Der Glaubenswahn

Von den Anfängen des religiösen Extremismus im Alten Testament
 
 
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Der Gott des Alten Testaments ist ein Problem. Denn der biblische Jahwe ist nicht der friedliebend barmherzige Vater, als den ihn die Kirchen gerne verkünden. Stattdessen tritt er - für Gläubige irritierend - immer wieder als Kriegsgott auf, als gnadenloser...
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Kommentar zu "Der Glaubenswahn"
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    13 von 23 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Norrbert S., 19.02.2017

    Heinz-Werner Kubitza hat mit Furore alles zusammengetragen, was sich im Alten Testament über Gewalt und Gräueltaten finden lässt. Das ist eine ganze Menge. Darum hätte er sein Buch auch lieber unter dem Titel „Gotteswahn“ herausgebracht (321). Aber der ist leider schon besetzt.
    Der alttestamentliche Gott hat nach Kubitza höchst „fragwürdige Eigenschaften“. Er ist ein Ausländerfeind, eifersüchtig, zornig, rachsüchtig, mitleidslos, schadenfroh, maßlos, eitel, jämmerlich, unzuverlässig und letztlich lächerlich. Er ist von „schwarzer Pädagogik“ und „sexueller Gewalt“ besessen. Die Propheten sind „religiöse Extremisten“. Das gesamte Alte Testament ist „fragwürdige Weltliteratur“, voll „göttlicher Banalitäten“, „Langeweile im Gotteswort“, gefälschter Zahlen, bewusster Lügen und einem „primitiven Opferkult“. „Wertvoll“ erscheinen dem Autor nur die Josephsnovelle und die Bücher Jona, Ester und Hiob.
    Manches an der wütenden Kritik ist sicher berechtigt. Kubitza wirft den Kirchen vor, sie hätten den alttestamentlichen Gott „zurechtgedeutet und uminterpretiert, ‚im Lichte des Neuen Testaments neu gesehen, … dabei seinem vermeintlichen Sohn derart angepasst, dass er selbst nicht weiß, wie ihm geschieht“ (11).
    Zwar gibt Kubitza mehrfach zu, „dass die geschilderten Kriege in wirklich fast allen Fällen reine Erfindungen späterer Jahrhunderte sind“ (29). Aber das „spielt (für ihn, N.S.) keine Rolle“. Er hält sich an den „Wortlaut der Bibel“ (312 f.).
    Tut er das wirklich? Dann müsste er doch auch die anderen „Eigenschaften“ Gottes erwähnen, die ihm in der Bibel zugeschrieben werden und die exakt das Gegenteil von denen darstellen, die Kubitza als einzige nennt: Ausländerfreund (3 Mos 19,33), Retter (Jes 45,21), vergebungsbereit (Ps 86,5), mitleidig (2 Mos 34,6), gerecht (Ps 11,7), fürsorglich (1 Mos 6,9-7,16), zuverlässig und treu (5 Mos 7,9), liebevoll (Hos 11,1), gütig (Ps 34,9; 86,5) – um nur einige wenige zu nennen. Die Gotteserfahrungen Israels sind ganz offensichtlich von Anfang an höchst ambivalent, um nicht zu sagen widersprüchlich. Und - das macht die Größe des Alten Testaments aus - es wird auch gar nicht der Versuch gemacht, sie in ihrer Zwiespältigkeit zu harmonisieren oder gar zu vertuschen. Beide Gottesbilder - das des kriegerischen und das des kriegsverabscheuenden Gottes - stehen hart und unvermittelt nebeneinander.
    Kubitza tut die Psalmen als Texte für „religiöse Bedürfnisbefriedigung“ ab (10). Und deshalb geht er nicht ausführlich auf sie ein, obwohl sie wie kaum ein anderer biblischer Text die gesamte geistliche Dichtung bis heute prägen. Immer wieder haben gerade auch Dichter der Moderne neue Psalmen verfasst: von Celan bis Bernhard, von Rilke bis Bachmann, von Brecht bis Ernesto Cardenal. Erst unlängst hat der iranische Dichter Said, der seit vier Jahrzehnten in Deutschland lebt, ein beeindruckendes Buch unter diesem Titel herausgebracht.
    Die Propheten als „religiöse Extremisten“ zu bezeichnen, erscheint reichlich gewagt. Denn „Extremisten“ legen meist eine erhebliche Gewaltbereitschaft an den Tag. Allenfalls verbal neigten manche Propheten zu extremen Aussagen. Ein gutes Beispiel dafür liefert Amos. Mit drastischen Worten prangert er die leichtlebige Oberschicht und ihre Neigung an, das Recht zu beugen (Am 5,7-15; 6,1-14); er verlangt Gerechtigkeit anstatt „fetter Heilsopfer“ (Am 5,21-27). Jesaja macht sich über die Putzsucht der vornehmen Damen lustig (Jes 3,15-24). Bekannt und berühmt sind die Prophetenworte vom „Umschmieden der Schwerter zu Pflugscharen“; sie werden gleich dreimal überliefert: Jes 2,2-5; Mich 4,1-5; Joël 4,10. Keineswegs „langweilig“ ist die grandiose Vision des Deutero-Jesaja vom messianischen Frieden (Jes 11). Jesaja lässt sogar jeden Soldatenstiefel und jeden blutbefleckten Mantel zu einem „Fraß des Feuers“ werden (Jes 9,4). Der laut Kubitzas Ferndiagnose „unter einer schweren religiösen Neurose oder sogar Psychose“ (293) leidende Jeremia wird nicht müde, die vielfältigen Formen von Gewalt zu verurteilen, die sich im Volk breitgemacht haben: Ausbeutung der Armen und Wehrlosen, Unterdrückung der Witwen und Waisen, Vergießen unschuldigen Blutes, Unrecht und Betrug (vgl. Jer 6,7; 7,5-7; 20,8; 21,12).
    Und wenn Kubitza dem alttestamentlichen Gott vorwirft, er sei von „sexueller Gewalt“ besessen, dann müsste er wohl auch Johann Wolfgang von Goethe unterstellen, dass er mit seinem Gedicht vom Heideröslein eine „Vergewaltigungsballade“ geschaffen und im Osterspaziergang „Krieg und Kriegsgeschrei“ verherrlicht hat. Immerhin haben Philosophen (Kant, Fichte) und Schriftsteller (Matthias Claudius, Bert Brecht, Albert Schweitzer) diese – nach Kubitza - „fragwürdige Weltliteratur“ (=Altes Testament) nicht nur hoch geschätzt, sondern auch Erzählmuster, Themen, Gestalten und Motive daraus rezipiert.
    Kubitza geht selektiv vor. So lässt er sich zwar lang und breit über die grausame Schilderung der so genannten „Landnahme“ im Buch Josua aus (22, 90, 103), erwähnt aber die völlig unkriegerische Dublette der Erzählung in 4 Mos 12,16-14,2 mit keiner Silbe. Auch die alttestamentliche Weisheitsliteratur scheint er nicht zu kennen. Es sei denn, sie passt, wie das Buch Hiob, in sein religionskritisches Konzept.
    Nicht die Bibel ist das Problem, sondern wie mit ihr umgegangen und wie sie verstanden wird. Sie ist ein in vielfacher Hinsicht gefährliches und gefährdetes Buch. Es ist nicht schwer, die Bibel gegen die Bibel auszuspielen. Wer die gewaltverherrlichenden Texte des Alten Testaments herauspickt, kann daraus ein gänzlich anderes Buch machen als jener, der nur die Texte selektiert, die eher gewaltkritisch sind. Ähnliches gilt für das Gottesbild.
    Die biblischen Texte sind von Menschen geschrieben, die etwas erfahren haben, das sie zeitgemäß und subjektiv deuteten und anderen Menschen mitteilen wollten. Das Zweite Vatikanische Konzil hat eindringlich darauf hingewiesen, dass zum richtigen Verständnis der Bibel „genau“ zu achten ist „auf die vorgegebenen umweltbedingten Denk-, Sprach- und Erzählformen..., die zur Zeit des Verfassers herrschten... Die Schrift (muss) in dem Geist gelesen und ausgelegt werden..., in dem sie geschrieben wurde“ (Zweites Vatikanisches Konzil, DV 12). Das heißt: Die gesicherten Erkenntnisse der historisch-kritischen Bibelexegese sind so weit wie nur irgend möglich bekannt zu machen. Dabei dürfen die Irrwege und Abwege des Judentums und der Christenheit im Hinblick auf Gewalt und Gewaltanwendung nicht verschwiegen werden. Das geschieht im vorliegenden Buch zur Genüge – allerdings höchst polemisch, selektiv und tendenziös.
    Norbert Scholl

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