Die Chronik der Unsterblichen - Blutnacht
Roman. Das Buch zur Rockoper
Der Schwertkämpfer Andrej Delany wird von der Inquisition gejagt. Zusammen mit seinem Waffenbruder Abu Dun ist er auf der Flucht. Da werden sie vom Inquisitor gestellt. Und bei ihm befindet sich jemand Unerwartetes.
Leider schon ausverkauft
Taschenbuch
9.30 €
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Produktdetails
Produktinformationen zu „Die Chronik der Unsterblichen - Blutnacht “
Der Schwertkämpfer Andrej Delany wird von der Inquisition gejagt. Zusammen mit seinem Waffenbruder Abu Dun ist er auf der Flucht. Da werden sie vom Inquisitor gestellt. Und bei ihm befindet sich jemand Unerwartetes.
Klappentext zu „Die Chronik der Unsterblichen - Blutnacht “
DIE CHRONIK DER UNSTERBLICHEN Im tiefsten Transsylvanien gerät der Unsterbliche Andrej Delãny in einen teuflischen Hinterhalt. Während er mit einem übermächtigen Gegner kämpft, formen sich die Schatten seiner Vergangenheit zu einem bizarren Totentanz. Da greift die Göttin Meruhe ein. Sie verheißt Andrej einen Platz an ihrer Seite. Doch für die wahre Unsterblichkeit muss er alles andere hinter sich lassen - Eine Reise durch die Vergangenheit der beiden Unsterblichen Andrej Delãny und Abu Dun.
Lese-Probe zu „Die Chronik der Unsterblichen - Blutnacht “
Blutnacht - Die Chronik der Unsterblichen von Wolfgang HohlbeinKapitel 1
... mehr
Der Himmel war zerbrochen. Wolken türmten sich zu schwarzen Gebirgen auf und schleuderten Lawinen aus Dunkelheit auf die Erde. Der Lärm war unbeschreiblich. Zornig wirbelte Staub auf, brannte in Andrejs Augen und hinterließ einen beißenden Geschmack in seiner Kehle. Blitze zuckten und zerschnitten den Tag in stroboskopisch flackernde Scherben. Es war kalt. Jeder Atemzug brannte wie gefrorenes Feuer.
Ein eisiger Windstoß traf Andrej. Er blieb stehen und blinzelte heftig, darum bemüht, dem Toben der entfesselten Naturgewalten so wenig Angriffsfläche wie möglich zu bieten. Trotzdem hatte er das Gefühl, der Sturm würde ihn gierig umschlingen, um ihn zu Boden zu ringen.
So wie er Abu Dun vor vier Tagen zu Boden gerissen hatte, und das ausgerechnet an den Stromschnellen unterhalb der gedrungenen Burg von Cachtice mit ihren düsteren Zinnen und ineinander verschachtelten Mauern. Bei der Erinnerung daran, wie der ehemalige Piratenkapitän zum Jablonka hinabgeschlichen war, um die günstigste Stelle zum Übersetzen über den Fluss zu erkunden, pochte ein dumpfer Schmerz hinter seiner Stirn. Zum wiederholten Male tauchte er in die Szene ein, die nun schon Tage zurücklag. Er glaubte zu spüren, wie seine Stiefel auf dem glitschigen Untergrund des Flussufers ins Rutschen kamen, und er erinnerte sich an seinen Schrecken, als der Nubier von einer heftigen Sturmbö erfasst wurde und von einem Moment auf den anderen hinter einer gezackten Felsformation verschwand, als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggezogen. Andrej lief sofort los, drohte auszurutschen, fing sich wieder und jagte an einem gezackten Vorsprung vorbei, der wie das riesige Gebiss eines vorzeitlichen Ungeheuers aus wild wucherndem Dornengebüsch aufragte. Mit einem letzten gewagten Satz kam er in einer überspülten Ufermulde auf. Wasser gischte auf und nahm ihm die Sicht.
Als er wieder sehen konnte, fand er seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Der Nubier lag wie ein gefällter Baum im wild wirbelnden, schäumenden Wasser. Sein Gesicht war in den von Wellen gepeitschten Uferschlamm gedrückt, sein Turban verrutscht, und an seinem Hinterkopf klaffte eine üble Wunde. Andrej ließ sich in die Hocke nieder, packte den schwarzen Riesen bei den Schultern und wollte ihn gerade herumdrehen, als er einen fernen Ruf vernahm. Alarmiert blickte er hoch, zur Burg hin, von der aus die Blutgräfin mit harter Hand über das Land regierte.
Er glaubte, eine Gestalt in wehendem Mantel zu sehen, die sich über die Zinnen beugte und zu ihnen hinabblickte, nun aber zurückzuckte, als habe sie seinen suchenden Blick bemerkt und wollte unerkannt bleiben. Vielleicht hatten ihn aber auch seine Sinne genarrt, denn obwohl er sich bemühte, irgendwo menschliche Bewegung auf der schwarzgrauen Burg auszumachen, entdeckte er nichts mehr, was auf einen geheimen Beobachter hinwies. Und als er sich wieder Abu Dun zuwandte, begriff er, dass er den Nubier nicht nur unbedachterweise losgelassen hatte...
... sondern dass Abu Dun in der kurzen Zeitspanne, die er sich hatte ablenken lassen, so spurlos verschwunden war, als hätte ihn ein Seeungeheuer verschluckt...
Andrej ballte die Fäuste und atmete tief aus. Es wurde Zeit, dass er die quälende Erinnerung verscheuchte und sich ganz und gar auf sein Ziel konzentrierte. Er musste das Tal erreichen, in dem er vor unendlichen Zeiten geboren und aufgewachsen war, und seinen Frieden mit den schrecklichen Vorfällen machen, die sein ganzes Leben auf den Kopf gestellt hatten.
Aber nicht ohne Abu Dun. Zum wiederholten Male versuchte er sich einzureden, dass er den Nubier nur deshalb nicht an den Stromfällen wiedergefunden hatte, weil er von den tosenden Wassermassen mitgerissen worden war. Doch so ganz glaubte er selbst nicht daran. Zu seiner Überraschung hatte Abu Dun in letzter Zeit begonnen, mit leuchtenden Augen von seinem alten, einfachen Piratenleben zu schwärmen. Was nun, wenn er sich ohne große Worte hatte absetzen wollen, um sich am Schwarzen Meer ein Schiff und eine Mannschaft zu suchen, mit der er sein altes Jagdgebiet unsicher machen konnte?
Der Gedanke war fast schlimmer, als wenn dem Piraten tatsächlich etwas Ernsthaftes passiert wäre. Viel wahrscheinlicher war es, dass Abu Dun irgendwo weit entfernt an Land gekrochen war. Und natürlich hatte er nicht gezögert, das einzig Richtige zu tun und sich auf den Weg nach Borsã zu machen. Wo sonst in diesem verfluchten Land hätten sie sich auch treffen sollen, vor allem, nachdem sie ihre Pferde, ihren Proviant und dann auch noch ihre Reisekasse eingebüßt hatten, ohne auch nur einen Moment ernsthaft an Umkehr zu denken?
Andrej drängte die nagenden Zweifel zurück, die sich irgendwo tief in seiner Seele festgesetzt hatten. Er versuchte, schnell und entschlossen auszuschreiten, doch seine Bewegungen waren unsicher und eckig, und sein Atem ging rasselnd. Lange würde er so nicht mehr durchhalten. Er brauchte dringend eine Unterkunft für die Nacht, etwas Warmes zu essen und ein paar Stunden Schlaf, ohne von heftigen Regengüssen bis auf die Haut durchnässt zu werden.
Es kostete ihn einige Anstrengung, die Betäubung abzuschütteln, die ihn ergriffen hatte. Sein Blick wanderte über die karge, raue Hügellandschaft, die ihn zu ihrem Gefangenen gemacht hatte. Transsylvanien war alles andere als unbewohnt; in diesem düster und abweisend wirkenden Land gab es zahlreiche Dörfer, Ansiedlungen oder einsam gelegene Gehöfte, hinter deren Mauern jemand seiner Art für eine Nacht sein müdes Haupt betten konnte.
Doch nicht hier. Diese trostlose Einöde sah aus, als hätten sich ein paar übel gelaunte Götter so lange ausgetobt, bis sie in Ermangelung weiterer lohnenswerter Objekte die Lust an ihrem Zerstörungswerk verloren hatten. Bäume und Sträucher waren gerupft, umgeknickt, entwurzelt oder auch völlig zerschmettert, abgerissene Äste und Zweige lagen in weitem Umkreis verstreut, und die sicherlich sonst halbwegs passierbaren Wege waren matschigen Kuhlen und Pfützen gewichen, in denen er immer wieder so tief einsackte, dass er sich nur mit Mühe hatte befreien können und einmal sogar fast einen seiner Stiefel eingebüßt hätte. Darüber hinaus wirkte die Gegend völlig ausgestorben und bar jeden Lebens. Selbst Mücken und Fliegen hatte er bislang nicht zu Gesicht bekommen, ganz zu schweigen von Tieren, die er mit seinen bescheidenen Möglichkeiten hätte jagen können, um seinen bislang nur aus wenigen Beeren und Wurzeln bestehenden Speiseplan mit etwas aufzufrischen, in das er seine Zähne hätte schlagen können.
Zitternd wie ein von Nässe und Kälte zermürbter Straßenköter blieb Andrej stehen und drehte sich mehrfach um seine eigene Achse. Er versuchte, jeden Schatten zu durchdringen und jedes Geräusch zu erfassen. Sinnlos. In weiter Entfernung erkannte er Dinge, die nicht hierhin gehörten: Bretter, die vom Sturm aus Wänden herausgeprügelt und von den Urgewalten weit über das Land mit sich gerissen worden waren, zerschmettertes Mobiliar und zerborstene Fenster und sogar Teile eines Daches, das mit einem enthaupteten Hahn verziert war. Doch inmitten all des Chaos um ihn herum entdeckte er nichts, das ihm weiterhalf. Und schon gar keine Spur von einem riesigen Nubier, keinen im schwachen Gegenlicht aufblitzenden Krummsäbel, keine schwarze Gestalt bewusstlos oder tot am Boden.
Er hatte nichts anderes erwartet. Trotzdem war er enttäuscht. Es lief alles aus dem Ruder, und das nicht erst seit den letzten Tagen. In all der langen Zeit, in den Jahrzehnten und Jahrhunderten, die sich zur Ewigkeit gedehnt hatten und doch wie im Flug vergangen waren, hatten er und Abu Dun sich immer wieder aus den Augen verloren. Doch diesmal war es anders. Ihr Leben hatte in den letzten Jahren keinen guten Verlauf genommen, und sich ausgerechnet in diesem Land zu verlieren, das mit seiner Düsterkeit schon seit jeher die Seelen schwer gemacht hatte, trug nicht gerade zu seiner Beruhigung bei.
Er ballte ärgerlich die Faust und stolperte in die Richtung der verblassenden, hinter der dunklen Wolkenschicht kaum erkennbaren Sonne weiter, die ihm mit schwachen blutroten Streifen den Weg nach Osten wies. Kalte Windstöße peitschten ihn fast schmerzhaft ins Gesicht, so als wollten sie ihn davon abbringen, seinen Weg fortzusetzen. Er bemerkte es kaum. Seine Erinnerung zwang ihn erneut zu den Stromschnellen des Jablonka zurück, doch diesmal zu dem Tag, nachdem der Strom Abu Dun mit sich fortgerissen hatte.
Nach einer fürchterlichen Nacht ohne jede Spur echten Schlafs war Andrej so weit wie möglich dem verwilderten Lauf des Jablonka gefolgt, um seinen alten Freund zu suchen. Das Wasser toste nicht mehr ganz so wild wie bei ihrer Ankunft. Aber das war nicht unbedingt ein Vorteil. Zu seinem Entsetzen sah Andrej einen menschlichen Arm, der an ihm vorbeiglitt, gefolgt von weiteren Leichteilen. Und schließlich grinste ihn ein übel zugerichteter Kopf an, der sich im Uferdickicht verfangen hatte. Er hatte nur noch ein Ohr, und die Augen waren ihm herausgefressen worden. Obwohl es einst ein gewaltiger Schädel gewesen war, war es doch nicht der Abu Duns, wie er im ersten Schrecken geglaubt hatte.
Durch das nun seichtere, aber mitunter wild aufschäumende Wasser wanden sich ungewöhnlich große Wasserschlangen und machten sich über die Kadaver im Wasser her. Der Jablonka war zu einem Leichenfluss geworden. Mitunter war sein Wasser mehr blutrot als lehmgrau. Andrej befürchtete, dass es an den grausigen Dingen lag, die laut dem Getuschel und Geraune der Leute oben in der Burg der Blutgräfin vorgingen.
Schon als sie bei dem Fluss angekommen waren, war eine nur allzu bekannte düstere Vorahnung in ihm hochgestiegen, die ihn bereits mehr als einmal zuverlässig gewarnt hatte, wenn er sich einer ganz besonderen Art von Gefahr genähert hatte, einer Dunkelheit, die nur er mit seinen scharfen Sinnen spüren konnte. Etwas Fremdes, Grausames hing drohend über der wilden Felsenlandschaft von Cachtice. Aber er hatte das ungute Gefühl ignoriert und versucht sich einzureden, dass sie diesen Ort passieren mussten, wenn sie Frederics Spur tiefer hinein nach Transsylvanien folgen wollten.
Frederic! Ja, natürlich war er ihm wichtig, schließlich war er der Einzige seiner Art, der einzige Überlebende seines Geschlechts und damit der Einzige, der von der Tragödie wusste, die sich vor Jahrhunderten in ihrer Heimat zugetragen hatte. Aber Abu Dun stand ihm um so vieles näher. Die Furcht, ihn vielleicht nie wiederzusehen, saß ihm im Nacken.
Das trieb ihn weiter an, und er stolperte los und fiel nach ein paar Schritten in die gleichförmige, abgehackte Gangart, die auch zu Tode erschöpften Soldaten zu eigen ist, die von ihren Feldherren erbarmungslos in den nächsten Kampf getrieben werden. Die Umgebung vor seinen Augen verschwamm, besaß kaum noch Konturen. Aber so unsicher er mittlerweile auch auf den Beinen war, hielt er doch unbeirrt den Kurs bei, den er einmal eingeschlagen hatte: nach Osten, immer weiter nach Osten, dort, wo sie Frederic zu finden gehofft hatten. Diese Hoffnung war noch immer nicht aus seinem Herzen gewichen, aber es war eine neue hinzugekommen: Abu Dun unterwegs wiederzutreffen, sodass sie den Weg nach Borsã gemeinsam fortsetzen konnten.
Sein Herz machte einen schmerzhaften Satz, als er zu seiner Rechten einen großen Schatten entdeckte, ziemlich weit entfernt und im Schatten einer Anhöhe verborgen, die einen natürlichen Schutz vor den Wetterkapriolen versprach. Ein Haus? Eine Scheune? Oder vielleicht sogar eine Burg mit hoch aufrechten Zinnen?
Er eilte mit weit ausgreifenden Schritten los und achtete nicht darauf, was sich direkt vor ihm befand. Und so bemerkte er den halb im Matsch verborgenen Gegenstand erst, als er mit dem rechten Fuß dagegenstieß. Er wollte zurückspringen, doch es war zu spät. Vielleicht war er auch nur zu ungeschickt. Sein rechter Fuß verfing sich, und er glaubte schon zu hören, wie die Mechanik einer schweren Bärenfalle zuschnappte, und zu spüren, wie scharfe Eisenzähne in sein Fleisch bissen. Verzweifelt sprang er hoch, versuchte aus seinem unkontrollierten Sturz eine Rolle vorwärts zu machen - etwas, das ihm unter normalen Umständen mit Leichtigkeit gelungen wäre.
Diesmal nicht. Sein Absprung wurde durch etwas behindert, das er unwillentlich hochgerissen hatte. Aus den Augenwinkeln heraus sah er noch, wie es auf ihn zusauste, dann prallte es auch schon mit solcher Gewalt gegen seine Schläfe, dass er endgültig die Kontrolle verlor und stürzte.
Als er auf dem Boden aufschlug, traf ein zweiter Gegenstand seinen Hinterkopf - ein Teil der vermeintlichen Bärenfalle oder ein großkalibriges Geschoss, das jemand auf ihn abgefeuert hatte.
Während die Ohnmacht mit fordernden Fingern nach seinem Geist tastete, um ihn mit sich ins Vergessen zu nehmen, fühlte er die Schwäche, die er die ganze Zeit über versucht hatte zu ignorieren. Sein Atem ging keuchend, in seinen Eingeweiden wühlte der Hunger und seine Kehle war so ausgedörrt, dass er nur unter Schmerzen schlucken konnte.
All das waren Kleinigkeiten, die zu erdulden er gewohnt war und die nicht schwerer wogen als ein heißer Sommer, der die Felder verbrannte, ohne ihnen die Kraft zu nehmen, nach dem nächsten Regen wieder blühendes Leben hervorzubringen. Es waren ganz andere Dinge, die ihn zermürbt hatten. Er war schon viel zu lange unterwegs. Jahrzehnt um Jahrzehnt hatte sich zu einer unendlich hohen Mauer aus Zeit und Schmerz aufeinandergesetzt, die ihn von allem trennte, was normale Sterbliche ausmachte. Dabei war er doch nichts anders als sie, hatte die gleichen Bedürfnisse, wollte nichts weiter, als sein Leben zu leben, statt verdammt zu sein, ständig ums Überleben kämpfen zu müssen. Denn Unsterblichkeit war nichts wert, wenn man nicht bereit war, sie immer wieder aufs Neue mit dem Schwert zu verteidigen.
Die Schwärze senkte sich wie ein schweres Tuch über ihn. Er war am Ende. Und vielleicht war das auch gut so. Vielleicht sollte er es dabei belassen und einfach liegen bleiben, bis ihm endgültig die Sinne schwanden.
Aufgeben, hier in Transsylvanien, wo alles angefangen hatte. Ja. Der Kreis wäre geschlossen, und sein Leben vielleicht doch nicht ohne Sinn.
»Was soll das, Hexenmeister?« Andrej hatte fast das Gefühl, als würde eine kräftige Hand nach ihm greifen und ihn nach oben reißen. Abu Dun. Ja, das wäre ganz seine Art.
Aber es war niemand da außer ihm und Abu Duns Stimme, nichts weiter als ein Spuk in seinem Kopf, das Aufblitzen einer Erinnerung an ähnliche Vorkommnisse, die er vielleicht nicht unbeschadet überstanden hätte, wenn der Nubier nicht im richtigen Moment an seiner Seite gewesen wäre.
»Aufgeben gilt nicht«, hätte Abu Dun wohl noch hinzugefügt. »Also reiß dich zusammen. Und lass nicht zu, dass dieses verfluchte Land Macht über dich gewinnt!«
Mit beiden Händen krallte sich Andrej in den Boden und versuchte verzweifelt die Schwärze zurückzudrängen, die sich über seinen Verstand legen wollte. Abu Dun hätte das von ihm verlangt, und es wäre auch richtig gewesen. Aufgeben war nie der richtige Weg, solange noch Leben und Hoffnung in einem waren.
Als sich der Schleier vor seinen Augen lichtete und er sah, was da vor seiner Nase im Matsch lag und ihm fast zum Verhängnis geworden wäre, hätte er beinahe laut aufgelacht. Die vermeintliche Bärenfalle, deren Zuschnappen er schon zu hören geglaubt hatte, war nichts weiter als ein ramponierter Melkschemel, den der Sturm irgendwo aus einem Kuhstall gerissen und hier in den Matsch geworfen hatte.
Es wäre schon mehr als lächerlich gewesen, wenn ein Unsterblicher wie er an einem Melkschemel gescheitert wäre.
Er rappelte sich auf, klopfte sich, so gut es eben ging, den Schlamm aus den Kleidern und stapfte in Richtung Borsã weiter. Seine Gedanken waren dabei bei Abu Dun, und dem, was der Nubier wohl gerade erlebte...
...
© 2011 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
Der Himmel war zerbrochen. Wolken türmten sich zu schwarzen Gebirgen auf und schleuderten Lawinen aus Dunkelheit auf die Erde. Der Lärm war unbeschreiblich. Zornig wirbelte Staub auf, brannte in Andrejs Augen und hinterließ einen beißenden Geschmack in seiner Kehle. Blitze zuckten und zerschnitten den Tag in stroboskopisch flackernde Scherben. Es war kalt. Jeder Atemzug brannte wie gefrorenes Feuer.
Ein eisiger Windstoß traf Andrej. Er blieb stehen und blinzelte heftig, darum bemüht, dem Toben der entfesselten Naturgewalten so wenig Angriffsfläche wie möglich zu bieten. Trotzdem hatte er das Gefühl, der Sturm würde ihn gierig umschlingen, um ihn zu Boden zu ringen.
So wie er Abu Dun vor vier Tagen zu Boden gerissen hatte, und das ausgerechnet an den Stromschnellen unterhalb der gedrungenen Burg von Cachtice mit ihren düsteren Zinnen und ineinander verschachtelten Mauern. Bei der Erinnerung daran, wie der ehemalige Piratenkapitän zum Jablonka hinabgeschlichen war, um die günstigste Stelle zum Übersetzen über den Fluss zu erkunden, pochte ein dumpfer Schmerz hinter seiner Stirn. Zum wiederholten Male tauchte er in die Szene ein, die nun schon Tage zurücklag. Er glaubte zu spüren, wie seine Stiefel auf dem glitschigen Untergrund des Flussufers ins Rutschen kamen, und er erinnerte sich an seinen Schrecken, als der Nubier von einer heftigen Sturmbö erfasst wurde und von einem Moment auf den anderen hinter einer gezackten Felsformation verschwand, als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggezogen. Andrej lief sofort los, drohte auszurutschen, fing sich wieder und jagte an einem gezackten Vorsprung vorbei, der wie das riesige Gebiss eines vorzeitlichen Ungeheuers aus wild wucherndem Dornengebüsch aufragte. Mit einem letzten gewagten Satz kam er in einer überspülten Ufermulde auf. Wasser gischte auf und nahm ihm die Sicht.
Als er wieder sehen konnte, fand er seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Der Nubier lag wie ein gefällter Baum im wild wirbelnden, schäumenden Wasser. Sein Gesicht war in den von Wellen gepeitschten Uferschlamm gedrückt, sein Turban verrutscht, und an seinem Hinterkopf klaffte eine üble Wunde. Andrej ließ sich in die Hocke nieder, packte den schwarzen Riesen bei den Schultern und wollte ihn gerade herumdrehen, als er einen fernen Ruf vernahm. Alarmiert blickte er hoch, zur Burg hin, von der aus die Blutgräfin mit harter Hand über das Land regierte.
Er glaubte, eine Gestalt in wehendem Mantel zu sehen, die sich über die Zinnen beugte und zu ihnen hinabblickte, nun aber zurückzuckte, als habe sie seinen suchenden Blick bemerkt und wollte unerkannt bleiben. Vielleicht hatten ihn aber auch seine Sinne genarrt, denn obwohl er sich bemühte, irgendwo menschliche Bewegung auf der schwarzgrauen Burg auszumachen, entdeckte er nichts mehr, was auf einen geheimen Beobachter hinwies. Und als er sich wieder Abu Dun zuwandte, begriff er, dass er den Nubier nicht nur unbedachterweise losgelassen hatte...
... sondern dass Abu Dun in der kurzen Zeitspanne, die er sich hatte ablenken lassen, so spurlos verschwunden war, als hätte ihn ein Seeungeheuer verschluckt...
Andrej ballte die Fäuste und atmete tief aus. Es wurde Zeit, dass er die quälende Erinnerung verscheuchte und sich ganz und gar auf sein Ziel konzentrierte. Er musste das Tal erreichen, in dem er vor unendlichen Zeiten geboren und aufgewachsen war, und seinen Frieden mit den schrecklichen Vorfällen machen, die sein ganzes Leben auf den Kopf gestellt hatten.
Aber nicht ohne Abu Dun. Zum wiederholten Male versuchte er sich einzureden, dass er den Nubier nur deshalb nicht an den Stromfällen wiedergefunden hatte, weil er von den tosenden Wassermassen mitgerissen worden war. Doch so ganz glaubte er selbst nicht daran. Zu seiner Überraschung hatte Abu Dun in letzter Zeit begonnen, mit leuchtenden Augen von seinem alten, einfachen Piratenleben zu schwärmen. Was nun, wenn er sich ohne große Worte hatte absetzen wollen, um sich am Schwarzen Meer ein Schiff und eine Mannschaft zu suchen, mit der er sein altes Jagdgebiet unsicher machen konnte?
Der Gedanke war fast schlimmer, als wenn dem Piraten tatsächlich etwas Ernsthaftes passiert wäre. Viel wahrscheinlicher war es, dass Abu Dun irgendwo weit entfernt an Land gekrochen war. Und natürlich hatte er nicht gezögert, das einzig Richtige zu tun und sich auf den Weg nach Borsã zu machen. Wo sonst in diesem verfluchten Land hätten sie sich auch treffen sollen, vor allem, nachdem sie ihre Pferde, ihren Proviant und dann auch noch ihre Reisekasse eingebüßt hatten, ohne auch nur einen Moment ernsthaft an Umkehr zu denken?
Andrej drängte die nagenden Zweifel zurück, die sich irgendwo tief in seiner Seele festgesetzt hatten. Er versuchte, schnell und entschlossen auszuschreiten, doch seine Bewegungen waren unsicher und eckig, und sein Atem ging rasselnd. Lange würde er so nicht mehr durchhalten. Er brauchte dringend eine Unterkunft für die Nacht, etwas Warmes zu essen und ein paar Stunden Schlaf, ohne von heftigen Regengüssen bis auf die Haut durchnässt zu werden.
Es kostete ihn einige Anstrengung, die Betäubung abzuschütteln, die ihn ergriffen hatte. Sein Blick wanderte über die karge, raue Hügellandschaft, die ihn zu ihrem Gefangenen gemacht hatte. Transsylvanien war alles andere als unbewohnt; in diesem düster und abweisend wirkenden Land gab es zahlreiche Dörfer, Ansiedlungen oder einsam gelegene Gehöfte, hinter deren Mauern jemand seiner Art für eine Nacht sein müdes Haupt betten konnte.
Doch nicht hier. Diese trostlose Einöde sah aus, als hätten sich ein paar übel gelaunte Götter so lange ausgetobt, bis sie in Ermangelung weiterer lohnenswerter Objekte die Lust an ihrem Zerstörungswerk verloren hatten. Bäume und Sträucher waren gerupft, umgeknickt, entwurzelt oder auch völlig zerschmettert, abgerissene Äste und Zweige lagen in weitem Umkreis verstreut, und die sicherlich sonst halbwegs passierbaren Wege waren matschigen Kuhlen und Pfützen gewichen, in denen er immer wieder so tief einsackte, dass er sich nur mit Mühe hatte befreien können und einmal sogar fast einen seiner Stiefel eingebüßt hätte. Darüber hinaus wirkte die Gegend völlig ausgestorben und bar jeden Lebens. Selbst Mücken und Fliegen hatte er bislang nicht zu Gesicht bekommen, ganz zu schweigen von Tieren, die er mit seinen bescheidenen Möglichkeiten hätte jagen können, um seinen bislang nur aus wenigen Beeren und Wurzeln bestehenden Speiseplan mit etwas aufzufrischen, in das er seine Zähne hätte schlagen können.
Zitternd wie ein von Nässe und Kälte zermürbter Straßenköter blieb Andrej stehen und drehte sich mehrfach um seine eigene Achse. Er versuchte, jeden Schatten zu durchdringen und jedes Geräusch zu erfassen. Sinnlos. In weiter Entfernung erkannte er Dinge, die nicht hierhin gehörten: Bretter, die vom Sturm aus Wänden herausgeprügelt und von den Urgewalten weit über das Land mit sich gerissen worden waren, zerschmettertes Mobiliar und zerborstene Fenster und sogar Teile eines Daches, das mit einem enthaupteten Hahn verziert war. Doch inmitten all des Chaos um ihn herum entdeckte er nichts, das ihm weiterhalf. Und schon gar keine Spur von einem riesigen Nubier, keinen im schwachen Gegenlicht aufblitzenden Krummsäbel, keine schwarze Gestalt bewusstlos oder tot am Boden.
Er hatte nichts anderes erwartet. Trotzdem war er enttäuscht. Es lief alles aus dem Ruder, und das nicht erst seit den letzten Tagen. In all der langen Zeit, in den Jahrzehnten und Jahrhunderten, die sich zur Ewigkeit gedehnt hatten und doch wie im Flug vergangen waren, hatten er und Abu Dun sich immer wieder aus den Augen verloren. Doch diesmal war es anders. Ihr Leben hatte in den letzten Jahren keinen guten Verlauf genommen, und sich ausgerechnet in diesem Land zu verlieren, das mit seiner Düsterkeit schon seit jeher die Seelen schwer gemacht hatte, trug nicht gerade zu seiner Beruhigung bei.
Er ballte ärgerlich die Faust und stolperte in die Richtung der verblassenden, hinter der dunklen Wolkenschicht kaum erkennbaren Sonne weiter, die ihm mit schwachen blutroten Streifen den Weg nach Osten wies. Kalte Windstöße peitschten ihn fast schmerzhaft ins Gesicht, so als wollten sie ihn davon abbringen, seinen Weg fortzusetzen. Er bemerkte es kaum. Seine Erinnerung zwang ihn erneut zu den Stromschnellen des Jablonka zurück, doch diesmal zu dem Tag, nachdem der Strom Abu Dun mit sich fortgerissen hatte.
Nach einer fürchterlichen Nacht ohne jede Spur echten Schlafs war Andrej so weit wie möglich dem verwilderten Lauf des Jablonka gefolgt, um seinen alten Freund zu suchen. Das Wasser toste nicht mehr ganz so wild wie bei ihrer Ankunft. Aber das war nicht unbedingt ein Vorteil. Zu seinem Entsetzen sah Andrej einen menschlichen Arm, der an ihm vorbeiglitt, gefolgt von weiteren Leichteilen. Und schließlich grinste ihn ein übel zugerichteter Kopf an, der sich im Uferdickicht verfangen hatte. Er hatte nur noch ein Ohr, und die Augen waren ihm herausgefressen worden. Obwohl es einst ein gewaltiger Schädel gewesen war, war es doch nicht der Abu Duns, wie er im ersten Schrecken geglaubt hatte.
Durch das nun seichtere, aber mitunter wild aufschäumende Wasser wanden sich ungewöhnlich große Wasserschlangen und machten sich über die Kadaver im Wasser her. Der Jablonka war zu einem Leichenfluss geworden. Mitunter war sein Wasser mehr blutrot als lehmgrau. Andrej befürchtete, dass es an den grausigen Dingen lag, die laut dem Getuschel und Geraune der Leute oben in der Burg der Blutgräfin vorgingen.
Schon als sie bei dem Fluss angekommen waren, war eine nur allzu bekannte düstere Vorahnung in ihm hochgestiegen, die ihn bereits mehr als einmal zuverlässig gewarnt hatte, wenn er sich einer ganz besonderen Art von Gefahr genähert hatte, einer Dunkelheit, die nur er mit seinen scharfen Sinnen spüren konnte. Etwas Fremdes, Grausames hing drohend über der wilden Felsenlandschaft von Cachtice. Aber er hatte das ungute Gefühl ignoriert und versucht sich einzureden, dass sie diesen Ort passieren mussten, wenn sie Frederics Spur tiefer hinein nach Transsylvanien folgen wollten.
Frederic! Ja, natürlich war er ihm wichtig, schließlich war er der Einzige seiner Art, der einzige Überlebende seines Geschlechts und damit der Einzige, der von der Tragödie wusste, die sich vor Jahrhunderten in ihrer Heimat zugetragen hatte. Aber Abu Dun stand ihm um so vieles näher. Die Furcht, ihn vielleicht nie wiederzusehen, saß ihm im Nacken.
Das trieb ihn weiter an, und er stolperte los und fiel nach ein paar Schritten in die gleichförmige, abgehackte Gangart, die auch zu Tode erschöpften Soldaten zu eigen ist, die von ihren Feldherren erbarmungslos in den nächsten Kampf getrieben werden. Die Umgebung vor seinen Augen verschwamm, besaß kaum noch Konturen. Aber so unsicher er mittlerweile auch auf den Beinen war, hielt er doch unbeirrt den Kurs bei, den er einmal eingeschlagen hatte: nach Osten, immer weiter nach Osten, dort, wo sie Frederic zu finden gehofft hatten. Diese Hoffnung war noch immer nicht aus seinem Herzen gewichen, aber es war eine neue hinzugekommen: Abu Dun unterwegs wiederzutreffen, sodass sie den Weg nach Borsã gemeinsam fortsetzen konnten.
Sein Herz machte einen schmerzhaften Satz, als er zu seiner Rechten einen großen Schatten entdeckte, ziemlich weit entfernt und im Schatten einer Anhöhe verborgen, die einen natürlichen Schutz vor den Wetterkapriolen versprach. Ein Haus? Eine Scheune? Oder vielleicht sogar eine Burg mit hoch aufrechten Zinnen?
Er eilte mit weit ausgreifenden Schritten los und achtete nicht darauf, was sich direkt vor ihm befand. Und so bemerkte er den halb im Matsch verborgenen Gegenstand erst, als er mit dem rechten Fuß dagegenstieß. Er wollte zurückspringen, doch es war zu spät. Vielleicht war er auch nur zu ungeschickt. Sein rechter Fuß verfing sich, und er glaubte schon zu hören, wie die Mechanik einer schweren Bärenfalle zuschnappte, und zu spüren, wie scharfe Eisenzähne in sein Fleisch bissen. Verzweifelt sprang er hoch, versuchte aus seinem unkontrollierten Sturz eine Rolle vorwärts zu machen - etwas, das ihm unter normalen Umständen mit Leichtigkeit gelungen wäre.
Diesmal nicht. Sein Absprung wurde durch etwas behindert, das er unwillentlich hochgerissen hatte. Aus den Augenwinkeln heraus sah er noch, wie es auf ihn zusauste, dann prallte es auch schon mit solcher Gewalt gegen seine Schläfe, dass er endgültig die Kontrolle verlor und stürzte.
Als er auf dem Boden aufschlug, traf ein zweiter Gegenstand seinen Hinterkopf - ein Teil der vermeintlichen Bärenfalle oder ein großkalibriges Geschoss, das jemand auf ihn abgefeuert hatte.
Während die Ohnmacht mit fordernden Fingern nach seinem Geist tastete, um ihn mit sich ins Vergessen zu nehmen, fühlte er die Schwäche, die er die ganze Zeit über versucht hatte zu ignorieren. Sein Atem ging keuchend, in seinen Eingeweiden wühlte der Hunger und seine Kehle war so ausgedörrt, dass er nur unter Schmerzen schlucken konnte.
All das waren Kleinigkeiten, die zu erdulden er gewohnt war und die nicht schwerer wogen als ein heißer Sommer, der die Felder verbrannte, ohne ihnen die Kraft zu nehmen, nach dem nächsten Regen wieder blühendes Leben hervorzubringen. Es waren ganz andere Dinge, die ihn zermürbt hatten. Er war schon viel zu lange unterwegs. Jahrzehnt um Jahrzehnt hatte sich zu einer unendlich hohen Mauer aus Zeit und Schmerz aufeinandergesetzt, die ihn von allem trennte, was normale Sterbliche ausmachte. Dabei war er doch nichts anders als sie, hatte die gleichen Bedürfnisse, wollte nichts weiter, als sein Leben zu leben, statt verdammt zu sein, ständig ums Überleben kämpfen zu müssen. Denn Unsterblichkeit war nichts wert, wenn man nicht bereit war, sie immer wieder aufs Neue mit dem Schwert zu verteidigen.
Die Schwärze senkte sich wie ein schweres Tuch über ihn. Er war am Ende. Und vielleicht war das auch gut so. Vielleicht sollte er es dabei belassen und einfach liegen bleiben, bis ihm endgültig die Sinne schwanden.
Aufgeben, hier in Transsylvanien, wo alles angefangen hatte. Ja. Der Kreis wäre geschlossen, und sein Leben vielleicht doch nicht ohne Sinn.
»Was soll das, Hexenmeister?« Andrej hatte fast das Gefühl, als würde eine kräftige Hand nach ihm greifen und ihn nach oben reißen. Abu Dun. Ja, das wäre ganz seine Art.
Aber es war niemand da außer ihm und Abu Duns Stimme, nichts weiter als ein Spuk in seinem Kopf, das Aufblitzen einer Erinnerung an ähnliche Vorkommnisse, die er vielleicht nicht unbeschadet überstanden hätte, wenn der Nubier nicht im richtigen Moment an seiner Seite gewesen wäre.
»Aufgeben gilt nicht«, hätte Abu Dun wohl noch hinzugefügt. »Also reiß dich zusammen. Und lass nicht zu, dass dieses verfluchte Land Macht über dich gewinnt!«
Mit beiden Händen krallte sich Andrej in den Boden und versuchte verzweifelt die Schwärze zurückzudrängen, die sich über seinen Verstand legen wollte. Abu Dun hätte das von ihm verlangt, und es wäre auch richtig gewesen. Aufgeben war nie der richtige Weg, solange noch Leben und Hoffnung in einem waren.
Als sich der Schleier vor seinen Augen lichtete und er sah, was da vor seiner Nase im Matsch lag und ihm fast zum Verhängnis geworden wäre, hätte er beinahe laut aufgelacht. Die vermeintliche Bärenfalle, deren Zuschnappen er schon zu hören geglaubt hatte, war nichts weiter als ein ramponierter Melkschemel, den der Sturm irgendwo aus einem Kuhstall gerissen und hier in den Matsch geworfen hatte.
Es wäre schon mehr als lächerlich gewesen, wenn ein Unsterblicher wie er an einem Melkschemel gescheitert wäre.
Er rappelte sich auf, klopfte sich, so gut es eben ging, den Schlamm aus den Kleidern und stapfte in Richtung Borsã weiter. Seine Gedanken waren dabei bei Abu Dun, und dem, was der Nubier wohl gerade erlebte...
...
© 2011 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
... weniger
Autoren-Porträt von Wolfgang Hohlbein
Wolfgang Hohlbein, 1953 in Weimar geboren, ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor. Der Durchbruch gelang ihm 1982 mit dem Jugendbuch Märchenmond, für das er den Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar erhielt. Seither hat er über 150 Romane, Kinder- und Jugendbücher sowie Drehbücher verfasst.
Bibliographische Angaben
- Autor: Wolfgang Hohlbein
- 2012, 1. Aufl., 320 Seiten, Maße: 12,4 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: LYX
- ISBN-10: 3802586360
- ISBN-13: 9783802586361
- Erscheinungsdatum: 10.01.2012
Kommentar zu "Die Chronik der Unsterblichen - Blutnacht"
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Die Chronik der Unsterblichen - Blutnacht".
Kommentar verfassen