Harry Potter und die Kammer des Schreckens / Harry Potter Bd.2
Endlos und zäh wie Kaugummi erscheinen Harry die Sommerferien. Wenn seine Pflegeeltern, die Dursleys, nicht Angst hätten, er würde sie alle in Mistkäfer verwandeln, müsste er sicherlich die ganze Zeit im Besenschrank verbringen.
Auf das neue Schuljahr...
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Endlos und zäh wie Kaugummi erscheinen Harry die Sommerferien. Wenn seine Pflegeeltern, die Dursleys, nicht Angst hätten, er würde sie alle in Mistkäfer verwandeln, müsste er sicherlich die ganze Zeit im Besenschrank verbringen.
Auf das neue Schuljahr aber freut sich Harry sehr. Doch wie sollte es anders sein - auch dieses verläuft nicht ohne Zwischenfälle. Erst verpasst er mit seinem Freund Ron den Zug nach Hogwarts, dann läuft beim ersten Quidditch-Spiel alles schief und schließlich taucht etwas Unheimliches im Schloss auf, für das sogar der weise Dumbledore keine Erklärung hat.
Endlich wieder Schule! Einen solchen Seufzer kann nur der ausstoßen, dessen Ferien scheußlich waren: Harry Potter. Doch wie im vergangenen Schuljahr stehen nicht nur Zaubertrankunterricht und Verwandlung auf dem Programm. Ein grauenhaftes Etwas treibt sein Unwesen in der Schule. Wird Harry mit Hilfe seiner Freunde Ron und Hermine das Rätsel lösen und Hogwarts von den dunklen Mächten befreien können?
Dies ist der zweite Band der international erfolgreichen Harry-Potter-Serie, die Generationen geprägt hat.
Alle Bände der Serie:
Harry Potter und der Stein der Weisen
Harry Potter und die Kammer des Schreckens
Harry Potter und der Gefangene von Askaban
Harry Potter und der Feuerkelch
Harry Potter und der Orden des Phönix
Harry Potter und der Halbblutprinz
Harry Potter und die Heiligtümer des Todes
Die Harry-Potter-Serie ist abgeschlossen.
HarryPotter und die Kammer des Schreckens von Joanne K. Rowling
LESEPROBEEin grässlicher Geburtstag
Im Ligusterweg Nummer 4 war mal wieder bereits beimFrühstück Streit ausgebrochen. Ein lautes Kreischen aus dem Zimmer seinesNeffen Harry hatte Mr Vernon Dursley in aller Herrgottsfrühe aus dem Schlafgerissen.
»Schon das dritte Mal diese Woche!«, polterte er über denTisch hinweg. »Wenn du diese Eule nicht in den Griff kriegst, fliegt sie raus!«
Harry versuchte, übrigens nicht zum ersten Mal, die Sache zuerklären.
»Sie langweilt sich«, sagte er. »Sonst fliegt siedoch immer draußen rum. Könnte ich sie nicht wenigstens nachts rauslassen? «
»Hältst du mich für blöde?«, raunzte ihn Onkel Vernon an,während ein Stück Spiegelei in seinem buschigen Schnauzbart erzitterte. »Ichweiß doch, was passiert, wenn diese Eule rauskommt.«
Er wechselte finstere Blicke mit seiner Gattin Petunia.Harry wollte widersprechen, doch seine Worte gingen in einem lang gezogenen,lauten Rülpser unter. Urheber dessen war Dudley, der Sohn der Dursleys. »MehrSchinken.«
»In der Pfanne ist noch welcher, Schätzchen«, sagte TantePetunia und wandte sich mit verschleierten Augen ihrem verfetteten Sohn zu.»Wir müssen dich päppeln, solange wir können Mir gefallen die Geräuschenicht, die die Schulkost in deinem Magen veranstaltet.«
»Unsinn, Petunia, ich bin damals in Smeltings immersatt geworden«, warf Onkel Vernon beherzt ein. »Dudley kriegt genug, nichtwahr, mein Junge?« Dudley, dessen Hintern zu beiden Seiten des Küchenstuhlsherabhing, grinste und drehte sich zu Harry um. »Gib mir die Pfanne.«
»Du hast das Zauberwort vergessen«, sagte Harry gereizt.Dieser schlichte Satz hatte eine gewaltige Wirkung auf den Rest der Familie:Dudley riss den Mund auf und fiel mit einem küchenerschütternden Krachen vomStuhl. Mrs Dursley stieß einen spitzen Schrei aus und schlug die Hände vor denMund. Mr Dursley sprang vom Tisch auf; das Blut pulsierte wild in seinenStirnadern.
»Ich habe bitte gemeint!«, setzte Harry rasch nach. »Undnicht -«
»HABE ICH DIR NICHT GESAGT«, tobtesein Onkel und besprühte dabei den Tisch mit Spucke, »DAS WORTMIT Z KOMMT MIR IN DIESEM HAUS NICHT VOR!«
»Aber ich -«
»WIE KANNST DU ES WAGEN, DUDLEY ZU BEDROHEN! «,brüllte Onkel Vernon und hämmerte mit der Faust auf den Tisch.
»Ich hab doch nur -«
»ICH HABE DICH GEWARNT! UNTER MEINEM DACH WILL ICHNICHTS VON DEINER ABNORMITÄT HÖREN!«
Harrys Blick wanderte vom purpurroten Gesicht des Onkelshinüber zur aschfahlen Tante, die sich mühte, Dudley wieder auf die Beine zuhieven.
»Schon gut«, sagte Harry, »schon gut «
Schnaubend wie ein erschöpftes Nashorn setzte sich OnkelVernon wieder hin und beobachtete Harry aus den Winkeln seiner kleinenstechenden Augen.
Seit Harry zu Beginn der Sommerferien nach Hause gekommenwar, hatte Onkel Vernon ihn behandelt wie eine Bombe, die jeden Momenthochgehen könnte, denn Harry Potter war kein normaler Junge. In der Tatwar er so wenig normal wie überhaupt vorstellbar.
Harry Potter war ein Zauberer - ein Zauberer, der geradesein erstes Jahr in Hogwarts, der Schule für Hexerei und Zauberei, hinter sichhatte. Und mochten die Dursleys noch so unglücklich sein, weil sie ihn für dieFerien zurückhatten - das war noch lange nichts gegen Harrys Kummer.
Er vermisste Hogwarts so sehr, dass es ihm vorkam, als hätteer dauernd Magenschmerzen. Er vermisste das Schloss mit seinen Geheimgängen undGeistern, die Unterrichtsstunden (wenn auch nicht gerade Snape, den Lehrer fürZaubertränke), die Eulenpost, die Festessen in der Großen Halle, seinHimmelbett im Turmschlafsaal, die Besuche bei Hagrid, dem Wildhüter, der ineiner Hütte am Rand des Verbotenen Walds auf den Ländereien des Schlosses lebte- und vor allem Quidditch, den beliebtesten Sport in der Welt der Zauberer(sechs Torringe auf hohen Stangen, vier fliegende Bälle und vierzehn Spielerauf fliegenden Besen).
Alle Zauberbücher Harrys, den Zauberstab, die Umhänge, denKessel und den Nimbus Zweitausend, einen fliegenden Besen der Spitzenklasse,hatte Onkel Vernon, kaum hatte Harry das Haus betreten, an sich gerissen und inden Schrank unter der Treppe gesperrt. Was kümmerte es die Dursleys, dass Harryseinen festen Platz im Quidditch-Team seines Hauses verlieren konnte, wenn erden ganzen Sommer über nicht trainierte? Was scherte es die Dursleys, wennHarry in die Schule zurückkehrte ohne auch nur einen Teil seiner Hausaufgabenerledigt zu haben? Die Dursleys waren Muggel (so nannten die Zauberer Menschen,die keinen Tropfen magisches Blut in den Adern hatten), und in ihren Augen wares eine abgrundtiefe Schande, einen Zauberer in der Familie zu haben. OnkelVernon hatte sogar den Käfig von Hedwig, Harrys Eule, mit einem Vorhängeschlossversehen, damit sie niemandem in der Zaubererwelt Botschaften überbringenkonnte.
Harry sah ganz anders aus als der Rest der Familie. OnkelVernon war groß und hatte keinen Hals, dafür aber einen riesigen schwarzenSchnurrbart; Tante Petunia war pferdegesichtig und knochig; Dudley war blond,rosa und fett wie ein Schwein. Harry dagegen war klein und dünn, hatteleuchtend grüne Augen und immer zerzaustes rabenschwarzes Haar. Er trug eineBrille mit runden Gläsern und auf der Stirn hatte er eine feine Narbe, dieaussah wie ein Blitz.
Diese Narbe machte Harry sogar in der Welt der Zauberer zuetwas ganz Besonderem. Sie war das Einzige an Harry, das auf seinegeheimnisvolle Vergangenheit und damit auf den Grund hindeutete, weshalb er vorelf Jahren den Dursleys vor die Tür gelegt worden war.
Damals, im Alter von einem Jahr, überlebte Harry aufmerkwürdige Weise den Todesfluch des größten schwarzen Magiers aller Zeiten.Die meisten Hexen und Zauberer hatten immer noch Angst, dessen Namenauszusprechen: Lord Voldemort. Harrys Eltern starben bei Voldemorts Überfall,doch Harry kam mit der blitzförmigen Narbe davon. Voldemorts Macht jedoch fielin eben jenem Augenblick in sich zusammen, als es ihm misslungen war, Harry zutöten. Und keiner konnte das begreifen.
So kam es, dass die Schwester seiner toten Mutter und derenGatte Harry aufgezogen hatten. Zehn Jahre hatte er bei den Dursleys gelebt undihnen die Geschichte geglaubt, seine Narbe rühre von einem Autounfall her, beidem seine Eltern gestorben seien, und nie hatte er verstanden, warum erständig, ohne es zu wollen, merkwürdige Dinge geschehen ließ.
Und dann, genau vor einem Jahr, hatte Hogwarts ihm einenBrief geschickt, und die ganze Geschichte war aufgeflogen. Harry ging nun aufdie Zaubererschule, wo er und seine Narbe berühmt waren Doch jetzt warenSommerferien, und er war zu den Dursleys zurückgekehrt - dorthin, wo sie ihnbehandelten wie einen Hund, der aus einem stinkenden Loch gekrochen war.
Die Dursleys hatten nicht einmal daran gedacht, dass heuteHarrys zwölfter Geburtstag war. Natürlich hatte er nicht viel erwartet; einrichtiges Geschenk schon gar nicht, geschweige denn einen Kuchen - aber dasssie nicht einmal ein Wort sagen würden
In diesem Augenblick räusperte sich Onkel Vernon mitwichtiger Miene: »Nun, wie wir alle wissen, ist heute ein bedeutender Tag.«
Harry wollte seinen Ohren nicht trauen und hob den Kopf.
»Dies könnte durchaus der Tag sein, an dem ich das größteGeschäft meiner Laufbahn abschließe«, sagte Onkel Vernon. Harry wandte sichwieder seinem Toast zu.
Natürlich, dachte er verbittert, Onkel Vernon sprach vondiesem blöden Abendessen. Seit zwei Wochen redete er von nichts anderem. Einreicher Bauunternehmer und seine Frau sollten zum Abendessen kommen, und OnkelVernon hoffte, einen großen Auftrag zu landen (Onkel Vernons Firma stellte Bohrmaschinenher).
»Ich denke, wir sollten den Ablauf des Abends noch einmaldurchgehen«, sagte Onkel Vernon. »Um acht Uhr müssen wir alle bereit sein.Petunia, du bist wo -?«
»Im Salon«, sagte Tante Petunia wie aus der Pistolegeschossen, »wo ich sie herzlich in unserem Heim willkommen heiße.«
»Sehr gut. Und Dudley?«
»Ich stehe in der Diele bereit und öffne die Tür, wenn siekommen.«
Dudley setzte ein gezwungenes Lächeln auf. »Darf ich Ihnendie Jacken abnehmen, Mr und Mrs Mason?«
»Sie werden begeistert von ihm sein«, rief TantePetunia ganz hingerissen. »Vortrefflich, Dudley«, sagte Onkel Vernon. Dannwandte er sich Harry zu. »Und du?«
»Ich bin in meinem Schlafzimmer, mache keinen Mucks und tuso, als ob ich nicht da wäre«, sagte Harry mit tonloser Stimme.
»Genau«, sagte Onkel Vernon giftig.
»Und ich führe die beiden in den Salon, stelle dich vor,Petunia, und reiche ihnen die Drinks. Um acht Uhr fünfzehn -«
»- bitte ich zu Tisch«, sagte Tante Petunia. »Und Dudley, dusagst -«
»Darf ich Sie ins Speisezimmer geleiten, Mrs Mason?«, sagteDudley und bot einer unsichtbaren Dame seinen fetten Arm an.
»Mein perfekter kleiner Kavalier!«, seufzte Tante Petunia.»Und du?«, sagte Onkel Vernon und sah Harry arglistig an.
»Ich bin in meinem Schlafzimmer, mache keinen Mucks und tuso, als ob ich nicht da wäre«, sagte Harry dumpf.
»Genau. Nun, wir sollten versuchen beim Abendessen ein paarKomplimente auszustreuen. Hast du eine Idee, Petunia?«
»Vernon sagt, Sie seien ein glänzender Golfspieler,Mr Mason Sie müssen mir unbedingt verraten, wo Sie Ihr Kleid gekaufthaben, Mrs Mason «
»Bestens und Dudley?«
»Wie wärs mit: In der Schule mussten wir einen Aufsatzüber unseren Helden schreiben, Mr Mason, und ich habe über Sie geschrieben.«
Das war zu viel für Tante Petunia und auch für Harry. TantePetunia brach in Tränen aus und drückte ihren Sohn an die Brust, während Harryunter den Tisch abtauchte, damit sie sein Lachen nicht sehen konnten.
»Und du, Junge?«
Harry tauchte wieder auf und mühte sich nach Kräften, keineMiene zu verziehen.
»Ich bin in meinem Schlafzimmer, mache keinen Mucks und tuso, als ob ich nicht da wäre«, sagte er.
»Genau das wirst du tun«, sagte Onkel Vernon nachdrücklich.»Die Masons wissen nichts von dir und so soll es auch bleiben. Wenn wir fertigsind mit dem Essen, Petunia, geleitest du Mrs Mason zurück in den Salon zumKaffee, und ich spreche Mr Mason auf die Bohrer an. Mit ein bisschen Glück habeich den Auftrag noch vor den Zehnuhrnachrichten unter Dach und Fach. Und morgenum diese Zeit können wir uns schon um eine Ferienwohnung auf Mallorca kümmern.«
Harry war davon nicht gerade begeistert. Die Dursleys würdenihn auf Mallorca genauso wenig leiden können wie im Ligusterweg.
»Gut - ich fahr in die Stadt und hol die Smokings für michund Dudley ab. Und du«, raunzte er Harry an, »du gehst deiner Tante ausdem Weg, während sie sauber macht.«
Harry ging durch die Hintertür hinaus in den Garten. Es warein strahlend heller Sommertag. Er schlenderte über den Rasen, ließ sich aufdie Gartenbank sinken und sang leise für sich: »Happy Birthday to me Happy Birthday to me «
Keine Postkarten, keine Geschenke, und er würde den ganzenAbend so tun, als ob er nicht auf der Welt wäre. Niedergeschlagen starrte erdie Hecke an. Noch nie hatte er sich so einsam gefühlt. Mehr als alles anderein Hogwarts, noch mehr sogar als Quidditch, vermisste Harry seine bestenFreunde, Ron Weasley und Hermine Granger. Die allerdings schienen ihn überhauptnicht zu vermissen. Seit er hier war, hatte er keinen einzigen Brief von ihnenbekommen, obwohl Ron doch versprochen hatte, er würde Harry zu sich nach Hauseeinladen.
Harry war schon unzählige Male drauf und dran gewesen,Hedwigs Käfig mit Hilfe eines Zauberspruchs zu öffnen und sie mit einem Briefzu Ron und Hermine zu schicken, doch die Gefahr war zu groß. JugendlicheZauberer durften außerhalb der Schule nicht zaubern. Das hatte Harry denDursleys nicht gesagt; er wusste, nur ihre Angst, er könnte sie alle inMistkäfer verwandeln, hielt sie davon ab, auch ihn zu dem Zauberstab und demBesen in den Schrank zu sperren. In den ersten Wochen nach seiner Rückkehrhatte sich Harry einen Spaß daraus gemacht, sinnlose Wörter vor sich hin zumurmeln und mit anzusehen, wie Dudley, so schnell seine plumpen Beine ihntrugen, aus dem Zimmer floh. Doch nun, da er so lange nichts mehr von Ron undHermine gehört hatte, fühlte er sich der Zaubererwelt so fern, dass er sogardie Lust verlor, Dudley zu triezen - und jetzt hatten Ron und Hermine auch nochseinen Geburtstag vergessen.
Was würde er nicht alles geben für eine Nachricht ausHogwarts? Von einer Hexe oder einem Zauberer, gleich, von wem. Fast wäre erdankbar, wieder einmal seinen Erzfeind Draco Malfoy zu sehen, einfach um sichzu vergewissern, dass er nicht alles geträumt hatte
Nicht, dass sein Jahr in Hogwarts immer nur Spaß gemachthätte. Ganz am Ende des Schuljahres hatte Harry niemand anderem als demleibhaftigen Lord Voldemort ins Auge geblickt. Voldemort mochte nur einkläglicher Schatten seines alten Selbst sein, doch war er immer nochschrecklich, immer noch gerissen, und immer noch entschlossen, seine Machtzurückzugewinnen. Harry war Voldemorts Klauen ein zweites Mal entkommen, dochdiesmal nur um Haaresbreite, und selbst jetzt, Wochen später, wachte Harrynachts schweißgebadet auf und sah Voldemorts aschgraues Gesicht und seine weitaufgerissenen, wahnsinnigen Augen vor sich. Wo mochte er jetzt wohl stecken?
Jählings richtete sich Harry kerzengerade auf der Gartenbankauf. Gedankenverloren hatte er auf die Hecke gestarrt - und die Heckestarrte zurück. Zwei riesige grüne Augen waren zwischen den Blätternaufgetaucht.
Harry sprang auf und im selben Moment hörte er ein Johlenüber den Rasen schallen. »Ich weiß, was heute für ein Tag ist«, jauchzte Dudleyund watschelte auf ihn zu.
Die riesigen Augen blinzelten und verschwanden.
»Was?«, sagte Harry, ohne den Blick von der Stelle zurühren, wo er die Augen gesehen hatte.
»Ich weiß, was heute für ein Tag ist«, wiederholte Dudleyund rückte ihm ganz nahe auf den Leib.
»Gut gemacht«, sagte Harry, »hast also endlich dieWochentage auswendig gelernt?«
»Heute ist dein Geburtstag«, höhnte Dudley. »Wiesohast du eigentlich keine Karten bekommen? Hast du in dieser Schule fürMissgeburten nicht mal Freunde?«
»Wenn deine Mutter hört, dass du über meine Schule redest«, erwiderte Harry kühl.
Dudley zog die Hosen hoch, die von seinem schwabbligen Bauchherunterrutschten.
»Warum starrst du dauernd auf die Hecke?«, fragte ermisstrauisch.
»Ich überlege, was wohl der beste Zauberspruch wäre, um siein Brand zu stecken«, sagte Harry.
Dudley wich stolpernd vor ihm zurück, mit einem panischenAusdruck auf dem fetten Gesicht.
»Du k-kannst nicht - Dad hat dir gesagt, du darfst nichtz-zaubern - er würde dich aus dem Haus werfen - und du hast sonst niemanden -du hast keine Freunde, die dich aufnehmen -«
»Simsalabim!«, sagte Harry mit finsterer Stimme,»Hokus - pokus - Fidibus -«
»MAAAAMAAAA!«, heulte Dudley und während erhastig zurückwich, stolperte er über die eigenen Füße. »MAAAMAAA! Er tutes, du weißt schon, was er tut!«
Harry musste seinen kleinen Spaß teuer bezahlen. Da wederder Hecke ein Blatt fehlte noch Dudley ein Haar gekrümmt war, wusste TantePetunia, dass er nicht wirklich gezaubert hatte, und dennoch musste er sichwegducken, als sie mit der spülschaumtriefenden Pfanne zum Schlag gegen ihnausholte. Dann gab sie ihm Arbeiten auf und versprach ihm, er würde nichts zuessen bekommen, bevor er fertig wäre.
Während Dudley herumlümmelte und ihm Eiskrem schleckendzusah, putzte Harry die Fenster, wusch den Wagen, mähte den Rasen, jätete dieBlumenbeete, beschnitt und goss die Rosen und verpasste der Gartenbank einenneuen Anstrich. Am Himmel glühte die Sonne und versengte ihm den Nacken. Erhätte Dudleys Köder nicht schlucken sollen, sagte sich Harry, doch Dudley hattegenau das ausgesprochen, was er selbst gedacht hatte Vielleicht hatte er jatatsächlich keine Freunde in Hogwarts
»Ich wünschte, sie könnten den berühmten Harry Potter jetztsehen«, dachte er wütend, während er mit schmerzendem Rücken undschweißtriefendem Gesicht Dünger über die Beete streute. Es war schon halbacht, als er endlich, völlig erschöpft, Tante Petunia rufen hörte.
»Komm rein! Aber geh über die Zeitungen!«
Erleichtert trat Harry in die kühle, blitzblank schimmerndeKüche. Auf dem Kühlschrank stand der Nachtisch für heute Abend: ein riesigerBerg Schlagsahne mit kandierten Veilchenblättern. Im Herd brutzelte einSchweinebraten.
»Iss rasch auf! Die Masons kommen gleich!«, herrschte ihnTante Petunia an und deutete auf zwei Scheiben Brot und ein Stück Käse auf demKüchentisch. Sie steckte bereits in einem lachsrosa Abendkleid.
Harry wusch sich die Hände und verschlang sein karges Mahl.Kaum war er fertig, schnappte ihm Tante Petunia den Teller weg.
»Nach oben! Marsch!«
Als Harry an der Wohnzimmertür vorbeiging, erhaschte ereinen Blick auf Onkel Vernon und Dudley mit Smoking und Fliege. Gerade war eroben angelangt, da läutete es an der Tür, und Onkel Vernons wutverzerrtesGesicht erschien am Fuß der Treppe.
»Denk dran, Junge - ein Mucks, und -«
Harry schlich auf Zehenspitzen zu seinem Zimmer, glitthinein, schloss die Tür, wandte sich um und ließ sich auf sein Bett fallen.
Nur - da saß schon jemand.
© Carlsen Verlag
Übersetzung: Klaus Fritz
Autoren-Porträt von J.K. Rowling
Joanne K. Rowling begann bereits mit sechs Jahren, ihre ersten kleinen Geschichten zu schreiben. Sie las mit neun Jahren alle Romane von Ian Fleming, dem Erfinder von James Bond. Rowling kam 1990 während einer Zugfahrt auf die Idee zu den Geschichten von Harry Potter. Fünf Jahre verbrachte sie damit, sich die Zaubererwelt und die sieben Teile der Geschichte auszudenken. "Ich weiß noch unglaublich viele, teils lächerliche Details über Harrys Welt, die der Leser gar nicht wissen muss", sagt sie. Eigentlich hatte die Schottin gar nicht vorgehabt, Bücher für Kinder zu schreiben, aber dann bemerkte sie, wie gut sie sich in ihre eigene Kindheit zurückversetzen konnte. "Ich kann mich ohne Schwierigkeiten an alles ab meinem 11. Lebensjahr erinnern", erzählt sie. "Als Kind ist man sehr machtlos und deshalb hat man diese eigene Welt, zu der Erwachsene keinen Zugang haben." Auch wenn in Harrys Internat Erwachsene vorkommen, so können Harry und seine Freunde immer wieder ganz alleine ihre Erfahrungen machen – und genau dieses Gefühl, etwas alleine entscheiden zu können, lieben die jungen Leser und finden es in Harry Potters Geschichten wieder.
Joanne K. Rowling studierte zunächst Französisch und arbeitete u.a. für Amnesty International in London. Nach einem längeren Portugal-Aufenthalt kehrte sie zusammen mit ihrer Tochter nach England zurück. Als 31-jährige arbeitslose, allein erziehende Mutter schrieb sie den ersten Band der Harry-Potter-Geschichten. Bis der internationale Durchbruch kam, dauerte es noch ein paar Jahre. Der Rest ist Geschichte, in doppelter Hinsicht. Zum einen stieg das "Potter-Fieber" weltweit von Band zu Band, zum anderen hat Rowling mit dem siebten Buch "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" endgültig ihrem Helden und seiner
- Autor: J.K. Rowling
- Altersempfehlung: 10 - 99 Jahre
- 2006, 352 Seiten, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung:Fritz, Klaus
- Übersetzer: Klaus Fritz
- Verlag: Carlsen
- ISBN-10: 3551354022
- ISBN-13: 9783551354020
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