungen.
Lese-Probe zu „Das wollte ich Ihnen schon immer mal sagen “
Das wollte ich Ihnen schon immer mal sagen von Joachim LlambiProlog:
Als ich einmal »Scheiße« sagte
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»Manuela, ich muss sagen, es war heute gar nicht so schlecht. Es war - ich benutze dieses Wort eigentlich nicht - es war scheiße.«
So leitete ich in der fünften Liveshow der sechsten Staffel von Let's Dance meine Einschätzung der Samba von Komödiantin Manuela Wisbeck ein. Vielleicht war es nicht meine Sternstunde als Kritiker. Ich hätte mich anders ausdrücken können.
In der Begründung meiner Kritik an Manuela Wisbeck tat ich das auch. Am nächsten Tag wurde vor allem das »Sch«- Wort kolportiert, doch meine Kritik ging natürlich noch weiter. Unter anderem mit der Erklärung: »Es kann nicht sein, dass wir in dieser Sendung, wo es um Tanz geht, immer nur Klamauk machen, nur Kasperletheater spielen. Ich möchte endlich auch mal eine anspruchsvolle Choreographie sehen.« Vorher war ich, weil ich es sehr ernst meinte, sogar fachlich ins Detail gegangen und hatte von Running Promenades, Botafogos und Voltas (typische Tanzfiguren bei der Samba) gesprochen.
Ich hatte nicht ohne Grund »Scheiße« gesagt, um mir Luft zu machen. Sondern weil der Auftritt aus tänzerischer Sicht Scheiße war. Nicht besser, sondern schlechter als in der Vorwoche. Bereits vier Sendungen lang hatte ich jede Woche sachlich Kritik an den Auftritten dieser Kandidatin geübt, und sie hatte sich offensichtlich nicht im Geringsten darum geschert. Anscheinend war ich nicht zu ihr durchgedrungen. Es war an der Zeit, ein Zeichen zu setzen. Und da muss man als Kritiker eben auch mal deutlich werden.
Manchmal werde ich von den Medien als »Dieter Bohlen von Let's Dance« bezeichnet. Ich finde das weder richtig noch schlimm; wenn man in der Öffentlichkeit steht, muss man mit solchen Vergleichen leben. In erster Linie bin ich für meine Rolle als Kritiker bekannt. Und einer, der Kritik verteilt, bekommt öfter mal selbst welche ab. Ein gutes Zeichen, finde ich: Ich würde mir eher Sorgen machen, wenn immer alle einer Meinung mit mir wären. Sowohl in der Jury von Let's Dance als auch bei den Zuschauern im Saal und vor dem Fernseher. Wenn ich als Kritiker nie polarisiere, mache ich irgendetwas falsch.
Dass ich dann auch mal mit Dieter Bohlen verglichen werde, weil das so schön naheliegt, gehört eben dazu. Der Vergleich ist in den Medien ein sehr beliebtes Mittel der Kritik, weil er plakative Aussagen ermöglicht. Wenn ich gefragt werde, wodurch wir beide uns unterscheiden, sage ich nicht minder plakativ: Dieter Bohlen ist für unterhalb der Gürtellinie zuständig, ich für darüber. Natürlich hatte auch ich als Fernsehjuror schon Momente, wo ich mich in der Wortwahl vergriffen habe - wie nach Manuela Wisbecks Samba. Immerhin handelt es sich bei Let's Dance um eine Unterhaltungssendung. Die Balance zwischen fachlich sauberer Kritik und griffig formulierten Urteilen zu finden, mit denen die Zuschauer etwas anfangen können, ist nicht immer leicht. Wenn ich dann mal deutlich werde, liegt der Verdacht nahe, ich täte das für den Unterhaltungswert.
Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen den schärferen Urteilen von Herrn Llambi und denen von Dieter Bohlen speziell in den ersten Folgen einer Staffel von Deutschland sucht den Superstar (DSDS). Wenn Bohlen bei den offenen Castings einen völlig unbegabten Sänger zur Schnecke macht, dann schickt die Jury ihn hinterher in die Wüste. Im Gegensatz zu unseren Kandidaten können die meisten Casting-Teilnehmer im Vorfeld wahrscheinlich nicht wirklich einschätzen, worauf sie sich da einlassen.
Bei Let's Dance ist das anders. Dort geht es tatsächlich um die Entwicklung jedes einzelnen Kandidaten, den ich bewerte. Er ist nämlich schon gesetzt. Wir von der Jury, genau wie die Zuschauer, wollen Leistung von ihm sehen. Genau dafür soll unsere Kritik sorgen. Wenn ich »Scheiße« sage, dann verfolge ich damit ein konkretes Ziel. Im Fall von Manuela Wisbeck ging es mir darum, eine Fallhöhe zu erzeugen. Die bisherige Kritik war an ihr abgeprallt. Ein verbales Stoppschild musste her, damit sie begriff, dass Schluss war mit lustig. Im Alltag ist es nicht anders: Da hat auch der geduldigste Kritiker irgendwann genug. Und dann hat er die Wahl: Entweder redet er Tacheles, oder er frisst das alles in sich hinein. Dann ändert sich: nichts.
Leider hält die Angst vor den Konsequenzen viele davon ab, aufrichtig Kritik zu üben - auf der Arbeit oder auch im Privatleben. Schlimmer noch: Sie fürchten sich, selbst Opfer klarer Worte zu werden. Das ist fatal, denn beides hemmt uns ungemein. Diese Angst vor der Ehrlichkeit erwächst aus einem falschen Verständnis von Kritik. Und das kommt nicht von ungefähr.
Wir haben vergessen, wofür Kritik eigentlich da ist. Im Fernsehen wird uns suggeriert, dass wir entweder zu denen gehören, die draufhauen - oder zu denen, die gehauen werden. In vielen Firmen wird offene Kritik geradezu unterdrückt. Die Political Correctness hat dort einen höheren Stellenwert als das Potential, das in einem offenen Umgang unter Kollegen liegt. Kritik als Unterhaltungsmasche; Kritik als Mobbingwaffe; Kritik, die auf die Vergabe schlechter Noten begrenzt ist - das alles lässt nicht zur Geltung kommen, wie nützlich Kritik eigentlich ist. Der Missbrauch von Kritik führt nicht nur dazu, dass viele sich lieber auf die Zunge beißen als mit der Wahrheit rauszurücken - sondern leider auch dazu, dass sie selbst nicht mehr kritikfähig sind.
Ehrliche Kritik ist nicht Draufhauen. Sie ist nicht bedrohlich. Sie dient nicht der Erniedrigung. Kritik ist eines der wichtigsten Kommunikationsmittel, die uns im Alltag zur Verfügung stehen. Sie ist das Schlüsselinstrument der Förderung von Menschen. Eine zentrale Führungsaufgabe. Sie verschafft uns Erleichterung. Wir sollten sie nicht nur wieder schätzen lernen, wenn wir sie zu hören bekommen; wir sollten uns wünschen, kritisiert zu werden. Kritik bringt uns voran. Das ist ihr eigentlicher Sinn und Zweck. Alles andere ist nur Masche. Und wenn Kritik das Ziel verfolgt, Menschen zu fördern, dann darf der Kritiker auch mal Tacheles reden, ohne dass gleich die Moralpolizei kommen muss.
Ich bin der Meinung, dass wir uns mit ehrlicher Kritik langfristig eher Freunde machen als mit unaufrichtigem Geschwafel um den heißen Brei. Dieses Buch habe ich geschrieben, um Ihnen zu zeigen, dass das tatsächlich funktioniert.
Mit der eigenen Meinung hinterm Berg zu halten ist manchmal vielleicht einfacher. Ehrlich Kritik zu üben erfordert Mut. Mit Ehrlichkeit macht man sich nicht bei jedem beliebt. Wohl aber bei denen, auf die es im Leben ankommt: bei den Menschen, mit denen wir offen reden können. Die unsere Meinung schätzen und mit uns vorwärtsgehen wollen. Jene Zeitgenossen, die lieber in trauter Harmonie auf der Stelle treten, anstatt auch mal konstruktive Reibung zuzulassen, liegen mir nicht. Ich lebe und arbeite lieber mit denen, die es ernst meinen mit der gemeinsamen Sache. Und wer es ernst meint, der lässt Kritik nicht nur zu - er fordert sie ein. Nur eine Beziehung, in der ehrliche, wohlmeinende Kritik zum normalen Umgangston gehört, ist eine funktionierende Beziehung. Und auf solche Beziehungen können wir im Leben nicht verzichten - weder zu Hause noch am Arbeitsplatz.
Bevor ich Wertungsrichter bei Let's Dance wurde, war ich bereits Wertungsrichter bei Profi-Tanzturnieren. Davor war ich selbst professioneller Tänzer und habe an internationalen Turnieren bis hin zu Weltmeisterschaften teilgenommen. Neben dem Tanzparkett ist mir jedoch auch das Börsenparkett vertraut. Heute bin ich selbstständiger Aktienhändler. Zuvor habe ich fast 25 Jahre lang an den Börsen in Düsseldorf und Frankfurt gehandelt - in einer Umgebung, in der man nicht zimperlich sein darf. Dort müssen Entscheidungen im Sekundentakt fallen. Im Fernsehen, beim Tanzen und an der Börse habe ich oft Kritik geübt und wohl genauso oft Kritik eingesteckt. Erfolg ist ohne beides nicht zu haben - ebenso wenig wie ein gutes Gefühl, wenn er sich einstellt.
Dass eine artige Wortwahl das A und O des Kritisierens wäre, werden Sie in diesem Buch nicht zu lesen bekommen. Wohl aber, dass Kritik auch eine Frage des persönlichen Stils ist. Ein Kritiker darf, muss sogar aufrichtig Profil zeigen. Das unterscheidet ihn von denen, die nur eine Masche fahren.
Mir geht es darum zu zeigen, wie unsere Wahrnehmung von Kritik systematisch verfälscht wird - von manchen Fernsehsendungen, vom unehrlichen Umgang miteinander am Arbeitsplatz, von der Kommunikationskultur in düsteren Winkeln des Internets. Aus meiner persönlichen Erfahrung in der Unterhaltungsbranche, im Sport und in der Wirtschaft will ich schildern, wie wichtig ein ehrlicher, kritischer Umgang miteinander für unser Zusammenleben ist - und was wir verpassen, wenn wir uns Kritik nicht zutrauen. Und ich möchte Ihnen etwas darüber erzählen, wie Kritik funktioniert, die ihren Namen verdient. Sie können nämlich durchaus Einfluss darauf nehmen, ob Sie sich mit Ihrer Kritik Freunde machen oder sich selbstverschuldet ins Aus schießen. Nur eines ist keine Option: lieber den Mund zu halten als zu ändern, was Sie ändern können.
Eines kann ich Ihnen nicht versprechen: dass Sie mich am Ende dieses Buches mehr oder weniger mögen werden. Aber darauf kommt es auch gar nicht an. Sondern darauf, dass Sie zu Ihrer Meinung stehen und den Mut zur ehrlichen Kritik aufbringen.
© Copyright by Econ Verlag
»Manuela, ich muss sagen, es war heute gar nicht so schlecht. Es war - ich benutze dieses Wort eigentlich nicht - es war scheiße.«
So leitete ich in der fünften Liveshow der sechsten Staffel von Let's Dance meine Einschätzung der Samba von Komödiantin Manuela Wisbeck ein. Vielleicht war es nicht meine Sternstunde als Kritiker. Ich hätte mich anders ausdrücken können.
In der Begründung meiner Kritik an Manuela Wisbeck tat ich das auch. Am nächsten Tag wurde vor allem das »Sch«- Wort kolportiert, doch meine Kritik ging natürlich noch weiter. Unter anderem mit der Erklärung: »Es kann nicht sein, dass wir in dieser Sendung, wo es um Tanz geht, immer nur Klamauk machen, nur Kasperletheater spielen. Ich möchte endlich auch mal eine anspruchsvolle Choreographie sehen.« Vorher war ich, weil ich es sehr ernst meinte, sogar fachlich ins Detail gegangen und hatte von Running Promenades, Botafogos und Voltas (typische Tanzfiguren bei der Samba) gesprochen.
Ich hatte nicht ohne Grund »Scheiße« gesagt, um mir Luft zu machen. Sondern weil der Auftritt aus tänzerischer Sicht Scheiße war. Nicht besser, sondern schlechter als in der Vorwoche. Bereits vier Sendungen lang hatte ich jede Woche sachlich Kritik an den Auftritten dieser Kandidatin geübt, und sie hatte sich offensichtlich nicht im Geringsten darum geschert. Anscheinend war ich nicht zu ihr durchgedrungen. Es war an der Zeit, ein Zeichen zu setzen. Und da muss man als Kritiker eben auch mal deutlich werden.
Manchmal werde ich von den Medien als »Dieter Bohlen von Let's Dance« bezeichnet. Ich finde das weder richtig noch schlimm; wenn man in der Öffentlichkeit steht, muss man mit solchen Vergleichen leben. In erster Linie bin ich für meine Rolle als Kritiker bekannt. Und einer, der Kritik verteilt, bekommt öfter mal selbst welche ab. Ein gutes Zeichen, finde ich: Ich würde mir eher Sorgen machen, wenn immer alle einer Meinung mit mir wären. Sowohl in der Jury von Let's Dance als auch bei den Zuschauern im Saal und vor dem Fernseher. Wenn ich als Kritiker nie polarisiere, mache ich irgendetwas falsch.
Dass ich dann auch mal mit Dieter Bohlen verglichen werde, weil das so schön naheliegt, gehört eben dazu. Der Vergleich ist in den Medien ein sehr beliebtes Mittel der Kritik, weil er plakative Aussagen ermöglicht. Wenn ich gefragt werde, wodurch wir beide uns unterscheiden, sage ich nicht minder plakativ: Dieter Bohlen ist für unterhalb der Gürtellinie zuständig, ich für darüber. Natürlich hatte auch ich als Fernsehjuror schon Momente, wo ich mich in der Wortwahl vergriffen habe - wie nach Manuela Wisbecks Samba. Immerhin handelt es sich bei Let's Dance um eine Unterhaltungssendung. Die Balance zwischen fachlich sauberer Kritik und griffig formulierten Urteilen zu finden, mit denen die Zuschauer etwas anfangen können, ist nicht immer leicht. Wenn ich dann mal deutlich werde, liegt der Verdacht nahe, ich täte das für den Unterhaltungswert.
Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen den schärferen Urteilen von Herrn Llambi und denen von Dieter Bohlen speziell in den ersten Folgen einer Staffel von Deutschland sucht den Superstar (DSDS). Wenn Bohlen bei den offenen Castings einen völlig unbegabten Sänger zur Schnecke macht, dann schickt die Jury ihn hinterher in die Wüste. Im Gegensatz zu unseren Kandidaten können die meisten Casting-Teilnehmer im Vorfeld wahrscheinlich nicht wirklich einschätzen, worauf sie sich da einlassen.
Bei Let's Dance ist das anders. Dort geht es tatsächlich um die Entwicklung jedes einzelnen Kandidaten, den ich bewerte. Er ist nämlich schon gesetzt. Wir von der Jury, genau wie die Zuschauer, wollen Leistung von ihm sehen. Genau dafür soll unsere Kritik sorgen. Wenn ich »Scheiße« sage, dann verfolge ich damit ein konkretes Ziel. Im Fall von Manuela Wisbeck ging es mir darum, eine Fallhöhe zu erzeugen. Die bisherige Kritik war an ihr abgeprallt. Ein verbales Stoppschild musste her, damit sie begriff, dass Schluss war mit lustig. Im Alltag ist es nicht anders: Da hat auch der geduldigste Kritiker irgendwann genug. Und dann hat er die Wahl: Entweder redet er Tacheles, oder er frisst das alles in sich hinein. Dann ändert sich: nichts.
Leider hält die Angst vor den Konsequenzen viele davon ab, aufrichtig Kritik zu üben - auf der Arbeit oder auch im Privatleben. Schlimmer noch: Sie fürchten sich, selbst Opfer klarer Worte zu werden. Das ist fatal, denn beides hemmt uns ungemein. Diese Angst vor der Ehrlichkeit erwächst aus einem falschen Verständnis von Kritik. Und das kommt nicht von ungefähr.
Wir haben vergessen, wofür Kritik eigentlich da ist. Im Fernsehen wird uns suggeriert, dass wir entweder zu denen gehören, die draufhauen - oder zu denen, die gehauen werden. In vielen Firmen wird offene Kritik geradezu unterdrückt. Die Political Correctness hat dort einen höheren Stellenwert als das Potential, das in einem offenen Umgang unter Kollegen liegt. Kritik als Unterhaltungsmasche; Kritik als Mobbingwaffe; Kritik, die auf die Vergabe schlechter Noten begrenzt ist - das alles lässt nicht zur Geltung kommen, wie nützlich Kritik eigentlich ist. Der Missbrauch von Kritik führt nicht nur dazu, dass viele sich lieber auf die Zunge beißen als mit der Wahrheit rauszurücken - sondern leider auch dazu, dass sie selbst nicht mehr kritikfähig sind.
Ehrliche Kritik ist nicht Draufhauen. Sie ist nicht bedrohlich. Sie dient nicht der Erniedrigung. Kritik ist eines der wichtigsten Kommunikationsmittel, die uns im Alltag zur Verfügung stehen. Sie ist das Schlüsselinstrument der Förderung von Menschen. Eine zentrale Führungsaufgabe. Sie verschafft uns Erleichterung. Wir sollten sie nicht nur wieder schätzen lernen, wenn wir sie zu hören bekommen; wir sollten uns wünschen, kritisiert zu werden. Kritik bringt uns voran. Das ist ihr eigentlicher Sinn und Zweck. Alles andere ist nur Masche. Und wenn Kritik das Ziel verfolgt, Menschen zu fördern, dann darf der Kritiker auch mal Tacheles reden, ohne dass gleich die Moralpolizei kommen muss.
Ich bin der Meinung, dass wir uns mit ehrlicher Kritik langfristig eher Freunde machen als mit unaufrichtigem Geschwafel um den heißen Brei. Dieses Buch habe ich geschrieben, um Ihnen zu zeigen, dass das tatsächlich funktioniert.
Mit der eigenen Meinung hinterm Berg zu halten ist manchmal vielleicht einfacher. Ehrlich Kritik zu üben erfordert Mut. Mit Ehrlichkeit macht man sich nicht bei jedem beliebt. Wohl aber bei denen, auf die es im Leben ankommt: bei den Menschen, mit denen wir offen reden können. Die unsere Meinung schätzen und mit uns vorwärtsgehen wollen. Jene Zeitgenossen, die lieber in trauter Harmonie auf der Stelle treten, anstatt auch mal konstruktive Reibung zuzulassen, liegen mir nicht. Ich lebe und arbeite lieber mit denen, die es ernst meinen mit der gemeinsamen Sache. Und wer es ernst meint, der lässt Kritik nicht nur zu - er fordert sie ein. Nur eine Beziehung, in der ehrliche, wohlmeinende Kritik zum normalen Umgangston gehört, ist eine funktionierende Beziehung. Und auf solche Beziehungen können wir im Leben nicht verzichten - weder zu Hause noch am Arbeitsplatz.
Bevor ich Wertungsrichter bei Let's Dance wurde, war ich bereits Wertungsrichter bei Profi-Tanzturnieren. Davor war ich selbst professioneller Tänzer und habe an internationalen Turnieren bis hin zu Weltmeisterschaften teilgenommen. Neben dem Tanzparkett ist mir jedoch auch das Börsenparkett vertraut. Heute bin ich selbstständiger Aktienhändler. Zuvor habe ich fast 25 Jahre lang an den Börsen in Düsseldorf und Frankfurt gehandelt - in einer Umgebung, in der man nicht zimperlich sein darf. Dort müssen Entscheidungen im Sekundentakt fallen. Im Fernsehen, beim Tanzen und an der Börse habe ich oft Kritik geübt und wohl genauso oft Kritik eingesteckt. Erfolg ist ohne beides nicht zu haben - ebenso wenig wie ein gutes Gefühl, wenn er sich einstellt.
Dass eine artige Wortwahl das A und O des Kritisierens wäre, werden Sie in diesem Buch nicht zu lesen bekommen. Wohl aber, dass Kritik auch eine Frage des persönlichen Stils ist. Ein Kritiker darf, muss sogar aufrichtig Profil zeigen. Das unterscheidet ihn von denen, die nur eine Masche fahren.
Mir geht es darum zu zeigen, wie unsere Wahrnehmung von Kritik systematisch verfälscht wird - von manchen Fernsehsendungen, vom unehrlichen Umgang miteinander am Arbeitsplatz, von der Kommunikationskultur in düsteren Winkeln des Internets. Aus meiner persönlichen Erfahrung in der Unterhaltungsbranche, im Sport und in der Wirtschaft will ich schildern, wie wichtig ein ehrlicher, kritischer Umgang miteinander für unser Zusammenleben ist - und was wir verpassen, wenn wir uns Kritik nicht zutrauen. Und ich möchte Ihnen etwas darüber erzählen, wie Kritik funktioniert, die ihren Namen verdient. Sie können nämlich durchaus Einfluss darauf nehmen, ob Sie sich mit Ihrer Kritik Freunde machen oder sich selbstverschuldet ins Aus schießen. Nur eines ist keine Option: lieber den Mund zu halten als zu ändern, was Sie ändern können.
Eines kann ich Ihnen nicht versprechen: dass Sie mich am Ende dieses Buches mehr oder weniger mögen werden. Aber darauf kommt es auch gar nicht an. Sondern darauf, dass Sie zu Ihrer Meinung stehen und den Mut zur ehrlichen Kritik aufbringen.
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Autoren-Porträt von Joachim Llambi
Joachim Llambi ist gelernter Bankkaufmann und arbeitet seit über 20 Jahren als Börsenhändler. Bekannt ist er als Chefjuror der RTL-Show "Let's Dance". Er tanzt seit seinem 17. Lebensjahr, 1989 wurde er Profi und nahm u. a. als Finalist an Welt- und Europameisterschaften teil.
Bibliographische Angaben
- Autor: Joachim Llambi
- 2014, 2. Aufl., 256 Seiten, Maße: 13,6 x 20,8 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: ECON
- ISBN-10: 3430201640
- ISBN-13: 9783430201643
- Erscheinungsdatum: 25.02.2014
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