Der Weihnachtsgast
Mariah und ihre Familie verbringen die Weihnachtstage an der stürmischen Südküste von Kent. Überraschend kommt noch ein ungebetener Gast hinzu: Maude Barrington. Kurz darauf liegt Maude tot im Bett, neben sich eine leere Flasche Pfefferminzwasser.
Wurde sie vergiftet?
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Mariah und ihre Familie verbringen die Weihnachtstage an der stürmischen Südküste von Kent. Überraschend kommt noch ein ungebetener Gast hinzu: Maude Barrington. Kurz darauf liegt Maude tot im Bett, neben sich eine leere Flasche Pfefferminzwasser.
Wurde sie vergiftet?
Mariah verbringt mit ihrer Familie und einem ungebetenen Gast, Maude Barrington, die Weihnachtstage an der stürmischen Südküste Kents. Als Maude plötzlich tot im Bett liegt, neben sich eine leere Flasche Pfefferminzwasser, wird Mariah misstrauisch. Wurde Maude vergiftet?
Der Weihnachtsgast von Anne Perry
LESEPROBE
»Das kann ich keineswegshinnehmen!«, rief
Mariah Ellison empört aus.Es war unerhört.
»Leider gibt es keine andereMöglichkeit«, erwiderte
Emily. Sie trug einwunderschönes hellgrünes Morgenkleid
mit modisch weiten Ärmelnund schwingendem
Rock. Mit ihrem zarten,hellhäutigen Teint sah sie
in dem Kleid hübscher aus,als sie in Wirklichkeit war,
und da sie eine gute Partiegemacht hatte, passte sich
ihr Auftreten dem höherengesellschaftlichen Rang an.
»Natürlich gibt es eineandere Möglichkeit!«, entgegnete
ihre Großmutter schroff undblickte von ihrem
Sessel im Salon zu ihr hoch.»Es gibt immer eine andere
Möglichkeit. Warum um allesin der Welt willst du ausgerechnet
jetzt nach Frankreichreisen? Bis Weihnachten
sind es nur noch acht Tage!«
»Noch neun Tage«,verbesserte Emily sie. »Wir sind
Weihnachten ins Loiretaleingeladen.«
»Wo in Frankreich istgänzlich unerheblich. Es ist
jedenfalls nicht in England.Wir werden den Kanal überqueren
müssen. Bei rauer See werdenwir alle seekrank.«
»Ich weiß, für dich wird essehr unerfreulich sein«,
gab Emily zu. »Und dieZugfahrt von Paris ist möglicherweise
ermüdend und zu dieserJahreszeit ist es
vielleicht auch sehr kalt «
»Was heißt vielleicht ?«,erwiderte ihre Großmutter
scharf. »Es wird zweifelsohneso sein.«
»Dann ist es wohl gut, dassdu nicht eingeladen bist.«
Emily lächelte verhalten.»Du brauchst dich also nicht
zu sorgen, wie du mitAnstand absagen kannst.«
Mariah meinte einen gewissenSarkasmus aus den
Worten ihrer Enkelinherauszuhören. Ihr kam eine unangenehme
und überraschendschmerzhafte Erkenntnis.
»Habe ich richtigverstanden, dass du mich über
Weihnachten allein in diesemHaus lassen willst,
während du in Frankreichirgendwelche Leute besuchst?
« Sie versuchte ärgerlich zuklingen, um sich
nicht anmerken zu lassen,dass sie sich plötzlich einsam
fühlte.
»Keineswegs Großmama«, sagteEmily fröhlich.
»Das wäre wirklich nichtschön für dich. Außerdem ist
es schon deshalb nichtmöglich, weil niemand da wäre,
der sich um dich kümmert.«
»Lächerlich!« Mariah fand zuihrem scharfen Ton zurück.
»Das ganze Haus ist vollerDienstboten.« Emilys
Weihnachtsfeiern gehörten zuden wenigen Dingen, auf
die sie sich freute, auchwenn sie das niemals zugegeben
hätte. Sie hätte so getan,als wäre es eine lästige Pflicht,
und es trotzdem in vollenZügen genossen. »Du hast
eine Dienerschaft wie eineHerzogin. Noch nie in meinem
Leben habe ich so vieleHausmädchen mit Staubwedeln
und Mopps auf einem Fleckgesehen!«
»Ein Teil der Dienstbotenwird mit uns kommen und
die anderen gehen zu ihrenFamilien nach Hause. Du
kannst Weihnachten nichtalleine hier bleiben. Das
wäre doch trostlos. Ich habebereits dafür gesorgt, dass
du bei Mutter und Joshuableiben kannst.«
»Ich möchte Weihnachten aufkeinen Fall bei deiner
Mutter und Joshuaverbringen«, erwiderte ihre Großmutter
umgehend. Bis Edwards Todsie vor ein paar
Jahren in einem, wie Mariahes nannte, »ungünstigen
Alter« zur Witwe gemachthatte, war Caroline ihre
Schwiegertochter gewesen.Statt sich wie unsere verehrte
Königin dezent aus demgesellschaftlichen Leben
zurückzuziehen, eben so, wiees von ihr erwartet wurde,
hatte Caroline wiedergeheiratet. Als wäre diese Tatsache
allein nicht schonunschicklich genug, hatte sie, statt
einen Witwer mit Vermögenund gesellschaftlicher Stellung
zu wählen, was erheblicheVorteile mit sich gebracht
hätte und auf Zustimmunggestoßen wäre, auch
noch einen Mann geheiratet,der nahezu zwei Jahrzehnte
jünger war als sie. Aber eskam, falls das überhaupt
möglich war, noch schlimmer:Er stand auf der
Bühne - ein Schauspieler! Manstelle sich vor, ein
erwachsener Mann, der sichverkleidet und auf der
Bühne herumstolziert undvorgibt, jemand anderer zu
sein. Gütiger Himmel, unddann war er auch noch Jude!
Caroline musste völlig denVerstand verloren haben,
und der arme Edward würdesich im Grabe umdrehen,
wenn er es wüsste. Dass siedas alles noch erleben musste,
gehörte zu den vielenBürden, die Mariah zu tragen
hatte. »Das möchte ich aufkeinen Fall«, wiederholte
sie.
Emily stand ganz ruhigmitten im Salon. Das Feuer
legte einen warmen Schimmerauf ihre Haut und den
extravaganten Haarkranz. »Estut mir Leid, Großmama,
aber wie gesagt, es gibtkeine andere Möglichkeit.
Jack und ich reisen morgenab, und ich habe noch
einiges zu packen, weil wirmindestens drei Wochen
weg sein werden. Du solltestgenug warme Kleidung
mitnehmen und natürlichStiefel. Wenn du möchtest,
kann ich dir auch meinenschwarzen Schal leihen.«
»Du meine Güte! Können siesich denn kein Feuer
leisten?«, fragte Großmutterwütend. »Vielleicht sollte
Joshua doch einer etwasseriöseren Tätigkeit nachgehen
sofern es auf dieser Weltauch noch etwas anderes
gibt, wozu er taugt.«
»Das ist keine Frage desGeldes«, erwiderte Emily
schroff. »Sie verbringenWeihnachten in einem Haus an
der Küste von Kent, das siefür die Ferien gemietet
haben. In Romney Marsh, umgenau zu sein. Ich könnte
mir vorstellen, dass der Winddort eisig ist, und in fremder
Umgebung empfindet man dieKälte ohnehin oft
stärker.«
Mariah war entsetzt. Sie warin der Tat so entsetzt,
dass sie einige Sekundenbenötigte, um ihre Empörung
in Worte zu kleiden. »Ichhabe dich wohl nicht richtig
verstanden«, sagte sieschließlich kühl. »Du sprichst in
letzter Zeit etwasundeutlich. Dabei war deine Aussprache
einmal ganz hervorragend,aber seit deiner
Eheschließung mit JackRadley hast du, was deine Anforderungen
an dich angehen, deutlicheAbstriche gemacht
in mehrfacher Hinsicht. Ichmeine verstanden
zu haben, dass deine MutterWeihnachten in irgendeinem
gottverlassenen Nest an derKüste verbringen
will. Da dies dochoffensichtlich völliger Unsinn ist,
würde ich dich bitten, esnoch einmal zu wiederholen
und diesmal deutlicher zusprechen.«
»Sie haben ein Haus inRomney Marsh gemietet.«
Emily achtete ganz bewusstauf eine saubere Aussprache.
»Es liegt am Meer und hatsicher einen herrlichen
Blick - natürlich nur, wennes nicht nebelig ist.«
Mariah versuchte Anzeichenvon Dreistigkeit in
Emilys Miene zu entdecken,gewahrte darin aber nur
einen höchst verdächtigenAusdruck unschuldiger Verständnislosigkeit.
»Das kommt überhaupt nichtin Frage«, sagte sie in
einem Ton, der Wasser zu Eishätte gefrieren lassen
können.
Emily sah sie kurz an, umihre Gedanken zu ordnen.
»Um diese Jahreszeit ist esdort viel zu windig, um viel
Nebel aufkommen zu lassen«,sagte sie schließlich.
»Vielleicht kannst du dieWellen beobachten.«
»In einem Moor?«, fragteGroßmutter sarkastisch.
»Das Haus ist eigentlich inSt Mary in the Marsh«,
erwiderte Emily. »Ganz dichtam Meer. Es wird dir bestimmt
gefallen. Wenn du nichtmöchtest, brauchst du
ja, wenn es kalt ist, nichtins Freie zu gehen.«
»Natürlich wird es kaltsein! Mitten im Winter am
Ärmelkanal! Wahrscheinlichwerde ich mir den Tod
holen.«
Der Gerechtigkeit halbermuss gesagt sein, dass
Emily nicht ganz wohl beider Sache zu sein schien.
»Aber nicht doch«, sagte siemit gezwungener Fröhlichkeit.
»Mama und Joshua werden sichbestens um
dich kümmern. Vielleichtlernst du ja sogar interessante
Leute kennen.«
»Dummes Geschwätz!«, braches wütend aus ihrer
Großmutterheraus. ( )
© HeyneVerlag
Übersetzung:Regina Schirp
- Autor: Anne Perry
- 2006, 2. Aufl., 158 Seiten, Maße: 12,5 x 18,5 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Schirp, Regina
- Übersetzer: Regina Schirp
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453810635
- ISBN-13: 9783453810631
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