Shadowfever / Fever-Serie Bd.5
Roman. Deutsche Erstausgabe
Die Schattenjägerin MacKayla befindet sich im Kampf gegen die dunklen Feenwesen und ist auf der Suche nach Dem Sinsar Dubh. Und dabei gerät sie selbst in große Gefahr. Als sie eine schwere Entscheidung treffen muss, steht damit nicht nur ihr eigenes Schicksal auf dem Spiel.
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Produktinformationen zu „Shadowfever / Fever-Serie Bd.5 “
Die Schattenjägerin MacKayla befindet sich im Kampf gegen die dunklen Feenwesen und ist auf der Suche nach Dem Sinsar Dubh. Und dabei gerät sie selbst in große Gefahr. Als sie eine schwere Entscheidung treffen muss, steht damit nicht nur ihr eigenes Schicksal auf dem Spiel.
Klappentext zu „Shadowfever / Fever-Serie Bd.5 “
MacKayla Lane, die Jägerin der Schatten, wird selbst zur Gejagten. Wem kann sie noch trauen, wer ist Feind, wer Freund? Im Kampf gegen die dunklen Feenwesen und auf der Suche nach dem Sinsar Dubh gerät Mac in Gefahr. Am Ende muss sie eine Entscheidung treffen - und bestimmt damit nicht nur ihr eigenes Schicksal, sondern das der gesamten Menschheit. Wird sie die Welt zerstören ... oder retten?
Lese-Probe zu „Shadowfever / Fever-Serie Bd.5 “
Shadowfever von Karen Marie Moning2
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Die Menschen sagen komische Dinge, wenn jemand gestorben ist. Er ist an einem besseren Ort.
Woher weißt du das?
Das Leben geht weiter.
Und das soll mich trösten? Ich bin mir schmerzlich bewusst, dass das Leben weitergeht. Es tut jede verdammte Sekunde weh. Schön zu wissen, dass es so bleibt. Vielen Dank, dass ihr mich daran erinnert.
Zeit heilt alle Wunden.
Nein, das stimmt nicht. Bestenfalls ist Zeit der große Gleichmacher - sie spült uns alle früher oder später in den Sarg. Wir finden Mittel, uns von dem Schmerz abzulenken. Die Zeit ist weder ein Skalpell noch ein Verband. Sie ist teilnahmslos. Narbengewebe ist nichts Gutes. Es ist nur das andere Gesicht der Wunde.
Ich lebe jeden Tag mit Alinas Geist. Jetzt werde ich auch noch mit Barrons' Geist leben müssen. Ich werde zwischen ihnen gehen - der eine rechts, der andere links. Sie werden unaufhörlich auf mich einreden. Es gibt kein Entrinnen mehr.
Der Tag kühlt ab, bis ich mich zwingen kann, mich wieder zu bewegen. Ich weiß, was das heißt: Die Nacht bricht mit der Endgültigkeit von Metalljalousien, die die Glasfassade eines edlen Ladens in einer heruntergekommenen Gegend schützen, über mich herein. Ich versuche, mich von Barrons zu lösen; ich will es nicht. Ich brauche ein halbes Dutzend Versuche, um mich aufzusetzen. Mein Kopf schmerzt vom Weinen; meine Kehle brennt vom Schreien. Als ich mich aufsetze, bewegt sich nur die Hülle meines Körpers. Mein Herz liegt noch neben Jericho Barrons. Es schlägt noch einmal, dann bleibt es stehen.
Endlich Frieden.
Ich kreuze meine Beine unter mir und hieve mich in die Höhe. Ich stehe da wie eine Hundertjährige - jeder Knochen knackt.
Wenn mich der Lord Master jagt, dann habe ich mich schon zu lange auf diesem Felsen aufgehalten.
Der Lord Master, Darroc, Anführer der Dunklen Feenwesen, der Bastard, der an Halloween die Mauern eingerissen und die UnseelieHorden auf meine Welt losgelassen hat.
Dieser Hurensohn hat alles in Gang gesetzt. Er hat Alina verführt und entweder selbst getötet oder den Auftrag dazu gegeben; er hat mich den Unseelie-Prinzen überlassen, damit sie mich vergewaltigen und mich in eine hilflose Sklavin verwandeln; er hat meine Eltern entführt und mich in das Spiegellabyrinth gezwungen; und er hat mich auf diesen Felsen getrieben, wo ich Barrons ermordet habe.
Ohne dieses eine Ex-Feenwesen, das unbedingt seine verlorene Würde wiederherstellen und Rache üben möchte, wäre nichts von alldem passiert.
Rache wird niemals ausreichen. Sie ist zu schnell vorbei. Sie wird die komplexen Bedürfnisse der Kreatur, die aus mir geworden ist, während ich hier gelegen und Barrons in den Amen gehalten habe, nicht befriedigen.
Ich will alles zurückhaben.
Alles, was man mir genommen hat.
Ein Geysir aus Wut explodiert in mir und sickert in alle Ritzen und Winkel, die von meiner Trauer besetzt sind. Ich heiße ihn willkommen, ermutige ihn, verneige mich vor meinem neuen Gott. Ich taufe mich in dem dampfenden, zischenden Zorn. Nimm mich. Ich bin dein.
Sidhe-Seher hat fast dieselben Buchstaben wie Ban-Sidhe - das ist der Todesbote in meinem Geburtsland, die schrille mythische Kreatur, die von Wut angetrieben wird.
Ich suche den dunklen glasigen See in meinem Bewusstsein auf. Ich stehe am schwarzen Kiesstrand. Runen treiben auf der schimmernden, ebenholzfarbenen Oberfläche und leuchten.
Ich bücke mich, fahre mit den Fingern durch das schwarze Wasser, schöpfe zwei Hände voll und verneige mich tief vor dem See, um ihm meinen Dank zu erweisen.
Er ist ein Freund, das weiß ich jetzt. Er war es immer schon. Mein Zorn ist zu groß für Ritzen und Winkel.
Ich versuche nicht, ihn zurückzuhalten. Ich lasse zu, dass er sich zu einer dunklen gefährlichen Melodie aufbaut. Ich werfe den Kopf in den Nacken und mache Platz, damit die Melodie höher steigen kann. Sie schwillt an, bläht meinen Hals und die Wangen auf. Als sie mir über die Lippen kommt, hallt ein unmenschlicher Schrei über die Baumwipfel, erschüttert die Stille des Waldes.
Wölfe schrecken auf und heulen im Chor, Wildschweine quieken, und Geschöpfe, die ich nicht kenne, fallen mit ein. Unser Konzert ist ohrenbetäubend.
Die Temperatur fällt, und der Wald rund um mich ist in eine dicke Eisschicht gehüllt - vom kleinsten Halm bis zum dicksten Ast.
Die Vögel gefrieren und sterben, noch mit offenem Schnabel, wenn sie gerade ihre Jungen gefüttert haben.
Eichhörnchen schockgefrieren mitten im Sprung, stürzen wie Steine zu Boden und zerschellen.
Ich schaue auf meine Hände. Sie sind fleckig und schwarz, die Handflächen sind voll mit silbernen Runen.
Jetzt weiß ich, wo Barrons endet und ich anfange.
Wenn Barrons endet, fange ich an.
Ich.
Mac O'Connor.
Eine Sidhe-Seherin, die die Welt, wie ein gewisser Seelie-Prinz sagt, fürchten sollte.
Ich knie mich hin und küsse Barrons ein letztes Mal.
Ich bedecke ihn nicht, vollführe auch sonst kein Ritual. Das wäre ohnehin nur für mich, nicht für ihn. Es bleibt nur noch eins, was ich für mich tun werde.
Bald wird all dies keine Rolle mehr spielen.
Ich bin jetzt eine Frau mit einem einzigen Ziel.
Ich weiß genau, was ich tun werde.
Und ich weiß auch, wie ich es bewerkstelligen kann.
3
Nachdem ich Barrons' Leichnam verlassen habe, wandere ich in die Richtung, in die mich mein Schutzgeist geführt hat. Ich
glaube, er wollte, dass ich - aus welchen Gründen auch immer - dorthin gehe.
Ich vertraue ihm im Tod wie nie im Leben.
Wie blind ich doch manchmal bin!
Ich folge meilenweit dem Lauf des Flusses. Stück für Stück verschwindet er hinter mir, und ich nehme mir ein Beispiel daran. Mit jedem meiner Schritte befreie ich mich von einem Teil meiner selbst. Von den schwachen Teilen. Ich werfe sie, die mir nicht helfen, mein Ziel zu erreichen, von mir. Und wenn das die sogenannten menschlichen Teile sind, dann bitte. Ich kann nicht fühlen und trotzdem das überleben, was ich durchstehen muss.
Wenn ich sicher bin, bereit zu sein, halte ich inne und warte auf den Feind.
Er enttäuscht mich nicht.
»Ich dachte schon, du würdest nie herkommen«, sage ich vertraulich. Meine Stimme ist rau vom Schreien; der Hals schmerzt beim Sprechen. Ich genieße den Schmerz. Das habe ich verdient.
Der LM ist noch ein Stück entfernt, im Wald verborgen, aber ich sehe die Schatten, die sich zu sinnlich bewegen, um von Bäumen geworfen zu werden.
»Komm raus.« Ich lehne mich an einen Stamm, stecke eine Hand in die Tasche, die andere lege ich auf meine Taille. »Du willst doch mich, oder? Deshalb bist du hergekommen. Was soll das alles? Warum zögerst du jetzt?«
Mein Speer steckt im Holster unter meinem Arm, der Dolch im Hosenbund. Der schwarze, mit Runen bedeckte Lederbeutel mit den drei Steinen, auf die es der LM abgesehen hat, sind im Rucksack. Wir alle hoffen, dass die Steine, von denen uns nur noch einer fehlt, eine Art Käfig für das Sinsar Dubh bilden werden.
Gestalten huschen aus der Dunkelheit: der LM und die zwei übriggebliebenen Unseelie-Prinzen.
Jack und Rainey Lane sind nicht bei ihnen.
Das sollte mich beunruhigen, doch die Mac, die ihre Eltern liebt, war bei den Stücken, die ich bei Barrons' Leichnam hinter mir gelassen habe. Barrons ist tot. Durch meine Schuld. Ich habe keine Eltern. Keine Liebe. Keine Schwäche. Nicht ein einziger Sonnenstrahl dringt in meine Seele.
Ich fühle mich unglaublich viel leichter, stärker.
Darroc - ich werde ihn nicht mehr LM nennen; sogar die Abkürzung des selbstgefälligen Titels klingt, als wolle man sich einem Überlegenen unterwerfen - hat Unmengen von Unseelie-Fleisch gegessen. Stärke und Macht liegen schwer in der Luft zwischen uns. Keine Ahnung, was von ihm ausgeht und was von mir. Ich frage mich, was seine Helfershelfer davon halten, dass er sich vom Fleisch ihrer Artgenossen ernährt. Vielleicht ist das, was im Reich der Lichten Feenwesen als unnormal gilt, im Volk der Dunklen absolut üblich.
Als er dem silbernen Lichtkreis, in dem ich stehe, näher kommt, werden seine Augen riesengroß.
Ich lache - ein kehliges Schnurren. Ich weiß, wie ich aussehe. Ich habe mich gewaschen, nachdem ich Barrons verlassen habe, und mich mit Sorgfalt hergerichtet. Mein BH steckt im Rucksack. Wilde Locken rahmen mein Gesicht ein. Es hat lange gedauert, die schwarzen Flecken von den Händen zu waschen. Nichts an mir, was keine Waffe ist, ein Vorteil, den ich nutzen kann, um zu bekommen, was ich will. Ich habe ein paar Sachen von Barrons gelernt: Macht ist sexy. Sie strafft mein Rückgrat und durchströmt meine winkende Hand.
Barrons' Tod hat mich nicht am Boden zerstört. Die Alchemie hat aus der Trauer ein neues Metall geschmiedet.
Ich habe mich transformiert.
Es gibt nur einen Weg, Barrons' Tod einen Sinn zu geben. Ihn ungeschehen zu machen.
Und, wenn ich schon dabei bin, werde ich auch Alinas Tod ungeschehen machen.
Alle, die etwas über das Sinsar Dubh wissen, haben sich ziemlich kryptisch ausgedrückt. Niemand war bereit, mir genau zu sagen, was es ist. Das Einzige, was alle gleichermaßen sagen, ist, dass es ungeheuer wichtig ist, es zu finden, und zwar schnell, weil man es dazu nutzen könne, die Mauern am Einsturz zu hindern.
Na ja, die Mauern sind kaputt. Es ist zu spät.
Es ist erstaunlich, wie wenig ich über den Inhalt des Buches nachgedacht habe, auf dessen Suche ich mich in den letzten Monaten konzentriert habe. Ich habe geschluckt, was man mir erzählte, und es artig gejagt.
Jetzt regt sich in mir ein bestimmter Verdacht: Alle haben dafür gesorgt, dass ich auf mein Ziel, auf die Suche nach dem Buch fixiert bleibe, um die Mauern intakt zu halten, damit ich mir keine zu gründlichen Gedanken darüber mache, wofür man es sonst noch verwenden kann.
Da war ich, auf der Jagd nach einem ungeheuer machtvollen Objekt und umgeben von Leuten, die alle eigene Gründe hatten, es an sich zu bringen, und ich habe nie gedacht: Moment mal - wie kann ich das Sinsar Dubh für mich nutzen?
Darroc hat mir erzählt, dass er mir mit dem Sinsar Dubh Alina zurückbringen könne. Er sagte, er wolle das Buch haben, um seinen Feen-Status zurückzugewinnen und Rache zu üben.
V'lane meinte, das Dunkle Buch enthält das ganze Wissen des Unseelie-Königs, jedes kleinste bisschen. Er will es, seiner Aussage nach, für seine Seelie-Königin haben, damit sie ihrem Volk zu früherem Glanz verhelfen und die Unseelie wieder in den Kerker bringen kann. Er glaubt, es enthält Fragmente des Schöpfungsliedes, die schon vor so langer Zeit verloren gegangen sind. Anhand dieser Fragmente könne die Königin das ganze Lied rekonstruieren. Ich weiß nicht genau, was das Schöpfungslied ist oder was es bewirkt, aber es scheint die ultimative Feen-Macht zu sein.
Barrons hat mir am meisten erzählt. Er sagte, das Sinsar Dubh enthalte Zauber, mit denen man Welten erschaffen und vernichten kann. Das hat etwas mit den Fragmenten des Liedes zu tun. Er hat mir nie erklärt, warum er das Buch haben will. Er behauptete, er sei ein Büchersammler. Klar. Und ich bin der Unseelie-König.
Als ich neben dem toten Barrons lag und ihn in den Armen hielt, habe ich zum ersten Mal auf sehr persönliche Art über den potenziellen Gebrauch des Sinsar Dubh nachgedacht.
Insbesondere die Geschichte mit der Erschaffung und dem Vernichten der Welten beschäftigte mich.
Mir wurde alles klar.
Mit dem Sinsar Dubh kann man eine Welt mit einer anderen Vergangenheit und einer anderen Zukunft erschaffen.
Man kann die Zeit zurückdrehen.
Und alles auslöschen, was einem nicht gefällt.
Die Dinge, deren Verlust unerträglich ist, ersetzen - auch die Menschen, ohne die man nicht leben kann.
Ich habe mich nur mit einem Ziel von Barrons' Leichnam losgerissen.
Ich muss das Sinsar Dubh an mich bringen, und ich würde es an niemanden weitergeben. Es soll mir gehören. Ich werde es studieren. Die Trauer hat mich fokussiert wie einen Laser. Ich kann alles lernen. Nichts steht mir im Weg. Ich würde die Welt neu erschaffen, so wie ich sie haben will.
»Komm.« Ich lächle. »Gesell dich zu mir.« Mein Gesicht strahlt Wärme und Freude über seine Anwesenheit aus. Das ist das Letzte, was er erwartet. Er dachte, er würde ein verschrecktes, hysterisches Mädchen vorfinden.
Das bin ich nicht und werde es auch nie wieder sein.
Er winkt die Prinzen zurück und tritt lässig einen Schritt vor; die Geschmeidigkeit dieser Bewegungen ist, wie ich sehe, sorgsam einstudiert. Er nimmt sich in Acht vor mir. Das will ich ihm auch geraten haben.
Der Blick aus den kupfernen Feenaugen begegnet meinem. Wie konnte Alina übersehen, dass dies keine menschlichen Augen sind, auch wenn seine Gestalt noch so menschlich erscheint?
Die Antwort ist einfach: Sie hat es nicht übersehen. Sie wusste es. Deshalb hat sie ihn belogen und behauptet, sie hätte keine Familie, dass sie ein Waisenkind sei. Sie hat uns von Anfang an geschützt. Sie wusste, dass er gefährlich war, und sie wollte ihn von uns fernhalten, aber selbst dieses Leben mit ihm kosten.
Ich kann ihr das nicht übelnehmen. Wir alle haben unsere Fehler. Man hätte uns ein für alle Mal aus Irland verbannen sollen, das wäre für alle gut gewesen.
Die Menschen sagen komische Dinge, wenn jemand gestorben ist. Er ist an einem besseren Ort.
Woher weißt du das?
Das Leben geht weiter.
Und das soll mich trösten? Ich bin mir schmerzlich bewusst, dass das Leben weitergeht. Es tut jede verdammte Sekunde weh. Schön zu wissen, dass es so bleibt. Vielen Dank, dass ihr mich daran erinnert.
Zeit heilt alle Wunden.
Nein, das stimmt nicht. Bestenfalls ist Zeit der große Gleichmacher - sie spült uns alle früher oder später in den Sarg. Wir finden Mittel, uns von dem Schmerz abzulenken. Die Zeit ist weder ein Skalpell noch ein Verband. Sie ist teilnahmslos. Narbengewebe ist nichts Gutes. Es ist nur das andere Gesicht der Wunde.
Ich lebe jeden Tag mit Alinas Geist. Jetzt werde ich auch noch mit Barrons' Geist leben müssen. Ich werde zwischen ihnen gehen - der eine rechts, der andere links. Sie werden unaufhörlich auf mich einreden. Es gibt kein Entrinnen mehr.
Der Tag kühlt ab, bis ich mich zwingen kann, mich wieder zu bewegen. Ich weiß, was das heißt: Die Nacht bricht mit der Endgültigkeit von Metalljalousien, die die Glasfassade eines edlen Ladens in einer heruntergekommenen Gegend schützen, über mich herein. Ich versuche, mich von Barrons zu lösen; ich will es nicht. Ich brauche ein halbes Dutzend Versuche, um mich aufzusetzen. Mein Kopf schmerzt vom Weinen; meine Kehle brennt vom Schreien. Als ich mich aufsetze, bewegt sich nur die Hülle meines Körpers. Mein Herz liegt noch neben Jericho Barrons. Es schlägt noch einmal, dann bleibt es stehen.
Endlich Frieden.
Ich kreuze meine Beine unter mir und hieve mich in die Höhe. Ich stehe da wie eine Hundertjährige - jeder Knochen knackt.
Wenn mich der Lord Master jagt, dann habe ich mich schon zu lange auf diesem Felsen aufgehalten.
Der Lord Master, Darroc, Anführer der Dunklen Feenwesen, der Bastard, der an Halloween die Mauern eingerissen und die UnseelieHorden auf meine Welt losgelassen hat.
Dieser Hurensohn hat alles in Gang gesetzt. Er hat Alina verführt und entweder selbst getötet oder den Auftrag dazu gegeben; er hat mich den Unseelie-Prinzen überlassen, damit sie mich vergewaltigen und mich in eine hilflose Sklavin verwandeln; er hat meine Eltern entführt und mich in das Spiegellabyrinth gezwungen; und er hat mich auf diesen Felsen getrieben, wo ich Barrons ermordet habe.
Ohne dieses eine Ex-Feenwesen, das unbedingt seine verlorene Würde wiederherstellen und Rache üben möchte, wäre nichts von alldem passiert.
Rache wird niemals ausreichen. Sie ist zu schnell vorbei. Sie wird die komplexen Bedürfnisse der Kreatur, die aus mir geworden ist, während ich hier gelegen und Barrons in den Amen gehalten habe, nicht befriedigen.
Ich will alles zurückhaben.
Alles, was man mir genommen hat.
Ein Geysir aus Wut explodiert in mir und sickert in alle Ritzen und Winkel, die von meiner Trauer besetzt sind. Ich heiße ihn willkommen, ermutige ihn, verneige mich vor meinem neuen Gott. Ich taufe mich in dem dampfenden, zischenden Zorn. Nimm mich. Ich bin dein.
Sidhe-Seher hat fast dieselben Buchstaben wie Ban-Sidhe - das ist der Todesbote in meinem Geburtsland, die schrille mythische Kreatur, die von Wut angetrieben wird.
Ich suche den dunklen glasigen See in meinem Bewusstsein auf. Ich stehe am schwarzen Kiesstrand. Runen treiben auf der schimmernden, ebenholzfarbenen Oberfläche und leuchten.
Ich bücke mich, fahre mit den Fingern durch das schwarze Wasser, schöpfe zwei Hände voll und verneige mich tief vor dem See, um ihm meinen Dank zu erweisen.
Er ist ein Freund, das weiß ich jetzt. Er war es immer schon. Mein Zorn ist zu groß für Ritzen und Winkel.
Ich versuche nicht, ihn zurückzuhalten. Ich lasse zu, dass er sich zu einer dunklen gefährlichen Melodie aufbaut. Ich werfe den Kopf in den Nacken und mache Platz, damit die Melodie höher steigen kann. Sie schwillt an, bläht meinen Hals und die Wangen auf. Als sie mir über die Lippen kommt, hallt ein unmenschlicher Schrei über die Baumwipfel, erschüttert die Stille des Waldes.
Wölfe schrecken auf und heulen im Chor, Wildschweine quieken, und Geschöpfe, die ich nicht kenne, fallen mit ein. Unser Konzert ist ohrenbetäubend.
Die Temperatur fällt, und der Wald rund um mich ist in eine dicke Eisschicht gehüllt - vom kleinsten Halm bis zum dicksten Ast.
Die Vögel gefrieren und sterben, noch mit offenem Schnabel, wenn sie gerade ihre Jungen gefüttert haben.
Eichhörnchen schockgefrieren mitten im Sprung, stürzen wie Steine zu Boden und zerschellen.
Ich schaue auf meine Hände. Sie sind fleckig und schwarz, die Handflächen sind voll mit silbernen Runen.
Jetzt weiß ich, wo Barrons endet und ich anfange.
Wenn Barrons endet, fange ich an.
Ich.
Mac O'Connor.
Eine Sidhe-Seherin, die die Welt, wie ein gewisser Seelie-Prinz sagt, fürchten sollte.
Ich knie mich hin und küsse Barrons ein letztes Mal.
Ich bedecke ihn nicht, vollführe auch sonst kein Ritual. Das wäre ohnehin nur für mich, nicht für ihn. Es bleibt nur noch eins, was ich für mich tun werde.
Bald wird all dies keine Rolle mehr spielen.
Ich bin jetzt eine Frau mit einem einzigen Ziel.
Ich weiß genau, was ich tun werde.
Und ich weiß auch, wie ich es bewerkstelligen kann.
3
Nachdem ich Barrons' Leichnam verlassen habe, wandere ich in die Richtung, in die mich mein Schutzgeist geführt hat. Ich
glaube, er wollte, dass ich - aus welchen Gründen auch immer - dorthin gehe.
Ich vertraue ihm im Tod wie nie im Leben.
Wie blind ich doch manchmal bin!
Ich folge meilenweit dem Lauf des Flusses. Stück für Stück verschwindet er hinter mir, und ich nehme mir ein Beispiel daran. Mit jedem meiner Schritte befreie ich mich von einem Teil meiner selbst. Von den schwachen Teilen. Ich werfe sie, die mir nicht helfen, mein Ziel zu erreichen, von mir. Und wenn das die sogenannten menschlichen Teile sind, dann bitte. Ich kann nicht fühlen und trotzdem das überleben, was ich durchstehen muss.
Wenn ich sicher bin, bereit zu sein, halte ich inne und warte auf den Feind.
Er enttäuscht mich nicht.
»Ich dachte schon, du würdest nie herkommen«, sage ich vertraulich. Meine Stimme ist rau vom Schreien; der Hals schmerzt beim Sprechen. Ich genieße den Schmerz. Das habe ich verdient.
Der LM ist noch ein Stück entfernt, im Wald verborgen, aber ich sehe die Schatten, die sich zu sinnlich bewegen, um von Bäumen geworfen zu werden.
»Komm raus.« Ich lehne mich an einen Stamm, stecke eine Hand in die Tasche, die andere lege ich auf meine Taille. »Du willst doch mich, oder? Deshalb bist du hergekommen. Was soll das alles? Warum zögerst du jetzt?«
Mein Speer steckt im Holster unter meinem Arm, der Dolch im Hosenbund. Der schwarze, mit Runen bedeckte Lederbeutel mit den drei Steinen, auf die es der LM abgesehen hat, sind im Rucksack. Wir alle hoffen, dass die Steine, von denen uns nur noch einer fehlt, eine Art Käfig für das Sinsar Dubh bilden werden.
Gestalten huschen aus der Dunkelheit: der LM und die zwei übriggebliebenen Unseelie-Prinzen.
Jack und Rainey Lane sind nicht bei ihnen.
Das sollte mich beunruhigen, doch die Mac, die ihre Eltern liebt, war bei den Stücken, die ich bei Barrons' Leichnam hinter mir gelassen habe. Barrons ist tot. Durch meine Schuld. Ich habe keine Eltern. Keine Liebe. Keine Schwäche. Nicht ein einziger Sonnenstrahl dringt in meine Seele.
Ich fühle mich unglaublich viel leichter, stärker.
Darroc - ich werde ihn nicht mehr LM nennen; sogar die Abkürzung des selbstgefälligen Titels klingt, als wolle man sich einem Überlegenen unterwerfen - hat Unmengen von Unseelie-Fleisch gegessen. Stärke und Macht liegen schwer in der Luft zwischen uns. Keine Ahnung, was von ihm ausgeht und was von mir. Ich frage mich, was seine Helfershelfer davon halten, dass er sich vom Fleisch ihrer Artgenossen ernährt. Vielleicht ist das, was im Reich der Lichten Feenwesen als unnormal gilt, im Volk der Dunklen absolut üblich.
Als er dem silbernen Lichtkreis, in dem ich stehe, näher kommt, werden seine Augen riesengroß.
Ich lache - ein kehliges Schnurren. Ich weiß, wie ich aussehe. Ich habe mich gewaschen, nachdem ich Barrons verlassen habe, und mich mit Sorgfalt hergerichtet. Mein BH steckt im Rucksack. Wilde Locken rahmen mein Gesicht ein. Es hat lange gedauert, die schwarzen Flecken von den Händen zu waschen. Nichts an mir, was keine Waffe ist, ein Vorteil, den ich nutzen kann, um zu bekommen, was ich will. Ich habe ein paar Sachen von Barrons gelernt: Macht ist sexy. Sie strafft mein Rückgrat und durchströmt meine winkende Hand.
Barrons' Tod hat mich nicht am Boden zerstört. Die Alchemie hat aus der Trauer ein neues Metall geschmiedet.
Ich habe mich transformiert.
Es gibt nur einen Weg, Barrons' Tod einen Sinn zu geben. Ihn ungeschehen zu machen.
Und, wenn ich schon dabei bin, werde ich auch Alinas Tod ungeschehen machen.
Alle, die etwas über das Sinsar Dubh wissen, haben sich ziemlich kryptisch ausgedrückt. Niemand war bereit, mir genau zu sagen, was es ist. Das Einzige, was alle gleichermaßen sagen, ist, dass es ungeheuer wichtig ist, es zu finden, und zwar schnell, weil man es dazu nutzen könne, die Mauern am Einsturz zu hindern.
Na ja, die Mauern sind kaputt. Es ist zu spät.
Es ist erstaunlich, wie wenig ich über den Inhalt des Buches nachgedacht habe, auf dessen Suche ich mich in den letzten Monaten konzentriert habe. Ich habe geschluckt, was man mir erzählte, und es artig gejagt.
Jetzt regt sich in mir ein bestimmter Verdacht: Alle haben dafür gesorgt, dass ich auf mein Ziel, auf die Suche nach dem Buch fixiert bleibe, um die Mauern intakt zu halten, damit ich mir keine zu gründlichen Gedanken darüber mache, wofür man es sonst noch verwenden kann.
Da war ich, auf der Jagd nach einem ungeheuer machtvollen Objekt und umgeben von Leuten, die alle eigene Gründe hatten, es an sich zu bringen, und ich habe nie gedacht: Moment mal - wie kann ich das Sinsar Dubh für mich nutzen?
Darroc hat mir erzählt, dass er mir mit dem Sinsar Dubh Alina zurückbringen könne. Er sagte, er wolle das Buch haben, um seinen Feen-Status zurückzugewinnen und Rache zu üben.
V'lane meinte, das Dunkle Buch enthält das ganze Wissen des Unseelie-Königs, jedes kleinste bisschen. Er will es, seiner Aussage nach, für seine Seelie-Königin haben, damit sie ihrem Volk zu früherem Glanz verhelfen und die Unseelie wieder in den Kerker bringen kann. Er glaubt, es enthält Fragmente des Schöpfungsliedes, die schon vor so langer Zeit verloren gegangen sind. Anhand dieser Fragmente könne die Königin das ganze Lied rekonstruieren. Ich weiß nicht genau, was das Schöpfungslied ist oder was es bewirkt, aber es scheint die ultimative Feen-Macht zu sein.
Barrons hat mir am meisten erzählt. Er sagte, das Sinsar Dubh enthalte Zauber, mit denen man Welten erschaffen und vernichten kann. Das hat etwas mit den Fragmenten des Liedes zu tun. Er hat mir nie erklärt, warum er das Buch haben will. Er behauptete, er sei ein Büchersammler. Klar. Und ich bin der Unseelie-König.
Als ich neben dem toten Barrons lag und ihn in den Armen hielt, habe ich zum ersten Mal auf sehr persönliche Art über den potenziellen Gebrauch des Sinsar Dubh nachgedacht.
Insbesondere die Geschichte mit der Erschaffung und dem Vernichten der Welten beschäftigte mich.
Mir wurde alles klar.
Mit dem Sinsar Dubh kann man eine Welt mit einer anderen Vergangenheit und einer anderen Zukunft erschaffen.
Man kann die Zeit zurückdrehen.
Und alles auslöschen, was einem nicht gefällt.
Die Dinge, deren Verlust unerträglich ist, ersetzen - auch die Menschen, ohne die man nicht leben kann.
Ich habe mich nur mit einem Ziel von Barrons' Leichnam losgerissen.
Ich muss das Sinsar Dubh an mich bringen, und ich würde es an niemanden weitergeben. Es soll mir gehören. Ich werde es studieren. Die Trauer hat mich fokussiert wie einen Laser. Ich kann alles lernen. Nichts steht mir im Weg. Ich würde die Welt neu erschaffen, so wie ich sie haben will.
»Komm.« Ich lächle. »Gesell dich zu mir.« Mein Gesicht strahlt Wärme und Freude über seine Anwesenheit aus. Das ist das Letzte, was er erwartet. Er dachte, er würde ein verschrecktes, hysterisches Mädchen vorfinden.
Das bin ich nicht und werde es auch nie wieder sein.
Er winkt die Prinzen zurück und tritt lässig einen Schritt vor; die Geschmeidigkeit dieser Bewegungen ist, wie ich sehe, sorgsam einstudiert. Er nimmt sich in Acht vor mir. Das will ich ihm auch geraten haben.
Der Blick aus den kupfernen Feenaugen begegnet meinem. Wie konnte Alina übersehen, dass dies keine menschlichen Augen sind, auch wenn seine Gestalt noch so menschlich erscheint?
Die Antwort ist einfach: Sie hat es nicht übersehen. Sie wusste es. Deshalb hat sie ihn belogen und behauptet, sie hätte keine Familie, dass sie ein Waisenkind sei. Sie hat uns von Anfang an geschützt. Sie wusste, dass er gefährlich war, und sie wollte ihn von uns fernhalten, aber selbst dieses Leben mit ihm kosten.
Ich kann ihr das nicht übelnehmen. Wir alle haben unsere Fehler. Man hätte uns ein für alle Mal aus Irland verbannen sollen, das wäre für alle gut gewesen.
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Autoren-Porträt von Karen Marie Moning
Moning, Karen MarieKaren Marie Moning ist nicht nur in den USA eine Bestseller-Autorin. Auch in Deutschland hat sie sich mit ihrer FEVER-Saga um ihre Heldin MacKayla eine riesige Fangemeinde geschaffen. Karen Marie Moning verbringt eine Hälfte des Jahres in den Bergen Georgias, die andere an den Stränden Floridas.
Bibliographische Angaben
- Autor: Karen Marie Moning
- 2011, 656 Seiten, Maße: 12 x 19 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzung: Walther, Ursula
- Übersetzer: Ursula Walther
- Verlag: Ullstein TB
- ISBN-10: 3548280854
- ISBN-13: 9783548280851
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