Halo
Drei Engel werden gesandt, um das Gute in die Welt zu bringen: Gabriel, Ivy und der Teenie Bethany. Doch Bethany verliebt sich in einen sterblichen Jungen. Ist sie stark genug, die Welt und sich selbst gegen die Dunklen Mächte zu retten? Ist die Liebe stärker als das Böse?
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Produktinformationen zu „Halo “
Drei Engel werden gesandt, um das Gute in die Welt zu bringen: Gabriel, Ivy und der Teenie Bethany. Doch Bethany verliebt sich in einen sterblichen Jungen. Ist sie stark genug, die Welt und sich selbst gegen die Dunklen Mächte zu retten? Ist die Liebe stärker als das Böse?
Klappentext zu „Halo “
In dem verschlafenen Ort Venus Cove scheint die Welt noch in Ordnung. Doch dunkle Mächte sammeln sich, immer öfter kommt es zu unerklärlichen Todesfällen. Bis eines Nachts drei Engel auf der Erde landen, vom Himmel gesandt, um dem Bösen Einhalt zu gebieten. Fasziniert vom Leben der Menschen, mischt sich Bethany, die jüngste und unerfahrenste der drei himmlischen Geschwister, unter die Schüler der Highschool- und verliebt sich Hals über Kopf in den attraktiven Schulsprecher Xavier. Doch ihre Liebe bringt die Mission der Engel in Gefahr, denn niemand darf über ihre eigentliche Herkunft Bescheid wissen. Und schlimmer als der Zorn des Himmels ist die Bedrohung durch das Böse, das bereits ein Auge auf Bethany geworfen hat ...«Adornettos Dialoge lesen sich frisch und realistisch.» new york times book review
«... ein Genuss!» publishers weekly
Romantisch, fantastisch und übersinnlich: Drei Geschwister mit direktem Draht nach ganz oben sind die Schlüsselfiguren in dieser faszinierenden Trilogie von Alexandra Adornetto. Und das passiert in Band 1, "Halo":
Venus Cove, eine verschlafene Küstenstadt in Westaustralien. Doch das Idyll ist in Gefahr, die ewige Dunkelheit naht. Da tauchen die drei Geschwister Gabriel, Ivy und Bethany auf. Himmelsboten, zur Erde gesandt, um dem Bösen Einhalt zu gebieten. Anfänglich gelingt es ihnen, ihr überirdisches Leuchten, ihre übermenschlichen Kräfte und auch ihre Flügel vor den Menschen zu verbergen. Doch die Jüngste, Bethany, brennt vor Neugierde und ist fasziniert vom Leben auf der Erde. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie anfängt, Regeln zu brechen - und sich in den gutaussehenden Schulsprecher Xavier verliebt. Die Mission droht zu scheitern. Die Situation spitzt sich zu, als ein Junge namens Jake Thorn neu an die Schule kommt. Jake ist charmant, verführerisch - und tödlich. Und er will Bethany für sich.h, fantastisch und übersinnlich: Drei Geschwister mit direktem Draht nach ganz oben sind die Schlüsselfiguren in dieser faszinierenden Trilogie von Alexandra Adornetto. Und das passiert in Band 1, "Halo":
Venus Cove, eine verschlafene Küstenstadt in Westaustralien. Doch das Idyll ist in Gefahr, die ewige Dunkelheit naht. Da tauchen die drei Geschwister Gabriel, Ivy und Bethany auf. Himmelsboten, zur Erde gesandt, um dem Bösen Einhalt zu gebieten. Anfänglich gelingt es ihnen, ihr überirdisches Leuchten, ihre übermenschlichen Kräfte und auch ihre Flügel vor den Menschen zu verbergen. Doch die Jüngste, Bethany, brennt vor Neugierde und ist fasziniert vom Leben auf der Erde. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie anfängt, Regeln zu brechen - und sich in den gutaussehenden Schulsprecher Xavier verliebt. Die Mission droht zu scheitern. Die Situation spitzt sich zu, als ein Junge namens Jake Thorn neu an die Schule kommt. Jake ist charmant, verführerisch - und tödlich. Und er will Bethany
Venus Cove, eine verschlafene Küstenstadt in Westaustralien. Doch das Idyll ist in Gefahr, die ewige Dunkelheit naht. Da tauchen die drei Geschwister Gabriel, Ivy und Bethany auf. Himmelsboten, zur Erde gesandt, um dem Bösen Einhalt zu gebieten. Anfänglich gelingt es ihnen, ihr überirdisches Leuchten, ihre übermenschlichen Kräfte und auch ihre Flügel vor den Menschen zu verbergen. Doch die Jüngste, Bethany, brennt vor Neugierde und ist fasziniert vom Leben auf der Erde. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie anfängt, Regeln zu brechen - und sich in den gutaussehenden Schulsprecher Xavier verliebt. Die Mission droht zu scheitern. Die Situation spitzt sich zu, als ein Junge namens Jake Thorn neu an die Schule kommt. Jake ist charmant, verführerisch - und tödlich. Und er will Bethany für sich.h, fantastisch und übersinnlich: Drei Geschwister mit direktem Draht nach ganz oben sind die Schlüsselfiguren in dieser faszinierenden Trilogie von Alexandra Adornetto. Und das passiert in Band 1, "Halo":
Venus Cove, eine verschlafene Küstenstadt in Westaustralien. Doch das Idyll ist in Gefahr, die ewige Dunkelheit naht. Da tauchen die drei Geschwister Gabriel, Ivy und Bethany auf. Himmelsboten, zur Erde gesandt, um dem Bösen Einhalt zu gebieten. Anfänglich gelingt es ihnen, ihr überirdisches Leuchten, ihre übermenschlichen Kräfte und auch ihre Flügel vor den Menschen zu verbergen. Doch die Jüngste, Bethany, brennt vor Neugierde und ist fasziniert vom Leben auf der Erde. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie anfängt, Regeln zu brechen - und sich in den gutaussehenden Schulsprecher Xavier verliebt. Die Mission droht zu scheitern. Die Situation spitzt sich zu, als ein Junge namens Jake Thorn neu an die Schule kommt. Jake ist charmant, verführerisch - und tödlich. Und er will Bethany
Lese-Probe zu „Halo “
Halo von Alexandra Adornetto1
Hinabgestiegen auf die Erde
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Unsere Ankunft verlief nicht ganz nach Plan. Ich erinnere mich, dass es kurz vor Tagesanbruch war, als wir landeten, da die Straßenlaternen noch brannten. Wir hatten gehofft, dass niemand unseren Abstieg bemerken würde, was uns auch fast gelang, abgesehen von einem dreizehnjährigen Jungen, der Zeitungen austrug.
Er war mit dem Fahrrad unterwegs, die zusammengerollten Zeitungen waren in Plastikfolie verpackt. Es war neblig, und der Junge trug eine Jacke mit Kapuze. Er warf die Zeitungen vom Fahrrad aus in Richtung der Häuser, wo sie dumpf in den Einfahrten oder auf den Veranden landeten. Das Ganze schien für ihn eine Art Geschicklichkeitsspiel zu sein, denn wenn er gut gezielt hatte, lächelte er zufrieden. Das Bellen eines Jack Russell Terriers hinter einem Zaun kündigte unsere Ankunft an.
Der Junge blickte gerade im richtigen Moment nach oben, um eine Säule aus weißem Licht zu sehen, die gleich wieder in den Wolken verschwand und mitten auf der Straße drei gespenstisch wirkende Fremde zurückließ. Obwohl wir menschliche Gestalt hatten, erschreckte ihn irgendetwas an uns - vielleicht unsere Haut, die so hell schimmerte wie der Mond, oder unsere vom Abstieg zerfetzten weißen Reisegewänder. Vielleicht war es der Blick, mit dem wir unsere Gliedmaßen betrachteten, so als ob wir keine Ahnung hätten, was wir mit ihnen anfangen sollten, oder der Wasserdampf, der uns noch im Haar hing. Doch warum auch immer, der Junge verlor das Gleichgewicht, sein Fahrrad geriet ins Schleudern, und er stürzte in den Rinnstein. Er rappelte sich wieder auf und stand für einige Sekunden wie gelähmt da. Er schien gleichermaßen von Panik wie von Neugierde erfüllt zu sein. Wir streckten ihm alle gleichzeitig die Hände entgegen, in der Hoffnung, dass diese Geste ihn beruhigen würde. Aber wir vergaßen dabei zu lächeln. Bis wir uns daran erinnerten, wie das ging, war es zu spät. Als wir doch noch ein Lächeln versuchten und dabei unsere Münder verzerrten, drehte sich der Junge auf der Stelle um und rannte davon. Es war für uns noch sehr eigenartig, einen Körper zu besitzen - er hatte so viele verschiedene Teile, die gleichzeitig betätigt werden mussten, wie bei einer komplizierten Maschine. Die Muskeln in meinem Gesicht und meinem Körper waren steif, meine Beine zitterten wie bei einem Kleinkind, das seine ersten Schritte versuchte, und meine Augen hatten sich noch nicht an das gedämpfte Licht auf der Erde gewöhnt. Wir kamen von einem Ort, an dem gleißende Helligkeit herrschte. Schatten war für uns etwas Fremdartiges.
Gabriel ging zu dem Fahrrad, dessen Vorderrad sich immer noch drehte, stellte es auf und lehnte es an den nächsten Zaun. Der Junge würde später zurückkommen und es holen.
Ich stellte mir vor, wie er bei sich zu Hause zur Tür hineinstürmte und seinen überraschten Eltern die Geschichte erzählte. Seine Mutter würde ihm das Haar aus der Stirn streichen, um zu prüfen, ob er Fieber hatte. Sein übernächtigter Vater würde irgendeine Bemerkung über die Fähigkeit des Gehirns machen, uns einen Streich zu spielen, wenn es nichts zu tun hatte.
Wir fanden die Byron Street und liefen auf der Suche nach der Hausnummer fünfzehn den unebenen Fußweg entlang. Unsere Sinne wurden bereits von allen Seiten bestürmt. Wie lebendig und vielfältig die Farben waren! Wir waren von einer reinweißen Welt in eine Straße gelangt, die wie die Farbpalette eines Malers wirkte. Abgesehen von den Farben hatte alles auch seine eigene Struktur und Form. Der Wind fuhr mir über die Fingerspitzen und fühlte sich so lebendig an, als könnte ich ihn ergreifen und festhalten. Ich öffnete den Mund und schmeckte die frische, beißende Luft. Ich nahm den Geruch von Benzin und angebranntem Toast wahr, vermischt mit Tannennadeln und dem deutlichen Geruch des Meeres. Das Schlimmste waren die Geräusche. Der Wind schien zu heulen, und der Klang des Meeres, das gegen die Klippen schlug, dröhnte in meinem Kopf wie der Lärm einer tobenden Menschenmenge. Ich konnte alles hören, was in der Straße geschah: Ein Auto wurde angelassen, eine Tür zugeschlagen. Ein Baby weinte, eine alte Hollywoodschaukel quietschte im Wind.
«Du wirst lernen, die Geräusche zu filtern», sagte Gabriel. Der Klang seiner Stimme erschreckte mich. Zu Hause kommunizierten wir ohne Sprache. Jetzt stellte ich fest, dass Gabriels menschliche Stimme tief und sehr anziehend war.
«Wie lange wird das dauern?» Ich zuckte zusammen, als der schrille Schrei einer Möwe über mir ertönte. Ich hörte meine eigene Stimme, die so melodisch klang wie Flötenspiel.
«Nicht lange», antwortete Gabriel. «Es geht leichter, wenn du dich nicht dagegen wehrst.»
Die Byron Street verlief bergauf und erreichte den Gipfel. Und dort, an ihrem höchsten Punkt, stand unser neues Haus. Ivy war sofort verzaubert.
«Oh, seht doch!» Sie klatschte entzückt in die Hände. «Es hat sogar einen Namen!» Das Haus war nach der Straße benannt, auf einem Kupferschild stand in eleganter Schrift BYRON. Wir fanden später heraus, dass die benachbarten Straßen nach anderen englischen Dichtern der Romantik hießen: Keats Grove, Coleridge Street, Blake Avenue. Haus Byron sollte während unserer Zeit auf der Erde sowohl unser Heim als auch unser Zufluchtsort sein. Es war ein altes Haus aus mit Efeu bewachsenem Sandstein, ein Stück von der Straße zurückgesetzt, hinter einem schmiedeeisernen Zaun mit Flügeltor, und es hatte eine ehrwürdige, klassisch anmutende Fassade. Ein Kiesweg führte zur Haustür, von der die Farbe abblätterte. Den Vorgarten überragte eine stattliche Ulme in einem Meer aus wilden Blumen. Seitlich am Zaun wuchsen unzählige Hortensien, deren pastellfarbene Köpfe in der morgendlichen Kälte zitterten. Ich mochte das Haus - es sah aus, als wäre es gebaut, um allem Ungemach zu trotzen.
«Bethany, gib mir den Schlüssel», sagte Gabriel. Auf den Hausschlüssel aufzupassen war die einzige Aufgabe, mit der man mich betraut hatte. Ich wühlte in den tiefen Taschen meines Kleides.
«Er muss hier irgendwo sein», versicherte ich ihm. «Bitte, sag nicht, dass du ihn schon verloren hast.» «Wir sind immerhin gerade vom Himmel gefallen», sagte
ich entrüstet. «Dabei kann schon mal etwas verlorengehen.»
Ivy fing an zu lachen. «Du trägst ihn um den Hals.»
Ich atmete erleichtert auf. Dann nahm ich die Kette ab und gab sie Gabriel. Als wir den Hausflur betraten, sahen wir, dass keine Mühen gescheut worden waren, um alles für uns vorzubereiten. Unsere Vorhut, die Göttlichen Gesandten, hatten auf jede Kleinigkeit geachtet und peinlich genau gearbeitet.
Das ganze Haus wirkte hell. Es hatte hohe Decken und lichte Räume. Vom Flur aus ging nach links ein Musikzimmer ab und nach rechts das Wohnzimmer. Dahinter öffnete sich hinter einem Arbeitszimmer ein gepflasterter Hof. An der Rückseite des Hauses lag ein Anbau, der modernisiert und zu einer großen Küche aus Marmor und Stahl umgebaut worden war. Sie ging in einen großen Raum mit Orientteppichen und bequemen Sofas über. Schiebetüren öffneten sich zu einer weitläufigen Holzterrasse. Im oberen Stockwerk lagen die Schlafzimmer und ein großes Badezimmer mit Marmorwaschtischen und einer im Boden eingelassenen Badewanne. Als wir durch das Haus gingen, knarrte der Holzfußboden, als hieße er uns willkommen. Es begann leicht zu regnen, und das Prasseln der Tropfen auf dem Schieferdach klang, als spielte jemand eine Melodie auf dem Klavier.
In den ersten Wochen schliefen wir viel und versuchten uns einzuleben. Wir blieben unter uns und warteten geduldig ab, dass wir langsam eins mit uns selbst wurden. Außerdem vertieften wir uns in die Rituale des täglichen Lebens. Es gab so viel zu lernen, und das war natürlich nicht einfach. Schon wenn wir nur einen Schritt machten, waren wir überrascht, festen Boden unter den Füßen zu spüren. Wir wussten, dass alles auf der Erde aus Materie bestand, die durch einen komplexen molekularen Code verknüpft war und so die verschiedenen Stoffe, Gegenstände und Lebewesen bildete: Luft, Stein, Holz, Tiere. Aber das leibhaftig zu erfahren war etwas ganz anderes. Überall umgaben uns Hemmnisse, denen wir ausweichen mussten. Wir versuchten, dabei das unangenehme Gefühl von Klaustrophobie zu unterdrücken. Jedes Mal, wenn ich einen Gegenstand aufhob, hielt ich inne und bestaunte seine Funktion. Das Leben der Menschen war so kompliziert: Sie hatten Gegenstände, mit denen sie Wasser kochten, Steckdosen, die elektrischen Strom leiteten, und verschiedene Utensilien in der Küche und im Bad, die dazu dienten, Zeit zu sparen und das Leben komfortabler zu machen. Alles hatte seine eigene Struktur, seinen eigenen Geruch - es war wie ein Fest der Sinne. Ich wusste, dass Ivy und Gabriel am liebsten alles ausgeblendet hätten und zur glückseligen Ruhe zurückgekehrt wären, aber ich genoss jeden Moment, auch wenn es überwältigend war.
Manchmal besuchte uns abends ein gesichtsloser, weiß gekleideter Mentor, der plötzlich einfach in einem unserer Lehnstühle im Wohnzimmer saß. Wer er genau war, wussten wir nicht, nur dass er als eine Art Vermittler zwischen den Engeln auf der Erde und den Mächten oben fungierte. Es folgte in der Regel eine Besprechung, in der wir die Herausforderung der Menschwerdung diskutierten und Antworten auf unsere Fragen bekamen.
«Der Hausbesitzer hat nach Unterlagen gefragt, aus denen hervorgeht, wo wir bis jetzt gewohnt haben», sagte Ivy bei unserem ersten Treffen.
«Wir entschuldigen uns für dieses Versehen. Betrachten Sie die Sache als erledigt», antwortete der Mentor. Sein Gesicht war nicht zu sehen, aber wenn er sprach, stiegen weiße Nebelwolken hinter seinem Hut auf.
«Wie lange wird es dauern, bis wir unsere Körper vollständig unter Kontrolle haben?», wollte Gabriel wissen.
«Das hängt davon ab», sagte der Mentor. «Es sollte höchstens ein paar Wochen dauern, es sei denn, Sie wehren sich gegen die Veränderung.»
«Wie kommen die anderen Boten zurecht?», wollte Ivy wissen.
«Manche sind immer noch dabei, sich an das menschliche Leben zu gewöhnen, so wie Sie, andere haben sich sofort in den Kampf gestürzt», antwortete der Mentor. «Einige Winkel der Erde sind durchsetzt mit Boten der Finsternis.»
«Warum kriege ich von Zahnpasta Kopfschmerzen?», fragte ich. Meine Geschwister warfen mir strenge Blicke zu, aber der Mentor blieb gefasst.
«Sie enthält verschiedene chemische Bestandteile, die Bakterien abtöten sollen», sagte er. «Geben Sie sich eine Woche, dann sollten die Kopfschmerzen verschwunden sein.»
Nach jedem dieser Besuche setzten sich Gabriel und Ivy zu einer Unterredung unter vier Augen zusammen, während ich mich draußen vor der Tür herumdrückte und versuchte, ein paar Fetzen von dem Gespräch aufzuschnappen, an dem ich nicht teilhaben durfte.
Die erste große Herausforderung war, gut auf unsere Körper zu achten. Sie waren zerbrechlich. Sie brauchten Nahrung und mussten vor den Elementen geschützt werden - meiner noch mehr als der meiner Geschwister, weil ich noch so jung war. Es war mein erster Besuch auf der Erde, und ich hatte noch keine Zeit gehabt, Abwehrkräfte zu entwickeln. Gabriel war schon seit Beginn der Zeit Krieger gewesen, und Ivy war mit heilenden Kräften gesegnet. Ich war viel verletzlicher. Als ich das erste Mal im Freien spazieren ging, kam ich zitternd zurück, ich hatte nicht begriffen, dass ich unpassend gekleidet war. Gabriel und Ivy spürten die Kälte nicht. Aber trotzdem brauchten ihre Körper Pflege. Wir wunderten uns, warum wir uns gegen Mittag so schwach fühlten, bis wir uns erinnerten, dass unsere Körper regelmäßig essen mussten. Die Essenszubereitung war eine lästige Aufgabe, die unser Bruder Gabriel dankenswerterweise übernahm. In der gutsortierten Bibliothek gab es eine große Auswahl an Kochbüchern, die er von nun an Abend für Abend wälzte.
Kontakt zu Menschen beschränkten wir auf ein Minimum. Wir gingen spätabends in der nahegelegenen größeren Stadt Kingston zum Einkaufen und reagierten weder auf die Türklingel noch auf das Telefon. Lange Spaziergänge machten wir zu Zeiten, in denen die Menschen hinter geschlossenen Türen beschäftigt waren. Ab und zu gingen wir in die Stadt und setzten uns in ein Straßencafé, um die Passanten zu beobachten. Dabei versuchten wir, so zu wirken, als wären wir uns selbst genug, um keine Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Der Einzige, dem wir uns vorstellten, war Pater Mel, der Priester von St. Marks, einer kleinen Basaltkirche unten am Wasser.
«Dem Himmel sei Dank», sagte er, als er uns sah. «Ihr seid also endlich gekommen.»
Wir mochten Pater Mel, weil er keine Fragen stellte oder irgendetwas von uns forderte, er betete einfach gemeinsam mit uns. Wir hofften, dass unser unterschwelliger Einfluss in der Stadt mit der Zeit dazu führte, dass die Menschen sich wieder der Spiritualität zuwandten. Wir erwarteten nicht, dass sie praktizierende Christen wurden und jeden Sonntag in die Kirche gingen, aber wir wollten ihnen ihren Glauben zurückgeben und sie wieder lehren, an Wunder zu glauben. Selbst wenn sie auch nur auf dem Weg zum Einkaufen kurz an der Kirche anhielten und eine Kerze anzündeten, würde uns das glücklich machen.
Venus Cove war eine verschlafene Stadt am Meer, die Art von Orten, in denen sich nie etwas änderte. Wir genossen die Ruhe und machten Spaziergänge am Strand, meistens am Abend, wenn er so gut wie verlassen war. Eines Nachts gingen wir bis zum Pier und betrachteten die Boote, die dort festgemacht waren. Sie waren so bunt, als wären sie einer Postkarte entsprungen. Wir waren schon am Ende des Piers, als wir dort einen einsamen Jungen bemerkten. Er war vermutlich nicht älter als achtzehn, aber man konnte schon den Mann in ihm erahnen, der er einmal sein würde. Er trug Cargoshorts, die ihm bis zu den Knien reichten, und ein weites weißes TShirt mit kurzen Ärmeln. Seine muskulösen Beine baumelten vom Pier herunter. Neben ihm lagen ein Leinensack voller Köder und aufgerollte Schnüre. Er angelte. Wir blieben erschrocken stehen und wären am liebsten sofort umgedreht, aber er hatte uns schon gesehen.
«Hi», sagte er mit offenem Lächeln. «Schöne Nacht für einen Spaziergang.» Meine Geschwister nickten nur und rührten sich nicht. Ich fand es unhöflich, nicht zu antworten, und trat einen Schritt vor.
«Ja, das stimmt», sagte ich. Ich schätze, dass dies das erste Anzeichen meiner Schwäche war - meine menschliche Neugierde. Wir sollten den Umgang mit Menschen pflegen, aber uns niemals mit ihnen anfreunden oder sie in unsere Leben lassen. Und schon war ich dabei, diese Regeln unserer Mission zu missachten. Ich wusste, dass ich schweigen und fortgehen sollte, stattdessen aber zeigte ich auf die gebrauchten Angelschnüre des Jungen. «Hattest du heute schon Glück?»
«Ich mache das hier nur zur Entspannung», sagte er und hob den Eimer so, dass ich hineinsehen konnte. Er war leer. «Wenn ich etwas fange, werfe ich es zurück ins Wasser.»
Ich trat noch einen Schritt näher, um ihn genauer ansehen zu können. Sein Haar war walnussfarben und fiel ihm in die Stirn. In dem matten Licht hatte es einen schimmernden Glanz. Seine hellen Augen waren mandelförmig und auffallend türkisfarben. Aber es war vor allem sein Lächeln, das so anziehend war. So lächelt man also, dachte ich: ungezwungen, instinktiv und so absolut menschlich. Je länger ich den Jungen anschaute, desto mehr fühlte ich mich zu ihm hingezogen, beinahe wie von einem Magneten. Ich ignorierte Ivys warnenden Blick und machte einen weiteren Schritt auf ihn zu.
«Willst du auch mal?», bot er mir an und hielt mir seine Angel hin. Er spürte wohl meine Neugierde.
Während ich noch nach einer passenden Erwiderung suchte, antwortete Gabriel für mich. «Komm, Bethany. Wir müssen nun nach Hause gehen.»
Ich bemerkte, wie förmlich Gabriel im Vergleich zu dem Jungen sprach. Gabriels Worte klangen wie auswendig gelernt, als ob er eine Szene in einem Theaterstück spielte. Genauso kam er sich wahrscheinlich auch vor. Er hörte sich an wie ein Schauspieler in einem der alten HollywoodFilme, die ich zur Vorbereitung auf unsere Reise angeschaut hatte.
«Vielleicht nächstes Mal», sagte der Junge, der Gabriels Anspannung wahrgenommen zu haben schien. Wenn er lächelte, hatte er kleine Falten um die Augen. Irgendetwas an seinem Gesichtsausdruck sagte mir, dass er sich über uns amüsierte. Widerstrebend trennte ich mich von ihm.
«Das war so unhöflich!», sagte ich zu meinen Geschwistern, als wir außer Hörweite waren. Meine Worte überraschten mich. Seit wann machten sich Engel Gedanken darüber, dass sie zu reserviert wirkten? Seit wann verwechselte ich Gabriels kühles Auftreten mit Grobheit? Er war so geschaffen, er war nicht wie die Menschen - er verstand ihr Wesen nicht. Und trotzdem warf ich ihm vor, dass ihm menschliche Eigenschaften fehlten.
«Wir müssen vorsichtig sein, Bethany», erklärte er mir, als hätte er es mit einem ungezogenen Kind zu tun.
«Gabriel hat recht», fügte Ivy hinzu, wie immer auf der Seite unseres Bruders. «Wir sind noch nicht bereit für Kontakt zu den Menschen.»
«Ich glaube, ich bin so weit», sagte ich.
Ich drehte mich noch ein letztes Mal nach dem Jungen um. Er blickte uns lächelnd nach.
...
Copyright © 2012 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
Unsere Ankunft verlief nicht ganz nach Plan. Ich erinnere mich, dass es kurz vor Tagesanbruch war, als wir landeten, da die Straßenlaternen noch brannten. Wir hatten gehofft, dass niemand unseren Abstieg bemerken würde, was uns auch fast gelang, abgesehen von einem dreizehnjährigen Jungen, der Zeitungen austrug.
Er war mit dem Fahrrad unterwegs, die zusammengerollten Zeitungen waren in Plastikfolie verpackt. Es war neblig, und der Junge trug eine Jacke mit Kapuze. Er warf die Zeitungen vom Fahrrad aus in Richtung der Häuser, wo sie dumpf in den Einfahrten oder auf den Veranden landeten. Das Ganze schien für ihn eine Art Geschicklichkeitsspiel zu sein, denn wenn er gut gezielt hatte, lächelte er zufrieden. Das Bellen eines Jack Russell Terriers hinter einem Zaun kündigte unsere Ankunft an.
Der Junge blickte gerade im richtigen Moment nach oben, um eine Säule aus weißem Licht zu sehen, die gleich wieder in den Wolken verschwand und mitten auf der Straße drei gespenstisch wirkende Fremde zurückließ. Obwohl wir menschliche Gestalt hatten, erschreckte ihn irgendetwas an uns - vielleicht unsere Haut, die so hell schimmerte wie der Mond, oder unsere vom Abstieg zerfetzten weißen Reisegewänder. Vielleicht war es der Blick, mit dem wir unsere Gliedmaßen betrachteten, so als ob wir keine Ahnung hätten, was wir mit ihnen anfangen sollten, oder der Wasserdampf, der uns noch im Haar hing. Doch warum auch immer, der Junge verlor das Gleichgewicht, sein Fahrrad geriet ins Schleudern, und er stürzte in den Rinnstein. Er rappelte sich wieder auf und stand für einige Sekunden wie gelähmt da. Er schien gleichermaßen von Panik wie von Neugierde erfüllt zu sein. Wir streckten ihm alle gleichzeitig die Hände entgegen, in der Hoffnung, dass diese Geste ihn beruhigen würde. Aber wir vergaßen dabei zu lächeln. Bis wir uns daran erinnerten, wie das ging, war es zu spät. Als wir doch noch ein Lächeln versuchten und dabei unsere Münder verzerrten, drehte sich der Junge auf der Stelle um und rannte davon. Es war für uns noch sehr eigenartig, einen Körper zu besitzen - er hatte so viele verschiedene Teile, die gleichzeitig betätigt werden mussten, wie bei einer komplizierten Maschine. Die Muskeln in meinem Gesicht und meinem Körper waren steif, meine Beine zitterten wie bei einem Kleinkind, das seine ersten Schritte versuchte, und meine Augen hatten sich noch nicht an das gedämpfte Licht auf der Erde gewöhnt. Wir kamen von einem Ort, an dem gleißende Helligkeit herrschte. Schatten war für uns etwas Fremdartiges.
Gabriel ging zu dem Fahrrad, dessen Vorderrad sich immer noch drehte, stellte es auf und lehnte es an den nächsten Zaun. Der Junge würde später zurückkommen und es holen.
Ich stellte mir vor, wie er bei sich zu Hause zur Tür hineinstürmte und seinen überraschten Eltern die Geschichte erzählte. Seine Mutter würde ihm das Haar aus der Stirn streichen, um zu prüfen, ob er Fieber hatte. Sein übernächtigter Vater würde irgendeine Bemerkung über die Fähigkeit des Gehirns machen, uns einen Streich zu spielen, wenn es nichts zu tun hatte.
Wir fanden die Byron Street und liefen auf der Suche nach der Hausnummer fünfzehn den unebenen Fußweg entlang. Unsere Sinne wurden bereits von allen Seiten bestürmt. Wie lebendig und vielfältig die Farben waren! Wir waren von einer reinweißen Welt in eine Straße gelangt, die wie die Farbpalette eines Malers wirkte. Abgesehen von den Farben hatte alles auch seine eigene Struktur und Form. Der Wind fuhr mir über die Fingerspitzen und fühlte sich so lebendig an, als könnte ich ihn ergreifen und festhalten. Ich öffnete den Mund und schmeckte die frische, beißende Luft. Ich nahm den Geruch von Benzin und angebranntem Toast wahr, vermischt mit Tannennadeln und dem deutlichen Geruch des Meeres. Das Schlimmste waren die Geräusche. Der Wind schien zu heulen, und der Klang des Meeres, das gegen die Klippen schlug, dröhnte in meinem Kopf wie der Lärm einer tobenden Menschenmenge. Ich konnte alles hören, was in der Straße geschah: Ein Auto wurde angelassen, eine Tür zugeschlagen. Ein Baby weinte, eine alte Hollywoodschaukel quietschte im Wind.
«Du wirst lernen, die Geräusche zu filtern», sagte Gabriel. Der Klang seiner Stimme erschreckte mich. Zu Hause kommunizierten wir ohne Sprache. Jetzt stellte ich fest, dass Gabriels menschliche Stimme tief und sehr anziehend war.
«Wie lange wird das dauern?» Ich zuckte zusammen, als der schrille Schrei einer Möwe über mir ertönte. Ich hörte meine eigene Stimme, die so melodisch klang wie Flötenspiel.
«Nicht lange», antwortete Gabriel. «Es geht leichter, wenn du dich nicht dagegen wehrst.»
Die Byron Street verlief bergauf und erreichte den Gipfel. Und dort, an ihrem höchsten Punkt, stand unser neues Haus. Ivy war sofort verzaubert.
«Oh, seht doch!» Sie klatschte entzückt in die Hände. «Es hat sogar einen Namen!» Das Haus war nach der Straße benannt, auf einem Kupferschild stand in eleganter Schrift BYRON. Wir fanden später heraus, dass die benachbarten Straßen nach anderen englischen Dichtern der Romantik hießen: Keats Grove, Coleridge Street, Blake Avenue. Haus Byron sollte während unserer Zeit auf der Erde sowohl unser Heim als auch unser Zufluchtsort sein. Es war ein altes Haus aus mit Efeu bewachsenem Sandstein, ein Stück von der Straße zurückgesetzt, hinter einem schmiedeeisernen Zaun mit Flügeltor, und es hatte eine ehrwürdige, klassisch anmutende Fassade. Ein Kiesweg führte zur Haustür, von der die Farbe abblätterte. Den Vorgarten überragte eine stattliche Ulme in einem Meer aus wilden Blumen. Seitlich am Zaun wuchsen unzählige Hortensien, deren pastellfarbene Köpfe in der morgendlichen Kälte zitterten. Ich mochte das Haus - es sah aus, als wäre es gebaut, um allem Ungemach zu trotzen.
«Bethany, gib mir den Schlüssel», sagte Gabriel. Auf den Hausschlüssel aufzupassen war die einzige Aufgabe, mit der man mich betraut hatte. Ich wühlte in den tiefen Taschen meines Kleides.
«Er muss hier irgendwo sein», versicherte ich ihm. «Bitte, sag nicht, dass du ihn schon verloren hast.» «Wir sind immerhin gerade vom Himmel gefallen», sagte
ich entrüstet. «Dabei kann schon mal etwas verlorengehen.»
Ivy fing an zu lachen. «Du trägst ihn um den Hals.»
Ich atmete erleichtert auf. Dann nahm ich die Kette ab und gab sie Gabriel. Als wir den Hausflur betraten, sahen wir, dass keine Mühen gescheut worden waren, um alles für uns vorzubereiten. Unsere Vorhut, die Göttlichen Gesandten, hatten auf jede Kleinigkeit geachtet und peinlich genau gearbeitet.
Das ganze Haus wirkte hell. Es hatte hohe Decken und lichte Räume. Vom Flur aus ging nach links ein Musikzimmer ab und nach rechts das Wohnzimmer. Dahinter öffnete sich hinter einem Arbeitszimmer ein gepflasterter Hof. An der Rückseite des Hauses lag ein Anbau, der modernisiert und zu einer großen Küche aus Marmor und Stahl umgebaut worden war. Sie ging in einen großen Raum mit Orientteppichen und bequemen Sofas über. Schiebetüren öffneten sich zu einer weitläufigen Holzterrasse. Im oberen Stockwerk lagen die Schlafzimmer und ein großes Badezimmer mit Marmorwaschtischen und einer im Boden eingelassenen Badewanne. Als wir durch das Haus gingen, knarrte der Holzfußboden, als hieße er uns willkommen. Es begann leicht zu regnen, und das Prasseln der Tropfen auf dem Schieferdach klang, als spielte jemand eine Melodie auf dem Klavier.
In den ersten Wochen schliefen wir viel und versuchten uns einzuleben. Wir blieben unter uns und warteten geduldig ab, dass wir langsam eins mit uns selbst wurden. Außerdem vertieften wir uns in die Rituale des täglichen Lebens. Es gab so viel zu lernen, und das war natürlich nicht einfach. Schon wenn wir nur einen Schritt machten, waren wir überrascht, festen Boden unter den Füßen zu spüren. Wir wussten, dass alles auf der Erde aus Materie bestand, die durch einen komplexen molekularen Code verknüpft war und so die verschiedenen Stoffe, Gegenstände und Lebewesen bildete: Luft, Stein, Holz, Tiere. Aber das leibhaftig zu erfahren war etwas ganz anderes. Überall umgaben uns Hemmnisse, denen wir ausweichen mussten. Wir versuchten, dabei das unangenehme Gefühl von Klaustrophobie zu unterdrücken. Jedes Mal, wenn ich einen Gegenstand aufhob, hielt ich inne und bestaunte seine Funktion. Das Leben der Menschen war so kompliziert: Sie hatten Gegenstände, mit denen sie Wasser kochten, Steckdosen, die elektrischen Strom leiteten, und verschiedene Utensilien in der Küche und im Bad, die dazu dienten, Zeit zu sparen und das Leben komfortabler zu machen. Alles hatte seine eigene Struktur, seinen eigenen Geruch - es war wie ein Fest der Sinne. Ich wusste, dass Ivy und Gabriel am liebsten alles ausgeblendet hätten und zur glückseligen Ruhe zurückgekehrt wären, aber ich genoss jeden Moment, auch wenn es überwältigend war.
Manchmal besuchte uns abends ein gesichtsloser, weiß gekleideter Mentor, der plötzlich einfach in einem unserer Lehnstühle im Wohnzimmer saß. Wer er genau war, wussten wir nicht, nur dass er als eine Art Vermittler zwischen den Engeln auf der Erde und den Mächten oben fungierte. Es folgte in der Regel eine Besprechung, in der wir die Herausforderung der Menschwerdung diskutierten und Antworten auf unsere Fragen bekamen.
«Der Hausbesitzer hat nach Unterlagen gefragt, aus denen hervorgeht, wo wir bis jetzt gewohnt haben», sagte Ivy bei unserem ersten Treffen.
«Wir entschuldigen uns für dieses Versehen. Betrachten Sie die Sache als erledigt», antwortete der Mentor. Sein Gesicht war nicht zu sehen, aber wenn er sprach, stiegen weiße Nebelwolken hinter seinem Hut auf.
«Wie lange wird es dauern, bis wir unsere Körper vollständig unter Kontrolle haben?», wollte Gabriel wissen.
«Das hängt davon ab», sagte der Mentor. «Es sollte höchstens ein paar Wochen dauern, es sei denn, Sie wehren sich gegen die Veränderung.»
«Wie kommen die anderen Boten zurecht?», wollte Ivy wissen.
«Manche sind immer noch dabei, sich an das menschliche Leben zu gewöhnen, so wie Sie, andere haben sich sofort in den Kampf gestürzt», antwortete der Mentor. «Einige Winkel der Erde sind durchsetzt mit Boten der Finsternis.»
«Warum kriege ich von Zahnpasta Kopfschmerzen?», fragte ich. Meine Geschwister warfen mir strenge Blicke zu, aber der Mentor blieb gefasst.
«Sie enthält verschiedene chemische Bestandteile, die Bakterien abtöten sollen», sagte er. «Geben Sie sich eine Woche, dann sollten die Kopfschmerzen verschwunden sein.»
Nach jedem dieser Besuche setzten sich Gabriel und Ivy zu einer Unterredung unter vier Augen zusammen, während ich mich draußen vor der Tür herumdrückte und versuchte, ein paar Fetzen von dem Gespräch aufzuschnappen, an dem ich nicht teilhaben durfte.
Die erste große Herausforderung war, gut auf unsere Körper zu achten. Sie waren zerbrechlich. Sie brauchten Nahrung und mussten vor den Elementen geschützt werden - meiner noch mehr als der meiner Geschwister, weil ich noch so jung war. Es war mein erster Besuch auf der Erde, und ich hatte noch keine Zeit gehabt, Abwehrkräfte zu entwickeln. Gabriel war schon seit Beginn der Zeit Krieger gewesen, und Ivy war mit heilenden Kräften gesegnet. Ich war viel verletzlicher. Als ich das erste Mal im Freien spazieren ging, kam ich zitternd zurück, ich hatte nicht begriffen, dass ich unpassend gekleidet war. Gabriel und Ivy spürten die Kälte nicht. Aber trotzdem brauchten ihre Körper Pflege. Wir wunderten uns, warum wir uns gegen Mittag so schwach fühlten, bis wir uns erinnerten, dass unsere Körper regelmäßig essen mussten. Die Essenszubereitung war eine lästige Aufgabe, die unser Bruder Gabriel dankenswerterweise übernahm. In der gutsortierten Bibliothek gab es eine große Auswahl an Kochbüchern, die er von nun an Abend für Abend wälzte.
Kontakt zu Menschen beschränkten wir auf ein Minimum. Wir gingen spätabends in der nahegelegenen größeren Stadt Kingston zum Einkaufen und reagierten weder auf die Türklingel noch auf das Telefon. Lange Spaziergänge machten wir zu Zeiten, in denen die Menschen hinter geschlossenen Türen beschäftigt waren. Ab und zu gingen wir in die Stadt und setzten uns in ein Straßencafé, um die Passanten zu beobachten. Dabei versuchten wir, so zu wirken, als wären wir uns selbst genug, um keine Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Der Einzige, dem wir uns vorstellten, war Pater Mel, der Priester von St. Marks, einer kleinen Basaltkirche unten am Wasser.
«Dem Himmel sei Dank», sagte er, als er uns sah. «Ihr seid also endlich gekommen.»
Wir mochten Pater Mel, weil er keine Fragen stellte oder irgendetwas von uns forderte, er betete einfach gemeinsam mit uns. Wir hofften, dass unser unterschwelliger Einfluss in der Stadt mit der Zeit dazu führte, dass die Menschen sich wieder der Spiritualität zuwandten. Wir erwarteten nicht, dass sie praktizierende Christen wurden und jeden Sonntag in die Kirche gingen, aber wir wollten ihnen ihren Glauben zurückgeben und sie wieder lehren, an Wunder zu glauben. Selbst wenn sie auch nur auf dem Weg zum Einkaufen kurz an der Kirche anhielten und eine Kerze anzündeten, würde uns das glücklich machen.
Venus Cove war eine verschlafene Stadt am Meer, die Art von Orten, in denen sich nie etwas änderte. Wir genossen die Ruhe und machten Spaziergänge am Strand, meistens am Abend, wenn er so gut wie verlassen war. Eines Nachts gingen wir bis zum Pier und betrachteten die Boote, die dort festgemacht waren. Sie waren so bunt, als wären sie einer Postkarte entsprungen. Wir waren schon am Ende des Piers, als wir dort einen einsamen Jungen bemerkten. Er war vermutlich nicht älter als achtzehn, aber man konnte schon den Mann in ihm erahnen, der er einmal sein würde. Er trug Cargoshorts, die ihm bis zu den Knien reichten, und ein weites weißes TShirt mit kurzen Ärmeln. Seine muskulösen Beine baumelten vom Pier herunter. Neben ihm lagen ein Leinensack voller Köder und aufgerollte Schnüre. Er angelte. Wir blieben erschrocken stehen und wären am liebsten sofort umgedreht, aber er hatte uns schon gesehen.
«Hi», sagte er mit offenem Lächeln. «Schöne Nacht für einen Spaziergang.» Meine Geschwister nickten nur und rührten sich nicht. Ich fand es unhöflich, nicht zu antworten, und trat einen Schritt vor.
«Ja, das stimmt», sagte ich. Ich schätze, dass dies das erste Anzeichen meiner Schwäche war - meine menschliche Neugierde. Wir sollten den Umgang mit Menschen pflegen, aber uns niemals mit ihnen anfreunden oder sie in unsere Leben lassen. Und schon war ich dabei, diese Regeln unserer Mission zu missachten. Ich wusste, dass ich schweigen und fortgehen sollte, stattdessen aber zeigte ich auf die gebrauchten Angelschnüre des Jungen. «Hattest du heute schon Glück?»
«Ich mache das hier nur zur Entspannung», sagte er und hob den Eimer so, dass ich hineinsehen konnte. Er war leer. «Wenn ich etwas fange, werfe ich es zurück ins Wasser.»
Ich trat noch einen Schritt näher, um ihn genauer ansehen zu können. Sein Haar war walnussfarben und fiel ihm in die Stirn. In dem matten Licht hatte es einen schimmernden Glanz. Seine hellen Augen waren mandelförmig und auffallend türkisfarben. Aber es war vor allem sein Lächeln, das so anziehend war. So lächelt man also, dachte ich: ungezwungen, instinktiv und so absolut menschlich. Je länger ich den Jungen anschaute, desto mehr fühlte ich mich zu ihm hingezogen, beinahe wie von einem Magneten. Ich ignorierte Ivys warnenden Blick und machte einen weiteren Schritt auf ihn zu.
«Willst du auch mal?», bot er mir an und hielt mir seine Angel hin. Er spürte wohl meine Neugierde.
Während ich noch nach einer passenden Erwiderung suchte, antwortete Gabriel für mich. «Komm, Bethany. Wir müssen nun nach Hause gehen.»
Ich bemerkte, wie förmlich Gabriel im Vergleich zu dem Jungen sprach. Gabriels Worte klangen wie auswendig gelernt, als ob er eine Szene in einem Theaterstück spielte. Genauso kam er sich wahrscheinlich auch vor. Er hörte sich an wie ein Schauspieler in einem der alten HollywoodFilme, die ich zur Vorbereitung auf unsere Reise angeschaut hatte.
«Vielleicht nächstes Mal», sagte der Junge, der Gabriels Anspannung wahrgenommen zu haben schien. Wenn er lächelte, hatte er kleine Falten um die Augen. Irgendetwas an seinem Gesichtsausdruck sagte mir, dass er sich über uns amüsierte. Widerstrebend trennte ich mich von ihm.
«Das war so unhöflich!», sagte ich zu meinen Geschwistern, als wir außer Hörweite waren. Meine Worte überraschten mich. Seit wann machten sich Engel Gedanken darüber, dass sie zu reserviert wirkten? Seit wann verwechselte ich Gabriels kühles Auftreten mit Grobheit? Er war so geschaffen, er war nicht wie die Menschen - er verstand ihr Wesen nicht. Und trotzdem warf ich ihm vor, dass ihm menschliche Eigenschaften fehlten.
«Wir müssen vorsichtig sein, Bethany», erklärte er mir, als hätte er es mit einem ungezogenen Kind zu tun.
«Gabriel hat recht», fügte Ivy hinzu, wie immer auf der Seite unseres Bruders. «Wir sind noch nicht bereit für Kontakt zu den Menschen.»
«Ich glaube, ich bin so weit», sagte ich.
Ich drehte mich noch ein letztes Mal nach dem Jungen um. Er blickte uns lächelnd nach.
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Autoren-Porträt von Alexandra Adornetto
Alexandra Adornetto, geb. 1992 in Australien, veröffentlichte bereits mit 13 Jahren ihr erstes Buch, «The Shadow Thief». Der erste Band ihrer Engelstrilogie, «Halo», gelangte auf Anhieb auf die «New York Times» Bestsellerliste und ist mittlerweile in über 20 Sprachen übersetzt. Alexandra Adornetto wuchs als Tochter zweier Englischlehrer zusammen mit einer dreibeinigen Katze und zwei Hunden auf. Mittlerweile lebt und studiert sie in Los Angeles. Ihre Hobbys sind Theologie, Country Music, Schauspielerei und Gesang. Katharina Naumann ist Autorin, freie Lektorin und Übersetzerin und lebt in Hamburg. Sie hat unter anderem Werke von Jojo Moyes, Anna McPartlin und Jeanine Cummins übersetzt. Christiane Steen ist Programmleiterin und Übersetzerin. Sie lebt in Hamburg.
Bibliographische Angaben
- Autor: Alexandra Adornetto
- Altersempfehlung: Ab 14 Jahre
- 2012, 1. Auflage, 560 Seiten, Maße: 14 x 21,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Sonja Fiedler-Tresp, Katharina Naumann, Christiane Steen
- Verlag: Rowohlt TB.
- ISBN-10: 3499216000
- ISBN-13: 9783499216008
- Erscheinungsdatum: 22.02.2012
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