Der Sinn des Lebens
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Produktinformationen zu „Der Sinn des Lebens “
Klappentext zu „Der Sinn des Lebens “
Was ist der Sinn des Lebens? Gibt es darauf überhaupt eine Antwort? Wenn ja, liegt sie in uns? Oder ist die Frage falsch gestellt? Terry Eagleton widmet sich diesem existenziellen Thema auf geistreiche und witzige Art. Ein außergewöhnliches Philosophiebuch.Der moderne Mensch tut sich besonders schwer mit der Sinnsuche. Viele glauben ebenso wenig an die eine, endgültige Bedeutung des Lebens wie an den Weihnachtsmann. Es scheint, als sei es heute einfacher, den Lebenssinn in New-Age-Religionen oder einem bestimmten Fußballclub zu entdecken, als sich mit zentralen philosophischen Fragestellungen zu beschäftigen. Zumal es einem die Philosophen auch nicht leicht machen: Sie haben die ärgerliche Angewohnheit, Fragen zu analysieren, anstatt sie zu beantworten. Zum Glück ist Terry Eagleton kein Philosoph. Er erläutert auf originelle und unterhaltsame Weise, wie Geistesgrößen von Shakespeare bis Schopenhauer, von Marx bis Sartre die Frage nach dem Sinn des Lebens beantwortet haben. Und er findet eigene, überraschende und inspirierende Antworten.
Lese-Probe zu „Der Sinn des Lebens “
Der Sinn des Lebens von Terry EagletonIn unserer Zeit ist eine der populärsten und einflussreichsten Branchen der Kulturindustrie zweifellos der Sport. Wenn man fragt, woraus heutzutage zahlreiche Menschen und vor allem Männer ihren Lebenssinn beziehen, gäbe es sicher schlechtere Antworten als »Fußball«.
Viele von Ihnen wären vielleicht nicht bereit, das zuzugeben, doch der Sport und in Großbritannien der Fußball steht für all die hehren Dinge wie Glaube, nationale Souveränität, persönliche Ehre, ethnische Identität und dergleichen, für die über die Jahrhunderte Menschen bereit waren, ihr Leben hinzugeben. Sport, das sind Stammesloyalitäten und Rivalitäten, symbolische Rituale, sagenhafte Legenden, zu Ikonen gewordene Helden, epische Kämpfe, ästhetische Schönheit, körperliche Erfüllung, intellektuelle Befriedigung, erhabenes Schauspiel und ein tiefes Zugehörigkeitsgefühl. Außerdem vermittelt er eine menschliche Solidarität und physische Unmittelbarkeit, die das Fernsehen nicht bietet. Ohne diese Werte wäre das Leben vieler Menschen zweifellos ziemlich leer. Nicht Religion, sondern Sport ist heute Opium für das Volk.
Und in der Welt des christlichen oder islamischen Fundamentalismus ist die Religion mittlerweile wohl weniger Opium für das Volk als Crack für die Masse. Die selbst ernannten Yogis und falschen Weisen unserer Zeit bieten einen Ersatz für die gescheiterten Götter herkömmlicher Prägung. So hält man den Philosophen heute kaum für mehr als einen Sprachtechniker in weißem Kittel. Zwar ist die Vorstellung, der Philosoph sei ein Führer zum Sinn des Lebens, ein populäres Missverständnis. Dennoch könnte man etwas mehr von ihm erwarten, als dass er Menschen davon abhält, aus dem Fenster zu
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springen, indem er ihnen klarmacht, dass die Grammatik von »es macht nichts« anders ist als die von »er macht nichts«.
Die Theologie war durch die schleichende Säkularisierung wie auch durch die Verbrechen und Dummheiten der Kirchen in Misskredit geraten. Eine positivistische Soziologie, eine behavioristische Psychologie und eine Politikwissenschaft ohne jede Vision vervollständigten den Verrat an der Intelligenzia. In dem Maße, wie die Geisteswissenschaften auf die Bedürfnisse der Ökonomie zugeschnitten wurden, verabschiedeten sie sich von der Erforschung fundamentaler Fragen, und Kartenleser, Pyramidenschieber, Atlantis-Avatare und Seelenentgifter beeilten sich, ihren Platz einzunehmen. Die Frage nach dem Sinn des Lebens war nun eine lukrative Industrie.
Bücher mit Titeln wie Metaphysik für Manager wurden gierig verschlungen. Aus Enttäuschung über eine vom Geldverdienen besessene Welt wandten viele Menschen sich den Lieferanten spiritueller Wahrheiten zu, die reichlich Geld damit verdienten, solche Wahrheiten zu liefern. Woran mag es sonst noch liegen, dass die Frage nach dem Sinn des Lebens in der Moderne so nachdrücklich gestellt wird? Zum Teil wahrscheinlich daran, dass es im modernen Leben sowohl zu viel Sinn gibt als auch zu wenig. Die Moderne ist die Epoche, in der wir über alle fundamentalen moralischen und politischen Fragen heftig aneinandergeraten.
Zahlreiche rivalisierende Kämpfer treten in der Arena der Sinnfrage an, und keiner von ihnen ist in der Lage, die übrigen durch K.O. zu besiegen. Jede einzelne Lösung erscheint zweifelhaft, weil so viele verführerische Alternativen zur Verfügung stehen. Wir sind hier in einer Art Teufelskreis gefangen. Wenn überkommene Glaubensvorstellungen angesichts einer historischen Krise zerfallen, gewinnt die Frage nach dem Sinn des Lebens an Bedeutung. Doch gerade die Tatsache, dass die Frage nun solche Bedeutung besitzt, provoziert ein breites Spektrum von Antworten. Und wegen dieser verwirrenden Vielfalt verliert jede einzelne Antwort an Glaubwürdigkeit.
Man könnte also sagen, je nachdrücklicher die Frage nach dem Sinn des Lebens gestellt wird, desto schwerer fällt die Antwort. In dieser Situation gibt es immer auch solche, die gerade in der Vielfalt der Ansichten zu diesem Thema den Sinn des Lebens oder zumindest ein ordentliches Stück davon zu entdecken glauben. Die Menschen, die so denken, werden gemeinhin als Liberale bezeichnet oder heute auch als Anhänger postmodernen Denkens. Für sie ist eine endgültige Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens weniger wichtig als die Tatsache, dass es so zahlreiche und exotisch vielfältige Antworten gibt. Und in der Tat ist die Freiheit, die das bedeutet, vielleicht der kostbarste Sinn, auf den wir jemals stoßen werden.
Was manchen als hoffnungslose Fragmentierung erscheint, halten andere für eine beglückende Befreiung. Für die meisten leidenschaftlichen Sinnsucher zählt vor allem die Ausbeute. Für Liberale und Postmoderne zählt dagegen der fröhliche Lärm des Gesprächs, der in ihren Augen wahrscheinlich das Maximum an Sinn ausmacht, das wir überhaupt zutage fördern können. Der Sinn des Lebens liegt in der Suche nach dem Sinn des Lebens.
Vielen Liberalen sind Fragen wichtiger als Antworten, da sie Antworten für unangemessen einschränkend halten. Fragen haben etwas frei Fließendes, Antworten dagegen nicht. Es kommt darauf an, den Geist für vielfältige Fragen offenzuhalten statt ihn mit einer faden, eindeutigen Antwort zu verschließen.
Es stimmt zwar, dass dieser Ansatz nicht sonderlich gut funktioniert, wenn man zum Beispiel fragt: »Wie können wir genug Lebensmittel dorthin schaffen, bevor die Menschen verhungern?« Oder: »Könnte man durch diese Maßnahme rassistische Morde verhindern?«
Aber vielleicht haben Liberale ja Fragen höherer Art im Sinn. Der liberale Pluralismus hat allerdings auch Grenzen, denn manche Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Lebens stehen nicht nur im Konflikt miteinander, sondern schließen einander aus. So sind Sie vielleicht der Ansicht, der Sinn des Lebens liege in der Sorge für die Schwachen, während ich behaupten könnte, er liege darin, so viele kranke, hilflose Wesen wie nur möglich zu drangsalieren.
Es ist denkbar, dass wir beide Unrecht haben, aber wir können unmöglich beide Recht haben. Selbst der Liberale muss hier auf strengem Ausschluss bestehen und jede Lösung verhindern, die (wie etwa der Aufbau eines totalitären Staates) sein Engagement für Freiheit und Pluralismus untergraben könnte. Freiheit darf nicht ihre eigenen Grundlagen zerstören, auch wenn Radikale gerne behaupten, in kapitalistischen Gesellschaften geschehe genau das jeden Tag.
Der Pluralismus hat auch insofern seine Grenzen, als der Sinn des Lebens für uns alle derselbe sein müsste, falls es denn den Sinn des Lebens gibt.
Ich kann sagen: »Der Sinn meines Lebens ist es, so viel Whisky zu trinken, dass ich gerade noch kriechen kann.«
Aber ich kann nicht sagen: »Der Sinn des Lebens ist es, möglichst viel Whisky zu trinken« es sei denn, ich meinte damit dasselbe wie im Satz zuvor.
Geradeso gut könnte ich sagen: »Für mich ist die Farbe des Schnees ein ins Magenta spielendes Türkis.«
Oder auch: »Das Wort >Kegeln< bedeutet für mich >Seerose<.«
Über Sinn und Bedeutung kann ich nicht allein entscheiden. Wenn das Leben einen Sinn hat, dann hat es ihn für Sie und mich und alle anderen, ganz gleich, worin dieser Sinn nach unserer Ansicht oder unseren Wünschen bestehen mag. Trotzdem könnte man sich durchaus vorstellen, dass es mehr als nur einen einzigen Sinn hat. Weshalb sollte es nur einen Sinn des Lebens geben?
Wie wir ihm mehr als einen Sinn zuschreiben können, so könnte es auch mehr als einen ursprünglichen Sinn haben, sofern es denn überhaupt einen ursprünglichen Sinn hat. Vielleicht ist darin ein mehrfacher Sinn am Werk, der in Teilen sogar in sich widersprüchlich ist. Oder vielleicht wechselt der Sinn des Lebens von Zeit zu Zeit, wie wir ja auch unsere Ziele wechseln. Wir sollten nicht unterstellen, dass Gegebenes oder Ursprüngliches stets gleich und singulär bliebe.
Und wenn nun das Leben einen Sinn hätte, der ganz und gar nicht unseren Vorstellungen entspräche? Vielleicht hat das Leben einen Sinn, aber die Mehrzahl aller Menschen, die jemals gelebt haben, hat sich darüber getäuscht. Falls Religion falsch wäre, träfe genau dies zu.
Viele Leser dieses Buches dürften jedoch dem Ausdruck »Sinn des Lebens« mit ähnlicher Skepsis begegnen wie dem Weihnachtsmann. Der Begriff wirkt eher kurios, zugleich wichtigtuerisch und anspruchsvoll, wie geschaffen für einen satirischen Großangriff von Monty Python.* Viele gebildete Menschen der westlichen Welt zumindest außerhalb der erstaunlich religiösen Vereinigten Staaten glauben heute, das Leben sei ein Zufallsprodukt der Evolution und habe von sich aus etwa so viel Sinn wie ein Windstoß oder ein Magenknurren. Weil das Leben nach dieser Vorstellung aber keinen vorgegebenen Sinn hat, ist der Weg für den einzelnen Menschen frei, ihm jeden Sinn zu geben, den er möchte.
Wenn unser Leben einen Sinn hat, dann einen, den wir selbst ihm geben, und nicht einen, der fertig vorgegeben wäre. Nach dieser Theorie sind wir Urheber und Autoren unserer selbst und nicht darauf angewiesen, dass eine Abstraktion namens Leben unsere Geschichten schreibt. Nach Ansicht von Nietzsche oder Oscar Wilde könnten wir alle (wenn wir es nur wagten) große Künstler unserer selbst sein, Ton in unseren eigenen Händen, dem wir selbst eine einzigartige Form geben würden. Wenn ich es richtig verstehe, ist die landläufige Ansicht dazu, der Sinn des Lebens sei nicht vorgefertigt, sondern werde konstruiert. Und jeder von uns könne das auf ganz unterschiedliche Weise tun. Ohne Zweifel hat diese Auffassung einiges für sich. Aber da sie auch ziemlich fade und langweilig ist, möchte ich sie hier auf den Prüfstand stellen. Ich will deshalb die Ansicht, der Sinn des Lebens sei eine Privatangelegenheit, in einem Teil dieses Buches genauer untersuchen, um herauszufinden, wie weit sie trägt.
* Es gibt noch einen anderen, nicht von Monty Python stammenden Film mit dem Titel Der Sinn des Lebens, den ich einmal im Mormonentempel in Salt Lake City gesehen habe. Leider habe ich vollkommen vergessen, worin dieser Film den Sinn des Lebens sah vielleicht auch, weil ich ziemlich erstaunt war, dass der Film nur vier Minuten dauerte.
Die Theologie war durch die schleichende Säkularisierung wie auch durch die Verbrechen und Dummheiten der Kirchen in Misskredit geraten. Eine positivistische Soziologie, eine behavioristische Psychologie und eine Politikwissenschaft ohne jede Vision vervollständigten den Verrat an der Intelligenzia. In dem Maße, wie die Geisteswissenschaften auf die Bedürfnisse der Ökonomie zugeschnitten wurden, verabschiedeten sie sich von der Erforschung fundamentaler Fragen, und Kartenleser, Pyramidenschieber, Atlantis-Avatare und Seelenentgifter beeilten sich, ihren Platz einzunehmen. Die Frage nach dem Sinn des Lebens war nun eine lukrative Industrie.
Bücher mit Titeln wie Metaphysik für Manager wurden gierig verschlungen. Aus Enttäuschung über eine vom Geldverdienen besessene Welt wandten viele Menschen sich den Lieferanten spiritueller Wahrheiten zu, die reichlich Geld damit verdienten, solche Wahrheiten zu liefern. Woran mag es sonst noch liegen, dass die Frage nach dem Sinn des Lebens in der Moderne so nachdrücklich gestellt wird? Zum Teil wahrscheinlich daran, dass es im modernen Leben sowohl zu viel Sinn gibt als auch zu wenig. Die Moderne ist die Epoche, in der wir über alle fundamentalen moralischen und politischen Fragen heftig aneinandergeraten.
Zahlreiche rivalisierende Kämpfer treten in der Arena der Sinnfrage an, und keiner von ihnen ist in der Lage, die übrigen durch K.O. zu besiegen. Jede einzelne Lösung erscheint zweifelhaft, weil so viele verführerische Alternativen zur Verfügung stehen. Wir sind hier in einer Art Teufelskreis gefangen. Wenn überkommene Glaubensvorstellungen angesichts einer historischen Krise zerfallen, gewinnt die Frage nach dem Sinn des Lebens an Bedeutung. Doch gerade die Tatsache, dass die Frage nun solche Bedeutung besitzt, provoziert ein breites Spektrum von Antworten. Und wegen dieser verwirrenden Vielfalt verliert jede einzelne Antwort an Glaubwürdigkeit.
Man könnte also sagen, je nachdrücklicher die Frage nach dem Sinn des Lebens gestellt wird, desto schwerer fällt die Antwort. In dieser Situation gibt es immer auch solche, die gerade in der Vielfalt der Ansichten zu diesem Thema den Sinn des Lebens oder zumindest ein ordentliches Stück davon zu entdecken glauben. Die Menschen, die so denken, werden gemeinhin als Liberale bezeichnet oder heute auch als Anhänger postmodernen Denkens. Für sie ist eine endgültige Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens weniger wichtig als die Tatsache, dass es so zahlreiche und exotisch vielfältige Antworten gibt. Und in der Tat ist die Freiheit, die das bedeutet, vielleicht der kostbarste Sinn, auf den wir jemals stoßen werden.
Was manchen als hoffnungslose Fragmentierung erscheint, halten andere für eine beglückende Befreiung. Für die meisten leidenschaftlichen Sinnsucher zählt vor allem die Ausbeute. Für Liberale und Postmoderne zählt dagegen der fröhliche Lärm des Gesprächs, der in ihren Augen wahrscheinlich das Maximum an Sinn ausmacht, das wir überhaupt zutage fördern können. Der Sinn des Lebens liegt in der Suche nach dem Sinn des Lebens.
Vielen Liberalen sind Fragen wichtiger als Antworten, da sie Antworten für unangemessen einschränkend halten. Fragen haben etwas frei Fließendes, Antworten dagegen nicht. Es kommt darauf an, den Geist für vielfältige Fragen offenzuhalten statt ihn mit einer faden, eindeutigen Antwort zu verschließen.
Es stimmt zwar, dass dieser Ansatz nicht sonderlich gut funktioniert, wenn man zum Beispiel fragt: »Wie können wir genug Lebensmittel dorthin schaffen, bevor die Menschen verhungern?« Oder: »Könnte man durch diese Maßnahme rassistische Morde verhindern?«
Aber vielleicht haben Liberale ja Fragen höherer Art im Sinn. Der liberale Pluralismus hat allerdings auch Grenzen, denn manche Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Lebens stehen nicht nur im Konflikt miteinander, sondern schließen einander aus. So sind Sie vielleicht der Ansicht, der Sinn des Lebens liege in der Sorge für die Schwachen, während ich behaupten könnte, er liege darin, so viele kranke, hilflose Wesen wie nur möglich zu drangsalieren.
Es ist denkbar, dass wir beide Unrecht haben, aber wir können unmöglich beide Recht haben. Selbst der Liberale muss hier auf strengem Ausschluss bestehen und jede Lösung verhindern, die (wie etwa der Aufbau eines totalitären Staates) sein Engagement für Freiheit und Pluralismus untergraben könnte. Freiheit darf nicht ihre eigenen Grundlagen zerstören, auch wenn Radikale gerne behaupten, in kapitalistischen Gesellschaften geschehe genau das jeden Tag.
Der Pluralismus hat auch insofern seine Grenzen, als der Sinn des Lebens für uns alle derselbe sein müsste, falls es denn den Sinn des Lebens gibt.
Ich kann sagen: »Der Sinn meines Lebens ist es, so viel Whisky zu trinken, dass ich gerade noch kriechen kann.«
Aber ich kann nicht sagen: »Der Sinn des Lebens ist es, möglichst viel Whisky zu trinken« es sei denn, ich meinte damit dasselbe wie im Satz zuvor.
Geradeso gut könnte ich sagen: »Für mich ist die Farbe des Schnees ein ins Magenta spielendes Türkis.«
Oder auch: »Das Wort >Kegeln< bedeutet für mich >Seerose<.«
Über Sinn und Bedeutung kann ich nicht allein entscheiden. Wenn das Leben einen Sinn hat, dann hat es ihn für Sie und mich und alle anderen, ganz gleich, worin dieser Sinn nach unserer Ansicht oder unseren Wünschen bestehen mag. Trotzdem könnte man sich durchaus vorstellen, dass es mehr als nur einen einzigen Sinn hat. Weshalb sollte es nur einen Sinn des Lebens geben?
Wie wir ihm mehr als einen Sinn zuschreiben können, so könnte es auch mehr als einen ursprünglichen Sinn haben, sofern es denn überhaupt einen ursprünglichen Sinn hat. Vielleicht ist darin ein mehrfacher Sinn am Werk, der in Teilen sogar in sich widersprüchlich ist. Oder vielleicht wechselt der Sinn des Lebens von Zeit zu Zeit, wie wir ja auch unsere Ziele wechseln. Wir sollten nicht unterstellen, dass Gegebenes oder Ursprüngliches stets gleich und singulär bliebe.
Und wenn nun das Leben einen Sinn hätte, der ganz und gar nicht unseren Vorstellungen entspräche? Vielleicht hat das Leben einen Sinn, aber die Mehrzahl aller Menschen, die jemals gelebt haben, hat sich darüber getäuscht. Falls Religion falsch wäre, träfe genau dies zu.
Viele Leser dieses Buches dürften jedoch dem Ausdruck »Sinn des Lebens« mit ähnlicher Skepsis begegnen wie dem Weihnachtsmann. Der Begriff wirkt eher kurios, zugleich wichtigtuerisch und anspruchsvoll, wie geschaffen für einen satirischen Großangriff von Monty Python.* Viele gebildete Menschen der westlichen Welt zumindest außerhalb der erstaunlich religiösen Vereinigten Staaten glauben heute, das Leben sei ein Zufallsprodukt der Evolution und habe von sich aus etwa so viel Sinn wie ein Windstoß oder ein Magenknurren. Weil das Leben nach dieser Vorstellung aber keinen vorgegebenen Sinn hat, ist der Weg für den einzelnen Menschen frei, ihm jeden Sinn zu geben, den er möchte.
Wenn unser Leben einen Sinn hat, dann einen, den wir selbst ihm geben, und nicht einen, der fertig vorgegeben wäre. Nach dieser Theorie sind wir Urheber und Autoren unserer selbst und nicht darauf angewiesen, dass eine Abstraktion namens Leben unsere Geschichten schreibt. Nach Ansicht von Nietzsche oder Oscar Wilde könnten wir alle (wenn wir es nur wagten) große Künstler unserer selbst sein, Ton in unseren eigenen Händen, dem wir selbst eine einzigartige Form geben würden. Wenn ich es richtig verstehe, ist die landläufige Ansicht dazu, der Sinn des Lebens sei nicht vorgefertigt, sondern werde konstruiert. Und jeder von uns könne das auf ganz unterschiedliche Weise tun. Ohne Zweifel hat diese Auffassung einiges für sich. Aber da sie auch ziemlich fade und langweilig ist, möchte ich sie hier auf den Prüfstand stellen. Ich will deshalb die Ansicht, der Sinn des Lebens sei eine Privatangelegenheit, in einem Teil dieses Buches genauer untersuchen, um herauszufinden, wie weit sie trägt.
* Es gibt noch einen anderen, nicht von Monty Python stammenden Film mit dem Titel Der Sinn des Lebens, den ich einmal im Mormonentempel in Salt Lake City gesehen habe. Leider habe ich vollkommen vergessen, worin dieser Film den Sinn des Lebens sah vielleicht auch, weil ich ziemlich erstaunt war, dass der Film nur vier Minuten dauerte.
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Autoren-Porträt von Terry Eagleton
Terry Eagleton ist Professor für Englische Literatur an der University of Manchester und Fellow der British Academy. Der international gefeierte Literaturwissenschaftler und Kulturtheoretiker hat über 50 Bücher verfasst. Auf Deutsch liegen u.a. vor Der Sinn des Lebens (2008), Das Böse (2011), Warum Marx recht hat (2012) und Hoffnungsvoll, aber nicht optimistisch (2016).
Bibliographische Angaben
- Autor: Terry Eagleton
- 2010, 6. Aufl., 160 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Michael Bischoff
- Verlag: List TB.
- ISBN-10: 3548609430
- ISBN-13: 9783548609430
- Erscheinungsdatum: 14.01.2010
Rezension zu „Der Sinn des Lebens “
»Anregend, ungewöhnlich und unterhaltsam.« The Independent »Das Buch ist ein kleines Juwel.« Irish Examiner
»Populäre Philosophie von einem Mann, der das Thema wirklich liebt.« The Guardian
»Ein herzerwärmendes und ein intellektuelles Vergnügen.« Financial Times
»Eagleton surft geistreich und kritisch durch Glücksentwürfe der Vergangenheit und Gegenwart. Glück? ... Antworten finden sich in diesem intellektuellen Schelmenstück.« STERN/ 16.10.08
»Terry Eagleton hat ein vergnügliches Buch über das Sinnsuchen geschrieben.« taz/ 29.11.08/Robert Misik
»Das ideale Buch für den Intensivleser, der vor dicken Abhandlungen genauso zurückschreckt wie vor Simplifizierungen« Hannoversche Allgemeine Zeitung/08.12.08
»...ein geglücktes und beglückendes Buch« Tages Anzeiger Zürich / 12.12.2008 / Guido Kalberer
»... eine sinnvolle Neuerscheinung.« Die Welt / 27.12.2008 / Thomas Gross
»Den Leser erwartet britischer Humor vom Feinsten. Denn Eagleton stellt bar jeder falschen Ehrfurcht oderätzender Rechthaberei Fragen, die den Nerv der Zeit treffen ... Das verständlich und witzig geschriebene Buch garantiert aufschlussreiche Leseerlebnisse und schärft den Blick für das, was sich die `Postmoderne noch so alles an vermeintlich Sinngebendem ausdenkt. Nicht ein Psychologe oder Therapeut hat den Menschen der Postmoderne auf die Coach gelegt und analysiert, sondern ein exquisiter Literaturkenner, Musikliebhaber und geistreicher Brite. Diesem Buch sind viel Leser zu wünschen!« LESART / 04/08 / Maria Panzer
»Eine scharfzüngig-brillante Denketüde.« DIE WELTWOCHE/ 15.01.09
»Verblüffend, mit welch heiterer Geschwindigkeit, mit welch logischer Leichtigkeit er gedankliche, philosophische, literarische und immer auch sprachkritische Belege zitiert, zerupft, verwirft. Die Gedanken beginnen zu tanzen, wie die Buchstaben auf dem Umschlag ...« STUTTGARTER NACHRICHTEN/ 17.01.09
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