Ein amerikanischer Traum
Die Geschichte meiner Familie
Der Präsident und sein amerikanischer Traum. Die Wahl des neuen Präsidenten Barack Obama im November 2008 steht für eine historische Wende in den USA. Fast 400 Jahre, nachdem die ersten schwarzen Sklaven nach Amerika verschleppt wurden, und...
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Produktinformationen zu „Ein amerikanischer Traum “
Der Präsident und sein amerikanischer Traum. Die Wahl des neuen Präsidenten Barack Obama im November 2008 steht für eine historische Wende in den USA. Fast 400 Jahre, nachdem die ersten schwarzen Sklaven nach Amerika verschleppt wurden, und 40 Jahre nach den Rassenunruhen, in denen der schwarze Bürgerrechtler Martin Luther King ermordet wurde, hat die amerikanische Bevölkerung ein Farbigen zum Regierungschef der Vereinigten Staaten und zum mächtigsten Mann der Welt gewählt. Es war ein überwältigender Wahlsieg. Nicht nur Amerika setzt große Hoffnungen auf den neuen amerikanischen Präsidenten. Hier erzählt der charismatische Afroamerikaner die Geschichte seiner Jugend und der frühen Erwachsenenjahre.
"Ein hinreissend persönliches Buch."
FAZ
"Er ist ein begnadeter Schreiber."
Tagesspiegel
Klappentext zu „Ein amerikanischer Traum “
Der Präsident und sein amerikanischer TraumIn diesen großartig erzählten, unsentimentalen Erinnerungen begibt sich Barack Obama auf die Suche nach seiner Identität. Aufgewachsen unter ärmlichen Verhältnissen in Hawaii und Indonesien als Sohn einer weißen Amerikanerin und eines Kenianers, wurde er als junger Mann in den USA wegen seiner Hautfarbe diskriminiert. Dies spornte ihn nur umso mehr an, den amerikanischen Traum zu leben, der ihm zunächst eine glänzende juristische Laufbahn eröffnete und dann seinen furiosen Aufstieg als Politiker der Demokraten begründete. Mit seiner Zugewandtheit und Offenheit verkörperte er als der spätere Präsident der Vereinigten Staaten und Friedensnobelpreisträger die weltweite Sehnsucht nach einer Politik der Menschlichkeit.
Lese-Probe zu „Ein amerikanischer Traum “
Ein amerikanischer Traum von Barack Obama Einmal hatte ich versucht, meiner Mutter davon zu erzählen, welche Rolle das Glück in der Welt spielt. Da war ich noch auf der High School, in meinem letzten Jahr, meine Mutter war von ihren indonesischen Feldstudien nach Hawaii zurückgekehrt, und eines Tages kam sie in mein Zimmer und wollte wissen, warum Pablo verhaftet worden sei. Ich hatte ihr beruhigend zugelächelt, ihre Hand getätschelt und gesagt, sie solle sich keine Sorgen machen, ich würde keine Dummheiten machen. Diese Methode funktionierte meistens, das hatte ich gelernt. Die Leute waren zufrieden, solange man höflich war und lächelte und keine abrupten Bewegungen machte. Sie waren mehr als zufrieden, sie waren geradezu erleichtert – wie angenehm, einem wohlerzogenen jungen Schwarzen zu begegnen, der nicht andauernd zornig war.
Meine Mutter war jedoch nicht zufrieden. Sie saß einfach da, sah mich todernst an.
»Findest du nicht, dass du mit deiner Zukunft ein wenig sorglos umgehst?«
»Was meinst du?«
»Du weißt genau, was ich meine. Einer deiner Freunde ist gerade wegen Drogenbesitzes festgenommen worden. Deine Noten werden immer schlechter. Du hast noch nicht einmal angefangen, dich um einen Studienplatz zu bewerben. Jedes Mal, wenn ich mit dir darüber reden will, reagierst du genervt.«
... mehr
Ich musste mir das alles nicht anhören. Nicht, dass ich mich davor drückte. Ich erzählte ihr, dass ich vorhätte, eventuell nicht zu studieren, sondern auf Hawaii zu bleiben, ein paar Kurse zu besuchen und halbtags zu arbeiten. Meine Mutter fiel mir ins Wort, bevor ich geendet hatte. Ich könne überall in Amerika studieren, sagte sie, wenn ich mich nur ein wenig anstrengen würde. »Weißt du noch, wie das geht, sich anzustrengen? Verdammt noch mal, Bar, du kannst nicht einfach faul herumhocken und darauf warten, dass dir das Glück schon weiterhilft.«
Ich schaute sie an, wie sie vor mir saß, so ernst, so überzeugt vom Lebensweg ihres Sohnes. Die Vorstellung, dass mein Lebensweg auch mit Glück zu tun haben könne, war aus ihrer Sicht ketzerisch. Für meine Mutter stand fest, dass jeder verantwortlich für sein Leben ist – sie, die Großeltern, ich. Plötzlich hatte ich Lust, diese Selbstgewissheit anzupieksen, ihr zu erklären, dass ihr Experiment mit mir gescheitert sei. Statt laut zu werden, lachte ich. »Faul herumhocken? Tja, warum eigentlich nicht? Vielleicht ist es das, was ich vom Leben will. Ich meine, sieh dir Gramps an. Er hat doch auch nicht studiert.«
Damit hatte meine Mutter nicht gerechnet. Sie wurde blass, ihre Augen flackerten unruhig. Plötzlich ahnte ich, was ihre größte Sorge war. »Ist das deine Sorge?« fragte ich. »Dass ich wie Gramps ende?«
Rasch schüttelte sie den Kopf. »Schulisch bist schon viel weiter als er«, sagte sie. Aber die Gewissheit war aus ihrer Stimme gewichen. Statt nachzuhaken, stand ich auf und verließ das Zimmer.
Billie hatte aufgehört zu singen. Die Stille war bedrückend, und auf einmal war ich ganz nüchtern. Ich stand auf, drehte die Platte um, trank mein Glas leer und schenkte noch einmal nach. Ich hörte, wie jemand in der Wohnung über mir die Toilettenspülung betätigte und durchs Zimmer ging. Wohl noch jemand, der nicht schlafen kann und zusieht, wie sein Leben verrinnt. Das war ja das Problem mit Alkohol und Drogen, nicht wahr? Irgendwann konnten sie dieses Verrinnen, diese Leere nicht mehr überdecken. Und das hatte ich meiner Mutter an jenem Tag vermutlich erklären wollen: dass ihr Glaube an Gerechtigkeit und Vernunft deplaziert war, dass wir letztlich nichts überwanden, dass alle Erziehung und alle guten Absichten in der Welt die Löcher nicht stopfen konnten oder einem die Macht gaben, den blinden, ziellosen Lauf der Dinge zu steuern.
Es ging mir nicht gut nach dieser Konfrontation. Es war der einzige Trumpf, den meine Mutter immer ausspielen konnte: mir ein schlechtes Gewissen zu machen. Und sie machte auch kein Hehl daraus. »Ich kann nichts dafür«, sagte sie mir mal. »Von frühauf gelernt. Aber keine Sorge«, fügte sie grinsend hinzu: »Eine gesunde Portion Schuldbewusstsein hat noch niemandem geschadet. Alle Kultur gründet darauf. Schuldbewusstsein. Ein sehr unterschätztes Gefühl.«
Später konnten wir darüber lachen, denn ihre schlimmsten Befürchtungen hatten sich nicht erfüllt. Ich hatte ohne Probleme das Abschlussexamen gemacht, von mehreren renommierten Colleges einen Studienplatz angeboten bekommen und mich dann für das Occidental College in Los Angeles entschieden, hauptsächlich deswegen, weil ich ein Mädchen aus Brentwood kennengelernt hatte, das mit der Familie auf Hawaii Urlaub machte. Aber ich tat alles mechanisch, war oft gleichgültig, auch was das Studium betraf. Selbst Frank fand meine Einstellung nicht besonders akzeptabel, aber er sagte nicht, was ich anders machen sollte.
Wie hatte er das Studium genannt? Eine höhere Ausbildung in Kompromissfähigkeit. Ich dachte zurück an die letzte Begegnung mit ihm, ein paar Tage vor meiner Abreise. Wir hatten eine Weile geplaudert; Frank klagte über seine Füße, über die Hühneraugen und Verwachsungen, die nur deswegen entstanden seien, weil afrikanische Füße in europäische Schuhe gezwungen worden seien. Schließlich hatte er gefragt, was ich mir vom Studium verspreche. Ich wusste keine Antwort. Er schüttelte sein mächtiges silbergraues Haupt.
»Tja«, sagte er, »das ist genau das Problem, stimmt’s? Du weißt es nicht. Du bist wie alle anderen jungen Burschen. Du weißt nur, dass du demnächst aufs College gehen wirst. Und die Leute, die alt genug sind, um es besser zu wissen, die all die Jahre gekämpft haben für dein Recht, aufs College zu gehen – sie sind einfach so glücklich, dich dort zu sehen, dass sie dir die Wahrheit verschweigen. Was der wahre Preis für deine Zulassung ist.«
»Und der wäre?«
»Du musst deine Hautfarbe vor der Tür abgeben, dich von deinen Leuten distanzieren.« Er musterte mich über den Rand seiner Lesebrille. »Du musst eines verstehen, mein Junge. Du gehst nicht aufs College, um zu studieren. Sondern um trainiert zu werden. Sie werden dir beibringen, dass du haben willst, was du nicht brauchst. Sie werden dir beibringen, die Wörter so zu verdrehen, dass sie nichts mehr bedeuten. Sie werden dir beibringen, alles zu vergessen, was du weißt. Sie werden dich so gut trainieren, dass du glauben wirst, was sie dir über Chancengleichheit erzählen und über den American Way of Life und den ganzen Quatsch. Sie werden dir ein kleines Hinterzimmer zur Verfügung stellen und dich zu schicken Abendgesellschaften einladen und dir erklären, welche Zierde du für dein Volk bist. Bis du anfängst, in den Lauf der Dinge einzugreifen, dann reißen sie an deiner Kette und erklären dir, dass du ein gut ausgebildeter, gut bezahlter Nigger bist, aber eben ein Nigger.«
»Was wollen Sie mir damit sagen – dass ich nicht studieren soll?«
Frank ließ die Schultern sinken und lehnte sich seufzend zurück. »Nein. Das habe ich nicht gesagt. Du musst studieren. Ich sage nur: Bleib wachsam. Halt die Augen offen.«
© Hanser Verlag
Übersetzung: Matthias Fienbork
Ich schaute sie an, wie sie vor mir saß, so ernst, so überzeugt vom Lebensweg ihres Sohnes. Die Vorstellung, dass mein Lebensweg auch mit Glück zu tun haben könne, war aus ihrer Sicht ketzerisch. Für meine Mutter stand fest, dass jeder verantwortlich für sein Leben ist – sie, die Großeltern, ich. Plötzlich hatte ich Lust, diese Selbstgewissheit anzupieksen, ihr zu erklären, dass ihr Experiment mit mir gescheitert sei. Statt laut zu werden, lachte ich. »Faul herumhocken? Tja, warum eigentlich nicht? Vielleicht ist es das, was ich vom Leben will. Ich meine, sieh dir Gramps an. Er hat doch auch nicht studiert.«
Damit hatte meine Mutter nicht gerechnet. Sie wurde blass, ihre Augen flackerten unruhig. Plötzlich ahnte ich, was ihre größte Sorge war. »Ist das deine Sorge?« fragte ich. »Dass ich wie Gramps ende?«
Rasch schüttelte sie den Kopf. »Schulisch bist schon viel weiter als er«, sagte sie. Aber die Gewissheit war aus ihrer Stimme gewichen. Statt nachzuhaken, stand ich auf und verließ das Zimmer.
Billie hatte aufgehört zu singen. Die Stille war bedrückend, und auf einmal war ich ganz nüchtern. Ich stand auf, drehte die Platte um, trank mein Glas leer und schenkte noch einmal nach. Ich hörte, wie jemand in der Wohnung über mir die Toilettenspülung betätigte und durchs Zimmer ging. Wohl noch jemand, der nicht schlafen kann und zusieht, wie sein Leben verrinnt. Das war ja das Problem mit Alkohol und Drogen, nicht wahr? Irgendwann konnten sie dieses Verrinnen, diese Leere nicht mehr überdecken. Und das hatte ich meiner Mutter an jenem Tag vermutlich erklären wollen: dass ihr Glaube an Gerechtigkeit und Vernunft deplaziert war, dass wir letztlich nichts überwanden, dass alle Erziehung und alle guten Absichten in der Welt die Löcher nicht stopfen konnten oder einem die Macht gaben, den blinden, ziellosen Lauf der Dinge zu steuern.
Es ging mir nicht gut nach dieser Konfrontation. Es war der einzige Trumpf, den meine Mutter immer ausspielen konnte: mir ein schlechtes Gewissen zu machen. Und sie machte auch kein Hehl daraus. »Ich kann nichts dafür«, sagte sie mir mal. »Von frühauf gelernt. Aber keine Sorge«, fügte sie grinsend hinzu: »Eine gesunde Portion Schuldbewusstsein hat noch niemandem geschadet. Alle Kultur gründet darauf. Schuldbewusstsein. Ein sehr unterschätztes Gefühl.«
Später konnten wir darüber lachen, denn ihre schlimmsten Befürchtungen hatten sich nicht erfüllt. Ich hatte ohne Probleme das Abschlussexamen gemacht, von mehreren renommierten Colleges einen Studienplatz angeboten bekommen und mich dann für das Occidental College in Los Angeles entschieden, hauptsächlich deswegen, weil ich ein Mädchen aus Brentwood kennengelernt hatte, das mit der Familie auf Hawaii Urlaub machte. Aber ich tat alles mechanisch, war oft gleichgültig, auch was das Studium betraf. Selbst Frank fand meine Einstellung nicht besonders akzeptabel, aber er sagte nicht, was ich anders machen sollte.
Wie hatte er das Studium genannt? Eine höhere Ausbildung in Kompromissfähigkeit. Ich dachte zurück an die letzte Begegnung mit ihm, ein paar Tage vor meiner Abreise. Wir hatten eine Weile geplaudert; Frank klagte über seine Füße, über die Hühneraugen und Verwachsungen, die nur deswegen entstanden seien, weil afrikanische Füße in europäische Schuhe gezwungen worden seien. Schließlich hatte er gefragt, was ich mir vom Studium verspreche. Ich wusste keine Antwort. Er schüttelte sein mächtiges silbergraues Haupt.
»Tja«, sagte er, »das ist genau das Problem, stimmt’s? Du weißt es nicht. Du bist wie alle anderen jungen Burschen. Du weißt nur, dass du demnächst aufs College gehen wirst. Und die Leute, die alt genug sind, um es besser zu wissen, die all die Jahre gekämpft haben für dein Recht, aufs College zu gehen – sie sind einfach so glücklich, dich dort zu sehen, dass sie dir die Wahrheit verschweigen. Was der wahre Preis für deine Zulassung ist.«
»Und der wäre?«
»Du musst deine Hautfarbe vor der Tür abgeben, dich von deinen Leuten distanzieren.« Er musterte mich über den Rand seiner Lesebrille. »Du musst eines verstehen, mein Junge. Du gehst nicht aufs College, um zu studieren. Sondern um trainiert zu werden. Sie werden dir beibringen, dass du haben willst, was du nicht brauchst. Sie werden dir beibringen, die Wörter so zu verdrehen, dass sie nichts mehr bedeuten. Sie werden dir beibringen, alles zu vergessen, was du weißt. Sie werden dich so gut trainieren, dass du glauben wirst, was sie dir über Chancengleichheit erzählen und über den American Way of Life und den ganzen Quatsch. Sie werden dir ein kleines Hinterzimmer zur Verfügung stellen und dich zu schicken Abendgesellschaften einladen und dir erklären, welche Zierde du für dein Volk bist. Bis du anfängst, in den Lauf der Dinge einzugreifen, dann reißen sie an deiner Kette und erklären dir, dass du ein gut ausgebildeter, gut bezahlter Nigger bist, aber eben ein Nigger.«
»Was wollen Sie mir damit sagen – dass ich nicht studieren soll?«
Frank ließ die Schultern sinken und lehnte sich seufzend zurück. »Nein. Das habe ich nicht gesagt. Du musst studieren. Ich sage nur: Bleib wachsam. Halt die Augen offen.«
© Hanser Verlag
Übersetzung: Matthias Fienbork
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Autoren-Porträt von Barack Obama
Barack Obama, geboren 1961 in Honolulu, Hawaii, war von 2009 bis 2017 der 44. Präsident der USA. Er ist studierter Politik- und Rechtswissenschaftler und lehrte Verfassungsrecht an der University of Chicago, bevor er als erster und einziger Afroamerikaner in das Amt des US-Präsidenten gewählt wurde. Im gleichen Jahr erhielt er den Friedensnobelpreis. Obama hat zwei Töchter und wohnt mit seiner Frau Michelle in Washington D.C. Matthias Fienbork, geboren 1947, hat Musik und Islamwissenschaft studiert. Er übersetzte u.a. Bücher von Eric Ambler, W. Somerset Maugham, Michael Frayn, Amos Elon, Barack Obama und Tony Judt. Er lebt in Berlin.
Bibliographische Angaben
- Autor: Barack Obama
- 2009, 12. Aufl., 448 Seiten, Maße: 13,5 x 21 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Matthias Fienbork
- Verlag: DTV
- ISBN-10: 3423345705
- ISBN-13: 9783423345705
- Erscheinungsdatum: 24.04.2009
Rezension zu „Ein amerikanischer Traum “
»Ein hinreißend persönliches und ausgesprochen politisches Buch, und eben nicht das Buch eines Politikers.« Frankfurter Allgemeine Zeitung
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