Drum morde, wer sich ewig bindet
Ein Wien-Krimi
In „Drum morde, wer sich ewig bindet" muss Kultermittler Hofrat Halb mit seinem wunderbaren Altwiener Charme und jeder Menge urtypischen Wiener Schmähs im Untergrund von Wien einen Mörder dingfest machen. Denn es wurde unter dem Stephansdom...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Drum morde, wer sich ewig bindet “
In „Drum morde, wer sich ewig bindet" muss Kultermittler Hofrat Halb mit seinem wunderbaren Altwiener Charme und jeder Menge urtypischen Wiener Schmähs im Untergrund von Wien einen Mörder dingfest machen. Denn es wurde unter dem Stephansdom ein vergessenes Netz an Katakomben entdeckt, die ein gerissener Geschäftsmann zu Luxusgruften für Reiche ummodeln möchte. Dass diese Idee nicht nur auf Freunde stößt, davon kann man ausgehen. Und die erste Leiche lässt auch nicht lange auf sich warten, was wiederum den Hofrat und sein Team aufs Spiel ruft.
Und während im altehrwürdigen ersten Bezirk mit seinen historischen Fassaden rund um den Stephansdom die Sachertorte und die Melange besonders gut schmecken, geht es unter der Oberfläche ganz schön rund.
Und während im altehrwürdigen ersten Bezirk mit seinen historischen Fassaden rund um den Stephansdom die Sachertorte und die Melange besonders gut schmecken, geht es unter der Oberfläche ganz schön rund.
Peter Wehle zeichnet ein wunderbar authentisches Bild vom klassischen Wien, wie man es kennt und liebt. Er schafft es einen spannenden Krimi zu liefern und gleichzeitig eine so richtig amüsante und witzige Stadtlektüre.
Für alle Krimi- und Wien-Liebhaber eine ganz klare Leseempfehlung!
Bestellen Sie „Drum morde, wer sich ewig bindet" jetzt hier bequem online und erleben Sie einen spannenden Kriminalfall im ehrwürdigen 1. Wiener Gemeindebezirk.
Klappentext zu „Drum morde, wer sich ewig bindet “
DAS WIENERLIED VOM TOD: AUFREGUNG IM WIENER STEPHANSDOMTatort Stephansdom: Bei Arbeiten in der Garage unterhalb des Stephansdoms werden VERGESSENE KATAKOMBEN aus dem Mittelalter entdeckt. Eine Sensation mit Gruselfaktor! Die älteste Katakombe liegt zur Gänze unter einem der Nachbarhäuser. Dessen findiger Besitzer hat eine lukrative Geschäftsidee: Er möchte die Grabstätten sanieren und für betuchte Kunden zu prächtigen LUXUSGRUFTEN umbauen lassen. Aber nicht nur das: Der gesamte Komplex soll Besuchern als Museum offen stehen. Doch während noch heftig über das Vorhaben gestritten wird, gibt es bald schon die erste "schöne Leich" ...TOD UNTER MYSTERIÖSEN UMSTÄNDEN - WAR ES WIRKLICH SELBSTMORD?Einer der Interessenten für die Wiener Luxusgrabstätte STÜRZT VOM SÜDTURM DES STEPHANSDOMS. Ganz eindeutig Selbstmord. - Oder etwa doch nicht? Dann tauchen auch noch DROHBOTSCHAFTEN im Umfeld des Doms auf und ein Grabschänder treibt sein Unwesen auf dem Zentralfriedhof. Als hätte der Teufel seine Finger im Spiel, wie es schon die alten Sagen über den Stephansdom berichten. HOFRAT HALB, der liebenswerte Kult-Ermittler mit ALTWIENER CHARME, begibt sich gemeinsam mit seinem Team und einer gehörigen Portion Wiener Schmäh der alten Schule auf die Spurensuche.URTYPISCH WIENERISCH, GEMÜTLICH, SCHAURIG: HOFRAT HALB ERMITTELT UNTER DEM STEPHANSDOMWährend oben die "Pummerin" klingt, in den umliegenden Kaffeehäusern des malerischen 1. Bezirks Sachertorte und Melange serviert werden und die Menschen durch die Kärntner Straße flanieren, geht der RÄTSELHAFTE SPUK unterhalb der historischen Hauptstadt-Fassaden zwischen den Gebeinen und alten Gemäuern der schaurigen Katakomben weiter. Die Arbeiten am Fall gestalten sich schwierig und Hofrat Halb muss sich in GEFÄHRLICHE TIEFEN begeben ...Eine findige Geschäftsidee und kriminelle Machenschaften tanzen einen TÖDLICHEN WALZER UNTER DEM WIENER STEPHANSDOM: Peter Wehles Ermittler-Original Hofrat Halb läuft zur Höchstform auf in diesem
... mehr
LAUSCHIG-MORBIDEN WIEN-KRIMI.*****************"Tatort Stephansdom: Im Herzen Wiens ermittelt Hofrat Halb stilsicher. Ein schauriger, Urwiener Kaffeehaus-Krimi. Wiener und Wien-Fans werden auf Ihre Kosten kommen!"Leserstimme"Packend und gemütlich zugleich: Dieser Wien-Krimi hat alles, was Wien für mich ausmacht: morbiden Charme, Kaffeehausatmosphäre, Wiener Schmäh - und natürlich auch die ein oder andere 'schöne Leich'!"Leserstimme"Hofrat Halb ist ein Ermittler mit Stil, seinem k.u.k.-Charme kann man einfach nicht widerstehen. Ich liebe Peter Wehles Krimis um diesen Ermittler. Kultstatus!"Leserstimme*****************
... weniger
Lese-Probe zu „Drum morde, wer sich ewig bindet “
Peter Wehle - Drum morde, wer sich ewig bindetFreitag, 3. Jänner 2014, 5 Uhr
Ruslan Tschochaev liebte seine Arbeit. Ganz besonders
an einem dritten Jänner um fünf Uhr früh. Niemand
machte sich über ihn lustig, kein Mensch störte ihn, als
er die Überreste einer weiteren feierwütigen Nacht in
Wiens historischem Herzen beseitigte.
Vor allem die Seite mit dem Singertor hatte es ihm
angetan. Auch wenn der Stephansdom für einen anderen
als seinen Gott erbaut worden war, stellte er sich
den Eingang zur Türmerstube gern als geheimnisumwittertes
Tor in eine andere Welt vor. Natürlich würde
er diesen Gedanken nie laut aussprechen, aber in der
feierlichen Stille der monotonen Bewegungen mit dem
Besen erlaubte er sich solche Ideen.
Fein säuberlich kehrte er die zahlreichen Nischen
des verwinkelten Giganten und schob den Dreck auf
die Schaufel. Er hatte seinen Straßenkehrerkarren einige
Meter entfernt stehen gelassen, es war ihm lieber,
mit jeder vollen Schaufel die paar Schritte zu gehen, als
jedes Mal den Wagen zur nächsten Ecke zu schieben.
Ruslan Tschochaev drehte den Kopf nach rechts, den
Blick über den Stock-im-Eisen-Platz hatte er am liebsten,
vor allem wegen ...
Vor Schreck über den markerschütternden Schrei
ließ er die Schaufel fallen, ihr Krachen wurde von einem
hässlich schmatzenden Geräusch übertönt. Automatisch
riss der Straßenkehrer die Arme in die Höhe
und wickelte sie um seinen Kopf. Er hatte gelernt, ihn
zu schützen, wenn er einen Sterbenden brüllen hörte.
Nach fünf Sekunden neuerlicher Stille öffnete er
vorsichtig seine Augen. Als er den dunklen Haufen
am Fuß des Südturms sah, ließ er endgültig seine Vorsicht
bleiben, stürzte hin - und erstarrte. Er hatte ge6
nug zerquetschte Menschenleiber gesehen, um sofort
zu erkennen,
... mehr
dass er nicht mehr die Rettung zu rufen
brauchte.
Freitag, 3. Jänner 2014, 8.45 Uhr
Ob er dieses Schnaufen gehört oder nur geträumt hatte?
Wie immer, wenn er seinen Rausch ausschlief, bildeten
die reale und seine eigene Welt einen einzigen
Wahrnehmungsbrei. Mühsam hob Fridolin Pocziorek
seine Augenlider. Zuerst war alles verschwommen,
aber auch, als er sich die Augen rieb, sah er draußen
vor den Fenstern lediglich einen riesengroßen Wattebausch.
Was aber nicht weiter verwunderlich war,
denn Anfang Jänner konnte es den ganzen Tag dichten
Nebel geben, erst recht zwischen Bäumen und über
Wiesen wie hier am Zentralfriedhof.
Als er sich an die weiße, wenn auch schneelose
Pracht gewöhnt hatte, merkte er, dass er sich das Geräusch
nicht eingebildet hatte. Das Stöhnen kam von
einem der Gräber irgendwo ganz in der Nähe. Von oder
aus einem der Gräber? Noch bevor sich die wüstesten
Zombie-Alpträume seiner nach wie vor alkoholdurchtränkten
Fantasie bemächtigten, schälte sich Pocziorek
aus dem Schlafsack, den er zwischen zwei mächtigen
Grababdeckungen aus Granit platziert hatte. Im Kolumbarium
links der Luegerkirche hatte es selbst um
diese Jahreszeit eine erträgliche Temperatur, weshalb
er sich hier ganz gerne zur Ruhe begab, wenn er es in
den Notschlafstellen nicht mehr aushielt.
Ganz langsam schob er die kleine Türe auf, deren
Schlüssel er sich vor Jahren besorgt hatte. Zentimeter
um Zentimeter - vorsichtig vermied er auch nur das
leiseste Quietschen.
Allerdings hatte die Konzentration
auf die rostigen Scharniere einen wesentlichen Nebeneffekt:
Er bemerkte nicht, dass das Keuchen seltener,
aber lauter wurde.
Noch Monate später, als er seine Alkoholsucht überwunden
hatte, schwor Fridolin Pocziorek Stein und
Bein, dass er, als er sich durch den Spalt gequetscht
und seinen Blick wieder nach vorne gerichtet hatte,
gestorben war. Er war sich absolut sicher, dass sein
Herz ausgesetzt hatte, als vor ihm das Monster stand.
Ein haariges Ungetüm, hinter dem alle erdenklichen
Menschenknochen lagen. Alle ... außer einem, denn den
Totenkopf hielt ihm das Höllenwesen entgegen.
Freitag, 3. Jänner 2014, 19.45 Uhr
Er hatte es immer schon gewusst.
„Danke, Ludwig, dass du dir die Zeit nehmen konntest.
Ich bin in einer sehr unangenehmen Lage, vor allem,
weil ..."
Aber es war ihm noch nie so deutlich aufgefallen,
dass es seinem Freund und Vorgesetzten Ernst Straka
derart an Menschenkenntnis und Sozialbegabung mangelte.
„... weil mir die Hände gebunden sind. Ich weiß
schon, in deinen Augen bin ich immer wieder ein elender
Opportunist, der sich nur darum bemüht, es allen -
vor allem übergeordneten Stellen - Recht zu machen.
Und weißt du was, vielleicht ..."
Wie konnte Ernst nur glauben, dass er ihm zuhören
würde, wenn er ihn gerade heute in dieses Nobelrestaurant
einlud? Es hätte ihm doch klar sein müssen,
dass er damit genau das Gegenteil erreichte.
„... vielleicht stimmt das auch. Aber ich bin nach wie
vor der Meinung, dass das a priori keine schlechte Eigenschaft
sein muss. Denn gerade dadurch ist es mir
gelungen, unsere Abteilung aus allen Querelen herauszuhalten.
Und davon, dass ich dir ..."
Jeder Mensch würde mit einer gewissen inneren
Ablehnung reagieren, wenn ihn sein Chef an einem
dritten Jänner anruft und zu einem Arbeitsessen am
selben Abend einlädt. Aber zu glauben, dass man jemanden
nach den Feiertagen mit einer üppigen Speisenfolge
bestechen könnte, zeugte von sozialer Ahnungslosigkeit.
„... dir deinen Posten dank meiner Kontakte mehrfach
gerettet habe, davon will ich gar nicht erst reden."
„Ernst, dann sag bitte nicht, dass du nicht darüber
reden willst, sondern schweig gleich!"
Stille! Offenbar war seine Replik sehr deutlich gewesen.
Oder gar zu deutlich? Egal, Halb genoss den
Moment der Ruhe, erst recht, da er - aus einer kindischen
Rachelaune heraus - das teuerste Degustationsmenü
gewählt hatte, obwohl er noch mit Weihnachtsköstlichkeiten
vollgestopft war.
„Ludwig, bitte hör mir doch zu. Ich hab dich doch
nicht aus Jux und Tollerei heute hierher gebeten. Ich
brauche dringend deine Hilfe!"
„Dringend? An einem dritten Jänner!"
„Leider! Seit fünf Uhr früh."
Halb hätte noch gerne weitergestichelt, aber Strakas
ungewöhnlich präzise Antwort ließ ihn die nächste
Bosheit hinunterschlucken.
„Von mir aus ... Also, worum geht's? Mord, nehme ich
an."
Unter normalen Bedingungen wäre das Strakas
Stichwort für einen etwas zu emotionellen und ausschweifenden
Bericht gewesen. Aber diesmal ...
„Es geht um ... ich weiß, dass sich jetzt gleich einige
Deiner Organwindungen zusammenballen werden,
aber ... ich ..."
„Ernst, wer ist der Tote? Oder handelt es sich um ein
weibliches Opfer?"
„Nein. Der Tote heißt Doktor Leopold Maximilian
Traigenberger, der ehemalige Vorstandsvorsitzende
der AIRIS-Gruppe, der ‚Austro-International Reinsurance‘.
Einer der größten Rückversicherer weltweit."
„Noch spüre ich kein Zucken in mir."
„Sofort, Ludwig. Denn Leomax - so nannten ihn
Freunde und engere Bekannte, zu denen ich mich zählen
durfte. Leomax ... also, er ist heute um fünf Uhr in
der Früh vom Stephansdom heruntergestürzt."
„Tragisch, aber was hat ein Selbstmord mit dir, geschweige
denn mit mir zu tun?"
„Die Tatsache, dass es sicher kein Selbstmord war."
„Aha! Dritter Jänner, fünf Uhr früh, Stephansdom,
Sturz in die Tiefe - und das soll kein Selbstmord gewesen
sein? Ernst, bitte, wie kommst du auf diese
Schnapsidee?"
„Siehst du, Ludwig, genau jetzt kommt der Moment,
in dem sich dein Inneres verknotet und ..."
„Da bin ich aber gespannt, weil mein Bauch liegt
dermaßen voll und faul in mir herum, dass ..."
„Sein letztes und damit wohl größtes Ziel war
es, sich in einer der Gruften der ‚Vienna City Center
Crypts‘ dank seiner weltlichen Großzügigkeit sowie
seines gottgefälligen Lebens zur ewigen Ruhe betten
zu dürfen."
„Seines gottgefälligen ... was bitte? Wo bitte? Ernst,
du spinnst! Allerdings - gratuliere, du hast es geschafft.
Tatsächlich, in mir ..."
„Darf ich trotzdem weiterreden?"
„Bitte." Halb vermied jede Gesichtsregung, die Straka
seine aufflammende Neugier verraten könnte.
„Die ganze Geschichte beginnt vor vier Monaten.
Vielleicht erinnerst du dich an die Schlagzeilen, damals
wurden bei Bauarbeiten in der Domgarage einige
vergessene Katakomben aus dem Mittelalter freigelegt.
Mehrere Gänge voller Wandnischen voller Skelette.
Diese Gräber dürften aus der Zeit früher Pestepidemien
stammen. Die wurden verständlicherweise möglichst
tief und möglichst weit weg gegraben und dann
schnell wieder zugemauert."
„Eine wunderbare Ausgangssituation für einen Horrorfilm."
„Stimmt, aber dieser Thriller geht ganz anders weiter,
als du glaubst."
„Na geh, keine Untoten? Das ist aber schade."
„Untote nicht, aber ein Vampir tritt auf. Allerdings
einer mit Maßanzügen und feinsten Lederschuhen."
„Na und? Auch Dracula muss mit der Zeit gehen.
Und elegant war der schon immer."
„Ist schon gut, Ludwig. Also, der längste dieser
Grabgänge liegt unter einem der Häuser, die nicht
mehr direkt ..."
„Aber du meinst jetzt nicht die Blutgasse 13, oder?
Weil der Dobler-Fall liegt mir noch schwer im Magen."
„Nein, ich rede vom Haus mit dem schönen alten
Namen ‚Zum welschen Felsen‘, dessen Adresse legendär
ist ... es hat nämlich keine."
Halb drehte sich demonstrativ um, als ob er etwas
suchen würde. „Ernst, spielen wir hier ‚Versteckte
Kamera‘? ‚Vienna City Center Crypts‘, vergessene Katakomben,
ein gottgefälliges Leben zur ewigen Ruhe
betten, ein ermordeter Selbstmörder und jetzt noch ein
Haus ohne Adresse!
Gleich schlägst du mir lachend auf
die Schulter und ich bin plötzlich Fernsehstar in ‚Lustige
Mordermittler ganz privat‘. Oder ..."
„Ludwig - Star, ja! Lustig, nein! Du bist mein Starermittler,
außerdem der einzige, auf den ich mich verlassen
kann. Und daher - nichts von alldem ist erfunden."
„Nicht einmal das Haus ohne ..."
„Ist genauso echt wie alles andere. Schau, im Laufe
der Jahrhunderte wurden auch die verbliebenen Höfe
zwischen den Häusern um Sankt Stephan teilweise zugebaut,
sodass du heute manche dieser Gebäude nur
auf Umwegen betreten kannst."
„Oder eben unterirdisch."
„Genau. Über die alten Keller oder Teile der Katakomben
kannst du auch ..."
„Das überlasse ich lieber Höhlenforschern."
„Ich auch. Aber leider spielt eine dieser Katakomben
..."
„Die unter dem ‚welschen Felsen‘?"
„... die spielt eine Hauptrolle im Fall Traigenberger!"
Samstag, 4. Jänner 2014, 12.45 Uhr
„Ein Gang voller Skelette tief unten verursacht einen
Todessturz von hoch oben? Auch nicht schlecht." Wie
so oft fasste Schwejk einen komplexen Inhalt ebenso
knapp wie zynisch zusammen.
„So in etwa. Das Bindeglied ist ein - laut Ernst -
höchst dubioser Geschäftsmann namens Michael
Firtussek."
„Der mit dem Hinterhaus, unter dem diese Knochen
herumliegen?"
„Stimmt, Verena." Dass sein „Teamküken" Verena
Planner
schon bald den rauen Tonfall ihrer beiden alt12
gedienten Kollegen Franz Haschek und Anton Wilt
übernommen hatte, regte Halb schon längst nicht
mehr auf.
„Die gefüllten Blini, bitte für wen? Und die Soljanka?
Die Wareniki waren für die Dame. Und zuletzt - bitte
schön, der Herr." Halb erschrak, als er seine Portion
Perepetschi sah. Vielleicht hätte er doch nicht das
Nützliche mit dem Angenehmen verbinden, sondern
ehrlich sein sollen?
„Chef, sehr lieb, dass du ab nun jährlich zum ‚Neujahrsempfang
der Ermittlergruppe Hofrat Halb, Referat
3.2.1 Gewaltkriminalität, Österreichisches Bundeskriminalamt‘
einladen willst, aber ..."
„... aber es hätte doch nicht gleich beim ersten Mal
so ein gehobenes Restaurant wie das ‚B/Allerlei/ka‘
sein müssen, schon gar nicht ..."
„... an einem Samstag zu Mittag, wo wir doch wissen,
wie sehr du es hasst, dich - und uns - auch am Wochenende
mit einem Fall zu beschäftigen."
Doch, er hätte lieber ehrlich sein sollen! Jetzt blieb
nur die klassische Wiener Strategie, der gekränkte Entlastungsangriff.
„Also, so viel triefenden Spott verdiene
ich auch wieder nicht! Immerhin hab ich euch in eine
der angesagtesten und teuersten Neueröffnungen am
kulinarischen Himmel Wiens eingeladen!"
„Apropos Himmel ... Vom Himmel hoch, da komm
ich her - wie ist dieser Traigenberger zur Absprungstelle
gekommen? Oder, falls Straka recht haben sollte -
wie hat ihn sein Mörder dort hinaufgebracht?"
„Und wie lange war er weg? Weil, wenn er wirklich
getötet worden ist, dann wird er ja kaum am dritten
Jänner um vier Uhr in der Früh sich einfach so entführen
haben lassen. Seit wann hat ihn denn seine Familie
vermisst?"
„Und ... vielleicht das Wichtigste, um überhaupt
irgendeinen Anhaltspunkt zu haben: Wer war dieser
Doktor Traigenberger? Wieso war es ihm so wichtig,
in einer Gruft ganz in der Nähe des Stephansdoms bestattet
zu werden? Wer waren seine Feinde?"
Dankbar stieg Halb auf das scheinbare Friedensangebot
aller drei „Teamlinge" ein. „Die erste Frage
kann ich vielleicht beantworten: Wegen Bauarbeiten
gibt es derzeit einen Materialaufzug hinten außen am
Südturm. Aber sonst - über Doktor Leopold Maximilian
Traigenberger weiß ich einstweilen nur, was mir
Ernst erzählt hat. Ehemaliger Wirtschaftskapitän, auch
in der Pension noch der typische ‚Macher‘. Spitzname
‚Leomax‘, verheiratet mit Philippine, genannt Ini,
einer geborenen ‚von und zu‘. Sohn Leopold Albert,
‚Leobert‘, studiert Internationales Recht und Tochter
Aurelia Amalia - mit dem schönen Kosenamen ‚Aumali‘
- scheint vor allem auf einen finanziell potenten
Ehemann zu warten. Die ganze Familie ist - oder war -
offenbar das Sinnbild altösterreichischen Bürgertums,
etwas Biedermeier, ziemlich monarchistisch und sehr
katholisch. ... weshalb Ernst darauf beharrt, dass es
kein Selbstmord gewesen sein kann. Die restlichen
Antworten suchen wir uns ab Montag zusammen. Wobei,
über den ..."
„Chef, ab Dienstag."
„Wie bitte, Toni?"
„Ab Dienstag suchen wir Antworten, nicht ab Montag.
Feiertag!"
„Wieso ..."
„Chef, du willst doch nicht behaupten, dass du dich
nicht schon seit Tagen auf die heiligen drei Könige
freust."
„Wo die doch immer so schön singen!"
Halb schüttelte den Kopf, ausnahmsweise musste
er seine - ihnen allen lieb gewordene - Verzweiflung
nicht spielen, geschweige denn übertreiben. „Kann es
sein, dass ihr das Motto ‚Weihnachten, ein Fest für Kinder‘
zu wörtlich genommen habt? Ich erkenn euch ja
nicht wieder!"
„Ja, Herr Lehr..." Verena schien die Komödie weiterspielen
zu wollen, aber als Sie Schwejks und Tonis
Gesichter sah, brach Sie sofort ab. „Chef, sei uns bitte
nicht böse, aber ... wie sollen wir denn sonst reagieren?
Du zitierst uns mitten aus unseren - ohnehin kärglichen
- Ferien zum Ermitteln. Und damit du kein allzu
schlechtes Gewissen hast, tarnst du das als ‚Neujahrsempfang‘
in einem - zugegebenermaßen ausgezeichneten
- Restaurant, obwohl du dir denken kannst, dass
uns die heimischen Weihnachtsköstlichkeiten noch bis
zur Oberkante Unterkiefer stehen. Wir hatten zwei
Möglichkeiten: böse zu sein oder uns über dich lustig
zu machen. Hättest du die andere lieber gehabt?"
Eine Sekunde lang hatte Halb den Eindruck, dass
auch er jetzt nur zwei Möglichkeiten hatte: auf seine
Teamlinge oder auf sich selber sauer zu sein. Nach vier
tiefen Atemzügen entschied er sich für eine dritte Variante
... und ließ seinem Ärger über Straka freien Lauf.
„Willkommen im Club! Ich hab doch nur das getan,
was die Hierarchie und Straka verlangen - den Druck
nach unten verteilen! Ihr könnt mir glauben, dass
auch ich nicht rasend erfreut war, wie mich der Ernst
gestern am Nachmittag angerufen und um Hilfe ... ich
möcht fast sagen ... angefleht hat. Gut, ich gebe zu, den
Pseudotrick mit dem ‚Neujahrsempfang‘ hätte ich mir
sparen können. Ich verspreche hoch und heilig, dass
ich euch nächstes Jahr am dritten Jänner höchstens
auf eine zweitägige Entschlackungskur einlade.
Aber was den Mordfall Traigenberger betrifft, da haben
wir - noch einmal - zwei Möglichkeiten: uns auf den
juristisch korrekten ‚Ferien bis zum siebenten Jänner!‘-
Standpunkt zu stellen und Straka brutal zu brüskieren,
oder aber als ‚Mord-Pfadfinder‘ zu agieren und ..."
„Als wer bitte?"
„Wir sind wie die Pfadfinder - bei Mord allzeit bereit!
Dafür machen wir ein anderes Mal ein paar Tage
Urlaub, das muss ja dann keiner erfahren. Einverstanden?
Dann ..." Halb warf einen besonders sanften
„Chef-Blick" in die kleine Runde. „Danke! Dann würde
ich einen kleinen Verdauungsspaziergang vorschlagen
... der Dom ist ja nur zwei Ecken entfernt. Wir
haben ja ohnehin selten einen so schönen Tatort, also
können wir es diesmal wenigstens genießen, uns einen
ersten Eindruck zu verschaffen. Gut, dann ..."
„Lass stecken, Chef. Du machst nie wieder einen
‚Neujahrsempfang‘, dafür zahlt heute jeder für sich.
Okay?"
Halb zögerte nur kurz, dann zog er mit breitem Lächeln
seine Brieftasche heraus. „Erstens nein! Zweitens
ja! Drittens nein, liebe Verena. Nein - ihr zahlt nicht!
Ja - ich erwähne dieses böse Neujahrswort nie wieder.
Und drittens ... nein, im Endeffekt zahle auch ich nicht!
Selbstverständlich lass ich Ernst dafür bluten. Das ist
ja wohl das Mindeste, wenn er uns schon als seine Privatdetektive
missbraucht. Daher - Herr Ober, bitte die
Rechnung ... mit Mehrwertsteuer, ganz offiziell!"
Samstag, 4. Jänner 2014, 14 Uhr
„Hinter dieser Fassade, da müsste das Haus ‚Zum welschen
Felsen‘ stehen. Dieser Firtussek ... das heißt, wollt...
©Haymon Verlag
brauchte.
Freitag, 3. Jänner 2014, 8.45 Uhr
Ob er dieses Schnaufen gehört oder nur geträumt hatte?
Wie immer, wenn er seinen Rausch ausschlief, bildeten
die reale und seine eigene Welt einen einzigen
Wahrnehmungsbrei. Mühsam hob Fridolin Pocziorek
seine Augenlider. Zuerst war alles verschwommen,
aber auch, als er sich die Augen rieb, sah er draußen
vor den Fenstern lediglich einen riesengroßen Wattebausch.
Was aber nicht weiter verwunderlich war,
denn Anfang Jänner konnte es den ganzen Tag dichten
Nebel geben, erst recht zwischen Bäumen und über
Wiesen wie hier am Zentralfriedhof.
Als er sich an die weiße, wenn auch schneelose
Pracht gewöhnt hatte, merkte er, dass er sich das Geräusch
nicht eingebildet hatte. Das Stöhnen kam von
einem der Gräber irgendwo ganz in der Nähe. Von oder
aus einem der Gräber? Noch bevor sich die wüstesten
Zombie-Alpträume seiner nach wie vor alkoholdurchtränkten
Fantasie bemächtigten, schälte sich Pocziorek
aus dem Schlafsack, den er zwischen zwei mächtigen
Grababdeckungen aus Granit platziert hatte. Im Kolumbarium
links der Luegerkirche hatte es selbst um
diese Jahreszeit eine erträgliche Temperatur, weshalb
er sich hier ganz gerne zur Ruhe begab, wenn er es in
den Notschlafstellen nicht mehr aushielt.
Ganz langsam schob er die kleine Türe auf, deren
Schlüssel er sich vor Jahren besorgt hatte. Zentimeter
um Zentimeter - vorsichtig vermied er auch nur das
leiseste Quietschen.
Allerdings hatte die Konzentration
auf die rostigen Scharniere einen wesentlichen Nebeneffekt:
Er bemerkte nicht, dass das Keuchen seltener,
aber lauter wurde.
Noch Monate später, als er seine Alkoholsucht überwunden
hatte, schwor Fridolin Pocziorek Stein und
Bein, dass er, als er sich durch den Spalt gequetscht
und seinen Blick wieder nach vorne gerichtet hatte,
gestorben war. Er war sich absolut sicher, dass sein
Herz ausgesetzt hatte, als vor ihm das Monster stand.
Ein haariges Ungetüm, hinter dem alle erdenklichen
Menschenknochen lagen. Alle ... außer einem, denn den
Totenkopf hielt ihm das Höllenwesen entgegen.
Freitag, 3. Jänner 2014, 19.45 Uhr
Er hatte es immer schon gewusst.
„Danke, Ludwig, dass du dir die Zeit nehmen konntest.
Ich bin in einer sehr unangenehmen Lage, vor allem,
weil ..."
Aber es war ihm noch nie so deutlich aufgefallen,
dass es seinem Freund und Vorgesetzten Ernst Straka
derart an Menschenkenntnis und Sozialbegabung mangelte.
„... weil mir die Hände gebunden sind. Ich weiß
schon, in deinen Augen bin ich immer wieder ein elender
Opportunist, der sich nur darum bemüht, es allen -
vor allem übergeordneten Stellen - Recht zu machen.
Und weißt du was, vielleicht ..."
Wie konnte Ernst nur glauben, dass er ihm zuhören
würde, wenn er ihn gerade heute in dieses Nobelrestaurant
einlud? Es hätte ihm doch klar sein müssen,
dass er damit genau das Gegenteil erreichte.
„... vielleicht stimmt das auch. Aber ich bin nach wie
vor der Meinung, dass das a priori keine schlechte Eigenschaft
sein muss. Denn gerade dadurch ist es mir
gelungen, unsere Abteilung aus allen Querelen herauszuhalten.
Und davon, dass ich dir ..."
Jeder Mensch würde mit einer gewissen inneren
Ablehnung reagieren, wenn ihn sein Chef an einem
dritten Jänner anruft und zu einem Arbeitsessen am
selben Abend einlädt. Aber zu glauben, dass man jemanden
nach den Feiertagen mit einer üppigen Speisenfolge
bestechen könnte, zeugte von sozialer Ahnungslosigkeit.
„... dir deinen Posten dank meiner Kontakte mehrfach
gerettet habe, davon will ich gar nicht erst reden."
„Ernst, dann sag bitte nicht, dass du nicht darüber
reden willst, sondern schweig gleich!"
Stille! Offenbar war seine Replik sehr deutlich gewesen.
Oder gar zu deutlich? Egal, Halb genoss den
Moment der Ruhe, erst recht, da er - aus einer kindischen
Rachelaune heraus - das teuerste Degustationsmenü
gewählt hatte, obwohl er noch mit Weihnachtsköstlichkeiten
vollgestopft war.
„Ludwig, bitte hör mir doch zu. Ich hab dich doch
nicht aus Jux und Tollerei heute hierher gebeten. Ich
brauche dringend deine Hilfe!"
„Dringend? An einem dritten Jänner!"
„Leider! Seit fünf Uhr früh."
Halb hätte noch gerne weitergestichelt, aber Strakas
ungewöhnlich präzise Antwort ließ ihn die nächste
Bosheit hinunterschlucken.
„Von mir aus ... Also, worum geht's? Mord, nehme ich
an."
Unter normalen Bedingungen wäre das Strakas
Stichwort für einen etwas zu emotionellen und ausschweifenden
Bericht gewesen. Aber diesmal ...
„Es geht um ... ich weiß, dass sich jetzt gleich einige
Deiner Organwindungen zusammenballen werden,
aber ... ich ..."
„Ernst, wer ist der Tote? Oder handelt es sich um ein
weibliches Opfer?"
„Nein. Der Tote heißt Doktor Leopold Maximilian
Traigenberger, der ehemalige Vorstandsvorsitzende
der AIRIS-Gruppe, der ‚Austro-International Reinsurance‘.
Einer der größten Rückversicherer weltweit."
„Noch spüre ich kein Zucken in mir."
„Sofort, Ludwig. Denn Leomax - so nannten ihn
Freunde und engere Bekannte, zu denen ich mich zählen
durfte. Leomax ... also, er ist heute um fünf Uhr in
der Früh vom Stephansdom heruntergestürzt."
„Tragisch, aber was hat ein Selbstmord mit dir, geschweige
denn mit mir zu tun?"
„Die Tatsache, dass es sicher kein Selbstmord war."
„Aha! Dritter Jänner, fünf Uhr früh, Stephansdom,
Sturz in die Tiefe - und das soll kein Selbstmord gewesen
sein? Ernst, bitte, wie kommst du auf diese
Schnapsidee?"
„Siehst du, Ludwig, genau jetzt kommt der Moment,
in dem sich dein Inneres verknotet und ..."
„Da bin ich aber gespannt, weil mein Bauch liegt
dermaßen voll und faul in mir herum, dass ..."
„Sein letztes und damit wohl größtes Ziel war
es, sich in einer der Gruften der ‚Vienna City Center
Crypts‘ dank seiner weltlichen Großzügigkeit sowie
seines gottgefälligen Lebens zur ewigen Ruhe betten
zu dürfen."
„Seines gottgefälligen ... was bitte? Wo bitte? Ernst,
du spinnst! Allerdings - gratuliere, du hast es geschafft.
Tatsächlich, in mir ..."
„Darf ich trotzdem weiterreden?"
„Bitte." Halb vermied jede Gesichtsregung, die Straka
seine aufflammende Neugier verraten könnte.
„Die ganze Geschichte beginnt vor vier Monaten.
Vielleicht erinnerst du dich an die Schlagzeilen, damals
wurden bei Bauarbeiten in der Domgarage einige
vergessene Katakomben aus dem Mittelalter freigelegt.
Mehrere Gänge voller Wandnischen voller Skelette.
Diese Gräber dürften aus der Zeit früher Pestepidemien
stammen. Die wurden verständlicherweise möglichst
tief und möglichst weit weg gegraben und dann
schnell wieder zugemauert."
„Eine wunderbare Ausgangssituation für einen Horrorfilm."
„Stimmt, aber dieser Thriller geht ganz anders weiter,
als du glaubst."
„Na geh, keine Untoten? Das ist aber schade."
„Untote nicht, aber ein Vampir tritt auf. Allerdings
einer mit Maßanzügen und feinsten Lederschuhen."
„Na und? Auch Dracula muss mit der Zeit gehen.
Und elegant war der schon immer."
„Ist schon gut, Ludwig. Also, der längste dieser
Grabgänge liegt unter einem der Häuser, die nicht
mehr direkt ..."
„Aber du meinst jetzt nicht die Blutgasse 13, oder?
Weil der Dobler-Fall liegt mir noch schwer im Magen."
„Nein, ich rede vom Haus mit dem schönen alten
Namen ‚Zum welschen Felsen‘, dessen Adresse legendär
ist ... es hat nämlich keine."
Halb drehte sich demonstrativ um, als ob er etwas
suchen würde. „Ernst, spielen wir hier ‚Versteckte
Kamera‘? ‚Vienna City Center Crypts‘, vergessene Katakomben,
ein gottgefälliges Leben zur ewigen Ruhe
betten, ein ermordeter Selbstmörder und jetzt noch ein
Haus ohne Adresse!
Gleich schlägst du mir lachend auf
die Schulter und ich bin plötzlich Fernsehstar in ‚Lustige
Mordermittler ganz privat‘. Oder ..."
„Ludwig - Star, ja! Lustig, nein! Du bist mein Starermittler,
außerdem der einzige, auf den ich mich verlassen
kann. Und daher - nichts von alldem ist erfunden."
„Nicht einmal das Haus ohne ..."
„Ist genauso echt wie alles andere. Schau, im Laufe
der Jahrhunderte wurden auch die verbliebenen Höfe
zwischen den Häusern um Sankt Stephan teilweise zugebaut,
sodass du heute manche dieser Gebäude nur
auf Umwegen betreten kannst."
„Oder eben unterirdisch."
„Genau. Über die alten Keller oder Teile der Katakomben
kannst du auch ..."
„Das überlasse ich lieber Höhlenforschern."
„Ich auch. Aber leider spielt eine dieser Katakomben
..."
„Die unter dem ‚welschen Felsen‘?"
„... die spielt eine Hauptrolle im Fall Traigenberger!"
Samstag, 4. Jänner 2014, 12.45 Uhr
„Ein Gang voller Skelette tief unten verursacht einen
Todessturz von hoch oben? Auch nicht schlecht." Wie
so oft fasste Schwejk einen komplexen Inhalt ebenso
knapp wie zynisch zusammen.
„So in etwa. Das Bindeglied ist ein - laut Ernst -
höchst dubioser Geschäftsmann namens Michael
Firtussek."
„Der mit dem Hinterhaus, unter dem diese Knochen
herumliegen?"
„Stimmt, Verena." Dass sein „Teamküken" Verena
Planner
schon bald den rauen Tonfall ihrer beiden alt12
gedienten Kollegen Franz Haschek und Anton Wilt
übernommen hatte, regte Halb schon längst nicht
mehr auf.
„Die gefüllten Blini, bitte für wen? Und die Soljanka?
Die Wareniki waren für die Dame. Und zuletzt - bitte
schön, der Herr." Halb erschrak, als er seine Portion
Perepetschi sah. Vielleicht hätte er doch nicht das
Nützliche mit dem Angenehmen verbinden, sondern
ehrlich sein sollen?
„Chef, sehr lieb, dass du ab nun jährlich zum ‚Neujahrsempfang
der Ermittlergruppe Hofrat Halb, Referat
3.2.1 Gewaltkriminalität, Österreichisches Bundeskriminalamt‘
einladen willst, aber ..."
„... aber es hätte doch nicht gleich beim ersten Mal
so ein gehobenes Restaurant wie das ‚B/Allerlei/ka‘
sein müssen, schon gar nicht ..."
„... an einem Samstag zu Mittag, wo wir doch wissen,
wie sehr du es hasst, dich - und uns - auch am Wochenende
mit einem Fall zu beschäftigen."
Doch, er hätte lieber ehrlich sein sollen! Jetzt blieb
nur die klassische Wiener Strategie, der gekränkte Entlastungsangriff.
„Also, so viel triefenden Spott verdiene
ich auch wieder nicht! Immerhin hab ich euch in eine
der angesagtesten und teuersten Neueröffnungen am
kulinarischen Himmel Wiens eingeladen!"
„Apropos Himmel ... Vom Himmel hoch, da komm
ich her - wie ist dieser Traigenberger zur Absprungstelle
gekommen? Oder, falls Straka recht haben sollte -
wie hat ihn sein Mörder dort hinaufgebracht?"
„Und wie lange war er weg? Weil, wenn er wirklich
getötet worden ist, dann wird er ja kaum am dritten
Jänner um vier Uhr in der Früh sich einfach so entführen
haben lassen. Seit wann hat ihn denn seine Familie
vermisst?"
„Und ... vielleicht das Wichtigste, um überhaupt
irgendeinen Anhaltspunkt zu haben: Wer war dieser
Doktor Traigenberger? Wieso war es ihm so wichtig,
in einer Gruft ganz in der Nähe des Stephansdoms bestattet
zu werden? Wer waren seine Feinde?"
Dankbar stieg Halb auf das scheinbare Friedensangebot
aller drei „Teamlinge" ein. „Die erste Frage
kann ich vielleicht beantworten: Wegen Bauarbeiten
gibt es derzeit einen Materialaufzug hinten außen am
Südturm. Aber sonst - über Doktor Leopold Maximilian
Traigenberger weiß ich einstweilen nur, was mir
Ernst erzählt hat. Ehemaliger Wirtschaftskapitän, auch
in der Pension noch der typische ‚Macher‘. Spitzname
‚Leomax‘, verheiratet mit Philippine, genannt Ini,
einer geborenen ‚von und zu‘. Sohn Leopold Albert,
‚Leobert‘, studiert Internationales Recht und Tochter
Aurelia Amalia - mit dem schönen Kosenamen ‚Aumali‘
- scheint vor allem auf einen finanziell potenten
Ehemann zu warten. Die ganze Familie ist - oder war -
offenbar das Sinnbild altösterreichischen Bürgertums,
etwas Biedermeier, ziemlich monarchistisch und sehr
katholisch. ... weshalb Ernst darauf beharrt, dass es
kein Selbstmord gewesen sein kann. Die restlichen
Antworten suchen wir uns ab Montag zusammen. Wobei,
über den ..."
„Chef, ab Dienstag."
„Wie bitte, Toni?"
„Ab Dienstag suchen wir Antworten, nicht ab Montag.
Feiertag!"
„Wieso ..."
„Chef, du willst doch nicht behaupten, dass du dich
nicht schon seit Tagen auf die heiligen drei Könige
freust."
„Wo die doch immer so schön singen!"
Halb schüttelte den Kopf, ausnahmsweise musste
er seine - ihnen allen lieb gewordene - Verzweiflung
nicht spielen, geschweige denn übertreiben. „Kann es
sein, dass ihr das Motto ‚Weihnachten, ein Fest für Kinder‘
zu wörtlich genommen habt? Ich erkenn euch ja
nicht wieder!"
„Ja, Herr Lehr..." Verena schien die Komödie weiterspielen
zu wollen, aber als Sie Schwejks und Tonis
Gesichter sah, brach Sie sofort ab. „Chef, sei uns bitte
nicht böse, aber ... wie sollen wir denn sonst reagieren?
Du zitierst uns mitten aus unseren - ohnehin kärglichen
- Ferien zum Ermitteln. Und damit du kein allzu
schlechtes Gewissen hast, tarnst du das als ‚Neujahrsempfang‘
in einem - zugegebenermaßen ausgezeichneten
- Restaurant, obwohl du dir denken kannst, dass
uns die heimischen Weihnachtsköstlichkeiten noch bis
zur Oberkante Unterkiefer stehen. Wir hatten zwei
Möglichkeiten: böse zu sein oder uns über dich lustig
zu machen. Hättest du die andere lieber gehabt?"
Eine Sekunde lang hatte Halb den Eindruck, dass
auch er jetzt nur zwei Möglichkeiten hatte: auf seine
Teamlinge oder auf sich selber sauer zu sein. Nach vier
tiefen Atemzügen entschied er sich für eine dritte Variante
... und ließ seinem Ärger über Straka freien Lauf.
„Willkommen im Club! Ich hab doch nur das getan,
was die Hierarchie und Straka verlangen - den Druck
nach unten verteilen! Ihr könnt mir glauben, dass
auch ich nicht rasend erfreut war, wie mich der Ernst
gestern am Nachmittag angerufen und um Hilfe ... ich
möcht fast sagen ... angefleht hat. Gut, ich gebe zu, den
Pseudotrick mit dem ‚Neujahrsempfang‘ hätte ich mir
sparen können. Ich verspreche hoch und heilig, dass
ich euch nächstes Jahr am dritten Jänner höchstens
auf eine zweitägige Entschlackungskur einlade.
Aber was den Mordfall Traigenberger betrifft, da haben
wir - noch einmal - zwei Möglichkeiten: uns auf den
juristisch korrekten ‚Ferien bis zum siebenten Jänner!‘-
Standpunkt zu stellen und Straka brutal zu brüskieren,
oder aber als ‚Mord-Pfadfinder‘ zu agieren und ..."
„Als wer bitte?"
„Wir sind wie die Pfadfinder - bei Mord allzeit bereit!
Dafür machen wir ein anderes Mal ein paar Tage
Urlaub, das muss ja dann keiner erfahren. Einverstanden?
Dann ..." Halb warf einen besonders sanften
„Chef-Blick" in die kleine Runde. „Danke! Dann würde
ich einen kleinen Verdauungsspaziergang vorschlagen
... der Dom ist ja nur zwei Ecken entfernt. Wir
haben ja ohnehin selten einen so schönen Tatort, also
können wir es diesmal wenigstens genießen, uns einen
ersten Eindruck zu verschaffen. Gut, dann ..."
„Lass stecken, Chef. Du machst nie wieder einen
‚Neujahrsempfang‘, dafür zahlt heute jeder für sich.
Okay?"
Halb zögerte nur kurz, dann zog er mit breitem Lächeln
seine Brieftasche heraus. „Erstens nein! Zweitens
ja! Drittens nein, liebe Verena. Nein - ihr zahlt nicht!
Ja - ich erwähne dieses böse Neujahrswort nie wieder.
Und drittens ... nein, im Endeffekt zahle auch ich nicht!
Selbstverständlich lass ich Ernst dafür bluten. Das ist
ja wohl das Mindeste, wenn er uns schon als seine Privatdetektive
missbraucht. Daher - Herr Ober, bitte die
Rechnung ... mit Mehrwertsteuer, ganz offiziell!"
Samstag, 4. Jänner 2014, 14 Uhr
„Hinter dieser Fassade, da müsste das Haus ‚Zum welschen
Felsen‘ stehen. Dieser Firtussek ... das heißt, wollt...
©Haymon Verlag
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Autoren-Porträt von Peter Wehle
PETER WEHLE, 1967 in Wien geboren, ist der Sohn des 1986 verstorbenen Komponisten, Autors und Kabarettisten Peter Wehle. Der Musikwissenschafter und Psychologe stand von seinem fünften Lebensjahr an auf verschiedenen Konzertbühnen. Daneben zahlreiche Radio- und Fernsehaufnahmen sowie mehrere Veröffentlichungen als Autor. Bei HAYMONtb erschienen u.a. die ersten drei Bände seiner Wien-Krimi-Reihe rund um Hofrat Halb:"Kommt Zeit, kommt Mord" (2014), "Mord heilt alle Wunden" (2015) und "Wenn einer einen Mord begeht" (2016).
Bibliographische Angaben
- Autor: Peter Wehle
- 2017, 240 Seiten, Maße: 11,6 x 19,2 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Haymon Verlag
- ISBN-10: 3709978777
- ISBN-13: 9783709978771
- Erscheinungsdatum: 22.03.2017
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