Drachenboot / Die Eingeschworenen Bd.3
Roman. Deutsche Erstausgabe
Sie kämpfen Seite an Seite - bis in den Tod!
"Hört, ihr Götter! Wir schwören, dass wir einander Brüder sein wollen, mit Knochen, Blut und Stahl. Wir schwören auf Odins Speer, möge er uns bis in die Neun Reiche und...
"Hört, ihr Götter! Wir schwören, dass wir einander Brüder sein wollen, mit Knochen, Blut und Stahl. Wir schwören auf Odins Speer, möge er uns bis in die Neun Reiche und...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Drachenboot / Die Eingeschworenen Bd.3 “
Sie kämpfen Seite an Seite - bis in den Tod!
"Hört, ihr Götter! Wir schwören, dass wir einander Brüder sein wollen, mit Knochen, Blut und Stahl. Wir schwören auf Odins Speer, möge er uns bis in die Neun Reiche und darüber hinaus verfluchen, falls wir diesen Schwur gegeneinander brechen. Wenn wir in die Schlacht ziehen, dann wissen wir, dass jede Schulter neben uns einem Mann gehört, der für uns sterben würde - dies soll unser Schicksal sein!"
"Hört, ihr Götter! Wir schwören, dass wir einander Brüder sein wollen, mit Knochen, Blut und Stahl. Wir schwören auf Odins Speer, möge er uns bis in die Neun Reiche und darüber hinaus verfluchen, falls wir diesen Schwur gegeneinander brechen. Wenn wir in die Schlacht ziehen, dann wissen wir, dass jede Schulter neben uns einem Mann gehört, der für uns sterben würde - dies soll unser Schicksal sein!"
Klappentext zu „Drachenboot / Die Eingeschworenen Bd.3 “
Sie kämpfen Seite an Seite - bis in den Tod!»Hört, ihr Götter! Wir schwören, dass wir einander Brüder sein wollen, mit Knochen, Blut und Stahl. Wir schwören auf Odins Speer, möge er uns bis in die Neun Reiche und darüber hinaus verfluchen, falls wir diesen Schwur gegeneinander brechen. Wenn wir in die Schlacht ziehen, dann wissen wir, dass jede Schulter neben uns einem Mann gehört, der für uns sterben würde - dies soll unser Schicksal sein!«
HESTRING, Ostgotland, Frühherbst A.D. 972
Die letzten Überlebenden der Eingeschworenen sind nach den grauenvollen Ereignissen am Grabmal von Attila dem Hunnenkönig wieder in ihre Gefilde zurückgekehrt. Die grünen Felder Ostgotlands sollen den Wikingern ein neues Zuhause werden. Doch Odins Ruf lässt die Eingeschworenen und ihren Anführer Orm nicht zur Ruhe kommen. Schlachtenhungrig und begierig nach neuen Abenteuern setzen sie ihr Drachenboot wieder instand. Sie ahnen, dass die Götter ihnen ein anderes Schicksal vorherbestimmt haben. Nach einem blutigen Überfall auf ihre Siedlung schwören die Eingeborenen Rache. Gelockt von dem unsagbaren Silberschatz, der im Grab Attilas noch auf sie wartet, beginnen sie ihre gefährlichste Reise - Mann bei Mann, den Tod vor Augen.
Lese-Probe zu „Drachenboot / Die Eingeschworenen Bd.3 “
Drachenboot von Robert Low Holmgard Winter
A. D. 972
Der Tag war kalt, am grauen Himmel zeigte nur ein blendend weißer Fleck, wo sich die Sonne versteckt hielt, als die Scharfrichter des Prinzen einen schlanken Fichtenstamm zuschnitten, etwas länger als ein Mensch, das eine Ende dünn, das andere dicker. Das dünne Ende wurde angespitzt und eingefettet, dann ergriffen sie die Beine der Frau, die mit dem Gesicht nach unten dalag, schlangen Seile um ihre Knöchel und zogen sie weit auseinander.
Ein Mann legte eine Satteldecke auf ihren Rücken und setzte sich darauf, damit sie sich nicht rühren konnte, während ein anderer ihre Handgelenke mit Lederriemen an zwei Pfählen festband, die ebenfalls weit auseinanderstanden. Sie schrie, und ihr Mund war blutig.
»An diesem Tag, im achten Jahr der Herrschaft des Prinzen Wladimir «, intonierte der Stadtschreier, »wurde dieses Weib der Metscheraken für schuldig befunden ...« und so weiter und so weiter. »Danica «, murmelte Thordis so leise, dass nur wir es hören konnten.
»Sie heißt Danica. « Das hieß in der Sprache ihres Slawenstammes Morgenstern. Für sie würde es keinen Morgenstern mehr geben. Der Pfahl wurde in sie hineingetrieben; die Scharfrichter ignorierten ihr Schreien, sorgten aber dafür, dass ihre weißen Hinterbacken stets anständig bedeckt waren, während sie hämmerten und schoben, damit ihre Würde vor der gaffenden Menge gewahrt blieb. Dennoch dauerte es nicht lange, bis ihr weißes Hemd aufreizend an ihrem Körper klebte, durchtränkt von ihrem Blut. Eine Pfählung ist keine einfache Grausamkeit, es ist eine Kunst, und Wladimirs Scharfrichter beherrschten ihr Handwerk. Der angespitzte Pfahl wurde langsam und mit Geschick in den Körper der Frau geschoben. Es war ein Scherz Lokis, dass sie die Kunst
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der Heiler nutzten, denn sie wussten genau, wie sie alle lebenswichtigen Organe umgehen mussten, die Lunge, das Herz und die Leber, auch wenn ihr Opfer zuckte und laut schrie. Sie hielten häufig inne, um Korrekturen vorzunehmen, kurze atemlose Verständigungen und Ratschläge unter Fachleuten, obszön und intim. Sie machten nur einmal eine Pause, um Sägespäne auf den blutigen Schnee zu streuen, damit sie nicht ausrutschten. Ein Schnitt mit dem Messer reichte, um dem Pfahl am oberen Ende des Rückens rechts vom Rückgrat einen Ausweg zu schaffen, was bewies, dass ihr Herz verschont geblieben war.
Die Menge brüllte, und die gut gekleideten Edlen des Wetschen- Rats von Nowgorod nickten zustimmend mit den Bärten, dass Danica jetzt wie ein Ochse am Spieß steckte. Und noch am Leben war, wie es sich gehörte. Sie lösten die Seile und banden ihre Füße am unteren Ende des Pfahles zusammen, damit sie beim Aufrichten nicht nach unten rutschte. Ganz vorsichtig, damit der Körper nicht erschüttert wurde, ließ man den Pfahl in das Loch gleiten, das mit Erde zugeschüttet wurde. Als er mit Stützen stabilisiert wurde, fing es an zu schneien. Aber man war fertig. Alles war nach Recht und Gesetz der Wetsche ausgeführt worden. Ihre zusammengebundenen Füße hatten keine Stütze, sodass sie langsam und qualvoll von ihrem eigenen Körpergewicht am Pfahl nach unten gezogen wurde. Es würde drei Tage dauern, bis die stöhnende, blutende Frau tot war, während sich der Schnee zu ihren Füßen rot färbte. Es war eine Kunst, die man bewundern musste. Eine Strafe, die selbst hartgesottene Zeitgenossen vor Missetaten zurückschrecken ließ in dieser Stadt, die von ihren Bewohnern Nowgorod die Große genannt wurde. Dennoch fiel es mir schwer, diese Kunst angemessen zu würdigen, denn ich war als Nächster dran, und ich fragte mich, welchen Preis die Herrscher von Nowgorod akzeptieren würden, damit mir der Pfahl erspart blieb. Würde der Grabhügel mit allem Silber der Welt ausreichen?
Kapitel 1
Hestreng, Ostgotland, Frühherbst
A. D. 972
Am Tag ehe wir die Pferde herunterbringen wollten, regnete es. Ich steckte den Kopf zur Tür hinaus, und an der Art und Weise, wie der Wind vom Meer her pfiff und alles vor sich her trieb, erkannte ich, dass es tagelang regnen würde. Drinnen rührte Thorgunna im Kessel über dem Feuer und legte Holz nach. Sie hatte ein verschmitztes Elfengesicht, dunkles Haar und war gebaut wie ein gutes Schiff, unsere Thorgunna, oder, wie Kvasir sich ausdrückte, sie war »eine Frau mit einem Bug«. Sie hatte eine Art, die Augenbrauen hochzuziehen und einen aus ihren schwarzen Augen anzusehen, dass es einen vernichten konnte. Wir waren aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen, als Kvasir sie geheiratet hatte, und wie Finn bei der Hochzeit, als er betrunken war, gesagt hatte: »Der war zu lange auf See. Wozu braucht jemand wie Kvasir der Sabberer, eine Frau? Wenn er erst einen Winter mit der zusammengelebt hat, wird er darum betteln, wieder an Bord gehen zu dürfen. « Neben ihr stand Ingrid und hackte Grünkohl, im Gegensatz zu Thorgunna war sie blond und schlank, mit wippenden Zöpfen, und sie warf Botolf, wie sie dachte, heimliche Blicke zu. Sie hatte schon ein Kind von ihm und war ihm öffentlich versprochen. Thorgunna war die Schwester von Thordis, und beide kamen von Gunnarsgard, dem nächsten Hof.
Thordis hatte Tor Eisenhand geheiratet, und Gunnarsgard gehörte den beiden Schwestern je zur Hälfte - eine unnatürliche Sache, denn ein guter Hof sollte immer an das älteste Kind gehen. Ihre Base Ingrid hatte ebenfalls bei ihnen gelebt. Man hätte denken können, dass Tor mit drei Frauen unter einem Dach ein gutes Leben hatte, doch die, die es besser wussten, meinten, dass er ja auch dreifachen Ärger haben müsse. Er hätte auch Thorgunna gern geheiratet, um die andere Hälfte des Hofes ebenfalls zu bekommen, aber da meldete Kvasir sich und brachte sie nach Hestreng, und Ingrid gleich mit. Das war kurz nachdem er hier bei uns angekommen war. »Wie sieht's da draußen aus?«, fragte Thorgunna. »Der Hof ist unter Wasser «, berichtete ich und setzte mich ans Feuer. »Koch uns was Gutes - das können wir heute alle gebrauchen. « Sie schnaubte. »Das kann ich mir denken. Und dabei wird an so einem Tag kein Schlag Arbeit getan. « Das war ungerecht, denn es gab immer etwas zu tun, auch im Haus. Die zwei Webstühle hatten wochenlang nicht stillgestanden, als zwei Frauen, Leibeigene des Hauses, Bahnen von gestreiftem Vadmaltuch webten, das neue Segel für die Elk. Alle waren beschäftigt, selbst die Kinder, sei es mit Nähen, Stricken, Lederarbeiten oder einer Holzschnitzerei. Allerdings belagerten die Kinder im Halbdunkel lieber Botolf und bettelten um Geschichten.
Die drei älteren Jungen waren Söhne der Leibeigenen, die sie von ihren früheren Eigentümern hatten; die zwei Säuglinge waren Kinder meiner Eingeschworenen, dazu kam noch ein Kuckucks kind von Jarl Brand, und das Haus hallte wider von ihrem Lärm. Die Männer kamen zum Essen herein, graue Gestalten an einem grauen Tag. Sie bliesen sich die Regentropfen von der Nasenspitze und schüttelten das Wasser aus ihren Umhängen. Ich setzte mich auf meinen Hochsitz, wo ich Ruhe haben würde, während sich die Halle mit Lärm und Geschwätz füllte und der Geruch nach nasser Wolle sich breitmachte.
Die irische Leibeigene, Aoife, versuchte gerade, ihrem Sohn eine wollene Tunika über die molligen Ärmchen zu ziehen, aus der er sich aber jedes Mal wieder herauswand. Endlich hatte sie es geschafft, gerade als Thorgunna ihr auf die Schulter klopfte und sie anwies, Muscheln aus dem Vorratshaus zu holen. Sie ging, wobei sie einen besorgten Blick auf ihren Jungen warf, der Cormac hieß und gerade im Begriff war, zu den Hirschhunden in der Ecke zu krabbeln. Ich saß da in meinen wollenen Kleidern und brütete vor mich hin wie ein schwarzer Hund, das Runenschwert auf den Boden gestützt, während ich auf den Griff mit den hineingeritzten Zeichen starrte. Ich hatte sie mithilfe des kleinen Eldgrim eingeritzt, als wir uns von Attilas Grab mit dem verborgenen Silberschatz zurückschleppten, denn obwohl ich nicht besonders gut im Runenlesen war, reichte es doch, um mit ihrer Hilfe den Weg zu diesem geheimen Ort wiederzufinden. Nach dem Grauen und den vielen Toten, die wir dort hatten lassen müssen, hatte ich mir geschworen, nie wieder dorthin zu gehen, und doch hatte ich diese Zeichen eingeritzt, als hätte ich es trotzdem vor. Odins Hand, ohne Zweifel. Ich hatte an dieser Angel gezappelt und mich nach Kräften gewehrt; ich hatte viele gute Gründe gefunden und sie mit reicher Beute untermauert, damit die Eingeschworenen nicht darauf bestanden, zu Attilas Grab zurückzukehren. Und dennoch hatte ich immer gewusst, dass ich Kvasir und die anderen zu diesem verwünschten Ort bringen müsste - oder ich müsste Kvasir in das Geheimnis einweihen und ihn allein ziehen lassen.
Das ging auch nicht, denn wir waren Eingeschworene und meine Angst, den Schwur zu brechen, war fast so groß wie meine Angst vor dieser unheimlichen Grabkammer. Der Schwur. Wir schwören, dass wir einander Brüder sein wollen, mit Knochen, Blut und Stahl. Wir schwören auf Gungnir, Odins Speer, möge er uns bis in die neun Reiche und darüber hinaus verfluchen, wenn wir diesen Schwur gegeneinander brechen. Er band uns in Ketten der Gottesfurcht, trieb uns in Kälte und Sturm, ließ uns Dinge tun, von denen die Skalden später singen würden - und andere, die in der Erinnerung besser unter einem großen Stein begraben blieben, so schändlich waren sie. Und doch, wenn wir mit dem Rücken zueinander standen, vor uns die, die nicht zu uns gehörten, dann wussten wir, dass jede Schulter neben uns einem Mann gehörte, der eher sterben als uns verlassen würde. Es hatte mich von einem Jungen, einem Neiding, auf den Thron meiner eigenen Halle gebracht - und doch war selbst dieser Hochsitz nicht mein eigener, er war die Beute aus dem letzten Kampf für Jarl Brand und Eirik, den neuen König. Ich hatte ihn aus der Halle von Ivar Wetterhut mitgenommen, dessen Kopfbedeckung angeblich Stürme heraufbeschwören konnte. Er hätte damit winken sollen, als wir in seine Bucht gerudert kamen, denn als wir bei schönstem Wetter und ruhiger See wieder abzogen, war sein Hof niedergebrannt und er hatte alles verloren, selbst seinen Thron. Nach dem Raubzug waren wir alle hierhergekommen. Wir harten Männer, wir Räuber, hatten uns hier in dieser Halle niedergelassen, die nach nasser Wolle und Hunden roch und wo es schreiende Kinder und schimpfende Frauen gab. Seitdem hatte ich getan, was ich konnte, damit sich meine rauen Kerle hier zu Hause fühlten. Und wie ich glaubte, mit Erfolg, deshalb hatte ich beschlossen, einen Stein für uns aufzustellen, damit wir hier Wurzeln schlagen.
Was das Runenschneiden anbelangt, so gibt es in der ganzen Welt nur eine Handvoll wirklicher Meister, die die Kett- und Schussfäden im Leben eines Menschen so perfekt in Stein meißeln können, dass die Nachkommen es noch tausend Jahre später lesen können. Wir wollen, dass jedermann erfährt, wie mutig wir gekämpft, wie leidenschaftlich wir geliebt haben. Wer dieses Kunststück fertigbringt, verdient in jeder Halle den besten Platz auf der Bank. Die Schlangenrunen auf dem Stein der Eingeschworenen sollte der Runenmeister Klepp Spaki mit einem Werkzeug einmeißeln, das so spitz wie der Schnabel eines Vogels war. Klepp Spaki hatte es von einem Mann gelernt, der bei einem Mann gelernt hatte, der bei Varinn gelernt hatte. Derselbe Varinn, der den Ruhm seines toten Sohnes in einen Stein gemeißelt hatte, was ihm so erstaunlich gut gelungen war, dass der Ort fortan Rauk hieß, was Stein bedeutete. Als Klepp fertig war, fuhr ich mit den Fingern über die Schlangenlinien, die er für uns gemeißelt hatte. Sie waren noch grobkörnig und auch noch nicht eingefärbt. Ich habe das Runenlesen erst spät gelernt und habe den Odin- Zauber ihrer Zeichen nie richtig beherrscht, auch wusste ich nie, wo der Anfang war, wenn man es mir nicht zeigte. Man liest genauso viel mit den Fingern wie mit den Augen. Es soll schwer sein - denn schließlich bedeutet das Wort selbst ja schon »Raunen «, und Odin selbst musste neun Nächte am Weltenbaum hängen und sich mit seinem eigenen Speer verletzen, ehe er das Geheimnis entdeckte. Klepp beschrieb auf dem Stein der Eingeschworenen auch einen Teil meines Lebens, das weiß ich genau, auch wenn Wind und Wetter im Laufe der Jahre den Stein geglättet und mich zerfurcht haben. Zum Beispiel konnte ich mit dem Finger das Galoppieren von Hrafn, dem Hengst, finden und verfolgen, dieses Pferd, das ich einst von dem Dicken Bardi gekauft hatte. Dieses Pferd war schwarz, es hatte nicht ein einziges weißes Haar, und sein Name »Rabe« passte besser zu ihm als jeder andere. Er war kein Reitpferd, er war ein Zucht- und Kampfhengst. Er sollte der Vater von ganzen Pferdedynastien werden und die Eingeschworenen, die bisher Seeräuber waren, zu Züchtern von edlen Kampfhengsten machen, auf den Weiden, die Jarl Brand von Ostgotland uns im Land der Svearen und Goten gegeben hatte, dem Land, das Eirik Segersäll, oder der Siegesfrohe, allmählich zu einem Großschweden zusammenfügte. Hrafn. Der Name schon hätte mir Warnung sein sollen, aber ich war zu sehr von dem Gedanken besessen, in Frieden auf diesem fruchtbaren Stück Land zu leben und nie wieder mit den Eingeschworenen diesem verfluchten Silberschatz im Osten nachzujagen. Also hielt ich ein Pferd mit dem Namen Rabe für ein gutes Omen. Ebenso der Name unseres Hofs: Hestreng, Hengstweide. Es war gutes Weideland, das sich sanft um eine schöne Bucht zog und uns für den Winter mit gutem Heu versorgte. Aber es war am Rande des Austrvegrfjord, des Ostwegsfjord. Diesen Namen hatte er nicht aufgrund seiner Lage, sondern weil alle Schiffe, die Raubzüge im Osten planten, diese Wasserstraße nahmen.
Obwohl die Eingeschworenen sich alle Mühe gaben, sesshaft zu werden, hörten sie doch jeden Tag den Ruf der Straße der Wale. Dann standen sie auf dem Kies am Strand, wo das Wasser ihre Stiefel umspülte und der Wind ihnen ins Gesicht blies, und sahen sehnsüchtig die Segel am Horizont verschwinden. Sie wussten, wo alles Silber der Welt vergraben war, dessen Verlockung kein Nordmann widerstehen konnte. Auch ich nicht. Ich sah den Frauen zu, die sich am Feuer beschäftigten, und dachte an den Stein, der unverrückbar hier stand und hoffte, dass ich sie alle zu einem sesshaften Leben überredet hatte - aber in Wahrheit warteten sie nur darauf, dass die neue Elk fertig wurde. Das war mir an dem Tag klar geworden, als Kvasir und ich in das Hochtal ritten, wo unsere Pferde den Sommer über weideten. Er sah dauernd über seine Schulter zum Meer zurück, wozu er sich auf seiner kleinen Stute extrem weit herumdrehen musste, weil er nur ein Auge hatte, und deshalb fiel es mir auf. Man konnte die Weiden und die Felder hinter uns nicht sehen, auch nicht den Hügelzug, der sie vor dem scharfen Meereswind schützte. Aber man konnte das Meer und die Salzluft auf der Zunge schmecken, und als Kvasir sich wieder herumdrehte und merkte, dass ich ihn ansah, legte er den Kopf auf die Seite und rieb sich mit dem Finger unter der Klappe, die sein totes Auge bedeckte. »Na ja«, sagte er bärbeißig, »ich liebe eben das Meer.«
© 2012 der deutschsprachigen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München
Die Menge brüllte, und die gut gekleideten Edlen des Wetschen- Rats von Nowgorod nickten zustimmend mit den Bärten, dass Danica jetzt wie ein Ochse am Spieß steckte. Und noch am Leben war, wie es sich gehörte. Sie lösten die Seile und banden ihre Füße am unteren Ende des Pfahles zusammen, damit sie beim Aufrichten nicht nach unten rutschte. Ganz vorsichtig, damit der Körper nicht erschüttert wurde, ließ man den Pfahl in das Loch gleiten, das mit Erde zugeschüttet wurde. Als er mit Stützen stabilisiert wurde, fing es an zu schneien. Aber man war fertig. Alles war nach Recht und Gesetz der Wetsche ausgeführt worden. Ihre zusammengebundenen Füße hatten keine Stütze, sodass sie langsam und qualvoll von ihrem eigenen Körpergewicht am Pfahl nach unten gezogen wurde. Es würde drei Tage dauern, bis die stöhnende, blutende Frau tot war, während sich der Schnee zu ihren Füßen rot färbte. Es war eine Kunst, die man bewundern musste. Eine Strafe, die selbst hartgesottene Zeitgenossen vor Missetaten zurückschrecken ließ in dieser Stadt, die von ihren Bewohnern Nowgorod die Große genannt wurde. Dennoch fiel es mir schwer, diese Kunst angemessen zu würdigen, denn ich war als Nächster dran, und ich fragte mich, welchen Preis die Herrscher von Nowgorod akzeptieren würden, damit mir der Pfahl erspart blieb. Würde der Grabhügel mit allem Silber der Welt ausreichen?
Kapitel 1
Hestreng, Ostgotland, Frühherbst
A. D. 972
Am Tag ehe wir die Pferde herunterbringen wollten, regnete es. Ich steckte den Kopf zur Tür hinaus, und an der Art und Weise, wie der Wind vom Meer her pfiff und alles vor sich her trieb, erkannte ich, dass es tagelang regnen würde. Drinnen rührte Thorgunna im Kessel über dem Feuer und legte Holz nach. Sie hatte ein verschmitztes Elfengesicht, dunkles Haar und war gebaut wie ein gutes Schiff, unsere Thorgunna, oder, wie Kvasir sich ausdrückte, sie war »eine Frau mit einem Bug«. Sie hatte eine Art, die Augenbrauen hochzuziehen und einen aus ihren schwarzen Augen anzusehen, dass es einen vernichten konnte. Wir waren aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen, als Kvasir sie geheiratet hatte, und wie Finn bei der Hochzeit, als er betrunken war, gesagt hatte: »Der war zu lange auf See. Wozu braucht jemand wie Kvasir der Sabberer, eine Frau? Wenn er erst einen Winter mit der zusammengelebt hat, wird er darum betteln, wieder an Bord gehen zu dürfen. « Neben ihr stand Ingrid und hackte Grünkohl, im Gegensatz zu Thorgunna war sie blond und schlank, mit wippenden Zöpfen, und sie warf Botolf, wie sie dachte, heimliche Blicke zu. Sie hatte schon ein Kind von ihm und war ihm öffentlich versprochen. Thorgunna war die Schwester von Thordis, und beide kamen von Gunnarsgard, dem nächsten Hof.
Thordis hatte Tor Eisenhand geheiratet, und Gunnarsgard gehörte den beiden Schwestern je zur Hälfte - eine unnatürliche Sache, denn ein guter Hof sollte immer an das älteste Kind gehen. Ihre Base Ingrid hatte ebenfalls bei ihnen gelebt. Man hätte denken können, dass Tor mit drei Frauen unter einem Dach ein gutes Leben hatte, doch die, die es besser wussten, meinten, dass er ja auch dreifachen Ärger haben müsse. Er hätte auch Thorgunna gern geheiratet, um die andere Hälfte des Hofes ebenfalls zu bekommen, aber da meldete Kvasir sich und brachte sie nach Hestreng, und Ingrid gleich mit. Das war kurz nachdem er hier bei uns angekommen war. »Wie sieht's da draußen aus?«, fragte Thorgunna. »Der Hof ist unter Wasser «, berichtete ich und setzte mich ans Feuer. »Koch uns was Gutes - das können wir heute alle gebrauchen. « Sie schnaubte. »Das kann ich mir denken. Und dabei wird an so einem Tag kein Schlag Arbeit getan. « Das war ungerecht, denn es gab immer etwas zu tun, auch im Haus. Die zwei Webstühle hatten wochenlang nicht stillgestanden, als zwei Frauen, Leibeigene des Hauses, Bahnen von gestreiftem Vadmaltuch webten, das neue Segel für die Elk. Alle waren beschäftigt, selbst die Kinder, sei es mit Nähen, Stricken, Lederarbeiten oder einer Holzschnitzerei. Allerdings belagerten die Kinder im Halbdunkel lieber Botolf und bettelten um Geschichten.
Die drei älteren Jungen waren Söhne der Leibeigenen, die sie von ihren früheren Eigentümern hatten; die zwei Säuglinge waren Kinder meiner Eingeschworenen, dazu kam noch ein Kuckucks kind von Jarl Brand, und das Haus hallte wider von ihrem Lärm. Die Männer kamen zum Essen herein, graue Gestalten an einem grauen Tag. Sie bliesen sich die Regentropfen von der Nasenspitze und schüttelten das Wasser aus ihren Umhängen. Ich setzte mich auf meinen Hochsitz, wo ich Ruhe haben würde, während sich die Halle mit Lärm und Geschwätz füllte und der Geruch nach nasser Wolle sich breitmachte.
Die irische Leibeigene, Aoife, versuchte gerade, ihrem Sohn eine wollene Tunika über die molligen Ärmchen zu ziehen, aus der er sich aber jedes Mal wieder herauswand. Endlich hatte sie es geschafft, gerade als Thorgunna ihr auf die Schulter klopfte und sie anwies, Muscheln aus dem Vorratshaus zu holen. Sie ging, wobei sie einen besorgten Blick auf ihren Jungen warf, der Cormac hieß und gerade im Begriff war, zu den Hirschhunden in der Ecke zu krabbeln. Ich saß da in meinen wollenen Kleidern und brütete vor mich hin wie ein schwarzer Hund, das Runenschwert auf den Boden gestützt, während ich auf den Griff mit den hineingeritzten Zeichen starrte. Ich hatte sie mithilfe des kleinen Eldgrim eingeritzt, als wir uns von Attilas Grab mit dem verborgenen Silberschatz zurückschleppten, denn obwohl ich nicht besonders gut im Runenlesen war, reichte es doch, um mit ihrer Hilfe den Weg zu diesem geheimen Ort wiederzufinden. Nach dem Grauen und den vielen Toten, die wir dort hatten lassen müssen, hatte ich mir geschworen, nie wieder dorthin zu gehen, und doch hatte ich diese Zeichen eingeritzt, als hätte ich es trotzdem vor. Odins Hand, ohne Zweifel. Ich hatte an dieser Angel gezappelt und mich nach Kräften gewehrt; ich hatte viele gute Gründe gefunden und sie mit reicher Beute untermauert, damit die Eingeschworenen nicht darauf bestanden, zu Attilas Grab zurückzukehren. Und dennoch hatte ich immer gewusst, dass ich Kvasir und die anderen zu diesem verwünschten Ort bringen müsste - oder ich müsste Kvasir in das Geheimnis einweihen und ihn allein ziehen lassen.
Das ging auch nicht, denn wir waren Eingeschworene und meine Angst, den Schwur zu brechen, war fast so groß wie meine Angst vor dieser unheimlichen Grabkammer. Der Schwur. Wir schwören, dass wir einander Brüder sein wollen, mit Knochen, Blut und Stahl. Wir schwören auf Gungnir, Odins Speer, möge er uns bis in die neun Reiche und darüber hinaus verfluchen, wenn wir diesen Schwur gegeneinander brechen. Er band uns in Ketten der Gottesfurcht, trieb uns in Kälte und Sturm, ließ uns Dinge tun, von denen die Skalden später singen würden - und andere, die in der Erinnerung besser unter einem großen Stein begraben blieben, so schändlich waren sie. Und doch, wenn wir mit dem Rücken zueinander standen, vor uns die, die nicht zu uns gehörten, dann wussten wir, dass jede Schulter neben uns einem Mann gehörte, der eher sterben als uns verlassen würde. Es hatte mich von einem Jungen, einem Neiding, auf den Thron meiner eigenen Halle gebracht - und doch war selbst dieser Hochsitz nicht mein eigener, er war die Beute aus dem letzten Kampf für Jarl Brand und Eirik, den neuen König. Ich hatte ihn aus der Halle von Ivar Wetterhut mitgenommen, dessen Kopfbedeckung angeblich Stürme heraufbeschwören konnte. Er hätte damit winken sollen, als wir in seine Bucht gerudert kamen, denn als wir bei schönstem Wetter und ruhiger See wieder abzogen, war sein Hof niedergebrannt und er hatte alles verloren, selbst seinen Thron. Nach dem Raubzug waren wir alle hierhergekommen. Wir harten Männer, wir Räuber, hatten uns hier in dieser Halle niedergelassen, die nach nasser Wolle und Hunden roch und wo es schreiende Kinder und schimpfende Frauen gab. Seitdem hatte ich getan, was ich konnte, damit sich meine rauen Kerle hier zu Hause fühlten. Und wie ich glaubte, mit Erfolg, deshalb hatte ich beschlossen, einen Stein für uns aufzustellen, damit wir hier Wurzeln schlagen.
Was das Runenschneiden anbelangt, so gibt es in der ganzen Welt nur eine Handvoll wirklicher Meister, die die Kett- und Schussfäden im Leben eines Menschen so perfekt in Stein meißeln können, dass die Nachkommen es noch tausend Jahre später lesen können. Wir wollen, dass jedermann erfährt, wie mutig wir gekämpft, wie leidenschaftlich wir geliebt haben. Wer dieses Kunststück fertigbringt, verdient in jeder Halle den besten Platz auf der Bank. Die Schlangenrunen auf dem Stein der Eingeschworenen sollte der Runenmeister Klepp Spaki mit einem Werkzeug einmeißeln, das so spitz wie der Schnabel eines Vogels war. Klepp Spaki hatte es von einem Mann gelernt, der bei einem Mann gelernt hatte, der bei Varinn gelernt hatte. Derselbe Varinn, der den Ruhm seines toten Sohnes in einen Stein gemeißelt hatte, was ihm so erstaunlich gut gelungen war, dass der Ort fortan Rauk hieß, was Stein bedeutete. Als Klepp fertig war, fuhr ich mit den Fingern über die Schlangenlinien, die er für uns gemeißelt hatte. Sie waren noch grobkörnig und auch noch nicht eingefärbt. Ich habe das Runenlesen erst spät gelernt und habe den Odin- Zauber ihrer Zeichen nie richtig beherrscht, auch wusste ich nie, wo der Anfang war, wenn man es mir nicht zeigte. Man liest genauso viel mit den Fingern wie mit den Augen. Es soll schwer sein - denn schließlich bedeutet das Wort selbst ja schon »Raunen «, und Odin selbst musste neun Nächte am Weltenbaum hängen und sich mit seinem eigenen Speer verletzen, ehe er das Geheimnis entdeckte. Klepp beschrieb auf dem Stein der Eingeschworenen auch einen Teil meines Lebens, das weiß ich genau, auch wenn Wind und Wetter im Laufe der Jahre den Stein geglättet und mich zerfurcht haben. Zum Beispiel konnte ich mit dem Finger das Galoppieren von Hrafn, dem Hengst, finden und verfolgen, dieses Pferd, das ich einst von dem Dicken Bardi gekauft hatte. Dieses Pferd war schwarz, es hatte nicht ein einziges weißes Haar, und sein Name »Rabe« passte besser zu ihm als jeder andere. Er war kein Reitpferd, er war ein Zucht- und Kampfhengst. Er sollte der Vater von ganzen Pferdedynastien werden und die Eingeschworenen, die bisher Seeräuber waren, zu Züchtern von edlen Kampfhengsten machen, auf den Weiden, die Jarl Brand von Ostgotland uns im Land der Svearen und Goten gegeben hatte, dem Land, das Eirik Segersäll, oder der Siegesfrohe, allmählich zu einem Großschweden zusammenfügte. Hrafn. Der Name schon hätte mir Warnung sein sollen, aber ich war zu sehr von dem Gedanken besessen, in Frieden auf diesem fruchtbaren Stück Land zu leben und nie wieder mit den Eingeschworenen diesem verfluchten Silberschatz im Osten nachzujagen. Also hielt ich ein Pferd mit dem Namen Rabe für ein gutes Omen. Ebenso der Name unseres Hofs: Hestreng, Hengstweide. Es war gutes Weideland, das sich sanft um eine schöne Bucht zog und uns für den Winter mit gutem Heu versorgte. Aber es war am Rande des Austrvegrfjord, des Ostwegsfjord. Diesen Namen hatte er nicht aufgrund seiner Lage, sondern weil alle Schiffe, die Raubzüge im Osten planten, diese Wasserstraße nahmen.
Obwohl die Eingeschworenen sich alle Mühe gaben, sesshaft zu werden, hörten sie doch jeden Tag den Ruf der Straße der Wale. Dann standen sie auf dem Kies am Strand, wo das Wasser ihre Stiefel umspülte und der Wind ihnen ins Gesicht blies, und sahen sehnsüchtig die Segel am Horizont verschwinden. Sie wussten, wo alles Silber der Welt vergraben war, dessen Verlockung kein Nordmann widerstehen konnte. Auch ich nicht. Ich sah den Frauen zu, die sich am Feuer beschäftigten, und dachte an den Stein, der unverrückbar hier stand und hoffte, dass ich sie alle zu einem sesshaften Leben überredet hatte - aber in Wahrheit warteten sie nur darauf, dass die neue Elk fertig wurde. Das war mir an dem Tag klar geworden, als Kvasir und ich in das Hochtal ritten, wo unsere Pferde den Sommer über weideten. Er sah dauernd über seine Schulter zum Meer zurück, wozu er sich auf seiner kleinen Stute extrem weit herumdrehen musste, weil er nur ein Auge hatte, und deshalb fiel es mir auf. Man konnte die Weiden und die Felder hinter uns nicht sehen, auch nicht den Hügelzug, der sie vor dem scharfen Meereswind schützte. Aber man konnte das Meer und die Salzluft auf der Zunge schmecken, und als Kvasir sich wieder herumdrehte und merkte, dass ich ihn ansah, legte er den Kopf auf die Seite und rieb sich mit dem Finger unter der Klappe, die sein totes Auge bedeckte. »Na ja«, sagte er bärbeißig, »ich liebe eben das Meer.«
© 2012 der deutschsprachigen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München
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Autoren-Porträt von Robert Low
Robert Low ist Journalist und Autor. Mit 19 Jahren war er als Kriegsberichterstatter in Vietnam. Seitdem hat ihn sein Beruf in zahlreiche Krisengebiete der Welt geführt. Um seine Abenteuerlust zu befriedigen, nimmt er regelmäßig an Nachstellungen von Wikingerschlachten teil. Robert Low lebt in Largs, Schottland - dem Ort, wo die Wikinger schließlich besiegt wurden.
Bibliographische Angaben
- Autor: Robert Low
- 2012, Deutsche Erstausgabe, 480 Seiten, 2 Schwarz-Weiß-Abbildungen, Maße: 11,8 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Christine Naegele
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453410009
- ISBN-13: 9783453410008
- Erscheinungsdatum: 07.11.2012
Rezension zu „Drachenboot / Die Eingeschworenen Bd.3 “
»Die gnadenlose Welt der Wikinger, gigantische Schlachten, tödliche Gefahren. Selten hat mich ein Buch so gepackt.«
Pressezitat
»Grandios! Eines der besten Bücher, die ich in den letzten Jahren gelesen habe.« Simon Scarrow
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