Göttin des Lichts / Mythica Bd.3
Deutsche Erstausgabe
Der Mann ist ein Gott - und mehr als eine Sünde wert!
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Produktinformationen zu „Göttin des Lichts / Mythica Bd.3 “
Der Mann ist ein Gott - und mehr als eine Sünde wert!
Klappentext zu „Göttin des Lichts / Mythica Bd.3 “
Der Mann ist ein Gott - und mehr als eine Sünde wert!Pamela hat die Nase voll von mittelmäßigen Beziehungen zu mittelmäßigen Männern. Was sie will, ist die wahre Liebe mit einem wirklich göttlichen Mann. Als sie ihren Wunsch leise vor sich hinflüstert, beschwört sie aus Versehen die Göttin Artemis, die ihr gleich zu Hilfe eilt. Sie schickt ihren Zwillingsbruder Apollon nach Las Vegas, um Pamela zu helfen. Doch Apollon ist nicht vorbereitet auf die funkensprühende junge Frau auf Stilettos ...
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Mythica - Göttin des Lichts von P. C. CastProlog
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»Ich habe meine Entscheidung getroffen, Bacchus. Das Portal bleibt offen.«
Noch mitten im Satz wandte Zeus sich von dem korpulenten Gott ab, legte die Hände auf die glatte Marmorbrüstung des Balkons und blickte hinab in den Großen Bankettsaal des Olymps, in dem sich Scharen von jungen Göttern und Göttinnen tummelten. Er lächelte zufrieden. Die Unsterblichen waren an Schönheit nicht zu übertreffen, und wenn sie sich wie an diesem Abend versammelten, vereinten sich ihre Reize und strahlten heller als alle Sterne am Himmel. Doch gleich wurde sein Gesicht wieder ernst. Ganz egal, wie perfekt ihr Äußeres sein mochte, hatte er sich im Lauf der Zeiten eingestehen müssen, dass der Gruppe dort unten etwas fehlte.
Es fehlte diese erhabene, sterbliche Aura, die nur die Menschen besaßen, diese ganz besondere Lebensfreude.
Für einen Moment gab sich der oberste Herrscher der Götter einer besonders verführerischen Erinnerung hin und dachte an Aegina ... die Entzückendste aller Jungfrauen. Eine Haut wie Sahne, unwiderstehlich. Noch immer spürte er ihre einzigartige Sanftheit, mit der sie sich so bereitwillig an seinen gefiederten Rücken geschmiegt hatte, als er sich in einen mächtigen Adler verwandelt und sie weggetragen hatte, um sich mit ihr dem Liebesspiel hinzugeben. Nein, ihr Körper hatte nicht die strahlende Vollkommenheit besessen, welche der Haut einer Göttin ihren goldenen Schimmer verlieh, aber sie hatte mit einem naiven Überschwang auf seine Berührung reagiert, deren eine Göttin niemals fähig gewesen wäre.
»Überschwang!« Zeus schlug mit der flachen Hand auf die Balkonbrüstung, und als Antwort grollte Donner über den Himmel. »Das ist es, was unseren jungen Unsterblichen fehlt.« Noch immer wandte er sich Bacchus nicht zu, sondern sein Blick wanderte ruhelos über die glamouröse Versammlung. Nachdenklich kniff er die Augen zusammen. Was hatte Hera gesagt? Für sie ist die Gabe ihrer unsterblichen Macht eine Selbstverständlichkeit. Es wäre gut für sie, auch einmal eine Zeit außerhalb der Alten Welt zu verbringen. Irgendwo, wo sie nicht vergöttert und verehrt werden. Zeus musste zugeben, dass Hera meistens recht hatte, obwohl er sich oft aus gutem Grund wünschte, die Beobachtungsgabe seiner Frau wäre weniger gut ausgeprägt. Unwillkürlich zog er eine Grimasse. Er wollte den wissenden Ausdruck ihrer scharfen Augen, die ihm mitten in die Seele zu schauen schienen, lieber vergessen.
»Sie haben sich zu lange dem leichten Leben auf dem Olymp hingegeben. Es ist längst überfällig, dass sie sich unter die modernen Sterblichen mischen«, sagte er.
»Aber ich bin der einzige Unsterbliche, der jemals Interesse an der modernen Welt gezeigt hat. Warum bestehst du darauf, dass sie sich in meinem Reich breitmachen?«, wandte Bacchus ein, strengte sich aber an, nicht irritiert zu klingen.
Zeus warf ihm einen Blick über die Schulter zu. »Demeter und Persephone haben vor kurzem die moderne Welt der Sterblichen besucht, und wie die Erntegöttin mir mitteilte, hat sich Persephone so in ein unter dem Namen Tulsa bekanntes Königreich verliebt, dass sie mit einer Sterblichen einen Handel eingegangen ist, um regelmäßig dorthin zurückkehren zu können.«
Bacchus holte tief Luft und gab sich alle Mühe, unter dem Blick des Donnergotts nicht nervös zu werden. »Warum öffnest du dann nicht das Portal im Königreich Tulsa?«
Kopfschüttelnd wandte Zeus sich wieder der Betrachtung des gut gefüllten Saales zu. Seit dem Gespräch mit Demeter war er überzeugt, dass Tulsa nicht der Ort war, an dem junge Götter und Göttinnen unbemerkt kommen und gehen konnten.
»Nein, Bacchus. Ich habe lange darüber nachgedacht, habe die moderne sterbliche Welt durchforscht und bin zu der Ansicht gelangt, dass Las Vegas mit seiner phantasievollen Nachbildung von Cäsars Palast und dem römischen Forum die richtige Umgebung ist.« Zeus lachte leise, als er sich an die Albernheiten erinnerte, die er durch das Portal erspäht hatte.
»Aber Las Vegas ist mein Reich! Du weißt, wie viel Zeit ich darauf verwendet habe, mir Caesars Palace und das Forum zu eigen zu machen. Wenn das Portal offen ist, mischt sich das ganze Jungvolk unter den Teil der Welt, den ich mir für mich ausgesucht habe.«
Mit funkelnden Augen fuhr Zeus zu ihm herum. »Das geht entschieden zu weit! Hast du vergessen, dass ich der uneingeschränkte Herrscher unter den Göttern bin?« Wieder grollte der Donner im Hintergrund.
Hastig senkte Bacchus den Kopf. »Verzeih mir, Herr.«
»Dann pass in Zukunft besser auf, was du sagst, Bacchus. Was ich gegeben habe, kann ich jederzeit wieder wegnehmen.« Mit hartem Blick starrte er den unterlegenen Gott an, dann wandte er sich wieder der Menge zu. »Schau sie dir an. Das Portal ist erst seit kurzer Zeit offen, und dennoch spüre ich bereits eine Veränderung. Sogar die Nymphen sind schon ganz aufgeregt.« Er hielt inne und runzelte die Stirn, als ihm einfiel, dass viel zu viele hübsche Halbgöttinnen und Halbgötter sich entschieden hatten, Sterne, Blumen oder Bäume zu werden, weil ihr Leben sie so furchtbar langweilte. »Überschwang ... das ist es, was dem Olymp gefehlt hat. Und das, was Las Vegas uns wiedergibt.«
»Aber, Herr«, begann Bacchus von neuem, versuchte aber, seinen wachsenden Ärger zu verbergen, indem er einen besorgten Ton anschlug. »Du weißt doch, was passiert, wenn Götter und Göttinnen sich zu sehr in das Leben der Sterblichen einmischen. Denk nur an Troja. Erinnere dich an Medea und Jason. Oder was aus Herakles und Achilles geworden ist. Bist du bereit, die Welt der modernen Sterblichen in Chaos und Herzschmerz zu stürzen?«
»Ich muss mich nicht von Gottheiten wie dir belehren lassen.« Zeus' Stimme blieb kontrolliert, aber die Warnung war unmissverständlich. Doch dann änderte sich seine Stimmung so rasch, wie auf ein Frühlingsgewitter die Sonne folgt, und er lächelte. »Aber auch daran habe ich bereits gedacht. Ich habe bestimmte ... Einschränkungen vorgesehen ... « - Zeus betonte das Wort genüsslich - »... und diese möchte ich heute Abend bekanntmachen. Meine Kinder werden nur liebenswerte Besucher sein, die einen wohlverdienten Ausflug ins Königreich Las Vegas genießen.« Er wandte den Kopf so weit, dass Bacchus sein strenges, majestätisches Profil sehen konnte. »Damit ist die Diskussion beendet. Mein Entschluss steht fest.«
Nun blieb Bacchus nichts anderes übrig, als sich zu verbeugen und respektvoll vom Balkon zurückzuziehen, aber innerlich kochte er vor Wut. Wieder einmal wurden seine Wünsche einfach übergangen, weil Zeus seine Günstlinge bevorzugte.
Bacchus hatte sich Vegas angeeignet. Dort wurde er verehrt. Im Forum hatte er jeden Tag die Aufmerksamkeit eines großen menschlichen Publikums. Sie jubelten ihm zu. Sie liebten ihn abgöttisch. Und jetzt sollte er sein Reich mit den jungen, schönen Lieblingen des Olymps teilen?
»Wir werden sehen ... «, flüsterte er mit zusammengebissenen Zähne, während Zeus' Donnerstimme durch den Bankettsaal hallte und gespannte Stille einkehrte.
»Geliebte Kinder!«, rief Zeus und strahlte die Versammelten an. »Es freut mich sehr, dass euch mein Geschenk gefällt.« Er streckte die Arme mit geöffneten Handflächen zu den beiden Säulen im Zentrum des Saals, zwischen denen eine milchig leuchtende Scheibe waberte. »Heute Abend habe ich weitere Neuigkeiten zu verkünden - ich habe beschlossen, dass das Portal auch für unsere hübschen Nymphen und für die jungen Olympier geöffnet ist!« Einige der anwesenden weiblichen Gottheiten und Halbgottheiten stießen spitze Schreie aus, die in Zeus' Ohren wie süße Musik klangen. »Aber denkt daran, meine Schönen, dass ihr eine Welt betretet, die es nicht gewohnt ist, dass Götter und Göttinnen auf ihr wandeln. Ihr seid nicht dort, um euch in die Angelegenheiten der Sterblichen einzumischen, sondern nur, um diese einzigartige Welt zu beobachten und zu genießen. Damit ihr nicht in Versuchung geratet zu vergessen, dass ihr nur Besucher seid, habe ich entschieden, das Portal nur zu bestimmten Zeiten zu öffnen.«
Die im Saal Versammelten blickten mit leuchtenden Gesichtern zu ihm empor und lauschten gespannt. Suchend ließ Zeus den Blick über die Menge wandern, bis er Demeter entdeckte, die in hoheitsvoller Haltung neben ihrer Tochter stand. In respektvollem Gruß neigte er den Kopf vor ihr, ehe er fortfuhr.
»Die Erntegöttin hat mich informiert, dass die modernen Sterblichen die meisten ihrer Festlichkeiten innerhalb einer kurzen Abfolge von Tagen begehen, die sie als Wochenende bezeichnen. Daher wird unser Portal während dieser sogenannten Wochenenden geöffnet sein. Ihr habt also Zeit von der Abenddämmerung am Freitag bis zur Morgendämmerung am Montag, um euch mit den modernen Sterblichen zu vergnügen.«
Mit einer kleinen Handbewegung brachte er das enthusiastische Wispern zum Verstummen, das seine Worte hervorriefen.
»Und hiermit schenke ich euch also das Königreich von Las Vegas!« Der Donnergott klatschte in die Hände, die Menge jubelte, und am Himmel grollte der Donner.
Unten im Bankettsaal lachte Artemis und schüttelte liebevoll den Kopf über Zeus, ehe sie sich wieder ihrem Bruder zuwandte. »Unser Vater ist offensichtlich sehr zufrieden mit sich!«, sagte sie.
Apollo zuckte die Achseln. »Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Es ist doch einfach nur die moderne Welt der Sterblichen, kein neuer Olymp.«
Spöttisch zog Artemis eine ihrer perfekt geschwungenen goldenen Augenbrauen in die Höhe. »Das sagt ausgerechnet der Gott, der monatelang einer modernen Sterblichen in Tulsa nachspioniert hat.«
»Ich habe nur Demeter einen Gefallen getan«, antwortete Apollo allzu ungezwungen.
Artemis erwiderte nichts, aber sie beobachtete ihren Zwillingsbruder, während dieser halbherzig mit einer violetthaarigen Nymphe flirtete, die neben ihm stehengeblieben war und ihre Begeisterung darüber kundtat, dass sie jetzt endlich das Königreich Las Vegas kennenlernen würde. Kein Zweifel. Seit dem Debakel mit Persephone benahm Apollo sich seltsam.
Während Artemis ihren rubinroten Wein schlürfte, dachte sie daran, wie die Überraschung ihres Bruders über Persephones Zurückweisung und ihre seltsame Vernarrtheit in Hades sich in einen regelrechten Schock verwandelt hatte, als sich herausstellte, dass die Seele, die vorübergehend im Körper der Göttin gewohnt hatte, einer sterblichen Frau gehörte, während Persephone selbst sich als Sterbliche maskiert in der modernen Welt herumgetrieben hatte. Eine Sterbliche hatte also Apollo zurückgewiesen und sich in den Gott der Unterwelt verliebt. Artemis' schöner Mund verzog sich zu einem höhnischen Grinsen. Diese Sterblichen. Ihrer Erfahrung nach waren sie entweder mitleiderregend und brauchten ständig Betreuung, oder sie waren dermaßen von lächerlichem Hochmut erfüllt, dass sie sich letztlich selbst zerstörten. Alles in allem waren sie bestenfalls für kleine Vergnügungen oder Spielereien geeignet. Nicht dass sie sich wünschte, sich jemals mit einem von ihnen zu vergnügen, aber ihr Bruder war da anders veranlagt. Schon oft hatte er ihr lachend irgendwelche Geschichten darüber erzählt, wie er wieder einmal eine hoffnungslos naive Jungfrau verführt hatte. Artemis trank noch einen großen Schluck aus ihrem Kelch. Sicher, es war gut für eine Sterbliche, mit der Liebe eines Gottes beschenkt zu werden. Sterbliche Frauen sollten froh und dankbar sein, wenn ein Gott wie ihr Zwillingsbruder auf sie aufmerksam wurde.
Die schnatternden Nymphen waren inzwischen weggeschlendert und hatten Apollo zurückgelassen, der stumm und nachdenklich das wirbelnde Portal betrachtete. Vielleicht war das der springende Punkt. Vielleicht brauchte Apollo Ablenkung. Ihr Bruder hatte zu lange ziellos auf dem Olymp gefaulenzt und über die Zurückweisung der albernen Menschenfrau gebrütet. Er musste sich ins Gedächtnis rufen, dass Sterbliche schwache Wesen waren, die im Handumdrehen die kurze Spanne ihres hektischen Lebens gelebt hatten, leicht manipulierbar, leicht zu ersetzen.
Langsam breitete sich ein Lächeln auf ihrem makellosen Gesicht aus. Welcher Ort wäre besser, ihn an die Bedeutungslosigkeit der Sterblichen zu erinnern, als die moderne Welt, in der es von solchen Kreaturen wimmelte?
»Komm, Bruder«, sagte sie mit einem aufmunternden Lächeln. »Lass uns dem Königreich Las Vegas einen Besuch abstatten.«
...
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012
»Ich habe meine Entscheidung getroffen, Bacchus. Das Portal bleibt offen.«
Noch mitten im Satz wandte Zeus sich von dem korpulenten Gott ab, legte die Hände auf die glatte Marmorbrüstung des Balkons und blickte hinab in den Großen Bankettsaal des Olymps, in dem sich Scharen von jungen Göttern und Göttinnen tummelten. Er lächelte zufrieden. Die Unsterblichen waren an Schönheit nicht zu übertreffen, und wenn sie sich wie an diesem Abend versammelten, vereinten sich ihre Reize und strahlten heller als alle Sterne am Himmel. Doch gleich wurde sein Gesicht wieder ernst. Ganz egal, wie perfekt ihr Äußeres sein mochte, hatte er sich im Lauf der Zeiten eingestehen müssen, dass der Gruppe dort unten etwas fehlte.
Es fehlte diese erhabene, sterbliche Aura, die nur die Menschen besaßen, diese ganz besondere Lebensfreude.
Für einen Moment gab sich der oberste Herrscher der Götter einer besonders verführerischen Erinnerung hin und dachte an Aegina ... die Entzückendste aller Jungfrauen. Eine Haut wie Sahne, unwiderstehlich. Noch immer spürte er ihre einzigartige Sanftheit, mit der sie sich so bereitwillig an seinen gefiederten Rücken geschmiegt hatte, als er sich in einen mächtigen Adler verwandelt und sie weggetragen hatte, um sich mit ihr dem Liebesspiel hinzugeben. Nein, ihr Körper hatte nicht die strahlende Vollkommenheit besessen, welche der Haut einer Göttin ihren goldenen Schimmer verlieh, aber sie hatte mit einem naiven Überschwang auf seine Berührung reagiert, deren eine Göttin niemals fähig gewesen wäre.
»Überschwang!« Zeus schlug mit der flachen Hand auf die Balkonbrüstung, und als Antwort grollte Donner über den Himmel. »Das ist es, was unseren jungen Unsterblichen fehlt.« Noch immer wandte er sich Bacchus nicht zu, sondern sein Blick wanderte ruhelos über die glamouröse Versammlung. Nachdenklich kniff er die Augen zusammen. Was hatte Hera gesagt? Für sie ist die Gabe ihrer unsterblichen Macht eine Selbstverständlichkeit. Es wäre gut für sie, auch einmal eine Zeit außerhalb der Alten Welt zu verbringen. Irgendwo, wo sie nicht vergöttert und verehrt werden. Zeus musste zugeben, dass Hera meistens recht hatte, obwohl er sich oft aus gutem Grund wünschte, die Beobachtungsgabe seiner Frau wäre weniger gut ausgeprägt. Unwillkürlich zog er eine Grimasse. Er wollte den wissenden Ausdruck ihrer scharfen Augen, die ihm mitten in die Seele zu schauen schienen, lieber vergessen.
»Sie haben sich zu lange dem leichten Leben auf dem Olymp hingegeben. Es ist längst überfällig, dass sie sich unter die modernen Sterblichen mischen«, sagte er.
»Aber ich bin der einzige Unsterbliche, der jemals Interesse an der modernen Welt gezeigt hat. Warum bestehst du darauf, dass sie sich in meinem Reich breitmachen?«, wandte Bacchus ein, strengte sich aber an, nicht irritiert zu klingen.
Zeus warf ihm einen Blick über die Schulter zu. »Demeter und Persephone haben vor kurzem die moderne Welt der Sterblichen besucht, und wie die Erntegöttin mir mitteilte, hat sich Persephone so in ein unter dem Namen Tulsa bekanntes Königreich verliebt, dass sie mit einer Sterblichen einen Handel eingegangen ist, um regelmäßig dorthin zurückkehren zu können.«
Bacchus holte tief Luft und gab sich alle Mühe, unter dem Blick des Donnergotts nicht nervös zu werden. »Warum öffnest du dann nicht das Portal im Königreich Tulsa?«
Kopfschüttelnd wandte Zeus sich wieder der Betrachtung des gut gefüllten Saales zu. Seit dem Gespräch mit Demeter war er überzeugt, dass Tulsa nicht der Ort war, an dem junge Götter und Göttinnen unbemerkt kommen und gehen konnten.
»Nein, Bacchus. Ich habe lange darüber nachgedacht, habe die moderne sterbliche Welt durchforscht und bin zu der Ansicht gelangt, dass Las Vegas mit seiner phantasievollen Nachbildung von Cäsars Palast und dem römischen Forum die richtige Umgebung ist.« Zeus lachte leise, als er sich an die Albernheiten erinnerte, die er durch das Portal erspäht hatte.
»Aber Las Vegas ist mein Reich! Du weißt, wie viel Zeit ich darauf verwendet habe, mir Caesars Palace und das Forum zu eigen zu machen. Wenn das Portal offen ist, mischt sich das ganze Jungvolk unter den Teil der Welt, den ich mir für mich ausgesucht habe.«
Mit funkelnden Augen fuhr Zeus zu ihm herum. »Das geht entschieden zu weit! Hast du vergessen, dass ich der uneingeschränkte Herrscher unter den Göttern bin?« Wieder grollte der Donner im Hintergrund.
Hastig senkte Bacchus den Kopf. »Verzeih mir, Herr.«
»Dann pass in Zukunft besser auf, was du sagst, Bacchus. Was ich gegeben habe, kann ich jederzeit wieder wegnehmen.« Mit hartem Blick starrte er den unterlegenen Gott an, dann wandte er sich wieder der Menge zu. »Schau sie dir an. Das Portal ist erst seit kurzer Zeit offen, und dennoch spüre ich bereits eine Veränderung. Sogar die Nymphen sind schon ganz aufgeregt.« Er hielt inne und runzelte die Stirn, als ihm einfiel, dass viel zu viele hübsche Halbgöttinnen und Halbgötter sich entschieden hatten, Sterne, Blumen oder Bäume zu werden, weil ihr Leben sie so furchtbar langweilte. »Überschwang ... das ist es, was dem Olymp gefehlt hat. Und das, was Las Vegas uns wiedergibt.«
»Aber, Herr«, begann Bacchus von neuem, versuchte aber, seinen wachsenden Ärger zu verbergen, indem er einen besorgten Ton anschlug. »Du weißt doch, was passiert, wenn Götter und Göttinnen sich zu sehr in das Leben der Sterblichen einmischen. Denk nur an Troja. Erinnere dich an Medea und Jason. Oder was aus Herakles und Achilles geworden ist. Bist du bereit, die Welt der modernen Sterblichen in Chaos und Herzschmerz zu stürzen?«
»Ich muss mich nicht von Gottheiten wie dir belehren lassen.« Zeus' Stimme blieb kontrolliert, aber die Warnung war unmissverständlich. Doch dann änderte sich seine Stimmung so rasch, wie auf ein Frühlingsgewitter die Sonne folgt, und er lächelte. »Aber auch daran habe ich bereits gedacht. Ich habe bestimmte ... Einschränkungen vorgesehen ... « - Zeus betonte das Wort genüsslich - »... und diese möchte ich heute Abend bekanntmachen. Meine Kinder werden nur liebenswerte Besucher sein, die einen wohlverdienten Ausflug ins Königreich Las Vegas genießen.« Er wandte den Kopf so weit, dass Bacchus sein strenges, majestätisches Profil sehen konnte. »Damit ist die Diskussion beendet. Mein Entschluss steht fest.«
Nun blieb Bacchus nichts anderes übrig, als sich zu verbeugen und respektvoll vom Balkon zurückzuziehen, aber innerlich kochte er vor Wut. Wieder einmal wurden seine Wünsche einfach übergangen, weil Zeus seine Günstlinge bevorzugte.
Bacchus hatte sich Vegas angeeignet. Dort wurde er verehrt. Im Forum hatte er jeden Tag die Aufmerksamkeit eines großen menschlichen Publikums. Sie jubelten ihm zu. Sie liebten ihn abgöttisch. Und jetzt sollte er sein Reich mit den jungen, schönen Lieblingen des Olymps teilen?
»Wir werden sehen ... «, flüsterte er mit zusammengebissenen Zähne, während Zeus' Donnerstimme durch den Bankettsaal hallte und gespannte Stille einkehrte.
»Geliebte Kinder!«, rief Zeus und strahlte die Versammelten an. »Es freut mich sehr, dass euch mein Geschenk gefällt.« Er streckte die Arme mit geöffneten Handflächen zu den beiden Säulen im Zentrum des Saals, zwischen denen eine milchig leuchtende Scheibe waberte. »Heute Abend habe ich weitere Neuigkeiten zu verkünden - ich habe beschlossen, dass das Portal auch für unsere hübschen Nymphen und für die jungen Olympier geöffnet ist!« Einige der anwesenden weiblichen Gottheiten und Halbgottheiten stießen spitze Schreie aus, die in Zeus' Ohren wie süße Musik klangen. »Aber denkt daran, meine Schönen, dass ihr eine Welt betretet, die es nicht gewohnt ist, dass Götter und Göttinnen auf ihr wandeln. Ihr seid nicht dort, um euch in die Angelegenheiten der Sterblichen einzumischen, sondern nur, um diese einzigartige Welt zu beobachten und zu genießen. Damit ihr nicht in Versuchung geratet zu vergessen, dass ihr nur Besucher seid, habe ich entschieden, das Portal nur zu bestimmten Zeiten zu öffnen.«
Die im Saal Versammelten blickten mit leuchtenden Gesichtern zu ihm empor und lauschten gespannt. Suchend ließ Zeus den Blick über die Menge wandern, bis er Demeter entdeckte, die in hoheitsvoller Haltung neben ihrer Tochter stand. In respektvollem Gruß neigte er den Kopf vor ihr, ehe er fortfuhr.
»Die Erntegöttin hat mich informiert, dass die modernen Sterblichen die meisten ihrer Festlichkeiten innerhalb einer kurzen Abfolge von Tagen begehen, die sie als Wochenende bezeichnen. Daher wird unser Portal während dieser sogenannten Wochenenden geöffnet sein. Ihr habt also Zeit von der Abenddämmerung am Freitag bis zur Morgendämmerung am Montag, um euch mit den modernen Sterblichen zu vergnügen.«
Mit einer kleinen Handbewegung brachte er das enthusiastische Wispern zum Verstummen, das seine Worte hervorriefen.
»Und hiermit schenke ich euch also das Königreich von Las Vegas!« Der Donnergott klatschte in die Hände, die Menge jubelte, und am Himmel grollte der Donner.
Unten im Bankettsaal lachte Artemis und schüttelte liebevoll den Kopf über Zeus, ehe sie sich wieder ihrem Bruder zuwandte. »Unser Vater ist offensichtlich sehr zufrieden mit sich!«, sagte sie.
Apollo zuckte die Achseln. »Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Es ist doch einfach nur die moderne Welt der Sterblichen, kein neuer Olymp.«
Spöttisch zog Artemis eine ihrer perfekt geschwungenen goldenen Augenbrauen in die Höhe. »Das sagt ausgerechnet der Gott, der monatelang einer modernen Sterblichen in Tulsa nachspioniert hat.«
»Ich habe nur Demeter einen Gefallen getan«, antwortete Apollo allzu ungezwungen.
Artemis erwiderte nichts, aber sie beobachtete ihren Zwillingsbruder, während dieser halbherzig mit einer violetthaarigen Nymphe flirtete, die neben ihm stehengeblieben war und ihre Begeisterung darüber kundtat, dass sie jetzt endlich das Königreich Las Vegas kennenlernen würde. Kein Zweifel. Seit dem Debakel mit Persephone benahm Apollo sich seltsam.
Während Artemis ihren rubinroten Wein schlürfte, dachte sie daran, wie die Überraschung ihres Bruders über Persephones Zurückweisung und ihre seltsame Vernarrtheit in Hades sich in einen regelrechten Schock verwandelt hatte, als sich herausstellte, dass die Seele, die vorübergehend im Körper der Göttin gewohnt hatte, einer sterblichen Frau gehörte, während Persephone selbst sich als Sterbliche maskiert in der modernen Welt herumgetrieben hatte. Eine Sterbliche hatte also Apollo zurückgewiesen und sich in den Gott der Unterwelt verliebt. Artemis' schöner Mund verzog sich zu einem höhnischen Grinsen. Diese Sterblichen. Ihrer Erfahrung nach waren sie entweder mitleiderregend und brauchten ständig Betreuung, oder sie waren dermaßen von lächerlichem Hochmut erfüllt, dass sie sich letztlich selbst zerstörten. Alles in allem waren sie bestenfalls für kleine Vergnügungen oder Spielereien geeignet. Nicht dass sie sich wünschte, sich jemals mit einem von ihnen zu vergnügen, aber ihr Bruder war da anders veranlagt. Schon oft hatte er ihr lachend irgendwelche Geschichten darüber erzählt, wie er wieder einmal eine hoffnungslos naive Jungfrau verführt hatte. Artemis trank noch einen großen Schluck aus ihrem Kelch. Sicher, es war gut für eine Sterbliche, mit der Liebe eines Gottes beschenkt zu werden. Sterbliche Frauen sollten froh und dankbar sein, wenn ein Gott wie ihr Zwillingsbruder auf sie aufmerksam wurde.
Die schnatternden Nymphen waren inzwischen weggeschlendert und hatten Apollo zurückgelassen, der stumm und nachdenklich das wirbelnde Portal betrachtete. Vielleicht war das der springende Punkt. Vielleicht brauchte Apollo Ablenkung. Ihr Bruder hatte zu lange ziellos auf dem Olymp gefaulenzt und über die Zurückweisung der albernen Menschenfrau gebrütet. Er musste sich ins Gedächtnis rufen, dass Sterbliche schwache Wesen waren, die im Handumdrehen die kurze Spanne ihres hektischen Lebens gelebt hatten, leicht manipulierbar, leicht zu ersetzen.
Langsam breitete sich ein Lächeln auf ihrem makellosen Gesicht aus. Welcher Ort wäre besser, ihn an die Bedeutungslosigkeit der Sterblichen zu erinnern, als die moderne Welt, in der es von solchen Kreaturen wimmelte?
»Komm, Bruder«, sagte sie mit einem aufmunternden Lächeln. »Lass uns dem Königreich Las Vegas einen Besuch abstatten.«
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© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012
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Autoren-Porträt von P. C. Cast
Cast, P.C.P.C. Cast ist die Autorin der zwölfbändigen House of Night-Serie. Sie wuchs in Illinois und Oklahoma auf und arbeitete viele Jahre als Lehrerin, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Ihre Bücher erreichten eine Gesamtauflage von über zwanzig Millionen Exemplaren und erschienen in mehr als vierzig Ländern. Die Autorin lebt mit ihrer Familie und ihren geliebten Katzen, Hunden und Pferden in Oregon. Strüh, ChristineChristine Strüh, geboren 1954, lebt in Berlin. Sie ist Übersetzerin von Gillian Flynn, Cecelia Ahern, Judy Blume, Pete Hamill, Laini Taylor und anderen.
Bibliographische Angaben
- Autor: P. C. Cast
- 2012, 2. Aufl., 464 Seiten, Maße: 12,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Anna Julia Strüh, Christine Strüh
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596193850
- ISBN-13: 9783596193851
- Erscheinungsdatum: 04.10.2012
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