Die Prophetin
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Mit der Jagd von Catherine auf die letzte noch fehlende Schriftrolle beginnt auch die Jagd auf sie.
Barbara Wood, 1947 in England geboren, wanderte 1954 mit ihrer Familie in die USA aus. Sie lebt in Kalifornien.
DieProphetin von Barbara Wood
LESEPROBE
Plötzlich wußte Catherine, wie sie Daniel erreichen konnte ...Sie hatte ihm einen Sommer lang geholfen, ein Gebiet in Chiapas zukartographieren, weil Daniel dort ein verborgenes Grab vermutete. In diesemSommer gab es kaum Änderungen im Tagesablauf: Aufstehen vor Sonnenaufgang,zuerst viel Kaffee, danach Auswertung der Ergebnisse des Vortags und dann ...
Es war ihr wieder eingefallen! Daniel saß vor der Arbeitregelmäßig am Computer und informierte sich via Internet über das, was in derWelt geschah, tauschte Gedanken und Informationen mit einer Gruppe von Freundenaus und las seine E-Mail. Schnell ging Catherine zur Rezeption zurück. Nacheinem Jahr kannte sie jeder im Hotel Isis. Sie erschien beinahe täglich, um Postabzuholen, und versorgte sich mit den nötigen Dingen, wenn sie keine Zeithatte, nach Scharm el Scheich zu fahren. Gelegentlich trank sie sogar mit demsiebzigjährigen verwitweten Besitzer Tee.
»Mr. Mylonas«, sagte sie jetzt zu ihm, »ich möchte Sie umeinen Gefallen bitten. Glauben Sie, ich kann für ein paar Minuten den Hotel-Computerbenutzen? Ich bezahle Ihnen natürlich die Gebühren für die Zeit, die ichbrauche, um einen Freund zu erreichen.«
»Beim heiligen Andreas! « sagte er lachend und schüttelteden Kopf. »Vor vier Jahren hat mir Papadopoulos erklärt, Mylonas, es ist Zeit,das Hotel zu modernisieren, und hat aus Athen einen Computer kommen lassen.Aber Papadopoulos weiß nicht, wie man einen Computer bedient, und ich weiß esauch nicht, Hassan weiß es nicht, und Ramesch kann nur Briefe damit schreiben.Ich kann an den Fingern einer Hand abzählen, Frau Doktor, wie viele Gästediesen Computer benutzt haben. In den vergangenen fünf Monaten niemand. Undheute? Plötzlich wollen alle an den Computer! «
»Alle?«
»Ja, zum Beispiel Mr. Hungerford, ihr amerikanischerFreund.«
Sie runzelte die Stirn. »Wer noch?«
»Ein Gast, der heute am späten Nachmittag eingetroffen ist.Er sitzt gerade am Computer.«
»Wollen Sie damit sagen, der Computer ist im Augenblicknicht frei?«
Er nickte und zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Vielleichtkönnen Sie es im Sheraton oder im Hilton versuchen.« Aber Catherine hatte keineZeit, in ein anderes Hotel zu fahren. Daniel blieb nie länger als eine StundeOnline. In Mexiko war es inzwischen halb neun. Sie mußte ihn erreichen, bevorer sein Zelt verließ.
»Tut mir leid«, sagte Mr. Mylonas und widmete sich einemGast, der Geld umtauschen wollte.
Catherine überlegte nicht lange und ging zum Büro imhinteren Teil des Hotels. Die Tür stand offen, und sie blickte hinein. Der kleineRaum war vollgestopft mit ausrangierten Möbeln. Neben mehreren altmodischenTelefonen mit Wählscheibe stand dort auch eine mechanische Schreibmaschine. Ander Wand hingen ein islamischer und ein westlicher Kalender, und am Deckenventilatorbaumelten klebrige Fliegenfänger. Die Sekretärin war nicht da, Ramesch, derStellvertreter von Mr. Mylonas, ebenfalls nicht.
Aber am Computer saß jemand. Der Mann drehte ihr den Rückenzu und tippte auf der Tastatur. Er war groß, hatte breite Schultern und einefast militärische Haltung. Er trug ein schwarzes Hemd mit kurzen Ärmeln undJeans. Catherines Blick verweilte unwillkürlich auf der betont männlichenGestalt. »Entschuldigen Sie... «, Catherine räusperte sich und blieb in der Türstehen. »Ich wollte Sie fragen, ob ... «
Der Mann drehte sich um. Er hatte blaue Augen und eine sonnengebräunteHaut. Er lächelte sie liebenswürdig an. Aber dann fiel ihr auf, daß dasschwarze Hemd kein normales Hemd war, sondern einen Priesterkragen hatte. Siewar verwirrt. Mr. Mylonas hatte nicht erwähnt, daß der Gast ein Geistlicher war.
Sie räusperte sich noch einmal. »Ich wollte Sie fragen, obder Computer frei ist ... «
»Ich habe gerade meine E-Mail abgeschickt und fürchte, damitist dieser Computer eine Weile beschäftigt.« »Wie lange?«
»Ein paar Stunden.«
»Stunden? Warum dauert das so lange?«
»Ich glaube, er hat ein 3oo-Bits-pro-Sekunde-Modem! « erwiderteer und lachte.
Catherine warf erst einen Blick auf die Uhr, dann auf denComputer und schließlich auf den Priester. Sie wollte etwas sagen, überlegtees sich aber anders und drehte sich wortlos um. An der Rezeption bat sie Mr.Mylonas, im Sheraton anzufragen, ob ein Computer frei sei. Während sie wartete,trommelte sie mit den Fingern nervös auf das Gästebuch und starrte in die Richtungdes Büros. Sosehr sie es auch gewollt hätte, sie brachte es einfach nicht übersich, einen Priester um einen Gefallen zu bitten.
»Tut mir wirklich leid, Frau Doktor«, sagte Mr. Mylonas und hängteauf. »Aber alle Anschlüsse sind besetzt. Bitte, das Telefon in unserem Bürosteht Ihnen zur Verfügung. Vielleicht haben Sie diesmal mehr Glück.«
Catherine vermutete, daß sie mit dem Anschluß hier mehrGlück haben würde als in einer Telefonzelle, und ging zurück in das Büro. DerPriester war nicht mehr da, und sie warf einen Blick auf den Bildschirm, um zusehen, ob der Computer vielleicht doch schon frei war. Die Meldung wirktejedoch eher wie Hohn:
»Gesendet: 1200 Bytes
voraussichtl. Sendezeit: 1 Std. 27 Min.«
Während sie noch einmal versuchte, die Funkvermittlung in Cancunzu erreichen, dachte sie flüchtig daran, das Senden der EMail zu unterbrechen,Daniel ihre Nachricht zu übermitteln und später mit dem Priester zu reden.
»Na los, Danno«, murmelte sie ungeduldig, preßte den Hörerans Ohr und lauschte auf die veralteten Telefontöne, die um die halbe Weltgingen. »Bitte nimm endlich ab! « Sie warf wieder einen Blick auf die Uhr. Warer bereits unterwegs zum Grab?
Durch die angelehnte Tür hörte sie plötzlich lauten Beifall ausder Bar und Hungerfords unverkennbares Lachen.
Warumist er noch immer hier? Warum ist er nicht bei seinen Leuten?
Sie dachte an Samir. Sie hatte ihn gebeten, ihr Zelt nichtaus den Augen zu lassen. Catherine wußte jedoch, daß er sich nicht ständig inder Nähe des Zelts aufhalten konnte. Sie dachte an das Fragment und den Korbunter dem Feldbett. Bestimmt kein sicheres Versteck. Catherine wußte, siedurfte die Funde nicht länger allein lassen. Aber was sollte sie tun, wenn sieDanno nicht erreichte?
Ichfliege noch heute nacht, dachte sie. Ich habe keine andere Wahl.
»Hallo?« rief sie in den Hörer. »Ja, ich versuche, Dr.Stevenson zu erreichen. Er ist ... Hallo?«
Die Verbindung wurde unterbrochen.
»Verflucht ... «, murmelte sie.
»Was ist los?«
Sie drehte sich verblüfft um. Der Priester stand in der Tür.Hinter ihm befand sich die Hotelhalle. Durch die Glastüren sah sie in seinemRücken den feurig-goldenen Sonnenuntergang.
Einewahrhaft gute Kulisse für einen Diener der spirituellen Welt, dachte sieunwillkürlich und staunte über ihren Zynismus. Warum löste dieser Mann soheftige Reaktionen bei ihr aus?
Er betrat das Büro. Seine große Gestalt füllte den Raum, derplötzlich noch kleiner zu sein schien. Er war etwa einen Meter fünfundachtziggroß. Die ersten Anzeichen von Grau in den kurz geschnittenen dunkelbraunenHaaren verrieten, daß er über vierzig sein mußte. Aber sein muskulöser Körperwirkte jugendlich und sportlich. Eigentlich wirkte er überhaupt nicht wie ein Priester.
Sie legte auf und seufzte. »Ich muß unbedingt den Computerbenutzen, um jemanden zu erreichen.« »Warum haben Sie das nicht gleichgesagt?« »Ich möchte nicht gerne auf einen Priester angewiesen sein.« Er sahsie überrascht an. »Sie sind wohl kaum auf mich angewiesen. «
Er setzte sich vor den Computer, tippte etwas auf derTastatur und stand auf: »Er steht zu Ihrer Verfügung«, sagte er knapp und verließdas Büro, ohne sie noch einmal anzusehen. Catherine blickte ihm einenAugenblick nach, dann setzte sie sich, legte den Notizblock mit DanielsE-Mail-Adresse auf den Tisch und begann mit der Eingabe.
© Krüger Verlag, ein Verlag der S. Fischer GmbH, Frankfurtam Main 1995
Übersetzung: Manfred Ohl und Hans Sartorius
- Autor: Barbara Wood
- 2004, 5. Aufl., 640 Seiten, Maße: 12,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Manfred Ohl, Hans Sartorius
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596165733
- ISBN-13: 9783596165735
4.5 von 5 Sternen
5 Sterne 1Schreiben Sie einen Kommentar zu "Die Prophetin".
Kommentar verfassen