Die Elenden von Lódz
Roman. Ausgezeichnet mit dem schwedischen "AugustoPriset" 2009
Pragmatiker oder Monster?
In seinem Roman über das jüdische Getto in Lódz stellt Steve Sem- Sandberg die Frage nach den Mechanismen der Unterdrückung, dem Moment, in dem die Anpassung unerträglich wird. Auch für einen Verräter wie den starken Mann des...
In seinem Roman über das jüdische Getto in Lódz stellt Steve Sem- Sandberg die Frage nach den Mechanismen der Unterdrückung, dem Moment, in dem die Anpassung unerträglich wird. Auch für einen Verräter wie den starken Mann des...
lieferbar
versandkostenfrei
Buch (Gebunden)
27.80 €
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Produktdetails
Produktinformationen zu „Die Elenden von Lódz “
Pragmatiker oder Monster?
In seinem Roman über das jüdische Getto in Lódz stellt Steve Sem- Sandberg die Frage nach den Mechanismen der Unterdrückung, dem Moment, in dem die Anpassung unerträglich wird. Auch für einen Verräter wie den starken Mann des Gettos, den Judenältesten Mordechai Chaim Rumkowski.
Klappentext zu „Die Elenden von Lódz “
»Die Elenden von Lódz« ist ein einzig artiger Roman mit vielen Stimmen. Er porträtiert neben der zentralen Figur Rumkowskis das Leben zahlreicher
Gettobewohner und gibt ihnen so einen Namen und ein Schicksal.
»Wie ein
Historiker beschwört Steve Sem-Sandberg die Vergangenheit herauf, wie ein
Romancier erhöht er Geschichte ins Allgemeingültige - ein dokumentarischer
Roman, der auf grandiose Weise die Stärken dieses Genres aufzeigt.«
Ilija
Trojanow
Steve Sem-Sandberg wurde für die »Die Elenden von Lódz« mit dem
schwedischen »August-Priset« ausgezeichnet , der dem Deutschen Buchpreis
entspricht.
"Die Elenden von Lodz" ist ein einzig artiger Roman mit vielen Stimmen. Er porträtiert neben der zentralen Figur Rumkowskis das Leben zahlreicher Gettobewohner und gibt ihnen so einen Namen und ein Schicksal.
"Wie ein Historiker beschwört Steve Sem-Sandberg die Vergangenheit herauf, wie ein Romancier erhöht er Geschichte ins Allgemeingültige - ein dokumentarischer Roman, der auf grandiose Weise die Stärken dieses Genres aufzeigt."
Ilija Trojanow Steve Sem-Sandberg wurde für die "Die Elenden von Lodz" mit dem schwedischen "August-Priset" ausgezeichnet, der dem Deutschen Buchpreis entspricht.
"Wie ein Historiker beschwört Steve Sem-Sandberg die Vergangenheit herauf, wie ein Romancier erhöht er Geschichte ins Allgemeingültige - ein dokumentarischer Roman, der auf grandiose Weise die Stärken dieses Genres aufzeigt."
Ilija Trojanow Steve Sem-Sandberg wurde für die "Die Elenden von Lodz" mit dem schwedischen "August-Priset" ausgezeichnet, der dem Deutschen Buchpreis entspricht.
Lese-Probe zu „Die Elenden von Lódz “
PrologDer Judenälteste allein
(1. - 4. September 1942)
Alles, was dir vor Handen kommt zu tun, das tue frisch; denn bei den Toten, dahin du fährst, ist weder Werk, Kunst, Vernunft noch Weisheit. Prediger 9,10
Es war der Tag, für ewig ist er dem Gettogedächtnis eingegraben, als der Judenälteste der Menge mitteilen ließ, ihm bliebe keine andere Wahl, als die Kinder und Alten des Gettos gehen zu lassen. Noch am Nachmittag vor dieser Bekanntgabe hatte er in seinem Büro am Balucki Rynek gesessen und auf das Eingreifen höherer Mächte gewartet, gehofft, dass sie ihn retten mögen. Zu jenem Zeitpunkt hatte er sich bereits gezwungen gesehen, die Kranken des Gettos herzugeben. Nun standen nur noch die Alten und Kinder aus. Herr Neftalin, auf dessen Anordnung die Kommission ein paar Stunden zuvor erneut zusammengetreten war, hatte ihm versichert, dass alle Listen bis spätestens Mitternacht aufgestellt und der Gestapo übergeben sein mussten. Wie sollte er ihnen nur erklären, welch ungeheuerlichen Verlust das für ihn persönlich darstellte ? Sechsundsechzig Jahre lebe ich nun schon und bin des Glücks, mich Vater nennen zu können, noch immer nicht teilhaftig gewor den, und jetzt verlangen die Behörden von mir, dass ich all meine Kinder opfere.
Hatte auch nur einer daran gedacht, wie es ihm in diesem Augenblick erging ?
(»Was soll ich ihnen sagen?«, hatte er Doktor Miller gefragt, als die Kommission am Nachmittag zusammengetreten war, und Doktor Miller hatte sein zerquältes Gesicht über den Tisch geschoben, und auch der seitlich von ihm sitzende Richter Jakobson hatte ihm tief in die Augen geblickt, und beide hatten übereinstimmend erklärt:
Sag ihnen die Wahrheit. Wenn nichts anderes möglich ist, musst du ihnen die Wahrheit sagen.
Aber wie kann es eine Wahrheit geben, wenn es kein Gesetz gibt, und wie kann es ein Gesetz geben, wenn es die Welt nicht mehr gibt?)
Den Widerhall der Stimmen der sterbenden Kinder im Kopf, griff der Älteste nach
... mehr
dem Jackett, das Fräulein Fuchs für ihn am Haken an der Barackenwand aufgehängt hatte, führte den Schlüssel zittrig ins Schloss und bekam die Tür mit knapper Not auf, bevor ihn die Stimmen erneut überfielen. Doch vor der Tür seines Büros wartete kein Gesetz, auch keine Welt; nur jene, die von seinem persönlichen Stab noch übrig waren, ein halbes Dutzend übernächtigter Büroangestellter mit dem unermüdlichen Fräulein Fuchs an der Spitze, an diesem Tag ebenso proper wie stets gekleidet, in frischgebügelter, blau-weiß gestreifter Bluse, die Haare zum Knoten hochgenommen.
Er sagte:
Wenn der Herr die Absicht gehabt hätte, diese seine letzte Stadt unter gehen zu lassen, hätte er es mich wissen lassen. Oder mir zumindest ein Zeichen gegeben.
Sein Stab aber starrte ihn nur verständnislos an:
Herr Präses, sagten sie, wir sind bereits eine Stunde verspätet.
An diesem Nachmittag war das Getto vollständig auf den Beinen. Obwohl die Leibwächter den größten Teil des Mobs auf Abstand halten konnten, war es ein paar grinsenden Flegeln gelungen, den Wagen zu entern. Er hatte sich ans Verdeck zurückgelehnt, nicht fähig,
wie sonst mit dem Stock nach ihnen zu schlagen. Es war, wie böswillige Zungen schon seit längerem hinter seinem Rücken raunten: Mit ihm war es vorbei, seine Zeit als Getto-Präses war zu Ende. Im Nachhinein würden sie von ihm sagen, er sei ein falscher schofet gewesen, der die falschen Beschlüsse gefasst habe, ein eved hagermanim, der keinesfalls für das Beste seines Volkes gesorgt, sondern allein die eigene Macht und den eigenen Vorteil im Auge gehabt habe.
Dennoch war es ihm nie um etwas anderes als das Beste des Gettos gegangen.
Herr, wie kannst du mir das nur antun?,
Er sagte:
Wenn der Herr die Absicht gehabt hätte, diese seine letzte Stadt unter gehen zu lassen, hätte er es mich wissen lassen. Oder mir zumindest ein Zeichen gegeben.
Sein Stab aber starrte ihn nur verständnislos an:
Herr Präses, sagten sie, wir sind bereits eine Stunde verspätet.
An diesem Nachmittag war das Getto vollständig auf den Beinen. Obwohl die Leibwächter den größten Teil des Mobs auf Abstand halten konnten, war es ein paar grinsenden Flegeln gelungen, den Wagen zu entern. Er hatte sich ans Verdeck zurückgelehnt, nicht fähig,
wie sonst mit dem Stock nach ihnen zu schlagen. Es war, wie böswillige Zungen schon seit längerem hinter seinem Rücken raunten: Mit ihm war es vorbei, seine Zeit als Getto-Präses war zu Ende. Im Nachhinein würden sie von ihm sagen, er sei ein falscher schofet gewesen, der die falschen Beschlüsse gefasst habe, ein eved hagermanim, der keinesfalls für das Beste seines Volkes gesorgt, sondern allein die eigene Macht und den eigenen Vorteil im Auge gehabt habe.
Dennoch war es ihm nie um etwas anderes als das Beste des Gettos gegangen.
Herr, wie kannst du mir das nur antun?,
... weniger
Autoren-Porträt von Steve Sem-Sandberg
Steve Sem-Sandberg, geboren 1958 in Oslo, ist einer der renommiertesten skandinavischen Autoren. Für den Roman »Die Elenden von Lódz« bekam er den August-Preis verliehen. Sein neuer Roman »W.« wurde von der schwedischen Presse gefeiert, gewann den Eyvind Johnson Prize 2020 sowie den Delblanc Preis 2021 und stand auf der Shortlist des August-Preises sowie des Preises des Nordischen Rates. Steve Sem-Sandberg lebt in Stockholm und wurde 2020 in das Komitee der Schwedischen Akademie gewählt.
Bibliographische Angaben
- Autor: Steve Sem-Sandberg
- 2011, 1. Aufl. 2011, 651 Seiten, Maße: 15,1 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Gisela Kosubek
- Verlag: Klett-Cotta
- ISBN-10: 3608938974
- ISBN-13: 9783608938975
- Erscheinungsdatum: 12.09.2011
Pressezitat
»Ein bewegendes Meisterwerk über die Grauzone der menschlichen Existenz.« SonntagsZeitung, 25.12.2011 »Sem-Sandberg hat einen Roman auf der Grenze zur Geschichtsschreibung verfasst ... Der Schriftsteller kann freier mit diesen Aussagen umgehen, als ein Historiker. Er vervollständigt das Bild, er verhilft der Wahrheit durcht fiktive Ergänzung zu ihrem Recht.« Gerhard Spörl, Der Spiegel, 23.01.2012 »Es ist ein großer Wurf mit den Zügen eines Epos in der reichen Literatur über den Holocaust.« Thomas Urban, Süddeutsche Zeitung, 11.10.2011 »Steve Sem-Sandberg ist ein Dichter, und sein Roman erzählt vom Jammer im Getto ... Sem-Sandberg schreibt am Beispiel des Gettos der polnischen Stadt Lódz, die von den Nazis in Litzmannstadt umbenannt wurde, über die Schoa. Wie er es tut, das hat niemanden unter seinen schwedischen Lesern kaltgelassen, und so wird es sich wiederholen, wenn "Die Elenden von Lódz" nun rund um die Welt erscheint. In Großbritannien und Amerika wird der Roman bereits gefeiert.« Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeiner Zeitung, 17.09.2011 »Sem-Sandberg hat mit "Die Elenden von Lódz" ein Stück Weltliteratur geschrieben. Und er hat den namenlosen Ermordeten ein Denkmal errichtet, wahrhaftiger als vieles, das in den letzten Jahrzehnten in Stein gehauen worden ist.« Klaus Hillenbrand, TAZ, 12.10.2011 »Der schwedische Autor und Journalist Steve Sem-Sandberg legt mit dem Roman "Die Elenden von Lódz" ein in allen Farben schillerndes Werk über das berüchtigte Ghetto von Litzmannstadt vor. Dabei mischt er Fakten und Fiktion. Darf man das? Ja, wenn man´s kann. ... Rumkowski bildet den dunklen Kern des Romans. Um diesen Abgrund von einem Menschen herum baut Sem-Sandberg nun seine Geschichte auf. Und er tut das unmittelbar, mit Verve und einer Fülle einprägsamer Figuren, die den geborenen Erzähler zeigen.« Manfred Papst, Neue Zürcher Zeitung am Sonntag, 18.09.2011 »Die große Leistung dieses außergewöhnlichen Dokumentarromans besteht darin, uns die Welt des Gettos
... mehr
unter Zuhilfenahme aller verfügbaren Fakten nahezu unerträglich plastisch vor Augen zu führen. ... So gerät "Die Elenden von Lódz" zu einem einzigartigen Kaleidoskop der Inhumanität.« Knut Cordsen, Deutschlandradio Kultur, 26.09.2011 »Der schwedische Autor, geboren 1958, gehört mit den "Elenden von Lodz" zu den Pionieren eines neuen Erzählens über die Vernichtung der europäischen Juden.« Brigitte van Kann, Deutschlandradio Büchermarkt, 24.11.2011 »Die großen Romane über den Holocaust, etwa von Primo Levi und Imre Kertész, waren stets Romane von Überlebenden, die das Schicksal und die besondere Last der Davongekommenen in den Blick genommen haben. Die Aussicht auf Entkommen dürfte auch eine Triebfeder der Autoren der Gettochronik gewesen sein. Sem-Sandbergs Roman verheißt diese Aussicht nicht. Sein Kunststück besteht gerade darin, die zerrinnende Zeit als schmerzhaft gegenwärtig zu erzählen. Es handelt von Gewalt, Macht, Siechtum und Tod - aber auch von einer unverfügbaren Würde der Menschen.« Harry Nutt, Frankfurter Rundschau, 14.10.2011 »Ein Buch, das man lesen sollte, gerade weil es einen bis in die Träume hinein verfolgt.« Richard Mayr, Augsburger Allgemeine, 27.01.2012 »Ein großes und darum unbedingt lesenswertes Stück literarischer Zeitgeschichte.« Peter Mohr, Rheinische Post, 16.01.2012 »Sem-Sandbergs so düstere wie gelungene Stimmen-Montage, die Rumkowskis Widersprüchlichkeit nicht aufhebt, ist ein wichtiger Baustein in der Auseinandersetzung mit der schillernden Figur.« Reinhard Helling, Abendzeitung München, 25.10.2011 »Einen ergreifenden, kaum erträglichen Holocaust-Roman hat Steve Sem-Sandberg geschrieben ... Auf geradezu Schwindel erregende Weise mischt er Tatsachen und Fiktion, lässt authentische Figuren mit erfundenen zusammentreffen, zitiert aus Protokollen und Tagebüchern und beschreibt den Alltag der "Elenden von Lodz" so, als wäre er selbst dabei gewesen.« Gabriele Weingarter, Die Rheinpfalz, 12.11.2011 »Mit der Genauigkeit eines Historikers und der erzählerischen Kraft eines großen Schriftstellers montiert Sem-Sandberg einen riesigen, vielstimmigen Chor und ein Mosaik aus Tausenden Bildern und Szenen. Daraus entsteht ein riesiges Porträt des Alltagslebens im Ghetto, dessen Wesen der Ausnahmezustand war. Für alles findet Sem-Sandberg die richtige Sprache, fürs Dokumentarische und Faktische ebenso wie fürs halluzinatorische Hungertaumeln, für Wahnvorstellungen oder Verlustschmerz, fürs Abstumpfen oder auch für den prophetischen Größenwahn Rumkowskis.« Julia Kospach, FALTER, 14.10.2011
... weniger
Kommentar zu "Die Elenden von Lódz"
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Die Elenden von Lódz".
Kommentar verfassen