Ein Garten im Winter
Roman. Deutsche Erstausgabe
Die Schwestern Meredith und Nina haben ihrem Vater auf dem Sterbebett ein Versprechen gegeben: Sie werden sich um ihre Mutter kümmern, die ein Leben lang kalt und abweisend zu ihnen war. Doch dann lässt ein dramatischer Zwischenfall die Vergangenheit anders aussehen.
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Ein Garten im Winter “
Die Schwestern Meredith und Nina haben ihrem Vater auf dem Sterbebett ein Versprechen gegeben: Sie werden sich um ihre Mutter kümmern, die ein Leben lang kalt und abweisend zu ihnen war. Doch dann lässt ein dramatischer Zwischenfall die Vergangenheit anders aussehen.
Klappentext zu „Ein Garten im Winter “
Als ihr Vater stirbt, verlieren die ungleichen Schwestern Meredith und Nina Whitson ihren größten Rückhalt. Auf dem Totenbett hat er ihnen das Versprechen abgenommen, sich um die Mutter zu kümmern, die ihr Leben lang kalt und abweisend zu ihren Töchtern war. Als es ihr immer schlechter geht, rückt die Familie enger zusammen. Die ungewohnte Nähe ist eine große Herausforderung für alle. Doch ein dramatischer Zwischenfall lässt die Vergangenheit in neuem Licht erscheinen.
Lese-Probe zu „Ein Garten im Winter “
Ein Garten im Winter von Kristin HannahEINS
2000
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Sah man so in den Vierzigern aus? Im Ernst? Im vergangenen Jahr war Meredith von einer Miss zu einer Ma'am geworden. Einfach so, ohne Übergang. Schlimmer noch: Ihre Haut verlor langsam an Spannkraft. Fältchen zeigten sich an Stellen, die früher glatt gewesen waren. Ihr Hals war auch nicht mehr so schlank, ganz ohne Zweifel. Allerdings wurde ihr Haar noch nicht grau, dies war ein Pluspunkt. Ihr kastanienbraunes Haar, das sie in einem strengen, schulterlangen Bob trug, war immer noch voll und glänzend. Aber ihre Augen verrieten sie. Sie blickten müde, und das nicht nur um sechs Uhr morgens.
Meredithwandte sichvom Spiegel ab, schlüpfte aus ihrem alten T-Shirt und zog sich eine schwarze Jogginghose, Söckchen und einen langärmligen schwarzen Pulli an. Während sie ihr Haar in einem Stummelschwanz zusammenfasste, verließ sie das Bad und ging ins dunkle Schlafzimmer, wo das leise Schnarchen ihres Mannes sie verlockte, wieder ins Bett zu kriechen. Früher hätte sie das einfach gemacht und sich an ihn geschmiegt.
Jetzt verließ sie das Zimmer, zog leise die Tür hinter sich zu und ging den Flur hinunter zur Treppe.
Im fahlen Schein zweier altgedienter Nachtlichter ging sie an den verschlossenen Zimmertüren ihrer Kinder vorbei. Jetzt waren sie allerdings keine Kinder mehr. Jillian war bereits neunzehn und studierte im zweiten Jahr Medizin an der UCLA, und Maddy - Merediths Nesthäkchen - war achtzehn und hatte gerade an der Vanderbilt-Universität angefangen. Ohne sie war das Haus - und ihr Leben - leerer und stiller, als Meredith erwartet hatte. Fast zwanzig Jahre lang war sie hingebungsvoll die Mutter gewesen, die sie selbst nie gehabt hatte, und das mit Erfolg. Ihre Töchter und sie verstanden sich prächtig. Seit ihrem Fortgang hatte sie das Gefühl, sich selbst überlassen und irgendwie nutzlos zu sein. Sie wusste, das war albern. Schließlich hatte sie jede Menge zu tun. Sie vermisste einfach die Mädchen, mehr nicht.
Also machte sie weiter. In letzter Zeit schien ihr dies die beste Methode, mit allem umzugehen.
Unten angekommen, hielt sie gerade lange genug im Wohnzimmer inne, um die Beleuchtung des Weihnachtsbaums einzuschalten. Im Flur sprangen die Hunde kläffend und schwanzwedelnd an ihr hoch.
»Luke, Leia, runter!«, mahnte sie die Huskys und kraulte ihnen die Ohren, während sie zur Hintertür gingen. Als sie sie öffnete, strömte kalte Luft herein. In der Nacht hatte es wieder geschneit, und obwohl es an diesem Morgen Mitte Dezember immer noch dunkel war, schimmerten Straße und Feld perlmuttfarben. Ihr Atem verwandelte sich sofort in dunstige Wölkchen.
Als sie draußen auf dem Weg waren, war es zehn nach sechs, und der Himmel erhellte sich in einem dunklen Purpurgrau.
Pünktlich auf die Minute.
Zuerst lief Meredith langsam los, um sich an die Kälte zu gewöhnen. Wie jeden Morgen in der Woche joggte sie die Schotterstraße hinunter, die von ihrem Haus zum Anwesen ihrer Eltern führte, und dann weiter zu dem Feldweg, der etwa eine Meile weiter oben am Hügel endete. Von dort aus machte sie einen Schlenker zum Golfplatz und zurück. Genau vier Meilen, jeden Morgen, und sie ließ kaum einen Tag aus. Im Grunde blieb ihr auch nichts anderes übrig. Denn alles an Meredith war großzügig angelegt. Sie war groß und hatte breite Schultern, geschwungene Hüften und große Füße. Ihr blasses, ovales Gesicht wirkte etwas zu klein für ihren großen Mund à la Julia Roberts, für die riesigen braunen Augen, die ausgeprägten Augenbrauen und das dicke Haar. Nur regelmäßiger Sport, strenge Diät, gute Haarprodukte und eine Riesenpinzette ermöglichten, dass sie gut aussah.
Als sie wieder auf die Schotterstraße einbog, beschien die aufgehende Sonne die Berge und ließ ihre schneebedeckten Gipfel in Lavendel und Pink aufleuchten.
Zu beiden Seiten säumten nackte, dürre Apfelbäume die Straße und wirkten im Schnee wie braune Kreuzstiche auf weißem Stoff. Dieses schmale Stück Land gehörte ihrer Familie seit fünfzig Jahren, und da, genau in der Mitte, stand groß und stolz das Haus, in dem sie aufgewachsen war. Belije Notschi. Selbst in der Morgendämmerung wirkte es protzig und lächerlich fehl am Platz.
Meredith rannte den Hügel hinauf, schneller und immer schneller, bis sie kaum noch Luft, dafür aber Seitenstiche bekam.
Sie stoppte vor ihrer eigenen Veranda, gerade als sich das Tal mit hellgoldenem Licht füllte. Dann fütterte sie die Hunde und rannte ins Haus. Sie wollte ins Bad, als Jeff herauskam. Sein blondes Haar mit den grauen Strähnen war noch tropfnass, und er trug nur ein Handtuch. Als sie voreinander standen, wandte er sich zur Seite, um sie durchzulassen, und sie tat es ihm nach. Keiner von beiden sagte ein Wort.
Um zwanzig nach sieben föhnte sie sich die Haare, und um halb acht - pünktlich auf die Minute - zog sie sich schwarze Jeans und eine taillierte Bluse für die Arbeit an. Noch etwas Eyeliner, Rouge und Mascara, dazu ein Hauch Lippenstift und sie war bereit für den Tag.
Unten in der Küche saß Jeff an seinem üblichen Platz am Tisch und las die New York Times. Die Hunde schliefen zu seinen Füßen.
Sie ging zur Kaffeemaschine und schenkte sich eine Tasse ein. »Möchtest du auch?«
»Nein, danke«, erwiderte er, ohne aufzusehen.
Meredith rührte Sojamilch in ihren Kaffee und sah zu, wie sich die Farbe veränderte. Sie dachte, dass sie und Jeff in letzter Zeit nur aus einer gewissen Distanz miteinander redeten, wie Fremde - oder ein desillusioniertes Paar -, und dann nur über die Arbeit oder die Kinder. Halbherzig versuchte sie sich zu erinnern, wann sie das letzte Mal miteinander geschlafen hatten, aber es fiel ihr nicht ein.
Vielleicht war das normal. Ganz sicher sogar. Wenn man schon so lange verheiratet war wie sie, dann gab es eben Flauten. Dennoch machte es sie manchmal traurig, wenn sie daran dachte, wie leidenschaftlich sie früher gewesen waren. Bei ihrer ersten Verabredung waren sie vierzehn gewesen (sie waren in Frankensteins Sohn gewesen; immer noch einer ihrer Lieblingsfilme), und ehrlich gesagt, hatte sie seitdem nur noch Augen für Jeff gehabt. Seltsam, wenn sie jetzt darüber nachdachte; sie hielt sich nicht für romantisch, aber bei ihr war es praktisch Liebe auf den ersten Blick gewesen. Seit sie denken konnte, war er ein Teil von ihr.
Sie hatten früh geheiratet - im Grunde zu früh -, und sie war ihm ans College nach Seattle gefolgt, wo sie abends und an den Wochenenden in verrauchten Bars arbeitete, um die Studiengebühren zu bezahlen. Sie waren glücklich gewesen in dem winzigen, vollgestopften Apartment im Studentenwohnheim. Im letzten Studienjahr dann war sie schwanger geworden. Zuerst war sie in Panik geraten. Sie hatte befürchtet, wie ihre Mutter zu sein und ein Leben mit Kindern abzulehnen. Aber zu ihrer großen Erleichterung entdeckte sie, dass sie das vollkommene Gegenteil ihrer Mutter war. Vielleicht half es auch, dass sie so jung war. Ihre Mom war weiß Gott nicht mehr jung gewesen, als sie Meredith bekommen hatte.
Jeff schüttelte den Kopf. Es war ein unmerkliches Zucken, kaum eine Bewegung, aber sie bemerkte es. Sie war immer so auf ihn eingestimmt gewesen, dass ihre beiderseitige Enttäuschung in letzter Zeit ein Geräusch zu erzeugen schien, ein hohes Pfeifen, das nur sie hören konnte.
»Was ist?«, fragte sie.
»Nichts.«
»Aber du hast doch den Kopf geschüttelt. Was ist los?« »Ich hatte dich etwas gefragt.«
»Das hab ich nicht gehört. Frag noch mal.«
»Ist schon gut.«
»Schön.« Sie nahm ihren Kaffee und ging ins Esszimmer.
Das hatte sie schon hundertmal gemacht, und doch, gerade als sie unter der altmodischen Deckenlampe mit dem überflüssigen Plastikmistelzweig hindurchging, änderte sich ihre Perspektive.
Sie sah sich selbst aus der Distanz: eine vierzigjährige Frau mit einem Kaffeebecher in der Hand, die zwei leere Plätze am Tisch betrachtete und dann ihren Mann, der immer noch da war; und für den Bruchteil einer Sekunde fragte sie sich, welch ein Leben diese Frau sonst hätte führen können. Wenn sie nicht wieder heimgekehrt wäre, um die Obstplantage zu leiten und ihre Kinder aufzuziehen. Wenn sie nicht so jung geheiratet hätte. Welch eine Frau wäre sie wohl dann geworden?
Und dann zerplatzte die Vorstellung wie eine Seifenblase und sie war wieder dort, wo sie hingehörte.
»Bist du zum Abendessen zu Hause?«
»Bin ich doch immer.«
»Sieben Uhr.«
»Aber sicher«, sagte er und blätterte eine Seite um. »Lass uns einen Termin machen.«
Sah man so in den Vierzigern aus? Im Ernst? Im vergangenen Jahr war Meredith von einer Miss zu einer Ma'am geworden. Einfach so, ohne Übergang. Schlimmer noch: Ihre Haut verlor langsam an Spannkraft. Fältchen zeigten sich an Stellen, die früher glatt gewesen waren. Ihr Hals war auch nicht mehr so schlank, ganz ohne Zweifel. Allerdings wurde ihr Haar noch nicht grau, dies war ein Pluspunkt. Ihr kastanienbraunes Haar, das sie in einem strengen, schulterlangen Bob trug, war immer noch voll und glänzend. Aber ihre Augen verrieten sie. Sie blickten müde, und das nicht nur um sechs Uhr morgens.
Meredithwandte sichvom Spiegel ab, schlüpfte aus ihrem alten T-Shirt und zog sich eine schwarze Jogginghose, Söckchen und einen langärmligen schwarzen Pulli an. Während sie ihr Haar in einem Stummelschwanz zusammenfasste, verließ sie das Bad und ging ins dunkle Schlafzimmer, wo das leise Schnarchen ihres Mannes sie verlockte, wieder ins Bett zu kriechen. Früher hätte sie das einfach gemacht und sich an ihn geschmiegt.
Jetzt verließ sie das Zimmer, zog leise die Tür hinter sich zu und ging den Flur hinunter zur Treppe.
Im fahlen Schein zweier altgedienter Nachtlichter ging sie an den verschlossenen Zimmertüren ihrer Kinder vorbei. Jetzt waren sie allerdings keine Kinder mehr. Jillian war bereits neunzehn und studierte im zweiten Jahr Medizin an der UCLA, und Maddy - Merediths Nesthäkchen - war achtzehn und hatte gerade an der Vanderbilt-Universität angefangen. Ohne sie war das Haus - und ihr Leben - leerer und stiller, als Meredith erwartet hatte. Fast zwanzig Jahre lang war sie hingebungsvoll die Mutter gewesen, die sie selbst nie gehabt hatte, und das mit Erfolg. Ihre Töchter und sie verstanden sich prächtig. Seit ihrem Fortgang hatte sie das Gefühl, sich selbst überlassen und irgendwie nutzlos zu sein. Sie wusste, das war albern. Schließlich hatte sie jede Menge zu tun. Sie vermisste einfach die Mädchen, mehr nicht.
Also machte sie weiter. In letzter Zeit schien ihr dies die beste Methode, mit allem umzugehen.
Unten angekommen, hielt sie gerade lange genug im Wohnzimmer inne, um die Beleuchtung des Weihnachtsbaums einzuschalten. Im Flur sprangen die Hunde kläffend und schwanzwedelnd an ihr hoch.
»Luke, Leia, runter!«, mahnte sie die Huskys und kraulte ihnen die Ohren, während sie zur Hintertür gingen. Als sie sie öffnete, strömte kalte Luft herein. In der Nacht hatte es wieder geschneit, und obwohl es an diesem Morgen Mitte Dezember immer noch dunkel war, schimmerten Straße und Feld perlmuttfarben. Ihr Atem verwandelte sich sofort in dunstige Wölkchen.
Als sie draußen auf dem Weg waren, war es zehn nach sechs, und der Himmel erhellte sich in einem dunklen Purpurgrau.
Pünktlich auf die Minute.
Zuerst lief Meredith langsam los, um sich an die Kälte zu gewöhnen. Wie jeden Morgen in der Woche joggte sie die Schotterstraße hinunter, die von ihrem Haus zum Anwesen ihrer Eltern führte, und dann weiter zu dem Feldweg, der etwa eine Meile weiter oben am Hügel endete. Von dort aus machte sie einen Schlenker zum Golfplatz und zurück. Genau vier Meilen, jeden Morgen, und sie ließ kaum einen Tag aus. Im Grunde blieb ihr auch nichts anderes übrig. Denn alles an Meredith war großzügig angelegt. Sie war groß und hatte breite Schultern, geschwungene Hüften und große Füße. Ihr blasses, ovales Gesicht wirkte etwas zu klein für ihren großen Mund à la Julia Roberts, für die riesigen braunen Augen, die ausgeprägten Augenbrauen und das dicke Haar. Nur regelmäßiger Sport, strenge Diät, gute Haarprodukte und eine Riesenpinzette ermöglichten, dass sie gut aussah.
Als sie wieder auf die Schotterstraße einbog, beschien die aufgehende Sonne die Berge und ließ ihre schneebedeckten Gipfel in Lavendel und Pink aufleuchten.
Zu beiden Seiten säumten nackte, dürre Apfelbäume die Straße und wirkten im Schnee wie braune Kreuzstiche auf weißem Stoff. Dieses schmale Stück Land gehörte ihrer Familie seit fünfzig Jahren, und da, genau in der Mitte, stand groß und stolz das Haus, in dem sie aufgewachsen war. Belije Notschi. Selbst in der Morgendämmerung wirkte es protzig und lächerlich fehl am Platz.
Meredith rannte den Hügel hinauf, schneller und immer schneller, bis sie kaum noch Luft, dafür aber Seitenstiche bekam.
Sie stoppte vor ihrer eigenen Veranda, gerade als sich das Tal mit hellgoldenem Licht füllte. Dann fütterte sie die Hunde und rannte ins Haus. Sie wollte ins Bad, als Jeff herauskam. Sein blondes Haar mit den grauen Strähnen war noch tropfnass, und er trug nur ein Handtuch. Als sie voreinander standen, wandte er sich zur Seite, um sie durchzulassen, und sie tat es ihm nach. Keiner von beiden sagte ein Wort.
Um zwanzig nach sieben föhnte sie sich die Haare, und um halb acht - pünktlich auf die Minute - zog sie sich schwarze Jeans und eine taillierte Bluse für die Arbeit an. Noch etwas Eyeliner, Rouge und Mascara, dazu ein Hauch Lippenstift und sie war bereit für den Tag.
Unten in der Küche saß Jeff an seinem üblichen Platz am Tisch und las die New York Times. Die Hunde schliefen zu seinen Füßen.
Sie ging zur Kaffeemaschine und schenkte sich eine Tasse ein. »Möchtest du auch?«
»Nein, danke«, erwiderte er, ohne aufzusehen.
Meredith rührte Sojamilch in ihren Kaffee und sah zu, wie sich die Farbe veränderte. Sie dachte, dass sie und Jeff in letzter Zeit nur aus einer gewissen Distanz miteinander redeten, wie Fremde - oder ein desillusioniertes Paar -, und dann nur über die Arbeit oder die Kinder. Halbherzig versuchte sie sich zu erinnern, wann sie das letzte Mal miteinander geschlafen hatten, aber es fiel ihr nicht ein.
Vielleicht war das normal. Ganz sicher sogar. Wenn man schon so lange verheiratet war wie sie, dann gab es eben Flauten. Dennoch machte es sie manchmal traurig, wenn sie daran dachte, wie leidenschaftlich sie früher gewesen waren. Bei ihrer ersten Verabredung waren sie vierzehn gewesen (sie waren in Frankensteins Sohn gewesen; immer noch einer ihrer Lieblingsfilme), und ehrlich gesagt, hatte sie seitdem nur noch Augen für Jeff gehabt. Seltsam, wenn sie jetzt darüber nachdachte; sie hielt sich nicht für romantisch, aber bei ihr war es praktisch Liebe auf den ersten Blick gewesen. Seit sie denken konnte, war er ein Teil von ihr.
Sie hatten früh geheiratet - im Grunde zu früh -, und sie war ihm ans College nach Seattle gefolgt, wo sie abends und an den Wochenenden in verrauchten Bars arbeitete, um die Studiengebühren zu bezahlen. Sie waren glücklich gewesen in dem winzigen, vollgestopften Apartment im Studentenwohnheim. Im letzten Studienjahr dann war sie schwanger geworden. Zuerst war sie in Panik geraten. Sie hatte befürchtet, wie ihre Mutter zu sein und ein Leben mit Kindern abzulehnen. Aber zu ihrer großen Erleichterung entdeckte sie, dass sie das vollkommene Gegenteil ihrer Mutter war. Vielleicht half es auch, dass sie so jung war. Ihre Mom war weiß Gott nicht mehr jung gewesen, als sie Meredith bekommen hatte.
Jeff schüttelte den Kopf. Es war ein unmerkliches Zucken, kaum eine Bewegung, aber sie bemerkte es. Sie war immer so auf ihn eingestimmt gewesen, dass ihre beiderseitige Enttäuschung in letzter Zeit ein Geräusch zu erzeugen schien, ein hohes Pfeifen, das nur sie hören konnte.
»Was ist?«, fragte sie.
»Nichts.«
»Aber du hast doch den Kopf geschüttelt. Was ist los?« »Ich hatte dich etwas gefragt.«
»Das hab ich nicht gehört. Frag noch mal.«
»Ist schon gut.«
»Schön.« Sie nahm ihren Kaffee und ging ins Esszimmer.
Das hatte sie schon hundertmal gemacht, und doch, gerade als sie unter der altmodischen Deckenlampe mit dem überflüssigen Plastikmistelzweig hindurchging, änderte sich ihre Perspektive.
Sie sah sich selbst aus der Distanz: eine vierzigjährige Frau mit einem Kaffeebecher in der Hand, die zwei leere Plätze am Tisch betrachtete und dann ihren Mann, der immer noch da war; und für den Bruchteil einer Sekunde fragte sie sich, welch ein Leben diese Frau sonst hätte führen können. Wenn sie nicht wieder heimgekehrt wäre, um die Obstplantage zu leiten und ihre Kinder aufzuziehen. Wenn sie nicht so jung geheiratet hätte. Welch eine Frau wäre sie wohl dann geworden?
Und dann zerplatzte die Vorstellung wie eine Seifenblase und sie war wieder dort, wo sie hingehörte.
»Bist du zum Abendessen zu Hause?«
»Bin ich doch immer.«
»Sieben Uhr.«
»Aber sicher«, sagte er und blätterte eine Seite um. »Lass uns einen Termin machen.«
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Autoren-Porträt von Kristin Hannah
Hannah, KristinKristin Hannah, Jahrgang 1960, studierte zunächst Jura, obwohl ihre Mutter ihr schon früh prophezeite, dass sie Schriftstellerin werden würde. Heute ist sie eine international erfolgreiche Bestsellerautorin, deren preisgekrönte Romane auch schon verfilmt wurden. Kristin Hannah lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in einer kleinen Stadt in der Nähe von Seattle, Washington.Rahn, MarieMarie Rahn studierte und lehrte Literaturübersetzen in Düsseldorf. Seit über fünfundzwanzig Jahren übersetzt sie für verschiedene Verlage Belletristik aus dem Englischen, Französischen und Italienischen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Kristin Hannah
- 2011, 6. Aufl., 512 Seiten, Maße: 12 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung:Rahn, Marie
- Übersetzer: Marie Rahn
- Verlag: Ullstein TB
- ISBN-10: 3548283691
- ISBN-13: 9783548283692
- Erscheinungsdatum: 09.12.2011
Rezension zu „Ein Garten im Winter “
»Kristin Hannah ist meine absolute Lieblingsautorin. Ihre Romane sind zum Weinen schön!« Susan Elizabeth Phillips
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