Der Anfang aller Dinge
Brandheiße Storys, topaktuelle News und den anderen immer einen Schritt voraus - das ist die Welt der beiden erfolgreichen Fernsehjournalisten Olivia Carmichael und T. C. Thorpe. Sie sind erbitterte Konkurrenten im Kampf um die neuesten Meldungen, doch...
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Brandheiße Storys, topaktuelle News und den anderen immer einen Schritt voraus - das ist die Welt der beiden erfolgreichen Fernsehjournalisten Olivia Carmichael und T. C. Thorpe. Sie sind erbitterte Konkurrenten im Kampf um die neuesten Meldungen, doch aus den Rivalen werden Liebende.
Aber ein dunkles Geheimnis in Olivias Vergangenheit gefährdet das junge Glück.
Der Anfang aller Dinge von Nora Roberts
LESEPROBE
»DerPressesprecher des Weißen Hauses hat den bevorstehenden Rücktritt von MinisterGeorge Larkin bestätigt. Minister Larkinhatte sich vergangene Woche einer schweren Herzoperation unterziehen müssen,von der er sich derzeit im Bethesda Naval Hospitalerholt. Als Grund für sein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Amt werdengesundheitliche Probleme angeführt. Stan Richardsonberichtet für Sie vor Ort aus Bethesda Naval.« Liv wartete, bis die Kamerasumgeschaltet hatten, dann wandte sie sich an ihren Co-Moderatoren. »Brian, daskönnte die größte Story seit dem Mallory-Skandal imOktober werden. Für Larkin stehen mindestens fünfpotenzielle Nachfolger auf dem Plan. Das bedeutet, Start frei für das großeTauziehen. « Brian Jones ging seine Notizen und den Zeitablauf durch. Er warein fünfunddreißigjähriger Schwarzer mit einem Faible für teure Anzüge und mitzehn Jahren Erfahrung als Fernseh- Nachrichtensprecher. Obgleich in Queensaufgewachsen, betrachtete er sich als Washingtoner. »Und nichts liebst du mehrals diese Art von Wettstreit.« »Nichts«, bestätigte Liv und drehte sich wieder zur Kamera, als das Zeichen vonder Regie kam. »Der Präsident hat sich zu Fragen der Nachfolge von Minister Larkinsnoch nicht geäußert. Von offizieller Seite her werden Beaumont Dell, der frühere Botschafter in Frankreich, und GeneralRobert J. Fitzhugh als die aussichtsreichsten Kandidatenfür dieses Amt benannt. Doch bisher war noch keiner der beiden zu einer Stellungnahmebereit.« »In NorthheastWashington wurde heute Nachmittag ein fünfundzwanzigjähriger Mann ermordet inseiner Wohnung aufgefunden«, begann Brian Jones seinen Part der gemeinsamen Moderation.Liv hörte nur mit halbem Ohr zu, während sie im Geistedie verschiedenen Möglichkeiten durchging. Sie setzte auf Beaumont Dell. Sein Büro hatte sie am Nachmittag mit den üblichenausweichenden Kommentaren abgespeist, doch Liv warentschlossen, am nächsten Morgen bei ihm auf der Matte zu stehen. Als Reporterinwar sie an die diversen Hinhaltetaktiken gewöhnt, an stundenlanges Warten undauch daran, dass man ihr die Tür vor der Nase zuschlug. Nichts, aber auch garnichts, sagte sie sich, würde sie davon abhalten, Dellzu interviewen. Auf ihr nächstes Stichwort hin wandte sie sich zu Kamera dreiund begann ihre Einführung. Zu Hause sahen die Zuschauer Kopf und Schulterneiner eleganten Frau, die mit angenehm ruhiger Stimme und ohne Hast zu ihnensprach. Sie würden nie auf die Idee kommen, dass jede der 85 Sekunden ihrerSprechzeit vorher aufs Sorgfältigste getimt und redigiert worden war. Was siesahen waren Aufrichtigkeit und Schönheit. Im Nachrichtengeschäft war das eineoft genauso wichtig wie das andere. Livs hellbraunesHaar war kurz geschnitten und vorteilhaft um ihr fein gezeichnetes Gesichtfrisiert. Die eisblauen Augen blickten ernsthaft und direkt in die Kamera undvermittelten dem Zuschauer zu Hause das Gefühl, persönlich angesprochen zuwerden. Ihr Fernsehpublikum stufte sie als kultiviert, ein wenig zurückhaltend undakkurat ein. Liv war mit den Sympathien, die ihr alsCo-Moderatorin entgegengebracht wurden, zufrieden. Als Reporterin jedoch wolltesie mehr erreichen, viel mehr. Ein Kollege hatte sie einmal als Frau mit diesemgewissen Tochter-aus-gutem-Hause-Flair beschrieben.Liv stammte tatsächlich aus einer gut situierten,alteingesessenen New- England-Familie und hatte ihr Examen im Fach Journalismusin Harvard abgelegt. Trotzdem hatte sie sich mühsam bis zur Nachrichtensprecherinhocharbeiten müssen. Begonnen hatte sie ihre Karriere in der niedrigstenGehaltsgruppe bei einem kleinen, unabhängigen Fernsehsender in New Jersey, wosie den Wetterbericht las und ein paar Verbrauchersendungen moderierte.Anschließend hatte sie das übliche Hüpfspiel von Sender zu Sender und von einerStadt zur anderen absolviert - ein bisschen mehr Geld, ein bisschen mehrSendezeit. Dabei landete sie bei einer CNN-Tochter in Austin, wo sie sichinnerhalb von zwei Jahren zur Nachrichtenmoderatorin hochdiente. Als man ihrden Posten einer Co- Moderatorin bei WWBW, der CNN-Tochter in Washington, D.C.,anbot, hatte Liv zugegriffen. In Austin hielt sienichts, und das sollte die nächsten Jahre auch an anderen Orten so bleiben. Siehatte sich zum Ziel gesetzt, sich im Fernsehjournalismus einen Namen zu machen.Und Washington, entschied sie, war dafür genau der richtige Ort. Sie scheutesich nicht vor schmutziger Arbeit, obgleich ihre schmalen Hände aussahen, alswären sie bisher nur mit den edlen Materialien des Lebens in Berührunggekommen. Hinter ihrem Alabasterteint und den aristokratischen Gesichtszügenschlummerte ein reger, wissbegieriger und kluger Verstand. Sie handhabte das rasanteTempo der visuellen Nachrichten mit großem Erfolg, während sie sich nach außenhin kühl, zurückhaltend und scheinbar unberührbar gab. Die letzten fünf Jahrehatte Liv hart daran gearbeitet, sich davon zuüberzeugen, dass dieses Bild der Wirklichkeit entsprach. Mit achtundzwanzigbeschloss sie, dass sie in ihrem Privatleben sämtliche Höhen und Tiefenausgelebt hatte und sich fortan ausschließlich auf die beruflicheAchterbahnfahrt konzentrieren wollte. Den Freunden, die sie in den vergangenen anderthalbJahren in D.C. gewonnen hatte, gestattete sie nur ganz oberflächliche Einblickein ihre Vergangenheit. Ihr Privatleben hielt sie sorgsam unter Verschluss. »Soviel von Olivia Carmichael«, sprach sie in die Kamera. »Und Brian Jones.Bleiben Sie dran, es folgen die CNN World News.« DieKennmelodie setzte ein; kurz darauf erlosch das rote Signallicht an Kameradrei. Liv klemmte ihr Mikrofon ab und verließ ihrenPlatz hinter dem halbrunden Schreibtisch, der ihrem Nachrichtenteam vorbehaltenwar. »Gute Show«, bemerkte der Mann hinter Kamera eins, als sie an ihmvorbeischlenderte. Über ihr erloschen die gleißenden Scheinwerfer. Liv sah ihn an und lächelte. Dieses be- stimmte Lächeln,das sie nur benutzte, wenn sie es auch wirklich meinte, verwandelte ihre kühle,unnahbare Schönheit. »Danke, Ed. Was macht Ihre Tochter?«»Steckt mitten im Examesstress.«Er zuckte mit den Achseln und nahm die Kopfhörer ab. »Hat im Augenblick wenig Zeitfür mich.« »Sie werden stolz auf sie sein, wenn sieihr Lehrerinnendiplom in der Tasche hat.« »Ja,bestimmt. Ach - Liv.« Sie drehte sich noch einmal um undhob fragend eine Braue. »Sie hat mich gebeten, Sie zu fragen «, er zögerte undmachte ein verlegenes Gesicht. »Was denn?« »Wo Siesich die Haare machen lassen«, platzte er heraus, schüttelte den Kopf undbeschäftigte sich angelegentlich mit seiner Kamera. »Frauen.« Liv lachte und tätschelte ihm freundlich den Arm. »Bei Armonds, Wisconsin Street. Sie soll sagen, dass Sie aufmeine Empfehlung kommt.« Damit verließ sie das Studio,ging eiligen Schritts die Treppe hinauf und durch den langen, gewundenen Flur,der zur Nachrichtenzentrale führte. Dort herrschte die übliche turbulente Betriebsamkeit,die den Wechsel von der Tag- und Nachtschicht begleitete. Reporter hockten aufden Kanten der Schreibtische und tranken Kaffee, andere hämmerten eilig dieletzten Berichte für die Elf-Uhr-Nachrichten in ihre Laptops. Über ihnen schwebteeine Wolke aus Zigarettenqualm, Schweiß und abgestandenem Kaffee. Die eine Längsseitedes Raumes war einer Monitorwand vorbehalten, dessen zahlreiche Bildschirme dieGeschehnisse, aber nicht den Ton der einzelnen Sender der Metropolewiedergaben. Über einen der Monitore flimmerte soeben das Introfür CNN World News. Liv bahnte sich ihren Weg durchdas Chaos und strebte zielstrebig auf das rundum verglaste Büro des News-Director zu. »Carl?« Sie steckte den Kopf in die Tür.»Haben Sie einen Moment Zeit?« Carl Pearson lümmeltehinter seinem Schreibtisch und starrte mit gefalteten Händen auf einenFernsehbildschirm. Die Brille, die er tragen sollte, lag unter einem StapelPapieren, oben auf einem Aktenberg balancierte ein Plastikbecher mit kaltemKaffee, die Zigarette, die zwischen seinen Fingern klemmte, war bis zum Filterheruntergebrannt. Er grunzte irgendetwas vor sich hin. Livtraf ein, wissend, dass dieses Grunzen als Zustimmung zu deuten war. »GuteShow, heute Abend.« Sein Blick haftete konzentriert aufdem kleinen Bildschirm. Liv setzte sich und warteteauf den nächsten Werbeblock. Sie hörte die forsche, prägnante Stimme von HarrisMcDowell, dem New Yorker Nachrichtensprecher für CNN World News, der geradeam Set nebenan die Nachrichten verlas. Es war sinnlos, mit Carl zu sprechen,wenn die großen Tiere auf Sendung waren. Und Harris McDowell war ein solches. Siewusste, dass Carl und Harris gemeinsam als Reporter bei einem Sender in KansasCity, Missouri, angefangen hatten. Doch es war Harris gewesen, den manbeauftragt hatte, über den Präsidentenbesuch 1963 in Dallas zu berichten. Die Ermordungdes Präsidenten und seine vor Ort-Reportagen hatten McDowell quasi über Nachtvon einem relativ unbekannten Reporter zu einer nationalen Berühmtheit gemach. CarlPearson war ein großer Fisch in einem Teich kleiner Fische in Missouri undeiner Hand voll anderer Staaten geblieben, bis er seinen Laptop zuklappte undgegen einen Schreibtisch in Washington vertauschte. Carl war ein gestrenger News-Director, fordernd und leicht erregbar. Falls erverbittert über den unterschiedlichen Verlauf ihrer Karrieren war, ließ er essich jedenfalls nicht anmerken. Liv respektierte Carlund hatte ihn im Laufe ihrer Anstellung bei WWBW immer mehr schätzen gelernt.Sie selbst hatte auch einige Enttäuschungen hinter sich. »Was gibts?« Das war Carls Art, sie aufzufordern, ihr Anliegen vorzubringen.Der Werbeblock hatte begonnen. »Ich möchte an Beaumont Delldranbleiben«, begann Liv. »Ich habe bereits eineMenge Vorarbeit geleistet, und wenn er zum Minister ernannt wird, möchte ichdie Erste sein, die die Nachricht unter die Leute bringt.«Carl lehnte sich zurück und verschränkte die Hände über seinem stattlichenBauch. Er lastete seine Leibesfülle der sitzenden Arbeit hinter einemSchreibtisch an. Der Blick, mit dem er Liv jetztstudierte, war genauso direkt und kompromisslos wie der, mit dem er eben nochauf den Monitor gestarrt hatte. »Ein bisschen voreilig.« Seine raue Stimmeverriet den jahrelangen Kettenraucher. Livbeobachtete schweigend, wie er sich eine neue Zigarette anzündete, obwohl indem überquellenden Aschenbecher noch eine vor sich hin glomm. »Was ist mit Fitzhugh? Und Davis und Albertson?Die könnten die Ernennung Dells in Frage stellen.Außerdem ist Larkin noch gar nicht zurückgetreten.« »Das ist nur noch eine Frage von Tagen, wenn nichtStunden. Sie kennen doch das ärztliche Bulletin. Der stellvertretende Ministerwird nicht auf Dauer berufen werden; Bosnell istnicht gerade der Liebling des Präsidenten. Es wird Dellwerden. Das weiß ich.« Carl schnüffelte und rieb sichmit dem Handrücken über die Nase. Er hielt viel von Carmichaels Instinkt. Siebesaß trotz ihres Gutsherrinnen-Flairs einen scharfen Verstand und eine präziseMenschenkenntnis. Und sie war von einer akribischen Sorgfalt. Andererseits warsein Ressort unterbesetzt und das Budget knapp. Er konnte es sich nichtleisten, eine von seinen Top-Leuten auf die Jagd zu schicken, wenn er dafür jemandenverpflichten konnte, der leichter zu entbehren war. Dennoch Er zögerte einenMoment und beugte sich dann wieder über den Schreibtisch. »Könnte den Aufwandwert sein«, brummelte er. »Mal sehen, was Thorpe zu sagen hat. Sein Berichtkommt gleich.« Liv sprang inspontanem Protest von ihrem Stuhl hoch, setzte sich aber gleich wieder hin. Eswar ihr Stolz, der es nur schlecht verkraftete, dass ihr Auftrag von T.C.Thorpes Worten abhing. Aber mit Stolz richtete sie bei Carl nichts aus, das wusstesie. Sie erhob sich, setzte sich neben ihn auf die Schreibtischkante und sahauf den Monitor. ()
© HeyneVerlag
Übersetzung:Christine Roth-Drabusenigg
Unter dem Namen J.D. Robb veröffentlicht Nora Roberts seit Jahren ebenso erfolgreich Kriminalromane.
- Autor: Nora Roberts
- 2006, 240 Seiten, Maße: 12 x 18,6 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Roth-Drabusenigg, Christine
- Übersetzer: Christine Roth-Drabusenigg
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453490606
- ISBN-13: 9783453490604
5 von 5 Sternen
5 Sterne 3Schreiben Sie einen Kommentar zu "Der Anfang aller Dinge".
Kommentar verfassen