Der König
Roman
Ein großer Familienroman - und das bestürzend aktuelle Psychogramm eines Landes im Umbruch
Leider schon ausverkauft
versandkostenfrei
Buch (Gebunden)
22.70 €
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Produktdetails
Produktinformationen zu „Der König “
Ein großer Familienroman - und das bestürzend aktuelle Psychogramm eines Landes im Umbruch
Klappentext zu „Der König “
Als Mitte des 19. Jahrhunderts Schah Naser al-Din König von Persien wird, befindet sich sein Reich in vieler Hinsicht noch im Mittelalter. Der Schah ist hin- und hergerissen zwischen seinen beiden wichtigsten Beratern: seiner Mutter Mahdolia, die die Familientradition bewahren will, und dem Wesir Mirza Kabir, einem gebildeten, weltoffenen Mann, der Persien an die europäische Moderne anbinden möchte. Die konservativen Kräfte um Mahdolia gewinnen die Oberhand, doch das Volk begehrt auf.In atmosphärischen Bildern und mit einer dichten, poetischen Sprache erweckt Kader Abdolah die ferne Welt der persischen Könige zum Leben. "Der König" ist eine Geschichte über Macht und Verblendung, sie erzählt von einem Herrscher, der an den Interessen seines Volkes vorbeiregiert, weil er die Zeichen der Zeit nicht erkennt. Dieser Roman ist mehr als das Porträt einer vergangenen Zeit, er lässt sich auch als eine tiefgründige Darstellung des heutigen Iran lesen.
Lese-Probe zu „Der König “
Die Könige von Kader AbdolahEinleitung
In persischen Teehäusern wurden jahrhundertelang Geschichten von den ruhmreichen Königen erzählt. Die Erzähler spielten mit der Zeit und ließen ihrer Phantasie freien Lauf, um die Vergangenheit so lebendig und farbenfroh wie möglich zu schildern. Sie veränderten manche Ereignisse, verzichteten auf andere und fügten wieder andere hinzu.
Sie führten die Erzählkunst der großen persischen Dichter des Mittelalters fort. Als das persische Reich vor vierzehn Jahrhunderten unterging, bedeutete dies auch das Ende des Erzählens.
Doch das Leben brachte den Dichter Firdausi hervor. Er schrieb das Heldenepos Schahname, das Königsbuch. Um von den zahlreichen Ereignissen im untergegangenen Reich erzählen zu können, schuf Firdausi den Helden Rostam und schenkte ihm ein Leben von ungefähr neunhundert Jahren. Auf diese Weise konnte der Dichter das verlorene Erbe der Perser dem Vergessen entreißen.
Der Erzähler des vorliegenden Romans tritt in die Fußstapfen des Dichters.
1. Die Könige
Am Anfang war die Kuh, und die Kuh war bei Gott, der Ahura Mazda genannt wurde.
Die Kuh gab noch keine Milch. Ahura Mazda segnete sie und sprach: »Wir haben niemanden über dich gesetzt, wir haben dich für die erschaffen, welche die Vierfüßer hüten, und für die, welche für das Weideland sorgen.«
Jahrtausende vergingen, dann brachte das Leben den Menschen Gajumarth hervor. Eines Abends stand Gajumarth vor seiner Höhle und schaute empor zu den Sternen und zum Mond, der auf Kühe und Menschen schien. Er dachte bei sich: Jemand muss dieses Mysterium in die richtigen Bahnen lenken.
... mehr
Als er an einem sonnigen Nachmittag wieder vor dem Eingang seiner Höhle stand, zogen plötzlich dunkle Wolken auf, und es regnete ohne Unterlass. Die Flüsse schwollen an, überfluteten die Wiesen und rissen Menschen und Kühe mit.
Gajumarth dachte bei sich: Jemand muss die Flüsse lenken.
Ein andermal sah er, wie Männer miteinander kämpften und einander mit Stöcken erschlugen. Er sah die Frauen vor Angst zittern und die Kinder weinen und sagte zu sich: »Jemand muss die Männer führen und die Frauen und Kinder beschützen.«
Eines Morgens, die Sonne war gerade aufgegangen, brachten ihm die Frauen und Kinder einen Kranz aus jungen Zweigen und duftenden Blumen. Er setzte ihn sich auf den Kopf, streckte die Arme gen Himmel und sprach: »Ahura Mazda! Schenke mir die Kraft, alles auf Erden, was stillsteht, und alles, was sich bewegt, zu lenken.«
Dann stieg er vom Gebirge hinab.
Gajumarth regierte siebenhundert Jahre lang. Nach ihm kamen noch viele Könige. Einer von ihnen war Astyages, der König der Meder, der über die Perser herrschte. Astyages träumte, aus dem Schoß seiner Tochter Mandane wachse ein Weinstock, der die ganze Welt überschatten werde. Seine Traumdeuter, die er befragte, erklärten, seine Tochter, die einen Prinzen aus dem Stamm der unterworfenen Perser geheiratet hatte, werde einen Sohn gebären, der ihn, den König, vom Thron stoßen werde.
Daraufhin gab Astyages den Befehl, den Sohn seiner Tochter sofort nach der Geburt zu töten, doch das Kind, das den Namen Kyros erhielt, wurde heimlich ausgesetzt und von einem Hirten großgezogen. Später, als Kyros erwachsen war, tötete er Astyages und wurde König an seiner statt.
Kyros war ein großer Eroberer. Er hinterließ eine Tafel, auf der in Keilschrift stand: »Ich bin Kyros, der König des Weltreichs, der große und mächtige König, der König von Babylonien, der König von Sumer und Akkad, der König der vier Himmelsgegenden. Alle Könige vom oberen Meer bis zum unteren Meer, jene, welche in fernen Gebieten leben, und die Könige des Westens, die in Zelten wohnen, sie alle brachten mir kostbare Schätze. Und in Babylon küssten sie mir die Füße.«
Kambyses, Sohn des Kyros, bestieg nach dem Tod seines Vaters den Thron. Ihm folgten drei weitere Könige, bis Darius III. an die Macht kam. Dieser gründete ein großes und starkes Reich, in dem die Sonne nie unterging. Er ließ ein Netz von Straßen anlegen, die alle Teile seines Königreichs miteinander verbanden. Und er beschloss, Griechenland zu erobern. Mit einem Heer, das aus Indern, Äthiopiern, Moschern, Thrakern, Kissern und Assyrern bestand, landete er im Hafen von Athen.
Die Griechen erschraken über seine göttliche Erscheinung. Sie wussten, dass sie den Krieg niemals gewinnen würden, doch die Götter stellten sich auf ihre Seite. Mit ihrer Hilfe brachen sie die Kraft des machtvollen Heeres der Perser, und der König floh.
Mit seiner Flucht brachte Darius die Götter des Ostens in Verlegenheit. Ihnen wäre es lieber gewesen, er wäre gefallen, in Gefangenschaft geraten oder in Stücke gehackt worden. Alles, nur keine Flucht. Ein alter Spruch lautet: Ein toter Löwe bleibt ein Löwe, ein verwundeter Löwe bleibt ein Löwe, und ein Löwe in Gefangenschaft bleibt immer noch ein Löwe. Nur ein Löwe, der vor dem Feind flieht, ist keiner mehr.
Seitdem haben sich die Götter von den persischen Königen abgewandt, der Niedergang des Reiches setzte ein.
Später fiel Alexander der Große in das Perserreich ein. Er legte alle Paläste in Schutt und Asche und raubte die unermesslichen Schätze. Dann zog er weiter nach Indien, um auch dieses Land zu unterwerfen.
Ein paar Jahrhunderte später brachen die Mohammedaner mit ihrem gerade verfassten Koran in das geschwächte Reich ein. Innerhalb von drei Wochen rissen sie die Macht an sich. Yazdegerd, der letzte persische Großkönig, schwang sich auf sein Pferd und floh im Galopp an die fernste östliche Grenze, nach Herat. Er hoffte, sein Heer wieder sammeln und die Araber vertreiben zu können. Tief in der Nacht suchte er erschöpft bei einer Mühle nach einem Ruheplatz. Der Müller, den sein königliches Gewand und seine Juwelen lockten, erwürgte ihn im Schlaf. So setzte ein Müller den Schlusspunkt unter das große Reich der Perser.
Noch später fielen die Horden des Dschingis Khan über Persien her, und von der alten Pracht blieb nichts mehr übrig. Erst unter der Dynastie der Safawiden erholte das Land sich wieder. Doch auch das währte nicht lange. Das Reich verfiel. Verschiedene Stämme kämpften um die Macht.
Zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts gelang es einem der Stämme, die Herrschaft zu erringen. Dieses Buch erzählt die Geschichte eines Königs aus diesem Stamm: Schah Naser.
Copyright © Ullstein HC (Verlag)
Als er an einem sonnigen Nachmittag wieder vor dem Eingang seiner Höhle stand, zogen plötzlich dunkle Wolken auf, und es regnete ohne Unterlass. Die Flüsse schwollen an, überfluteten die Wiesen und rissen Menschen und Kühe mit.
Gajumarth dachte bei sich: Jemand muss die Flüsse lenken.
Ein andermal sah er, wie Männer miteinander kämpften und einander mit Stöcken erschlugen. Er sah die Frauen vor Angst zittern und die Kinder weinen und sagte zu sich: »Jemand muss die Männer führen und die Frauen und Kinder beschützen.«
Eines Morgens, die Sonne war gerade aufgegangen, brachten ihm die Frauen und Kinder einen Kranz aus jungen Zweigen und duftenden Blumen. Er setzte ihn sich auf den Kopf, streckte die Arme gen Himmel und sprach: »Ahura Mazda! Schenke mir die Kraft, alles auf Erden, was stillsteht, und alles, was sich bewegt, zu lenken.«
Dann stieg er vom Gebirge hinab.
Gajumarth regierte siebenhundert Jahre lang. Nach ihm kamen noch viele Könige. Einer von ihnen war Astyages, der König der Meder, der über die Perser herrschte. Astyages träumte, aus dem Schoß seiner Tochter Mandane wachse ein Weinstock, der die ganze Welt überschatten werde. Seine Traumdeuter, die er befragte, erklärten, seine Tochter, die einen Prinzen aus dem Stamm der unterworfenen Perser geheiratet hatte, werde einen Sohn gebären, der ihn, den König, vom Thron stoßen werde.
Daraufhin gab Astyages den Befehl, den Sohn seiner Tochter sofort nach der Geburt zu töten, doch das Kind, das den Namen Kyros erhielt, wurde heimlich ausgesetzt und von einem Hirten großgezogen. Später, als Kyros erwachsen war, tötete er Astyages und wurde König an seiner statt.
Kyros war ein großer Eroberer. Er hinterließ eine Tafel, auf der in Keilschrift stand: »Ich bin Kyros, der König des Weltreichs, der große und mächtige König, der König von Babylonien, der König von Sumer und Akkad, der König der vier Himmelsgegenden. Alle Könige vom oberen Meer bis zum unteren Meer, jene, welche in fernen Gebieten leben, und die Könige des Westens, die in Zelten wohnen, sie alle brachten mir kostbare Schätze. Und in Babylon küssten sie mir die Füße.«
Kambyses, Sohn des Kyros, bestieg nach dem Tod seines Vaters den Thron. Ihm folgten drei weitere Könige, bis Darius III. an die Macht kam. Dieser gründete ein großes und starkes Reich, in dem die Sonne nie unterging. Er ließ ein Netz von Straßen anlegen, die alle Teile seines Königreichs miteinander verbanden. Und er beschloss, Griechenland zu erobern. Mit einem Heer, das aus Indern, Äthiopiern, Moschern, Thrakern, Kissern und Assyrern bestand, landete er im Hafen von Athen.
Die Griechen erschraken über seine göttliche Erscheinung. Sie wussten, dass sie den Krieg niemals gewinnen würden, doch die Götter stellten sich auf ihre Seite. Mit ihrer Hilfe brachen sie die Kraft des machtvollen Heeres der Perser, und der König floh.
Mit seiner Flucht brachte Darius die Götter des Ostens in Verlegenheit. Ihnen wäre es lieber gewesen, er wäre gefallen, in Gefangenschaft geraten oder in Stücke gehackt worden. Alles, nur keine Flucht. Ein alter Spruch lautet: Ein toter Löwe bleibt ein Löwe, ein verwundeter Löwe bleibt ein Löwe, und ein Löwe in Gefangenschaft bleibt immer noch ein Löwe. Nur ein Löwe, der vor dem Feind flieht, ist keiner mehr.
Seitdem haben sich die Götter von den persischen Königen abgewandt, der Niedergang des Reiches setzte ein.
Später fiel Alexander der Große in das Perserreich ein. Er legte alle Paläste in Schutt und Asche und raubte die unermesslichen Schätze. Dann zog er weiter nach Indien, um auch dieses Land zu unterwerfen.
Ein paar Jahrhunderte später brachen die Mohammedaner mit ihrem gerade verfassten Koran in das geschwächte Reich ein. Innerhalb von drei Wochen rissen sie die Macht an sich. Yazdegerd, der letzte persische Großkönig, schwang sich auf sein Pferd und floh im Galopp an die fernste östliche Grenze, nach Herat. Er hoffte, sein Heer wieder sammeln und die Araber vertreiben zu können. Tief in der Nacht suchte er erschöpft bei einer Mühle nach einem Ruheplatz. Der Müller, den sein königliches Gewand und seine Juwelen lockten, erwürgte ihn im Schlaf. So setzte ein Müller den Schlusspunkt unter das große Reich der Perser.
Noch später fielen die Horden des Dschingis Khan über Persien her, und von der alten Pracht blieb nichts mehr übrig. Erst unter der Dynastie der Safawiden erholte das Land sich wieder. Doch auch das währte nicht lange. Das Reich verfiel. Verschiedene Stämme kämpften um die Macht.
Zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts gelang es einem der Stämme, die Herrschaft zu erringen. Dieses Buch erzählt die Geschichte eines Königs aus diesem Stamm: Schah Naser.
Copyright © Ullstein HC (Verlag)
... weniger
Autoren-Porträt von Kader Abdolah
Abdolah, KaderKader Abdolah, 1954 im Iran geboren, studierte Physik in Teheran und war in der Studentenbewegung aktiv. 1988 floh er aus politischen Gründen mit seiner Familie nach Holland, wo er heute in der Nähe von Amsterdam lebt. Kader Abdolah zählt zu den bedeutendsten iranischen Exilschriftstellern und ist in den Niederlanden ein Bestsellerautor.
Bibliographische Angaben
- Autor: Kader Abdolah
- 2013, 400 Seiten, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Kuby, Christiane
- Übersetzer: Christiane Kuby
- Verlag: Ullstein HC
- ISBN-10: 3550088884
- ISBN-13: 9783550088889
- Erscheinungsdatum: 13.09.2013
Kommentar zu "Der König"
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Der König".
Kommentar verfassen