Entscheidungen
"Ich habe alles selber gemacht, mir hat keiner was geschenkt", sagt Gerhard Schröder. Aus bescheidenen Verhältnissen arbeitete er sich über Lehre und zweitem Bildungsweg bis ins höchste Regierungsamt vor. Seine politische Autobiographie ist ein...
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
"Ich habe alles selber gemacht, mir hat keiner was geschenkt", sagt Gerhard Schröder. Aus bescheidenen Verhältnissen arbeitete er sich über Lehre und zweitem Bildungsweg bis ins höchste Regierungsamt vor. Seine politische Autobiographie ist ein kämpferisches Resümee, das mit Kritik - auch Selbstkritik - nicht sparsam umgeht, und zugleich ist sie das Vermächtnis eines entschlossenen Kämpfers für soziale Gerechtigkeit und ein geeintes, selbstbewusstes und friedliches Europa.
"Ich habe alles selber gemacht, mir hat keiner was geschenkt", sagt Gerhard Schröder. Und: "Mein ganzes Leben lang habe ich versucht, Grenzen immer wieder an den Horizont zu verschieben."
Gerhard Schröders politische Autobiografie: "Ich habe alles selber gemacht, mir hat keiner was geschenkt", sagt Gerhard Schröder. Aufgewachsen in einfachen Verhältnissen, zweiter Bildungsweg, Jurastudium. In der SPD macht er rasant Karriere, wird erst Bundesvorsitzender der Jusos, dann 1990 Ministerpräsident von Niedersachsen. Und schließlich, 1998, die Kulmination: Gerhard Schröder wird Kanzler der Bundesrepublik Deutschland.
In "Entscheidungen" konzentriert sich der Autor auf die sieben Jahre, in denen er das höchste deutsche Regierungsamt innehatte, eine Zeit, in der "nichts mehr so war wie früher", in der das Land mit drängenden Problemen konfrontiert wurde. Globalisierung, demografischer Wandel, schrumpfende Staatskassen, wirtschaftliche und ökologische Krisen, Kriege undinternationaler Terror forderten zahllose innen- wie außenpolitische Entscheidungen von historischer Bedeutung. Schröder erklärt, warum längst überfällige, umfassende Reformen durchgeführt werden mussten, die nicht bequem waren, und warum es für ihn keine Alternative zur "Agenda 2010" geben konnte. Er wollte sein Land fit machen für die globalisierte Welt, und das bedeutete auch die Abkehr von der überkommenen Ideologie, der Staat sei für alles und jeden verantwortlich.
In klaren Worten erzählt Gerhard Schröder von Weggenossen und Abtrünnigen, von Triumphen und Enttäuschungen, von Erfolgen und Niederlagen. "Entscheidungen" ist ein kämpferisches Resümee, das mit Kritik - auch Selbstkritik - nicht sparsam umgeht, und zugleich das politische Vermächtnis eines entschlossenen Kämpfers für soziale Gerechtigkeit und ein geeintes, selbstbewusstes, friedliches Europa.
Frei heraus ohne staatsmännische Diplomatie: In seiner politischen Autobiografie - Schwerpunkt: die Regierungsjahre - offenbart Gerhard Schröder seine Sicht, seine Wahrheit, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.
"Ich habe alles selber gemacht, mir hat keiner was geschenkt", sagt Gerhard Schröder. Er hat seine Chancen genutzt: Aus bescheidenen Verhältnissen arbeitete er sich über Lehre und zweiten Bildungsweg bis ins höchste Regierungsamt vor. Als Kanzler riskierte er die Vertrauensfrage, um deutsche Soldaten zu einer Friedensmission ins Ausland zu schicken - underntete damit höchste Anerkennung für sein Land. Überzeugt trotzte er später George W. Bush in der Irak-Frage. Um Deutschland fit zu machen für die globalisierte Welt, vollzog er die Abkehr von der bequemen Ideologie, der Staat sei für alles und jeden verantwortlich. "Entscheidungen" ist ein kämpferisches Resümee, das mit Kritik - auch Selbstkritik - nicht sparsam umgeht, und zugleich ist es das politische Vermächtnis eines entschlossenen Kämpfers für soziale Gerechtigkeit und ein geeintes, selbstbewusstes, friedliches Europa.
Entscheidungenvon Gerhard Schröder
LESEPROBE
Diebritische Europapolitik, auf die ich viele Hoffnungen gesetzt hatte, gestaltetesich für mich als eine große Enttäuschung. Das hat wenig mit den handelndenPersonen, viel hingegen mit der Bewusstseinslage der Briten zu tun. Jede deutscheRegierung hat zur Kenntnis zu nehmen, dass es in Großbritannien immer noch einebeharrliche Orientierung auf das Empire gibt. Zudem belastet das britischeSonderverhältnis zu den USA das auf eine europäische Zukunft gerichteteEngagement des Landes. Mehr als andere Länder ist Großbritannien bereit,amerikanische Wünsche zu antizipieren und zum Gegenstand seiner Europapolitikzu machen.
Zu Beginnmeiner Kanzlerschaft war ich der Auffassung, man könne die deutsch-französischenBeziehungen durch eine britische Komponente ergänzen und eine Art Dreieck darausmachen. Diese Vorstellung war illusionär. Auf absehbare Zeit werden vonGroßbritannien keine europäischen Impulse ausgehen. Im Gegenteil: Das Land wirdversuchen, seine Mittlerrolle in den transatlantischen Beziehungen zu pflegen,auch wenn das zu Lasten des europäischen Einigungsprozesses geht.
Besondersdeutlich wurde das, als der britische Premierminister im Juni 2005 die Einigungüber die Finanzplanung 2007 bis 2013 für Europa blockierte. Der LuxemburgerJean-Claude Juncker, ein großer Europäer aus einem kleinen Land, hatte in einergewaltigen Kraftanstrengung einen für alle tragfähigen Kompromiss erarbeitet,den die Briten zu Fall brachten.
Junckerist zweifellos einer der interessantesten Spieler im europäischen Konzert. Alsdienstältester Regierungschef in der Europäischen Union verbindet erökonomische Kompetenz mit sozialer Verantwortung. Seine Auffassung von derRolle des Staates geht von der Dominanz des Politischen über rein ökonomischeProzesse aus. Vor allem aber seine Fähigkeit, zu empfinden, was die Wünsche undSehnsüchte einfacher Menschen sind, macht ihn in der Reihe ziemlich farblosereuropäischer Christdemokraten zu einer singulären Persönlichkeit. Kein Wunder,dass er immer wieder für herausragende Positionen in Europa in Erwägung gezogenwird. So war es keine Frage, dass wir alle, ob Christdemokraten oderSozialdemokraten, ihn bestürmten, im Jahr 2004 Präsident der EuropäischenKommission zu werden. Leider ohne Erfolg. Juncker war völlig unumstritten, lehnteaber verbindlich ab.
Dies warim Übrigen eines der sonderbarsten Verfahren der Kandidatensuche, die ich jeerlebt habe, und deshalb lohnt sich, meine ich, ein kleiner Exkurs. Klar war,dass Christdemokraten und Konservative über die Mehrheit im Europäischen Ratverfügten. Sie wollten einen der Ihren in das Amt bringen. Deshalb hatte ichein Jahr vor der Entscheidung mit Jacques Chirac gesprochen. Er war bereit, mitmir zusammen einen deutschen Kandidaten durchzusetzen. In dem Bewusstsein, dassdies nur jemand aus den Reihen der CDU/CSU seinkonnte, bat ich im Spätsommer 2003 den damaligen Vorstandsvorsitzenden derSiemens AG, Heinrich von Pierer, ein unauffälliges Abendessen mit mir und EdmundStoiber zu arrangieren.
DasTreffen fand am 10. Oktober 2003 im Privathaus der Pierers in Erlangen statt.Wir waren zu dritt. Bei einem guten Rotwein, den von Pierer ungeachtetfränkischer Sparsamkeit kredenzte und Stoiber entgegen seinem offiziellen Imagenicht verschmähte, besprachen wir die Lage. Ich schlug Stoiber vor, Präsidentder EU-Kommission zu werden, und erklärte ihm, Chirac sei einverstanden und dasÜbrige würde ja angesichts der konservativen Mehrheiten im Rat kein Problemsein. Da ich wusste, dass Stoiber mir gegenüber sehr misstrauisch war, empfahl ichihm - im Einvernehmen mit Jacques Chirac -, sich persönlich beim französischenPräsidenten von der Ernsthaftigkeit unserer gemeinsamen Verabredung zuüberzeugen.
Zu diesemGespräch kamen wir dann im November 2003 bei Jacques Chirac zusammen, derStoiber unsere Überlegung bestätigte. Beide erklärten wir ihm, dass er sichrasch zu entscheiden habe, damit im Falle seiner Zustimmung die Kandidaturoptimal vorbereitet werden könnte.
Monatelanghörte ich nichts von Edmund Stoiber, obwohl er mir zugesagt hatte, mich alsbaldüber seine Entscheidung zu unterrichten. Anfang März 2004 rief ich ihn inMünchen an. Ich erklärte ihm die Situation und wies ihn darauf hin, dass ichnun dringend ein definitives Ja oder Nein von ihm bräuchte, um im Verfahren derBesetzung dieser Position verhandlungsfähig zu bleiben, und das Gleiche geltefür Jacques Chirac. Dieser hatte mich gebeten, Stoiber zu einer Entscheidung zudrängen.
Das war aneinem Freitag, und er versprach, mir am Montag Bescheid zu geben. Was er auchtat. In diesem Telefongespräch lehnte er es ab, Kommissionspräsident zu werden,und begründete seine Entscheidung im Wesentlichen mit dem Hinweis darauf, seineCSU sei ohne ihn so gut wie verloren. Er könne aus Verantwortungfür seine Partei und für Bayern nicht nach Brüssel gehen.
Ich kannnicht beurteilen, was die CSU ohne Stoiber wert ist. Aber ich bezweifle, dass diessein entscheidendes Motiv war, wenn er auch möglicherweise selbst daranglaubte. Stoiber ist nach meinem Eindruck alles andere als der bayerische Löwe,der sich aufmacht, die deutsche Politik aufzumischen. Im Grunde seines Herzensscheint er mir ein vorsichtiger, wenn nicht ängstlicher Mensch zu sein, der jedeHerausforderung, von der er nicht weiß, ob er sie gewinnen kann, eher scheut.Und diese Siegesgewissheit hat er nur in Bayern - nicht in Berlin und schon garnicht in Brüssel. Ohne die vertrauten Machtstrukturen in seiner Staatskanzlei,sekundiert von einer Mehrheitsfraktion im Bayerischen Landtag und derVolkspartei CSU mit ihrer Dominanz über die gesellschaftlichenProzesse in den größten Teilen Bayerns, fühlt er sich Mächten ausgeliefert, dieer nicht kalkulieren kann. Dies und nichts anderes bestimmt die Mischung ausüberzogenem Anspruch und Angst vor der eigenen Courage. Präsident derEuropäischen Kommission wurde dann der konservative Portugiese José Manuel Barroso.
© VerlagHoffmann und Campe
- Autor: Gerhard Schröder
- 2006, 5. Aufl., mit Abbildungen, Maße: 15,5 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Hoffmann und Campe
- ISBN-10: 3455500145
- ISBN-13: 9783455500141
3 von 5 Sternen
5 Sterne 1Schreiben Sie einen Kommentar zu "Entscheidungen".
Kommentar verfassen