Die Liebe und wie sich Leidenschaft erklärt
Was macht uns attraktiv? Ziehen sich Gegensätze wirklich an? Schadet Eifersucht? Was ist das Geheimnis glücklicher Paare? Hier finden Sie viele Antworten aus der Wissenschaft - auch wenn sich das Mysterium der Liebe nie ganz entschlüsseln lässt.
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Was macht uns attraktiv? Ziehen sich Gegensätze wirklich an? Schadet Eifersucht? Was ist das Geheimnis glücklicher Paare? Hier finden Sie viele Antworten aus der Wissenschaft - auch wenn sich das Mysterium der Liebe nie ganz entschlüsseln lässt.
"Ein rundum amüsantes Buch über menschliche Herzensangelegenheiten."
Spektrum der Wissenschaft
Die moderne Wissenschaft findet immer mehr Antworten auf diese Fragen. Auch wenn sich das Mysterium der Liebe nie ganz entschlüsseln lässt, kann man doch Muster erkennen, warum Beziehungen glücken oder scheitern. Bas Kast vereint all diese faszinierenden Erkenntnisse zu einer Logik der Liebe, die wir uns für unser Leben zu Eigen machen können.
Die Liebe und wie sich Leidenschafterklärt von Bas Kast
LESEPROBE
Kapitel 1
Die Kunst der Verführung
Wo dieLeidenschaft erwacht
Die Wurzelnder Flirtforschung lassen sich ziemlich genau datieren. Sie liegen um dieJahre 2 bis 1 vor Christi Geburt. In dieser Zeit verfasste der römische DichterOvid (43 v. Chr. - 18 n. Chr.) das erste Benutzerhandbuch für Verführer: Ars amatoria oder Liebeskunst.
DerRatgeber, der sich an die Jugend Roms wendet, lässt nur wenig zu wünschenübrig. Zuerst stärkt der Autor das Selbstbewusstsein seiner Leser: »Ernstlichdurchdringe dein Herz die Zuversicht, du könntest alle fangen; dann fängst dusie auch.« Es folgen hochdetaillierte Anweisungen fürs Äußere: »Nicht sei zuStacheln dein Haar in entstellender Weise geschoren; [... Und aus dem Nasenlochsteh' niemals ein Haar hervor. Nicht komme widriger Atem aus übel riechendemMunde.« Praxisbewährte Tipps sollen dabei helfen, die Vertreter des anderenGeschlechts rumzukriegen, und sowohl Männer als auch Frauen, für die es eigensgetrennte Kapitel gibt, kommen auf ihre Kosten.
Besondersbeachtenswert ist dabei eine Erkenntnis, die sich an verschiedenen Stellen imrömischen Ratgeber finden lässt und die man als »Ovids Verführungsformel«bezeichnen könnte. Damit der Funke überspringt, komme es nicht nur aufsSelbstbewusstsein und aufs Äußere an, sondern auch auf die Umstände. Auf die Situation.Die Leidenschaft erwache vor allem an Orten der Aufregung, im Theater, bei»Wettrennen rassiger Pferde«, simulierten Seeschlachten oderGladiatorenspielen: »Schaut die Arena euch an, die vom warmen Blute beflecktist, und den Wendepunkt, den glühende Räder umfahrn.«35
Mit dieserEinsicht hat Ovid die moderne Forschung um fast 2000 Jahre vorweggenommen.
DieBrücke zur Liebe
Anfang der70er Jahre machen sich zwei Psychologen in Kanada auf, Ovids Hypothese zutesten. Schauplatz ist der Capilano-Canyon, ein großer, grüner Naturpark, nichtmehr als zehn Minuten von der Metropole Vancouver, Kanadas drittgrößter Stadt,entfernt.
Einebeliebte Touristenattraktion dort ist die Capilano Canyon Suspension Bridge,die größte Fußgängerhängebrücke der Welt.36 Sie ist zwar nur guteinen Meter breit, dafür aber 140 Meter lang. Umringt von riesigenZedernbäumen, ragt die Brücke in einer Höhe von 70 Metern über den rauschendenCapilano River. Das Geländer ist niedrig, und es kippt und schaukeltununterbrochen. Eine wacklige Angelegenheit. Ein aufregender Ort.
Ein kleinesStück flussaufwärts gibt es eine weitere Brücke. Sie besteht aus festemZedernholz, ist drei Meter hoch und führt über einen schmalen Nebenarm desFlusses. Hier ist nichts wacklig und aufregend, sondern alles solide undlangweilig.
Damit istder Capilano-Canyon der ideale Ort für das »Brücken-Experiment«, das unter denLiebesforschern der Welt inzwischen legendär ist.
Der Versuchsieht folgendermaßen aus: Eine hübsche Mitarbeiterin der Forscher begibt sichin den Park, ausgerüstet mit einem belanglosen Fragebogen. Einmal stellt sichdie Frau auf die wacklige Hängebrücke, ein anderes Mal auf die harmloseHolzbrücke. Dort bittet sie die männlichen Passanten, den Fragebogenauszufüllen, was die meisten Männer auch bereitwillig tun. Es handele sich um einProjekt, sagt die Frau, mit dem sie versuche herauszufinden, wie sichNaturszenarien auf die kreative Ausdruckskraft auswirken. Dann, sobald derBogen bearbeitet ist, reißt sie die Ecke eines Stück Papiers ab, notiert ihreTelefonnummer und bietet dem Mann an, ihre Arbeit näher zu erläutern, »wenn malmehr Zeit dazu ist«.
DasResultat ist verblüffend: Neun von 18 Männern, die den Fragebogen auf derHängebrücke ausgefüllt haben, rufen an. Dagegen greifen nur zwei der 16Passanten von der Holzbrücke zum Hörer, um sich angeblich nach dem Projekt zuerkundigen.
Wie esscheint, hatte Ovid Recht. Unsere Anziehungskraft hängt nicht nur von uns ab,sondern auch von den Umständen. Von dem Ort, an dem wir uns befinden. Von derAufregung oder der Langeweile, die diesen Ort charakterisieren. Die Männer der Hängebrückemeldeten sich immerhin viermal häufiger bei der Frau als jene der Holzbrücke.
Abervielleicht hatte die Aufregung nur ihr Interesse an dem Arbeitsprojekt der Fraugeweckt? Oder an der Wackelbrücke waren neugierigere Leute als an derstabilen? Nicht ganz, wie ein Kontrollversuch der Psychologen nahe legt: Alssie einen Mann mit einem Stapel Fragebögen in den Capilano-Park schicken, derauf den beiden Brücken die männlichen Passanten anspricht, klingelt dasTelefon so gut wie gar nicht.37
Fazit: DieMänner der Hängebrücke hatten nicht etwa eine plötzliche Faszination für dasThema Kreativität entwickelt, sondern für die Frau. Aus ihrer Aufregung war Erregung geworden.
Wirverlieben uns, weil wir Herzklopfen haben
Wie lässtsich dieser Effekt erklären? Eine hohe, wacklige Hängebrücke bedeutet fürunser Gehirn: »Achtung, Gefahr!« Auf einer niedrigen, festen Holzbrücke kannman es sich leisten, geistesabwesend und entspannt vor sich hinzudämmern. Aufeiner schmalen, schwankenden Hängebrücke jedoch nicht.
Das Gehirnreagiert auf die Gefahr und setzt den Körper in Alarmbereitschaft. Es sendetein Warnsignal an die Nebennieren. Diese kapuzenförmigen Drüsen liegen oben aufden Nieren. In kleinen Bläschen speichern sie Adrenalin (aus dem Lateinischen:»ad« = zu + »renes« = Nieren). Auf Kommando des Nervensystems schütten dieBläschen das Aufputschhormon aus, und innerhalb von Millisekunden werden dieKräfte des Körpers mobilisiert.
Das Hirnregistriert, wie sich der Körper aufregt, und versucht, sich einen Reim aus derErregung zu machen. Es fahndet nach einem Grund. Und findet zwei Möglichkeiten:Die Brücke. Oder die Frau.
In dieserverwirrenden Lage kann es leicht zu Fehlinterpretationen kommen, und dasGehirn entscheidet sich für die falsche Ursache - die Frau. »Wenn aber dieseFrau meine Knie zum Zittern bringt und mir ganz flau im Magen wird«, sagt sichdas Hirn nun, »dann muss ich sie schon sehr anziehend finden!«
DieÜberlegung geht also davon aus, dass körperlicher Stress unspezifisch ist undvom Gehirn erst das richtige Etikett bekommen muss, wie »Angst«, »Ärger« oder»Anziehung«. Nur trifft das Hirn mit der Wahl seiner Labels nicht immer ins Schwarze.
Wenn mandiese Theorie zum ersten Mal hört, klingt sie vielleicht etwas befremdlich. Esgibt jedoch zahlreiche Versuche, die nahe legen, dass dieses Erklärungsmusterden Nagel auf den Kopf trifft.
EinBeispiel: Lässt man Männer auf einem Laufband rennen (zwei Minuten reichen) undsie gleich im Anschluss die Videobilder von attraktiven und wenigerattraktiven Frauen beurteilen, so kommt es zu einem bemerkenswerten, geradezuschizophrenen Effekt. Die Männer halten die attraktiven Frauen für noch attraktiverund die unattraktiven für noch weniger attraktiv als eine Kontrollgruppe. Esist, als würden die bewegten Männer ihre körperliche Erregung entweder alsbesonders große Anziehung oder, umgekehrt, als tiefe Abneigung deuten. OvidsTipp kann somit auch nach hinten losgehen.38
In einemanderen Experiment präsentierte ein Psychologe jungen Männern Dias halbnackter Schönheiten aus dem Playboy. Der Forscher hatte den Probanden zuvor ein Mikrophon auf dieBrust geklebt, das wiederum an einer Audio-Anlage angeschlossen war. Sokonnten die Männer ihren eigenen Herzschlag hören, zumindest dachten sie das.
In Wahrheithörten sie Tonbänder, die der Wissenschaftler bereits vor dem Experimentbespielt hatte. Dabei hatte er den Ablauf so arrangiert, dass die Männer beibestimmten Dias plötzlich einen erhöhten Herzschlag zu hören bekamen.39
Die kleineManipulation zeigte eine große Wirkung. Als die Männer die Attraktivität derFrauen bewerten sollten, bekamen die Damen, von denen die Männer meinten, diesehätten ihr Herz zur Raserei gebracht, mit Abstand die besten Noten.
Verblüffendwar, dass die Männer, als man ihnen die Fotos der Frauen einen Monat späterwieder vorlegte, immer noch an ihrer Meinung festhielten, obwohl sie sich andie Bilder kaum noch erinnern konnten.40 Sie ließen sich sogar dannnicht von ihrem Urteil abbringen, wenn man sie über den Hintergrund desVersuchs vollständig aufgeklärt hatte.41
Zugespitztkönnte man den Ovid-Effekt also auch so formulieren: Wir haben keinHerzklopfen, weil wir uns verlieben, sondern wir verlieben uns, weil wirHerzklopfen haben.
Wie wirnoch sehen werden, gilt dieses Prinzip nicht nur für den Beginn derLeidenschaft. Es lässt sich auch nutzen, um eine Liebe auf Dauer lebendig zuhalten.
© S. Fischer Verlag
- Autor: Bas Kast
- 2006, 5. Aufl., 224 Seiten, mit Abbildungen, Maße: 12,4 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596161983
- ISBN-13: 9783596161980
- Erscheinungsdatum: 01.03.2006
"Präzise und ohne das in Psychoratgebern übliche Geschwafel hält dieses Buch eine schöne Balance zwischen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen über die Liebe und den Offenbarungen ihrer Geheimnisse in der Literatur. Wer etwas über unser Balzverhalten wissen will und warum das Interesse für den Mitmenschen das stärkste Aphrodisiakum der Welt ist, hier kann er es erfahren. Ein gutes Buch." (Denis Scheck, Tagesspiegel)
"Beziehungsbücher gibt es zuhauf. Jetzt ist ein wirklich tolles erschienen." (Michaela Krüger, Kölner Stadt-Anzeiger)
"Ein rundum amüsantes Buch über menschliche Herzensangelegenheiten: erfrischend kurzweilig und doch wissenschaftlich dicht gepackt." (Spektrum der Wissenschaft)
"Wissenschaft und Liebe, ein Gegensatz an sich? Nicht unbedingt. Dieses Buch zeigt, dass es auch anders geht. Einfühlsam erklärt der Autor alles, was die Forschung über das Schönste aller Gefühle weiß: vom Flirt über die Leidenschaft bis zur langjährigen Beziehung." (Rolf Froböse, Welt)
"Kast trägt auf unterhaltsam-vergnügliche Weise die neuesten Erkenntnisse aus Psychologie, Medizin und Verhaltensforschung zusammen und beschreibt die biologischen Grundlagen der Liebe. Literaturverzeichnis und Quellenangaben machen das Buch zu mehr als einem Schmöker." (Geo Wissen, 34/04)
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