Die Seidenweberin / Anna-Laminit-Romane Bd.1
Roman
Köln im Mittelalter: Nach dem Tod ihrer Eltern wird die junge Fygen in die Obhut ihres Onkels gegeben, der bald ein Auge auf sie wirft. Nur der mütterlichen Sorge seiner Haushälterin ist es zu verdanken, dass sie seiner Begierde nicht zum Opfer fällt. Sie...
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Klappentext zu „Die Seidenweberin / Anna-Laminit-Romane Bd.1 “
Köln im Mittelalter: Nach dem Tod ihrer Eltern wird die junge Fygen in die Obhut ihres Onkels gegeben, der bald ein Auge auf sie wirft. Nur der mütterlichen Sorge seiner Haushälterin ist es zu verdanken, dass sie seiner Begierde nicht zum Opfer fällt. Sie wird zu ihrer Tante Mettel geschickt, bei der sie das Handwerk einer Seidenweberin erlernen soll. Doch Mettel entpuppt sich als grausame und ungerechte Lehrherrin, die alles daransetzt, Fygen das Leben zur Hölle zu machen - vor allem als sich herausstellt, dass eine begabte Seidenweberin in ihr steckt. Allen Widerständen zum Trotz wächst Fygen zu einer mutigen jungen Frau heran, die keine Auseinandersetzung scheut - nicht mal mit Peter Lützenkirchen, dem wortgewandten Vorsitzenden des Seidamts ...
Lese-Probe zu „Die Seidenweberin / Anna-Laminit-Romane Bd.1 “
Die Seidenweberin von Ursula Niehaus LESEPROBE Prolog 1458Trübe starrte der beleibte Kaufmann in seinen Bierkrug. Heute konnte ihn selbst das süßliche, blassgoldene Gebräu nicht aufmuntern. Dieses liederliche Weibsbild, seine Schwester! Er hatte kein moralisches Problem damit, dass sie herumhurte und sich dem ersten Besten, der ein seidenes Wams trug, an den Hals warf. Aber dass sie nun ein Balg zur Welt brachte, das keinen Vater hatte, nahm er ihr übel. Als seriöser Kaufmann hatte er schließlich einen Ruf zu verlieren. Noch dazu in dieser kleinen Stadt, wo jeder ihn kannte. Weniger mit Fleiß und Arbeit, dafür aber mit viel Geiz und Verhandlungsgeschick hatte er in den vergangenen Jahren aus dem Geschäft seines Vaters ein richtiggehendes Handelsunternehmen gemacht, das größte der Stadt. Er war jetzt in den Dreißigern und hatte wenig Lust, sich alles, was er aufgebaut hatte, durch die Liederlichkeiten seiner Schwester zunichtemachen zu lassen.
Die Luft im Alten Eber, dem Bierzapf am Markt, wurde immer dicker, und der Lärm der Zechenden schwoll weiter an. Unaufgefordert stellte die Wirtin einen vollen Krug vor Mathys hin und wischte mit einem Zipfel ihrer schmierigen Schürze über das abgeschabte Holz des Schanktisches. Wortlos wies sie mit dem Kinn in Richtung eines Tisches in der Ecke, an dem es besonders hoch herging. »Der ist nicht ganz bei Trost«, sagte sie.
Mathys
... mehr
’ feiste Finger griffen nach dem Krug. Er nahm einen kräftigen Schluck und leckte sich den Schaum von den feuchten, für einen Mann ein wenig zu roten Lippen. »Wer?«, fragte er mehr höfl ich als wirklich interessiert.
»Na, der Dünne da mit der hellblauen Juppe.«
Mathys’ Blick folgte dem ihren und machte durch den Dunst einen jungen Mann aus, auf den ihre Beschreibung passte. »Wieso? Was ist mit dem?«, wollte er wissen.
»Der verliert jetzt schon seit Stunden beim Würfeln. Entweder ist er dumm, oder er hat Geld an den Füßen.«
»Na, nach Geld sieht der mir nicht aus. Kennst du ihn?« Die Wirtin schüttelte nachdrücklich den Kopf, und ihr ausladender Busen wogte energisch auf und ab. »Nee, hab ich noch nie hier gesehen. Muss ein Fremder sein.« Dumm und fremd, ging es Mathys durch den Kopf, eine ideale Kombination. Und am trüben Horizont seiner düsteren Gedanken erschien ein kleiner Lichtstreif. Geduldig beobachtete er von Ferne, wie der Fremde sein Glück herausforderte, Stunde für Stunde. Der junge Mann war groß gewachsen, mit kräftigen Gliedmaßen, doch sah er nicht aus wie einer, der sein Geld mit Arbeit verdiente. Seine Hände waren gepflegt, das Gesicht fein geschnitten, mit hübsch geschwungenen Lippen und blauen Augen. Sein Kinn war vielleicht eine Spur zu weich, doch alles in allem war er ein ansehnlicher Bursche. Seine Schwester würde ihm noch dankbar sein, dachte Mathys.
Der Fremde schien auch kein Händler zu sein, eher ein nichtsnutziger Spross aus adligem Hause. Einer jener Habenichtse, die mit Geschick und Findigkeit anderen auf der Tasche lagen.
Mathys’ Ausdauer wurde belohnt. In den frühen Morgenstunden saß der junge Mann endlich, abgebrannt und des Inhaltes seiner Taschen beraubt, allein an seinem Tisch. Seine Zechkumpanen hatten sich zerstreut. Mathys gab der Wirtin einen Wink, und mit mitleidigem Lächeln stellte sie einen gut gefüllten Krug vor den Fremden hin. Auf seine Frage hin deutete sie auf Mathys, der seinen Krug zum Gruße hob.
Kurz kamen Mathys Bedenken. Nicht über die Rechtschaffenheit seines Planes, sondern weil der Mann ein Spieler war. Doch freilich, einen Ehrenmann brauchte er unter diesen Umständen nicht zu suchen. Also stand er auf, setzte sich ungebeten zu dem Fremden an den Tisch und sprach ihn an: »Nicht gut gelaufen, was?«
»Kann man so sagen.« Der Fremde starrte in seinen Krug. »Und was habt Ihr jetzt vor?«, erkundigte Mathys sich höfl ich.
»Mal sehen, was sich so anbietet.«
Mathys hatte sich nicht verschätzt. Der Fremde war völlig mittellos und wusste nicht, wo er die Nacht verbringen sollte.
»Ein Mann wie Ihr sollte nicht arbeiten müssen.« Mathys zielte ins Blaue.
Der Fremde nickte zustimmend.
»Ich hätte Euch ein Geschäft vorzuschlagen«, sagte Mathys und wagte einen Vorstoß.
Erstaunt zog der Fremde die fein geschwungenen Augenbrauen hoch und blickte Mathys zum ersten Mal aufmerksam an.
Dieser, sich nun der vollen Aufmerksamkeit des Fremden sicher, sagte: »Ich bin Kaufmann wie mein Vater vor mir. Nicht unvermögend, versteht sich. Und ich habe eine Schwester. Dieser fällt, im Falle ihrer Verehelichung, die Hälfte des Handelskontors, das mein Vater hinterlassen hat, zu.« Mathys machte eine beredte Pause, um sicherzugehen, dass sein Gegenüber die Worte auch richtig erfasste.
»Und worin besteht das Geschäft?«, wollte der Fremde wissen und blickte Mathys verständnislos an.
»Nun, ich suche einen passenden Gatten für meine Schwester und frage mich, ob Ihr nicht interessiert wärt.« Konrad, dem Fremden, blieb für einen Moment vor Überraschung der Mund offen stehen, dann verzog er sein Gesicht zu einem spöttischen Grinsen. Er war keineswegs so dumm, wie Mathys vermutet hatte. »Was stimmt denn nicht mit Eurer Schwester?«, fragte er. »Ist sie alt, buckelig oder lahm, dass Ihr sie zu verschachern sucht wie einen krummen Gaul?«
»Ihr braucht sie nicht zu lieben, Ihr sollt sie nur ehelichen«, antwortete Mathys. »Seid Ihr nicht ein Spieler? So seht es doch als Spiel an. Eines, bei dem Ihr nur gewinnen könnt.«
»Wo liegt nun der Haken?«, bohrte Konrad nach.
Die Schwangerschaft war bereits zu weit fortgeschritten, als dass dieser Tatbestand zu verbergen wäre. Es war höchste Zeit zu handeln. »Sie trägt das Kind eines anderen«, gestand Mathys widerwillig.
Konrad ließ sich dadurch nicht aus der Fassung bringen. »Und wie groß ist das Vermögen der Dame?«, brachte er die Verhandlungen auf den Punkt.
Ausführlich schilderte Mathys ihm den Umfang seiner Handelsaktivitäten, nannte ihm den momentanen Bestand an Lagerware, die offenen Forderungen und zählte stolz seine guten Handelskontakte auf, die nach Köln, Mainz und Lübeck reichten. »Die Hälfte des Handelskontors also«, schloss er. Es lag nicht in seiner Natur, das schwer verdiente Geld zu verschleudern. Doch diesem Mann hier brauchte er nicht mit einem geringeren Angebot zu kommen, das wusste er.
Konrad nickte bedächtig. Vom Grunde einiger Bierkrüge aus betrachtet, klang der Handel ganz verlockend. Doch er war nicht zu trunken, um Für und Wider dieses Vorschlages abzuwägen. Die Vorteile schienen bei weitem zu überwiegen. Und sollte sich die Situation als absolut unerträglich herausstellen, nun, dann würde er einfach wieder sein Bündel packen und weiterziehen. Das Risiko war gering.
Ein letztes Bier genehmigten sich die künftigen Schwäger auf ihren Handel, dann machten sie sich auf den kurzen Weg zu Mathys’ Haus.
Die mollige Haushälterin war noch auf den Beinen. Voller Freude funkelten ihre braunen Augen, als sie Mathys berichtete, Irma, seine Schwester, wäre niedergekommen, just vor wenigen Stunden, während er im Bierzapf weilte. Die Hebamme hätte sie von einem niedlichen, kleinen Mädchen entbunden, ein allerliebstes Kind sei es, und Irma ginge es den Umständen entsprechend gut.
Früh in den Morgenstunden des folgenden Tages kam der Pfarrer ins Haus. Er war ein altgedienter Mann des Glaubens, der schon allerhand erlebt hatte. Und wenn es ihn wunderte, dass er den Bräutigam nie zuvor in der Stadt gesehen hatte, so ließ er es sich nicht anmerken.
Die Braut war recht schwach. Es fi el ihr sichtlich schwer, sich für die Eheschließung von ihrem Kindbett zu erheben, doch hatte sie der Haushälterin gestattet, sie anzukleiden und ihre langen dunklen Locken zu bürsten, bis sie glänzten. Ihre kohlefarbenen Augen lagen tief und ein wenig fiebrig in dem zarten Gesicht, und ihr sonst so frischer Teint war einer kalten Blässe gewichen.
Konrad sog überrascht die Luft ein, als er seine Gemahlin erblickte. Wenn diese Frau sich von den Strapazen des Kindbettes erholt hätte, dessen war er sicher, würde sie wieder zu einer außergewöhnlichen Schönheit erblühen.
Diskret beschränkte der Pfarrer die Trauungszeremonie auf das absolut Notwendige, und angesichts der Umstände verzichtete man auch auf die üblichen Feierlichkeiten. Konrad war entzückt von seiner jungen Gattin. Welchem Heiligen hatte er nur dieses Glück zu verdanken?
Doch in der Nacht darauf setzte das Bluten ein. Stärker und immer stärker sog es alle Lebenskraft aus Irmas Körper mit sich hinaus, und die ersten Sonnenstrahlen des folgenden Tages machten Konrad zum Witwer.
Er verspürte ein vages Bedauern um den Tod seiner Gattin. Sie war zu jung und zu hübsch, um schon vom Herrgott heimgeholt zu werden, doch es wäre müßig, mit dem Schicksal zu hadern. Konrad beschloss stattdessen, sich das kleine Wesen genauer anzuschauen, dessen Ankunft auf Erden ihm so unvermittelt zu neuem Wohlstand verholfen hatte. © Droemer Knaur Verlag
»Na, der Dünne da mit der hellblauen Juppe.«
Mathys’ Blick folgte dem ihren und machte durch den Dunst einen jungen Mann aus, auf den ihre Beschreibung passte. »Wieso? Was ist mit dem?«, wollte er wissen.
»Der verliert jetzt schon seit Stunden beim Würfeln. Entweder ist er dumm, oder er hat Geld an den Füßen.«
»Na, nach Geld sieht der mir nicht aus. Kennst du ihn?« Die Wirtin schüttelte nachdrücklich den Kopf, und ihr ausladender Busen wogte energisch auf und ab. »Nee, hab ich noch nie hier gesehen. Muss ein Fremder sein.« Dumm und fremd, ging es Mathys durch den Kopf, eine ideale Kombination. Und am trüben Horizont seiner düsteren Gedanken erschien ein kleiner Lichtstreif. Geduldig beobachtete er von Ferne, wie der Fremde sein Glück herausforderte, Stunde für Stunde. Der junge Mann war groß gewachsen, mit kräftigen Gliedmaßen, doch sah er nicht aus wie einer, der sein Geld mit Arbeit verdiente. Seine Hände waren gepflegt, das Gesicht fein geschnitten, mit hübsch geschwungenen Lippen und blauen Augen. Sein Kinn war vielleicht eine Spur zu weich, doch alles in allem war er ein ansehnlicher Bursche. Seine Schwester würde ihm noch dankbar sein, dachte Mathys.
Der Fremde schien auch kein Händler zu sein, eher ein nichtsnutziger Spross aus adligem Hause. Einer jener Habenichtse, die mit Geschick und Findigkeit anderen auf der Tasche lagen.
Mathys’ Ausdauer wurde belohnt. In den frühen Morgenstunden saß der junge Mann endlich, abgebrannt und des Inhaltes seiner Taschen beraubt, allein an seinem Tisch. Seine Zechkumpanen hatten sich zerstreut. Mathys gab der Wirtin einen Wink, und mit mitleidigem Lächeln stellte sie einen gut gefüllten Krug vor den Fremden hin. Auf seine Frage hin deutete sie auf Mathys, der seinen Krug zum Gruße hob.
Kurz kamen Mathys Bedenken. Nicht über die Rechtschaffenheit seines Planes, sondern weil der Mann ein Spieler war. Doch freilich, einen Ehrenmann brauchte er unter diesen Umständen nicht zu suchen. Also stand er auf, setzte sich ungebeten zu dem Fremden an den Tisch und sprach ihn an: »Nicht gut gelaufen, was?«
»Kann man so sagen.« Der Fremde starrte in seinen Krug. »Und was habt Ihr jetzt vor?«, erkundigte Mathys sich höfl ich.
»Mal sehen, was sich so anbietet.«
Mathys hatte sich nicht verschätzt. Der Fremde war völlig mittellos und wusste nicht, wo er die Nacht verbringen sollte.
»Ein Mann wie Ihr sollte nicht arbeiten müssen.« Mathys zielte ins Blaue.
Der Fremde nickte zustimmend.
»Ich hätte Euch ein Geschäft vorzuschlagen«, sagte Mathys und wagte einen Vorstoß.
Erstaunt zog der Fremde die fein geschwungenen Augenbrauen hoch und blickte Mathys zum ersten Mal aufmerksam an.
Dieser, sich nun der vollen Aufmerksamkeit des Fremden sicher, sagte: »Ich bin Kaufmann wie mein Vater vor mir. Nicht unvermögend, versteht sich. Und ich habe eine Schwester. Dieser fällt, im Falle ihrer Verehelichung, die Hälfte des Handelskontors, das mein Vater hinterlassen hat, zu.« Mathys machte eine beredte Pause, um sicherzugehen, dass sein Gegenüber die Worte auch richtig erfasste.
»Und worin besteht das Geschäft?«, wollte der Fremde wissen und blickte Mathys verständnislos an.
»Nun, ich suche einen passenden Gatten für meine Schwester und frage mich, ob Ihr nicht interessiert wärt.« Konrad, dem Fremden, blieb für einen Moment vor Überraschung der Mund offen stehen, dann verzog er sein Gesicht zu einem spöttischen Grinsen. Er war keineswegs so dumm, wie Mathys vermutet hatte. »Was stimmt denn nicht mit Eurer Schwester?«, fragte er. »Ist sie alt, buckelig oder lahm, dass Ihr sie zu verschachern sucht wie einen krummen Gaul?«
»Ihr braucht sie nicht zu lieben, Ihr sollt sie nur ehelichen«, antwortete Mathys. »Seid Ihr nicht ein Spieler? So seht es doch als Spiel an. Eines, bei dem Ihr nur gewinnen könnt.«
»Wo liegt nun der Haken?«, bohrte Konrad nach.
Die Schwangerschaft war bereits zu weit fortgeschritten, als dass dieser Tatbestand zu verbergen wäre. Es war höchste Zeit zu handeln. »Sie trägt das Kind eines anderen«, gestand Mathys widerwillig.
Konrad ließ sich dadurch nicht aus der Fassung bringen. »Und wie groß ist das Vermögen der Dame?«, brachte er die Verhandlungen auf den Punkt.
Ausführlich schilderte Mathys ihm den Umfang seiner Handelsaktivitäten, nannte ihm den momentanen Bestand an Lagerware, die offenen Forderungen und zählte stolz seine guten Handelskontakte auf, die nach Köln, Mainz und Lübeck reichten. »Die Hälfte des Handelskontors also«, schloss er. Es lag nicht in seiner Natur, das schwer verdiente Geld zu verschleudern. Doch diesem Mann hier brauchte er nicht mit einem geringeren Angebot zu kommen, das wusste er.
Konrad nickte bedächtig. Vom Grunde einiger Bierkrüge aus betrachtet, klang der Handel ganz verlockend. Doch er war nicht zu trunken, um Für und Wider dieses Vorschlages abzuwägen. Die Vorteile schienen bei weitem zu überwiegen. Und sollte sich die Situation als absolut unerträglich herausstellen, nun, dann würde er einfach wieder sein Bündel packen und weiterziehen. Das Risiko war gering.
Ein letztes Bier genehmigten sich die künftigen Schwäger auf ihren Handel, dann machten sie sich auf den kurzen Weg zu Mathys’ Haus.
Die mollige Haushälterin war noch auf den Beinen. Voller Freude funkelten ihre braunen Augen, als sie Mathys berichtete, Irma, seine Schwester, wäre niedergekommen, just vor wenigen Stunden, während er im Bierzapf weilte. Die Hebamme hätte sie von einem niedlichen, kleinen Mädchen entbunden, ein allerliebstes Kind sei es, und Irma ginge es den Umständen entsprechend gut.
Früh in den Morgenstunden des folgenden Tages kam der Pfarrer ins Haus. Er war ein altgedienter Mann des Glaubens, der schon allerhand erlebt hatte. Und wenn es ihn wunderte, dass er den Bräutigam nie zuvor in der Stadt gesehen hatte, so ließ er es sich nicht anmerken.
Die Braut war recht schwach. Es fi el ihr sichtlich schwer, sich für die Eheschließung von ihrem Kindbett zu erheben, doch hatte sie der Haushälterin gestattet, sie anzukleiden und ihre langen dunklen Locken zu bürsten, bis sie glänzten. Ihre kohlefarbenen Augen lagen tief und ein wenig fiebrig in dem zarten Gesicht, und ihr sonst so frischer Teint war einer kalten Blässe gewichen.
Konrad sog überrascht die Luft ein, als er seine Gemahlin erblickte. Wenn diese Frau sich von den Strapazen des Kindbettes erholt hätte, dessen war er sicher, würde sie wieder zu einer außergewöhnlichen Schönheit erblühen.
Diskret beschränkte der Pfarrer die Trauungszeremonie auf das absolut Notwendige, und angesichts der Umstände verzichtete man auch auf die üblichen Feierlichkeiten. Konrad war entzückt von seiner jungen Gattin. Welchem Heiligen hatte er nur dieses Glück zu verdanken?
Doch in der Nacht darauf setzte das Bluten ein. Stärker und immer stärker sog es alle Lebenskraft aus Irmas Körper mit sich hinaus, und die ersten Sonnenstrahlen des folgenden Tages machten Konrad zum Witwer.
Er verspürte ein vages Bedauern um den Tod seiner Gattin. Sie war zu jung und zu hübsch, um schon vom Herrgott heimgeholt zu werden, doch es wäre müßig, mit dem Schicksal zu hadern. Konrad beschloss stattdessen, sich das kleine Wesen genauer anzuschauen, dessen Ankunft auf Erden ihm so unvermittelt zu neuem Wohlstand verholfen hatte. © Droemer Knaur Verlag
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Autoren-Porträt von Ursula Niehaus
Niehaus, UrsulaUrsula Niehaus wurde 1965 geboren. Schon früh begeisterte sich die gebürtige Kölnerin fürs Schreiben und für historische Stoffe. Ihr erster Roman DIE SEIDENWEBERIN war ein großer Erfolg. Ursula Niehaus lebt mit Mann und Kind in einem kleinen Winzerstädtchen am Rhein.
Bibliographische Angaben
- Autor: Ursula Niehaus
- 2008, 7. Aufl., 637 Seiten, Maße: 11,5 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Herausgegeben: Ilse Wagner
- Verlag: Droemer/Knaur
- ISBN-10: 3426636166
- ISBN-13: 9783426636169
- Erscheinungsdatum: 02.05.2008
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