Der Sturm der Gazellen
Roman. Die Insel-Romane II
»Er greift weit in die Geschichte zurück und befasst sich dennoch mit einem der brennenden Themen der Gegenwart.« Neue Ruhr-Zeitung
Nach dem Ersten Weltkrieg strandet eine bunte Schar Menschen aus allen Winkeln des alten Osmanischen Reiches auf einer...
Nach dem Ersten Weltkrieg strandet eine bunte Schar Menschen aus allen Winkeln des alten Osmanischen Reiches auf einer...
Leider schon ausverkauft
Taschenbuch
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Produktdetails
Produktinformationen zu „Der Sturm der Gazellen “
»Er greift weit in die Geschichte zurück und befasst sich dennoch mit einem der brennenden Themen der Gegenwart.« Neue Ruhr-Zeitung
Nach dem Ersten Weltkrieg strandet eine bunte Schar Menschen aus allen Winkeln des alten Osmanischen Reiches auf einer Insel in der Ägäis. Sie alle versuchen, heimisch zu werden auf diesem Flecken Land, während in ganz Anatolien noch Millionen auf der Flucht sind. Ein ergreifender, lebenskluger Roman über die großen Katastrophen unseres Jahrhunderts.
Nach dem Ersten Weltkrieg strandet eine bunte Schar Menschen aus allen Winkeln des alten Osmanischen Reiches auf einer Insel in der Ägäis. Sie alle versuchen, heimisch zu werden auf diesem Flecken Land, während in ganz Anatolien noch Millionen auf der Flucht sind. Ein ergreifender, lebenskluger Roman über die großen Katastrophen unseres Jahrhunderts.
Klappentext zu „Der Sturm der Gazellen “
Die paradiesische Insel in der Ägäis war menschenleer, nachdem die griechischen Bewohner nach dem Ersten Weltkrieg vertrieben wurden. Nach und nach stranden hier ihre neuen Bewohner, eine bunte Schar aus allen Winkeln des alten Osmanischen Reiches. Jeder hat tausend Geschichten zu erzählen und ebenso viele Geheimnisse zu verschweigen, jeder ist gezeichnet von Abenteuern, Heimsuchungen und Albträumen. Sie alle versuchen, heimisch zu werden auf diesem Flecken Land, während in ganz Anatolien noch Millionen auf der Flucht sind.Griechen, Türken, Kurden, Armenier, Jesiden, ob Christ, Alevit, Muslim oder Atheist - jeder auf dieser Insel wird von seinen Erinnerungen heimgesucht. Allmählich finden sie zueinander und werden zu einer verschworenen Gemeinschaft, auf die bereits neue Bewährungsproben warten.
Yasar Kemal erweist sich mit diesem Roman wieder als der herausragende Schriftsteller Anatoliens. Aus der Fülle eigenen Erlebens und lebenslangen Forschens verbindet er uralte Traditionen mit den Anliegen unserer Gegenwart.
»Genozid und Ökozid - dies sind die beiden großen Katastrophen unseres Jahrhunderts. Diese Tragödien sind Teil meines Lebens und Werkes.« Yasar Kemal
Lese-Probe zu „Der Sturm der Gazellen “
Der Sturm der Gazellen von Yasar KemalLESEPROBE
Zwischen zwei Flüssen tobt in der Wüste seit Tagen die Schlacht, bei Tag und bei Nacht. Das Krachen der Kanonen, das Rattern der Maschinengewehre, das Wiehern der Pferde und die Schreie der Soldaten finden kein Ende. Das geschlagene Heer flüchtet in heillosem Durcheinander nach Süden, ans andere Ende der Wüste, zum Mittelmeer. Die Granaten der feindlichen Artillerie explodieren im Gewimmel der fliehenden Männer, wirbeln mit dem Wüstensand Arme, Beine und Körperfetzen in die Luft. Tromben erheben sich übers Sandmeer, ziehen kreiselnd herbei, sodass die Soldaten die Hand nicht vor den Augen sehen können. Von einem Ende des Schlachtfelds zum andern das Gebrüll der Regimenter, die mit aufgepflanztem Bajonett aufeinander stoßen, dazu die weithin gellenden Rufe der Kämpfenden und das Pfeifen der Geschosse im grell aufblitzenden Licht.
Zehntausende zu Tode erschöpfte Soldaten werden von feindlichen Reitern verfolgt, auf den Uferböschungen des Flusses gestellt und niedergesäbelt. Tot oder verwundet treiben sie im Wasser, gehen unter, tauchen auf. Der Strom ist schwarz von ertrinkenden Soldaten. Sie brüllen, rufen um Hilfe, werden mit den dahintreibenden Leichen weiter unten ans Ufer geschwemmt, verenden dort und verpesten nach einigen Tagen die Luft mit ihrem Gestank so sehr, dass niemand, und sei er am Verdursten, sich in ihre Nähe wagt.
Auch die Verfolger, die ihre erschöpften, schaumbedeckten Pferde auf den Böschungen nicht mehr zügeln können, verschwinden oft gemeinsam mit ihren Opfern in den Fluten.
Das Sperrfeuer verstummt nicht. Granaten bersten mitten im Fluss, Arme, Beine, Körperfetzen von Ross und Reiter werden mit den Wasserfontänen hochgeschleudert, während sich feindliche Soldaten, die sich eben noch an die Kehle gegangen sind, in Todesangst
... mehr
aneinander klammern. Und am Rande des Schlachtfeldes in der Wüstenei Schulter an Schulter gefallene und in den letzten Zügen liegende Soldaten, verwundete, schreiende und auf dem Rücken ausgestreckte, in den Himmel starrende, ihr Leben aushauchende Männer. Im gestreckten Galopp heranpreschende, den Verwundeten den Todesstoß versetzende Kavallerie. Im endlosen Wüstensand liegen Pferde, Maultiere, Kamele, umgestürzte Protzen, Geschütze und Gerät. Hoch droben kreisen Adler, die im Gleitflug von den Bergen kamen. Nebeneinander, Flügelspitze an Flügelspitze schweben sie über den im Wasser treibenden Leichen stromab und gehen auf die ans Ufer geschwemmten nieder.
In der Wüste breitet sich ein bestialischer Gestank über das Schlachtfeld aus, das unter dem Donner der Kanonen, dem Bellen der Maschinengewehre und dem Geschrei der Kämpfenden zu beben scheint. Glitzernder Sand blendet die Augen, verwandelt die lichte Umgebung in dichtes Dunkel, der schneeweiße Himmel zieht davon, hinterlässt gähnende Leere.
Wie ein Wüstensturm zieht der Schlachtenlärm mit den Tromben in alle Richtungen. Herden von Gazellen gleiten wie rote Wildwasserströme von den Bergen herab in die Wüste, rennen, aufgeschreckt vom Schlachtenlärm, am Wüstenrand heillos durcheinander, sammeln sich wieder, ziehen weiter, wirbeln erneut durcheinander, als sie zu den Stellungen der Soldaten kommen, und finden sich plötzlich im Schlachtengetümmel wieder. Von überall her regnet es Geschosse auf sie herab, in Todesangst rennen sie immer schneller, sie springen in hohen Bögen immer weiter, landen, knicken ein und setzen wie im Fluge in weiten Sprüngen über den Sand. Und die von Kugeln getroffenen Gazellen legen sich mit großen, schwarzen, traurigen Augen hin, bleiben lang ausgestreckt wie ein totes Kind liegen und rühren sich nicht.
Die erschrockene, vor Angst außer sich geratene Herde bricht einmal nach rechts aus, stiebt auseinander, als tödlich getroffene Tiere stürzen, sammelt sich dann sofort, bricht in Wellen nach links aus, dann wieder nach rechts, als Tiere fallen, wieder nach links … Es werden immer weniger, und immer mehr werden getroffen und färben den Sand rot. Die übrig bleiben, finden keine Lücke aus diesem Schlachtfeld, die Bögen ihrer Sprünge werden kürzer, bald laufen sie nur noch müde und erschöpft im Kreis, ergeben sich ihrem Schicksal. Nach und nach füllt sich das Schlachtfeld mit verendeten Gazellen, die andern machen kleine Sprünge, ziellos, ratlos.
Die Schlacht aber tobt weiter. Völlig erschöpft drängen sich die Gazellen der auf die Hälfte geschrumpften Herde aneinander, rühren sich nicht mehr, heben nur die Köpfe, spitzen die Ohren, blicken mit schreckgeweiteten Augen hinauf zu den nahe liegenden Bergen im lichten Nebel. Plötzlich verstummt der Schlachtenlärm, herrscht dröhnende Stille. Die regungslos dastehenden Gazellen lauschen, schauen sich an, drängen sich noch enger und springen wie von der Sehne geschnellt in weiten, roten Bögen über die Soldaten und ihre Schützenlöcher hinweg und suchen das Weite. Der Sturm der Gazellen war vorbei.
Kaum hat auch die letzte Gazelle das Schlachtfeld verlassen, regnen aus allen Richtungen wieder die Geschosse, beginnen die Kanonen wieder zu donnern, und die Soldaten stürmen wieder mit aufgepflanzten Bajonetten. Die Schreie tausender hallen wieder gen Himmel. Die Wüste wimmert, im Sand liegen, aneinander gedrängt, tote Soldaten und Gazellen. Über ihnen bedecken kreisende Adler, die von den Bergen kommen, den Himmel.
© Unionsverlag
Übersetzung: Cornelius Bischoff
In der Wüste breitet sich ein bestialischer Gestank über das Schlachtfeld aus, das unter dem Donner der Kanonen, dem Bellen der Maschinengewehre und dem Geschrei der Kämpfenden zu beben scheint. Glitzernder Sand blendet die Augen, verwandelt die lichte Umgebung in dichtes Dunkel, der schneeweiße Himmel zieht davon, hinterlässt gähnende Leere.
Wie ein Wüstensturm zieht der Schlachtenlärm mit den Tromben in alle Richtungen. Herden von Gazellen gleiten wie rote Wildwasserströme von den Bergen herab in die Wüste, rennen, aufgeschreckt vom Schlachtenlärm, am Wüstenrand heillos durcheinander, sammeln sich wieder, ziehen weiter, wirbeln erneut durcheinander, als sie zu den Stellungen der Soldaten kommen, und finden sich plötzlich im Schlachtengetümmel wieder. Von überall her regnet es Geschosse auf sie herab, in Todesangst rennen sie immer schneller, sie springen in hohen Bögen immer weiter, landen, knicken ein und setzen wie im Fluge in weiten Sprüngen über den Sand. Und die von Kugeln getroffenen Gazellen legen sich mit großen, schwarzen, traurigen Augen hin, bleiben lang ausgestreckt wie ein totes Kind liegen und rühren sich nicht.
Die erschrockene, vor Angst außer sich geratene Herde bricht einmal nach rechts aus, stiebt auseinander, als tödlich getroffene Tiere stürzen, sammelt sich dann sofort, bricht in Wellen nach links aus, dann wieder nach rechts, als Tiere fallen, wieder nach links … Es werden immer weniger, und immer mehr werden getroffen und färben den Sand rot. Die übrig bleiben, finden keine Lücke aus diesem Schlachtfeld, die Bögen ihrer Sprünge werden kürzer, bald laufen sie nur noch müde und erschöpft im Kreis, ergeben sich ihrem Schicksal. Nach und nach füllt sich das Schlachtfeld mit verendeten Gazellen, die andern machen kleine Sprünge, ziellos, ratlos.
Die Schlacht aber tobt weiter. Völlig erschöpft drängen sich die Gazellen der auf die Hälfte geschrumpften Herde aneinander, rühren sich nicht mehr, heben nur die Köpfe, spitzen die Ohren, blicken mit schreckgeweiteten Augen hinauf zu den nahe liegenden Bergen im lichten Nebel. Plötzlich verstummt der Schlachtenlärm, herrscht dröhnende Stille. Die regungslos dastehenden Gazellen lauschen, schauen sich an, drängen sich noch enger und springen wie von der Sehne geschnellt in weiten, roten Bögen über die Soldaten und ihre Schützenlöcher hinweg und suchen das Weite. Der Sturm der Gazellen war vorbei.
Kaum hat auch die letzte Gazelle das Schlachtfeld verlassen, regnen aus allen Richtungen wieder die Geschosse, beginnen die Kanonen wieder zu donnern, und die Soldaten stürmen wieder mit aufgepflanzten Bajonetten. Die Schreie tausender hallen wieder gen Himmel. Die Wüste wimmert, im Sand liegen, aneinander gedrängt, tote Soldaten und Gazellen. Über ihnen bedecken kreisende Adler, die von den Bergen kommen, den Himmel.
© Unionsverlag
Übersetzung: Cornelius Bischoff
... weniger
Autoren-Porträt von Yasar Kemal
Yasar Kemal wird der »Sänger und Chronist seines Landes« genannt. Er wurde 1923 in einem Dorf Südanatoliens geboren. Seine Werke erschienen in zahlreichen Sprachen und wurden mit internationalen Preisen ausgezeichnet. 1997 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, 2008 wurde er mit dem Türkischen Staatspreis geehrt. Er starb in Istanbul am 28.2.2015.
Bibliographische Angaben
- Autor: Yasar Kemal
- 2008, 448 Seiten, Maße: 12,6 x 19,1 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung:Bischoff, Cornelius
- Übersetzer: Cornelius Bischoff
- Verlag: UNIONSVERLAG
- ISBN-10: 3293204120
- ISBN-13: 9783293204126
- Erscheinungsdatum: 18.02.2008
Rezension zu „Der Sturm der Gazellen “
»Wunderschön erzählt, ein ergreifendes Meisterwerk.« Für Sie
Kommentar zu "Der Sturm der Gazellen"
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Der Sturm der Gazellen".
Kommentar verfassen