Helden des Alltags
Ein lichtbildgestützter Vortrag über die seltsamen Sitten der Nachkriegszeit
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Produktinformationen zu „Helden des Alltags “
Auch in Kaminers neuester Sammlung literarischer Alltagseindrücke geht es wieder um die absonderlichen Verhaltensweisen der ''Zweibeiner''.Es sind ganz normale Helden des Alltags, denen hier ein Denkmal gesetzt wird: ob aus Berlin oder aus Krasnojar/Sibirien.
Klappentext zu „Helden des Alltags “
Es sind die ganz normalen Helden des Alltags, denen diese unwiderstehlich charmanten Erzählungen ein Denkmal setzen: dem Gitarre spielenden Alleinunterhalter in der Fußgängerzone; den Vorkostern russischer Spezialitäten aus der Rezeptsammlung "Sowjetische Kochkunst" und anderen hoffnungslosen Optimisten. Ihre Geschichten werden begleitet von zahlreichen Schwarzweißfotografien aus Privatarchiven."Was ist das Erfolgsrezept des Schlawiners Kaminer? Es ist vor allem seine Fähigkeit, mit charmant-naivem Blick den alltäglichsten Dingen seiner Umgebung komische Geheimnisse zu entlocken, und ganz nebenbei menschliche und gesellschaftliche Fragen aufzuwerfen, die jeden bewegen. Mit lachendem Herzen sieht man den "Helden des Alltags" bei ihrer Gratwanderung zwischen Realität und Fantasie zu." Neues Deutschland
Lese-Probe zu „Helden des Alltags “
Helden des Alltags von Wladimir Kaminer und Helmut HögeLESEPROBE Menschen beim Feiern
Einmal verschlug mich das Schicksal an die Spree. Dort, an der Ecke Schiffbauerdamm/Albrechtstraße, feierten die Neuberliner Bundesbeamten aus dem Rheinland in den dortigen Kneipen Ständige Vertretung und Zum Kölner sowie in einem Hinterhof-Festzelt ihren Karneval. Immer wieder kamen lustig verkleidete Männer und Frauen aus dem Zelt an die frische Luft, sahen sich vorsichtig um und griffen sich dann hinter einigen Baustellenabsperrungen Bierbüchsen und kleine Schnapsflaschen, die sie dort deponiert hatten. Gierig nahmen sie ein paar Schlucke und stürzten sich dann erneut ins Getümmel, um weiter ihre sinnlose
Polonäse zu tanzen und wildfremden Menschen um den Hals zu fallen.
Diese Szene erinnerte mich an meinen Onkel. Jemand, der schlau genug ist und Durst hat, findet immer einen guten Grund zum Feiern. Mein Onkel zum Beispiel, der in einem kleinen ukrainischen Kaff arbeitete, war ein sehr lebenslustiger Mensch. Als junger Mann hatte er einmal an den großen Feierlichkeiten anlässlich des fünfzigjährigen Jubiläums der großen sozialistischen Oktoberrevolution teilgenommen. Dieses Fest beeindruckte ihn so tief, dass er danach nicht mehr aufhören konnte zu feiern. Immer wieder versuchte er, zum normalen Alltag zurückzukehren, allein zwei Mal machte er eine Entzugstherapie, aber alles war umsonst. Mein Onkel war zum Feiern geboren, so wie andere Menschen zum Arbeiten oder zum Fliegen geboren sind. Er konnte nirgendwo auf Dauer arbeiten, wurde stets vorzeitig entlassen und gründete keine Familie. Dafür war er der lustigste Mensch in der ganzen Stadt, und alle mochten ihn.
Er lebte zusammen mit einer dicken Katze und einem sprechenden Papagei und hatte jeden Tag ein paar wichtige Gründe zum Feiern. Ihm fiel immer was ein. So konnte er bei der Nachbarin anklopfen
© 2002 by Wilhelm Goldmann Verlag, München
Autoren-Interview mit Wladimir Kaminer
Interview mit Wladimir Kaminer
Können Sie uns etwas über Ihr Buch "Die Reise nach Trulala" erzählen?
Es geht um Falsch-Reisen und Nicht-Reisen. Erzählt wird von verfehlten Reisezielen, z.B. in den Kapiteln "Verfehltes Paris", "Die Verdeckung Amerikas" oder "Verdorben in Sibirien".
Sie sind Buchautor, schreiben für die taz und die FAZ, moderieren literarische Veranstaltungsreihen und sind DJ in der berühmten "Russendisko" des "Kaffee Burger", betätigten sich als Theaterregisseur und Schauspieler - welches ist Ihr liebstes Kind?
Alle diese Tätigkeiten gefallen mir gleich gut, sonst würde ich sie nicht machen. Natürlich frage ich mich manchmal, ob das nicht zu viel ist. Ich habe manchmal sechs verschiedene Jobs, die alle sehr viel Zeit und Fleiß erfordern. Aber aus Erfahrung weiß ich, dass man nur schwer auf die Hälfte verzichten kann, um sich auf die andere zu konzentrieren. Wenn man erst einmal angefangen hat und sich künstlerisch einsetzt, lernt man sehr viel, und es ist schade, damit aufzuhören. Das ist einer der vielen Kompromisse, die man mit sich selbst schließen muss, wenn man so aktiv bleiben will.
Sie sind 1990 nach Berlin gekommen, nachdem Sie in Moskau an der Theaterschule Tontechnik und Dramaturgie studiert hatten. Wie sind Sie hier Schriftsteller geworden?
Ich hatte lange Zeit am Theater gearbeitet, auch in Berlin, und war "kunstbeschädigt". Im Herbst 1998 entdeckte ich die so genannte Vorlesebühnen-Szene: Jede Woche lasen junge Autoren Geschichten zu verschiedensten Themen. Wichtig war ihnen, mit dem sehr verwöhnten Kneipenpublikum in ein Gespräch von gegenseitigem Interesse zu kommen. Diese Veranstaltungen sind begehrt. Es ist immer voll, und ich fand es eine sehr würdige Art, sich mit der künstlerischen und der realen Welt auseinander zu setzen und dabei noch Geld zu verdienen. Anfangs kam ich als Gast. Dann habe ich die ersten Geschichten geschrieben, natürlich in einer Kneipe. Schließlich habe ich vorgelesen... Ich schrieb und schrieb immer weiter, denn die Teilnahme an einer solchen Vorlesebühne erfordert Disziplin. Ja, und irgendwann wurde ich dann von einer Literaturagentin angesprochen, die mir anbot, ein Buch aus den Geschichten zu machen. So kam es zu meinem ersten Buch "Russendisko".
Es ist in Berlin angesiedelt.
Die Geschichten entstammen kleinen und kleinsten, oft absurden Alltagsvorkommnissen. Sind sie eher der Beobachtung oder der Fantasie entsprungen?
Ich versuche nicht, mir Geschichten auszudenken. Ich beobachte Außergewöhnliches und Unverständliches. Genau genommen will ich den Alltag aufklären helfen, damit man die Welt besser versteht und in Frieden mit ihr leben kann. Das ist eine reizvolle Aufgabe. Ich möchte keine fiktiven Geschichten schreiben.
Charakteristisch für Ihren Stil ist der Humor. Ich finde es erstaunlich, dass Sie ihn sich auch in der zunächst sehr fremden Umwelt bewahrt haben. Sie mussten diesem Leben nahe kommen. Humor aber bedeutet - Distanz.
Das ist wahrscheinlich angeboren. Ehrlich gesagt, ich halte mich gar nicht für so witzig. Auf einer Lesereise durch verschiedene deutsche Städte hat mir mal ein Mann gesagt: "Ich habe auch zwei Jahre auf der Schönhauser Allee gelebt, ich habe Ihr Berlin nicht gefunden, das ist doch alles ausgedacht. Sie werden doch, wenn Sie in Nürnberg leben, genauso viele interessante Geschichten über Nürnberg schreiben können..." Ich wusste nicht, was ich dem Mann antworten sollte. Aber ich glaube nicht, dass ich dort so viele interessante Geschichten gefunden hätte. Ein paar vielleicht...
Ihre Bücher verkaufen sich ausgezeichnet. Wer sind nach Ihren bisherigen Erfahrungen Ihre Leser?
Meine Leser sind sehr unterschiedlich. Alte und Junge, häufig sind sie im Alter meiner Eltern, und ich höre: "Danke, Herr Kaminer, Sie haben unsere Lust am Leben wieder gestärkt." Wenn man so viel unterwegs ist wie ich, bildet man sich irgendwann ein, dass man eine Botschaft hat und sucht nach Motivationen dafür. Aber eigentlich ist es der Reiz der Vorlesebühne, den ich immer noch empfinde und den ich mit hineingenommen habe in die so genannte große Literatur. Ich suche das Gespräch. Mit den Geschichten stelle ich mich vor, danach sprechen wir über das Leben. Das sind die interessantesten Momente und sie liefern immer wieder Stoff für neue Geschichten.
Sie leben gerne in Berlin?
Ja, manchmal wundert mich das selbst. Die Schönhauser Allee ist eine stark befahrene Straße, sehr laut, die U-Bahn direkt vor unserem Fenster. Aber es ist die richtige Umgebung für mich und meine Familie. Einerseits ist hier Großstadt mit allem, was dazu gehört, aber andererseits hat die Gegend etwas Dörfliches. Alle kennen sich inzwischen, und bei mir ist es so weit, dass ich schon Videofilme für umsonst ausgeliehen bekomme...
Würden Sie in einem anderen Stadtteil wohnen wollen als im Szene-Bezirk Prenzlauer Berg?
Prenzlauer Berg war doch nicht immer Szene-Bezirk. Schönhauser Allee ist auf jeden Fall kein Szene-Bezirk, traditionell stimmt das eher für den Kollwitzplatz. Dort haben wir auch ein paar Jahre gewohnt. Das Publikum hier ist eine undurchsichtige Mischung unterschiedlichster Leute: Reiche mit schicken Autos, Arme, Studenten, Künstler und Arbeiter... Und ein Verrückter - der läuft auch immer hier herum... Auf der Schönhauser Allee finden Sie keine einzige Milchkaffee- oder spezifische Künstlerkneipe und auch keine guten Restaurants. Geschäftsleute orientieren sich an Mehrheiten, und die gibt es hier nicht. Das merkt man auch bei den Wahlen. Hier haben alle Parteien gut abgeschnitten.
Welchen Eindruck haben Sie von der Wiedervereinigung der ehemals geteilten Stadt?
Die Vereinigungsprozesse, die immer noch die ganze Welt in Atem halten, sind nur zu begrüßen. Ich bin für weniger Ideologie und Politik, für mehr Anarchie im Leben. Dass viele Menschen sich verunsichert fühlen und ihnen Boden unter den Füßen fehlt, ist durchaus verständlich. Schade natürlich, sehr schade, dass viele gereizt reagieren auf diese Veränderungen. Die frühere Ideologie war die einer geteilten Nation. Jetzt muss zwangsläufig irgendetwas ganz Neues entstehen: Die beiden Teile sollen zusammenwachsen, ein neuer Typus eines Bürgers soll entstehen... Die sollen doch alle bleiben wie sie sind und weiter leben, wie es ihnen gefällt - nur, dass es diese Mauer nicht mehr gibt. Es ist doch wunderbar, dass man hin- und herfahren kann und die ganze Welt größer und offener geworden ist. Die Kulturen und Lebensweisen müssen nicht zusammenwachsen, und sie müssen sich auch nicht unbedingt mögen. Früher haben sich die Politiker leidenschaftlich geküsst und gehasst, jetzt ist das weniger und vielleicht friedlicher geworden.
Was bedeutet Heimat für Sie?
Heimat ist das Land, wo man geboren wurde und die Kindheit verbracht hat. Meine Heimat ist Russland - ein sehr schönes Land, eine tolle Heimat. Gar keine Frage. Man muss nur nicht hysterisch werden und sagen: "Meine Heimat, meine Heimat, ich kann ohne dich nicht leben." Nein, ich kann durchaus ohne meine Heimat leben und sie von ferne lieben wie jeder erwachsene Mensch, der ja auch irgendwann ohne seine Eltern lebt...
Welche menschlichen Eigenschaften - Trinkfestigkeit ausgenommen - schätzen Sie besonders?
(Grübelt) Besonders schätze ich an Menschen die Fähigkeit, nett zu den anderen zu sein, egal, wie es einem geht. Es ist so wenig und doch so viel, Distanz zu sich selbst zu gewinnen. Vielleicht trifft das Wort Lebensfreude auch besser, was ich meine. Trotz aller Umstände die Kraft zu haben, lebensfroh zu sein. Mit anderen.
Die Fragen stellte Katharina Steinke.
(Das Interview ist gekürzt und wurde erstmals veröffentlicht in: M COLLECTION, International Fashion Magazine, Deutsche Ausgabe)
Autoren-Porträt von Wladimir Kaminer, Helmut Höge
Autoren-Porträt von Wladimir Kaminer
Wladimir Kaminer wurde 1967 in Moskau geboren. Er absolvierte eine Ausbildung zum Toningenieur für Theater und Rundfunk und studierte anschließend Dramaturgie am Moskauer Theaterinstitut. Seit 1990 lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin. Kaminer veröffentlicht regelmäßig Texte in verschiedenen deutschen Zeitungen und Zeitschriften, hat eine wöchentliche Sendung namens "Wladimirs Welt" beim SFB4 Radio MultiKulti, wo er jeden Samstag seine Notizen eines Alltags-Kosmonauten zu Gehör bringt, und er organisiert im Kaffee Burger Veranstaltungen wie seine inzwischen berüchtigte "Russendisko". Mit der gleichnamigen Erzählsammlung avancierte das kreative Multitalent über Nacht zu einem der beliebtesten und gefragtesten Jungautoren in Deutschland.
Rezension zu „Helden des Alltags “
"Ein Buch, das Spaß macht und den Blick schärft für das Fremde im Alltäglichen."Produktdetails
2004, 192 Seiten, mit Abbildungen, Maße: 12,5 x 18,3 cm, Taschenbuch, Deutsch, Verlag: Goldmann, ISBN-10: 3442542146, ISBN-13: 9783442542147
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