Die Aussicht vom 13. Stock
Neue Essays
»Unsere Zeit«, so heißt es in einem der neuen Aufsätze von Erwin Chargaff, »ist vielleicht die erste in der Geschichte, von der man wird sagen können, sie sei stumpf und dumpf und ohne den geringsten Schein einer hellen Hoffnung in den Abgrund der Zukunft gestürzt.«
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Produktinformationen zu „Die Aussicht vom 13. Stock “
»Unsere Zeit«, so heißt es in einem der neuen Aufsätze von Erwin Chargaff, »ist vielleicht die erste in der Geschichte, von der man wird sagen können, sie sei stumpf und dumpf und ohne den geringsten Schein einer hellen Hoffnung in den Abgrund der Zukunft gestürzt.«
Klappentext zu „Die Aussicht vom 13. Stock “
Chargaffs Prognosen sind sicher noch düsterer geworden, vielleicht aber seine Schriften noch unentbehrlicher. 14 Essays sind in diesem Band versammelt: Analysen, Vorschläge und Bekenntnisse. Die Themen: Über die Vorstellung vom unendlichen Fortschritt. Über das Recht auf Leben. Über die Konsumentenrevolution in Ostdeutschland. Über die Ironie. Über Ludwig Wittgenstein. Über Bioethik und die »Fortschritte« der Organtransplantation. Über Genie, Talent, Begabung. Über das Verschwinden der Demokratie. Über die Notwendigkeit einer Selbstbegrenzung der Naturwissenschaft - und vieles mehr.
Lese-Probe zu „Die Aussicht vom 13. Stock “
Eine Mode geht um auf der Welt - die Mode der Bioethik. Alle Mächte haben sich in einer heiligen Heuchelei mit dieser Mode verbündet. Ich will also hier von der Bioethik sprechen, diesem angeblichen Zweig der Ethik, von dem ich den Eindruck habe, daß er verdorrt zur Welt gekommen ist. Wer im vor kurzem erschienenen, leider nicht sehr zufriedenstellenden Cambridge Dictionary of Philosophy das uns immer häufiger begegnende Wort "Bioethics" nachschlägt, wird auf den Artikel über Ethik verwiesen, und dort findet er den in solchen Werken üblichen Morast, aus dem er sich, nicht klüger geworden, allmählich herauszieht. Wenn Ethik das Studium der Moral umfaßt, so ist Bioethik deren Anwendung auf alles, was sich auf das Leben bezieht. Wir haben es also mit einer neuen Unterabteilung einer uralten Wissenschaft zu tun. Manchem mag dabei ein dumpfes Gefühl sagen, daß oft, wenn etwas anfängt, schief zu gehen, es sich als Wissenschaft konstituiert. Wissenschaften mehren sich, indem sie sich vorne ein Präfix aufsetzen, wie "Bio", "Geo" oder "Paläo", oder sich mit einem speziellen Adjektiv versehen. In den letzten Jahren hat sich das harmlose und in seiner gegenwärtigen Verwendung recht sinnlose Wort "molekular" als besonders verhängnisvoll erwiesen. So jagen Vorsilben und angeblich qualifizierende Eigenschaftswörter einander in ungezählte Verfilzungen, so daß in manchen Untergruppen kaum zwei Forscher derselben Disziplin anzugehören scheinen.
Autoren-Porträt von Erwin Chargaff
Erwin Chargaff, Prof. Dr. phil., geboren 1905. In den Jahren 1923 bis 1928 Studium der Chemie in Wien. Seit 1935 an der Columbia University, New York, tätig. Seit 1952 Professor der Biochemie, 1970 Direktor des Biochemischen Instituts. Zahlreiche wissenschaftliche Auszeichnungen und Ehrendoktorate. Erwin Chargaff starb im Juni 2002 in New York.
Bibliographische Angaben
- Autor: Erwin Chargaff
- 1998, 3. Aufl., 215 Seiten, Maße: 13,6 x 21,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Klett-Cotta
- ISBN-10: 3608934332
- ISBN-13: 9783608934335
- Erscheinungsdatum: 31.08.1998
Rezension zu „Die Aussicht vom 13. Stock “
"Chargaff ist, wie er selbst treffend schreibt, ein "Sammler des Verlorengegangenen", ein Rufer aus längst vergangener Zeit. Genau das aber macht das Buch zu einem Lesevergnügen für Zyniker, Unzeitgemäße, Fortschrittsskeptiker und all jene, die der Wissenschaft insgesamt nicht über den Weg trauen und mit Chargaff irgendwie einer Meinung sind, wenn er schreibt: "Alle guten Geister scheinen uns verlassen zu haben."" Volker Stollorz (Die Zeit, 08.10.1998) "Man mag schon jede Hoffnung fahren lassen, wenn man sich Chargaffs Pessimismus hingibt. Aber dann hat man den Witz an der Sache nicht verstanden: Es ist schon alles in Ordnung, solange noch einer sagt, daß alles hoffnungslos ist. Und das kann keiner so eindringlich und wortgewaltig wie Erwin Chargaff. Sollte dem eines Tages nicht mehr einfallen, dann ist wohl endgültig Schluß." Christian Schwenkmeier (Süddeutsche Zeitung, 07.10.1998)
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