Die Toten von Sandhamn / Thomas Andreasson Bd.3
Ein Fall für Thomas Andreasson. Thomas Andreassons dritter Fall
Thomas Andreasson wird nach Sandhamn gerufen: Ein Mädchen ist verschwunden. Noch geben die Eltern die Hoffnung nicht auf, dass ihre Tochter lebt. Doch dann machen Kinder beim Spielen eine schreckliche Entdeckung.
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Produktinformationen zu „Die Toten von Sandhamn / Thomas Andreasson Bd.3 “
Thomas Andreasson wird nach Sandhamn gerufen: Ein Mädchen ist verschwunden. Noch geben die Eltern die Hoffnung nicht auf, dass ihre Tochter lebt. Doch dann machen Kinder beim Spielen eine schreckliche Entdeckung.
Klappentext zu „Die Toten von Sandhamn / Thomas Andreasson Bd.3 “
Der Nummer-Eins-Bestseller aus SchwedenThomas Andreasson wird nach Sandhamn gerufen: Ein Mädchen ist verschwunden. Obwohl sofort eine fieberhafte Suche einsetzt, bleibt sie ohne Erfolg. Wo steckt Lina, und wer ist für ihr Verschwinden verantwortlich?
Als Thomas' Jugendfreundin Nora durch einen Zufall herausfindet, dass ihr Mann sie hintergeht, fährt sie trotz Eis und Schnee mit ihren Söhnen nach Sandhamn, um in Ruhe nachdenken zu können. Die Inselbewohner sind erschüttert, denn gerade ist ein Mädchen verschwunden - noch geben die Eltern die Hoffnung nicht auf, dass sie ihre Tochter lebend zurückbekommen. Doch dann machen ausgerechnet Noras Söhne beim Spielen eine schreckliche Entdeckung ...Knapp 100 Jahre zuvor: Der kleine Thorwald leidet unter den brutalen Ausbrüchen seines Vaters. Dieser vergöttert die Tochter, misshandelt aber den Sohn; die Mutter schaut untätig zu. Thorwald möchte von der Insel fliehen.Geschickt flicht Viveca Sten aus diesen beiden Erzählsträngen einen Roman, der jeden sofort in seinen Bann zieht und viel über das Leben auf der Schäreninsel im Lauf der Zeiten erzählt.Thomas Andreassons dritter Fall wurde in Schweden gleich nach Erscheinen ein Nummer-Eins-Bestseller und gilt für viele Leser als Stens bisher bester Krimi.
Der Nummer-Eins-Bestseller aus Schweden. Thomas Andreasson wird nach Sandhamn gerufen: Ein Mädchen ist verschwunden. Obwohl sofort eine fieberhafte Suche einsetzt, bleibt sie ohne Erfolg. Wo steckt Lina, und wer ist für ihr Verschwinden verantwortlich?Als Thomas' Jugendfreundin Nora durch einen Zufall herausfindet, dass ihr Mann sie hintergeht, fährt sie trotz Eis und Schnee mit ihren Söhnen nach Sandhamn, um in Ruhe nachdenken zu können. Die Inselbewohner sind erschüttert, denn gerade ist ein Mädchen verschwunden - noch geben die Eltern die Hoffnung nicht auf, dass sie ihre Tochter lebend zurückbekommen. Doch dann machen ausgerechnet Noras Söhne beim Spielen eine schreckliche Entdeckung ... Knapp 100 Jahre zuvor: Der kleine Thorwald leidet unter den brutalen Ausbrüchen seines Vaters. Dieser vergöttert die Tochter, misshandelt aber den Sohn; die Mutter schaut untätig zu. Thorwald möchte von der Insel fliehen. Geschickt flicht Viveca Sten aus diesen beiden Erzählsträngen einen Roman, der jeden sofort in seinen Bann zieht und viel über das Leben auf der Schäreninsel im Lauf der Zeiten erzählt. Thomas Andreassons dritter Fall wurde in Schweden gleich nach Erscheinen ein Nummer-Eins-Bestseller und gilt für viele Leser als Stens bisher bester Krimi.antwortlich?Als Thomas' Jugendfreundin Nora durch einen Zufall herausfindet, dass ihr Mann sie hintergeht, fährt sie trotz Eis und Schnee mit ihren Söhnen nach Sandhamn, um in Ruhe nachdenken zu können. Die Inselbewohner sind erschüttert, denn gerade ist ein Mädchen verschwunden - noch geben die Eltern die Hoffnung nicht auf, dass sie ihre Tochter lebend zurückbekommen. Doch dann machen ausgerechnet Noras Söhne beim Spielen eine schreckliche Entdeckung ... Knapp 100 Jahre zuvor: Der kleine Thorwald leidet unter den brutalen Ausbrüchen seines Vaters. Dieser vergöttert die Tochter, misshandelt aber den Sohn; die Mutter schaut untätig zu. Thorwald möchte von der Insel fliehen. Geschickt flicht Viveca Sten aus diesen beiden Erzählsträngen einen Roman, der jeden sofort in seinen
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Die Toten von Sandhamn von Viveca Sten... mehr
Samstag, 4. November 2006 Kapitel 1 Marianne stand im Flur und sah sich um. Alle Schuhe lagen wild durcheinander. Automatisch bückte sie sich und stellte sie ordentlich hin, fein säuberlich nebeneinander. Dann starrte sie auf die Reihe, in der Linas helle Timberlandstiefel fehlten.
Die Lücke erschreckte sie. Warum war Lina in der Nacht nicht nach Hause gekommen?
Nachdenklich hob sie eine Mütze auf, die achtlos hingeworfen in einer Ecke lag. Ihre Tochter verstreute ihre Sachen überall, nie konnte sie Ordnung halten. Sie hätte wenigstens anrufen können, wenn sie schon auswärts übernachtete.
Hoffentlich war ihr nichts passiert.
Der Gedanke krallte sich in ihr fest, und Marianne schnappte nach Luft.
Was, wenn sie mit dem Rad gestürzt war und sich verletzt hatte? Um diese Jahreszeit konnte man leicht stürzen. Die schmalen Schotterwege wurden rutschig im Herbst. Sie hatte Lina ermahnt, vorsichtig zu sein, wenn sie zu Familie Hammarsten nach Trouville fuhr.
Unruhe packte sie, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte. Es war, als wollte das Herz mit ihr durchgehen, es klopfte immer schneller, und um sie herum begann sich alles zu drehen.
Ganz ruhig, ermahnte sie sich. Tief atmen.
Mit zitternden Beinen ging sie in die gepflegte Wohnküche und ließ sich auf einen Stuhl sinken. Letzten Sommer hatte sie die Sprossenstühle im Sonnenschein unten am Steg gestrichen. Lina hatte ihr dabei geholfen. Sie hatte Farbe auf den Bikini bekommen, und sie hatten beide darüber gelacht.
Marianne erhob sich und nahm ein Glas aus dem Schrank über der Spüle, um einen Schluck Wasser zu trinken. Ihre Atemzüge wurden ruhiger. Natürlich war Lina immer noch bei den Hammarstens. Bestimmt war sie das. Wo sollte sie sonst sein?
Das vertraute Röcheln der Kaffeemaschine auf der Küchenanrichte tröstete sie. Sie würde sich eine Tasse Kaffee einschenken und ihn in aller Ruhe trinken. Wenn sie ihn ausgetrunken hatte, würde es etwa acht Uhr sein. Dann würde sie Hanna Hammarsten anrufen und von ihr hören, dass Lina bei ihnen übernachtet hatte, ohne zu Hause Bescheid zu sagen.
So waren junge Mädchen eben.
Dann würden sie nachsichtig darüber lachen, wie zwei Mütter es taten, wenn ihre Kinder sich auf eine Art benahmen, die all ihre Vorurteile bestätigten.
Sie würde beschämt über ihre Ängste lächeln, und hinterher würde Lina sie eine richtige Glucke nennen.
»Hör auf, dir Sorgen zu machen, Mama«, würde sie sagen. »Lass das endlich. Ich bin jetzt erwachsen, begreifst du das nicht.«
Hanna würde genau verstehen, was in ihr vorging. Alle Mütter machten sich Sorgen. Vor allem, wenn sie Töchter hatten. Das gehörte dazu.
Sie hatte geglaubt, dass durchwachte und unruhige Nächte Vergangenheit sein würden, wenn Lina erst groß war. Wie sehr hatte sie sich doch geirrt. Inzwischen, wenn sie wieder mal wach lag und nicht einschlafen konnte, bevor Lina nach Hause gekommen war, sehnte sie sich manchmal nach den Babyjahren zurück, in denen das Schlimmste, was passieren konnte, darin bestand, dass ihre Tochter aus einem Albtraum aufschreckte. Dann genügte schon ein Kuss oder vielleicht ein Fläschchen Hafermilch. Wenn das nicht half, brauchte sie nur ins Doppelbett gelegt zu werden, wo sie schnell wieder einschlief. Zum Dank teilte sie dann zwar die ganze Nacht kleine, harte Boxhiebe gegen Mamas Rücken aus, aber das war nichts verglichen mit der bohrenden Sorge der späteren Jahre.
Der Kaffee war durchgelaufen.
Sie sah wieder auf die Uhr. Viertel vor acht. Punkt acht würde sie anrufen, keine Minute später. Das war immer noch ziemlich früh, aber sie konnte einfach nicht länger warten.
Ihre Lieblingstasse, ein großer, blauer Keramikbecher, stand ganz vorn im Schrank. Schon sein Anblick vermittelte das Gefühl, dass alles wie immer war. Zwei Würfel Zucker und ein guter Schuss Milch, dann war der Kaffee fertig. Süß und stark, genau wie sie ihn mochte. Jetzt ging es ihr schon viel besser.
Marianne lächelte über sich selbst. Was hatte sie sich eigentlich vorgestellt? Was sollte auf Sandhamn schon passieren, einer Insel, auf der Lina jeden Stein kannte. Sie würde sogar im Schlaf nach Hause finden.
Zwischen Trouville auf der Ostseite der Insel und ihrem Haus im Ort lagen knapp zwei Kilometer. Was sollte auf einer so kurzen Strecke passieren?
Sie trank noch einen Schluck Kaffee und schüttelte den Kopf. Sie hatte sich völlig unnötig aufgeregt. Es war nicht das erste Mal, dass Lina bei ihrer besten Freundin übernachtete und vergaß, Bescheid zu sagen. Vermutlich hatte sie keine Lust gehabt, nach Hause zu fahren. Es war bequemer, bei Louise zu schlafen. Besonders wenn es draußen stockdunkel war. Eine nennenswerte Straßenbeleuchtung gab es nicht, und die meisten Häuser waren schon winterfest verschlossen. Obwohl jetzt Herbstferien waren, ließen sich nur wenige Urlaubsinsulaner blicken.
Gedankenverloren rührte Marianne mit dem Löffel im großen Becher. Der Zucker hatte sich auf dem Boden gesammelt. Sie warf einen Blick zum alten Holzfeuerherd, den sie behalten hatten, als sie das Schärenhaus renovierten, das ihre Mutter ihr hinterlassen hatte. Die Glut vom Vortag war während der Nacht erloschen, aber der gemauerte Herd war immer noch warm. Fantastisch, wie er die Wärme hielt.
Sie erhob sich, um Holz aufzulegen und ein neues Feuer anzufachen. Im Herbst und Winter bei knisterndem Feuer zu frühstücken, war besonders gemütlich. Es konnte schneidend kalt werden, wenn der Nordwind auf dem Haus stand. Ein Glück, dass sie den Holzherd und die alten Kachelöfen im Ess- und im Wohnzimmer hatten.
Sie warf wieder einen Blick zur Uhr. Drei Minuten vor acht. Jetzt hielt sie es nicht länger aus. Sie griff zum Telefon und wählte die Nummer.
»Hallo«, meldete sich eine schläfrige Stimme nach dem dritten Klingeln. Es war Hanna.
Sofort bekam Marianne ein schlechtes Gewissen. Sie hatte Hanna völlig unnötig geweckt.
»Guten Morgen, hier ist Marianne. Entschuldige, dass ich so früh störe. Ich wollte nur hören, ob Lina bei euch ist. Sie ist heute Nacht nicht nach Hause gekommen, und natürlich hat sie nicht angerufen. Ich weiß, es ist albern, aber ich wollte nur hören, ob alles in Ordnung ist.«
Am anderen Ende blieb es stumm.
Nur eine Sekunde, aber eine Sekunde zu lange.
Ihr stockte der Atem.
»Lina? Bei uns ist sie nicht. Sie ist gestern Abend gegen zehn weggefahren. Ist sie nicht nach Hause gekommen?« Die Verwunderung war Hannas Stimme deutlich anzuhören. »Warte mal kurz, ich sehe noch mal nach.«
»Ja«, flüsterte Marianne, »bitte tu das.«
Hanna legte den Hörer hin und verschwand. Marianne umklammerte das Telefon so fest, dass ihr die Finger wehtaten.
Dann kam Hanna zurück.
»Tut mir leid«, sagte sie. »Wie ich vermutet hatte. Sie ist nicht hier. Louise sagt, dass sie gleich nach dem Film losgefahren ist. Bist du sicher, dass sie nicht in ihrem Bett liegt?«
Marianne war unfähig zu antworten. Sie versuchte, Worte zu formen, aber ihre Zunge wollte nicht gehorchen. Vor ihren Augen flimmerte es.
Wo war ihre Tochter?
Übersetzung: Dagmar Lendt
© 2012, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln
Samstag, 4. November 2006 Kapitel 1 Marianne stand im Flur und sah sich um. Alle Schuhe lagen wild durcheinander. Automatisch bückte sie sich und stellte sie ordentlich hin, fein säuberlich nebeneinander. Dann starrte sie auf die Reihe, in der Linas helle Timberlandstiefel fehlten.
Die Lücke erschreckte sie. Warum war Lina in der Nacht nicht nach Hause gekommen?
Nachdenklich hob sie eine Mütze auf, die achtlos hingeworfen in einer Ecke lag. Ihre Tochter verstreute ihre Sachen überall, nie konnte sie Ordnung halten. Sie hätte wenigstens anrufen können, wenn sie schon auswärts übernachtete.
Hoffentlich war ihr nichts passiert.
Der Gedanke krallte sich in ihr fest, und Marianne schnappte nach Luft.
Was, wenn sie mit dem Rad gestürzt war und sich verletzt hatte? Um diese Jahreszeit konnte man leicht stürzen. Die schmalen Schotterwege wurden rutschig im Herbst. Sie hatte Lina ermahnt, vorsichtig zu sein, wenn sie zu Familie Hammarsten nach Trouville fuhr.
Unruhe packte sie, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte. Es war, als wollte das Herz mit ihr durchgehen, es klopfte immer schneller, und um sie herum begann sich alles zu drehen.
Ganz ruhig, ermahnte sie sich. Tief atmen.
Mit zitternden Beinen ging sie in die gepflegte Wohnküche und ließ sich auf einen Stuhl sinken. Letzten Sommer hatte sie die Sprossenstühle im Sonnenschein unten am Steg gestrichen. Lina hatte ihr dabei geholfen. Sie hatte Farbe auf den Bikini bekommen, und sie hatten beide darüber gelacht.
Marianne erhob sich und nahm ein Glas aus dem Schrank über der Spüle, um einen Schluck Wasser zu trinken. Ihre Atemzüge wurden ruhiger. Natürlich war Lina immer noch bei den Hammarstens. Bestimmt war sie das. Wo sollte sie sonst sein?
Das vertraute Röcheln der Kaffeemaschine auf der Küchenanrichte tröstete sie. Sie würde sich eine Tasse Kaffee einschenken und ihn in aller Ruhe trinken. Wenn sie ihn ausgetrunken hatte, würde es etwa acht Uhr sein. Dann würde sie Hanna Hammarsten anrufen und von ihr hören, dass Lina bei ihnen übernachtet hatte, ohne zu Hause Bescheid zu sagen.
So waren junge Mädchen eben.
Dann würden sie nachsichtig darüber lachen, wie zwei Mütter es taten, wenn ihre Kinder sich auf eine Art benahmen, die all ihre Vorurteile bestätigten.
Sie würde beschämt über ihre Ängste lächeln, und hinterher würde Lina sie eine richtige Glucke nennen.
»Hör auf, dir Sorgen zu machen, Mama«, würde sie sagen. »Lass das endlich. Ich bin jetzt erwachsen, begreifst du das nicht.«
Hanna würde genau verstehen, was in ihr vorging. Alle Mütter machten sich Sorgen. Vor allem, wenn sie Töchter hatten. Das gehörte dazu.
Sie hatte geglaubt, dass durchwachte und unruhige Nächte Vergangenheit sein würden, wenn Lina erst groß war. Wie sehr hatte sie sich doch geirrt. Inzwischen, wenn sie wieder mal wach lag und nicht einschlafen konnte, bevor Lina nach Hause gekommen war, sehnte sie sich manchmal nach den Babyjahren zurück, in denen das Schlimmste, was passieren konnte, darin bestand, dass ihre Tochter aus einem Albtraum aufschreckte. Dann genügte schon ein Kuss oder vielleicht ein Fläschchen Hafermilch. Wenn das nicht half, brauchte sie nur ins Doppelbett gelegt zu werden, wo sie schnell wieder einschlief. Zum Dank teilte sie dann zwar die ganze Nacht kleine, harte Boxhiebe gegen Mamas Rücken aus, aber das war nichts verglichen mit der bohrenden Sorge der späteren Jahre.
Der Kaffee war durchgelaufen.
Sie sah wieder auf die Uhr. Viertel vor acht. Punkt acht würde sie anrufen, keine Minute später. Das war immer noch ziemlich früh, aber sie konnte einfach nicht länger warten.
Ihre Lieblingstasse, ein großer, blauer Keramikbecher, stand ganz vorn im Schrank. Schon sein Anblick vermittelte das Gefühl, dass alles wie immer war. Zwei Würfel Zucker und ein guter Schuss Milch, dann war der Kaffee fertig. Süß und stark, genau wie sie ihn mochte. Jetzt ging es ihr schon viel besser.
Marianne lächelte über sich selbst. Was hatte sie sich eigentlich vorgestellt? Was sollte auf Sandhamn schon passieren, einer Insel, auf der Lina jeden Stein kannte. Sie würde sogar im Schlaf nach Hause finden.
Zwischen Trouville auf der Ostseite der Insel und ihrem Haus im Ort lagen knapp zwei Kilometer. Was sollte auf einer so kurzen Strecke passieren?
Sie trank noch einen Schluck Kaffee und schüttelte den Kopf. Sie hatte sich völlig unnötig aufgeregt. Es war nicht das erste Mal, dass Lina bei ihrer besten Freundin übernachtete und vergaß, Bescheid zu sagen. Vermutlich hatte sie keine Lust gehabt, nach Hause zu fahren. Es war bequemer, bei Louise zu schlafen. Besonders wenn es draußen stockdunkel war. Eine nennenswerte Straßenbeleuchtung gab es nicht, und die meisten Häuser waren schon winterfest verschlossen. Obwohl jetzt Herbstferien waren, ließen sich nur wenige Urlaubsinsulaner blicken.
Gedankenverloren rührte Marianne mit dem Löffel im großen Becher. Der Zucker hatte sich auf dem Boden gesammelt. Sie warf einen Blick zum alten Holzfeuerherd, den sie behalten hatten, als sie das Schärenhaus renovierten, das ihre Mutter ihr hinterlassen hatte. Die Glut vom Vortag war während der Nacht erloschen, aber der gemauerte Herd war immer noch warm. Fantastisch, wie er die Wärme hielt.
Sie erhob sich, um Holz aufzulegen und ein neues Feuer anzufachen. Im Herbst und Winter bei knisterndem Feuer zu frühstücken, war besonders gemütlich. Es konnte schneidend kalt werden, wenn der Nordwind auf dem Haus stand. Ein Glück, dass sie den Holzherd und die alten Kachelöfen im Ess- und im Wohnzimmer hatten.
Sie warf wieder einen Blick zur Uhr. Drei Minuten vor acht. Jetzt hielt sie es nicht länger aus. Sie griff zum Telefon und wählte die Nummer.
»Hallo«, meldete sich eine schläfrige Stimme nach dem dritten Klingeln. Es war Hanna.
Sofort bekam Marianne ein schlechtes Gewissen. Sie hatte Hanna völlig unnötig geweckt.
»Guten Morgen, hier ist Marianne. Entschuldige, dass ich so früh störe. Ich wollte nur hören, ob Lina bei euch ist. Sie ist heute Nacht nicht nach Hause gekommen, und natürlich hat sie nicht angerufen. Ich weiß, es ist albern, aber ich wollte nur hören, ob alles in Ordnung ist.«
Am anderen Ende blieb es stumm.
Nur eine Sekunde, aber eine Sekunde zu lange.
Ihr stockte der Atem.
»Lina? Bei uns ist sie nicht. Sie ist gestern Abend gegen zehn weggefahren. Ist sie nicht nach Hause gekommen?« Die Verwunderung war Hannas Stimme deutlich anzuhören. »Warte mal kurz, ich sehe noch mal nach.«
»Ja«, flüsterte Marianne, »bitte tu das.«
Hanna legte den Hörer hin und verschwand. Marianne umklammerte das Telefon so fest, dass ihr die Finger wehtaten.
Dann kam Hanna zurück.
»Tut mir leid«, sagte sie. »Wie ich vermutet hatte. Sie ist nicht hier. Louise sagt, dass sie gleich nach dem Film losgefahren ist. Bist du sicher, dass sie nicht in ihrem Bett liegt?«
Marianne war unfähig zu antworten. Sie versuchte, Worte zu formen, aber ihre Zunge wollte nicht gehorchen. Vor ihren Augen flimmerte es.
Wo war ihre Tochter?
Übersetzung: Dagmar Lendt
© 2012, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln
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Autoren-Porträt von Viveca Sten
Viveca Sten war Chefjuristin bei der dänischen und schwedischen Post, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Sie wohnt mit Mann und drei Kindern vor den Toren von Stockholm. Seit sie ein kleines Kind war, hat sie die Sommer auf Sandhamn verbracht, wo ihre Familie seit mehreren Generationen ein Haus besitzt. Ihre Sandhamn-Krimireihe feiert weltweit Erfolge und wurde für das ZDF verfilmt. Lendt, DagmarDagmar Lendt ist Skandinavistin und übersetzt aus dem Norwegischen, Schwedischen und Dänischen. Bisher hat sie rund neunzig Bücher ins Deutsche übertragen, u.a. von Jon Fosse, Kjetil Try, Karin Alvtegen und Liza Marklund. Sie lebt in Berlin.
Bibliographische Angaben
- Autor: Viveca Sten
- 2012, 6. Aufl., 352 Seiten, Maße: 13,5 x 21,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzer: Dagmar Lendt
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- ISBN-10: 3462043889
- ISBN-13: 9783462043884
- Erscheinungsdatum: 14.05.2012
Rezension zu „Die Toten von Sandhamn / Thomas Andreasson Bd.3 “
»Der flüssige, ausgesprochen bildhafte Schreibstil, die atmosphärische Dichte ziehen sich durch alle Kapitel.« Westfälischer Anzeiger 20120917
Pressezitat
»Der flüssige, ausgesprochen bildhafte Schreibstil, die atmosphärische Dichte ziehen sich durch alle Kapitel.« Westfälischer Anzeiger 20120917
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