House of Night Band 4: Ungezähmt
Zoey versteht die Welt nicht mehr. Alle Freunde wenden sich von ihr ab und sie mutiert zur Außenseiterin. Nur zwei Freunde bleiben ihr. Davon ist allerdings eine untot und die andere nicht mal gezeichnet. Dazu kommt noch, dass die Hohepriesterin...
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Produktinformationen zu „House of Night Band 4: Ungezähmt “
Zoey versteht die Welt nicht mehr. Alle Freunde wenden sich von ihr ab und sie mutiert zur Außenseiterin. Nur zwei Freunde bleiben ihr. Davon ist allerdings eine untot und die andere nicht mal gezeichnet. Dazu kommt noch, dass die Hohepriesterin Neferet den Menschen den Krieg erklärt hat. Zoey weiß, dass das ein Fehler ist, aber wer hört schon auf sie? Zoeys Leben auf dem Vampir-Internat nimmt eine gefährliche Wendung: es kommen schreckliche Pläne ans Licht und eine uralte, böse Macht erhebt sich.
Lese-Probe zu „House of Night Band 4: Ungezähmt “
House of Night – Ungezähmt von P.C. und Kristin CastEins
Irgendeine bescheuerte Krähe hielt mich mit ihrem karr, karr, karr die ganze Nacht wach. (Oder besser gesagt den ganzen Tag – ich bin ja ein Jungvampyr, da ist die Tag-und-Nacht-Geschichte genau umgekehrt.) Also, jedenfalls kriegte ich letzte Nacht/Tag null Schlaf. Wobei eine blöde schlaflose Nacht zur Zeit eindeutig zu meinen kleineren Problemen gehört.
Das Leben ist nämlich echt Mist, wenn all deine Freunde sauer auf dich sind. Ich sollte das wissen – ich bin Zoey Redbird, derzeit unumstrittene Titelverteidigerin des großen Ich-mache-meine-Freunde-sauer-Pokals.
Persephone, die große Rotschimmelstute, die mir sozusagen gehören würde, solange ich im House of Night wohnte, wandte den Kopf und schnupperte an meinem Hals. Ich gab ihr einen Kuss auf das weiche Maul und striegelte weiter ihren glänzenden Hals. Mich um Persephone zu kümmern, beruhigte mich immer und half mir nachzudenken. Und beides hatte ich momentan dringend nötig.
»Okay. Ich hab mich jetzt schon zwei Tage lang erfolgreich vor der großen Konfrontation gedrückt. Aber so kann das nicht weitergehen«, erklärte ich Persephone. »Ja, ich weiß, die sind jetzt in der Mensa beim Mittagessen und tun alle ganz dick miteinander und lassen mich total links liegen.«
Persephone schnaubte und machte sich wieder daran, ihr Heu zu kauen.
»Ja, ich finde, dass sie aber auch Idioten sind. Klar hab ich sie angelogen, aber eigentlich hab ich ihnen hauptsächlich Sachen verschwiegen. Und das war zu ihrem eigenen Besten.« Ich seufzte. Okay, dass Stevie Rae untot war, hatte ich ihnen wirklich zu ihrem eigenen Besten verschwiegen. Dass zwischen mir und Loren Blake – Meisterpoet der Vampyre und Lehrer an unserer Schule – was gelaufen war, na ja, das war eher zu meinem Besten
... mehr
gewesen.
»Aber trotzdem.« Persephone drehte ein Ohr nach hinten, um mir zuzuhören. »Die sind total vorschnell in ihrem Urteil.«
Persephone schnaubte noch einmal. Ich seufzte wieder. Mist. Viel länger konnte ich es wirklich nicht mehr hinauszögern. Ich tätschelte meiner süßen Stute noch ein letztes Mal den Hals, dann ging ich gemächlich in die Sattelkammer und legte die verschiedenen Striegel, Bürsten und Mähnenkämme zurück, mit denen ich sie jetzt eine Stunde lang bearbeitet hatte. Tief atmete ich die tröstliche Mischung aus Leder- und Pferdeduft ein, um meine Nerven zu beruhigen.
Als ich im Glas der Fensterscheibe mein Spiegelbild erblickte, fuhr ich mir automatisch mit den Fingern durch mein langes dunkles Haar, damit es nicht ganz so zerknautscht aussah. Ich war erst vor etwas mehr als zwei Monaten Gezeichnet worden und ins House of Night gekommen, aber mein Haar war schon merklich länger und kräftiger geworden. Und dass ich supertolle Haare bekam, war nur eine der vielen Veränderungen, die mit mir vorgingen. Manche davon sah man mir von außen nicht an – wie die Tatsache, dass ich eine Affinität zu allen fünf Elementen hatte.
Andere sprangen sofort ins Auge – wie die einzigartigen Tattoos, die in filigranen, fremdartigen Spiralen mein Gesicht umrahmten und sich dann (anders als bei jedem anderen Jungvampyr oder erwachsenem Vampyr) weiter über Hals und Schultern und das Rückgrat hinunter zogen – und nun auch, erst seit wenigen Tagen, um meine Taille herum liefen (ein kleines Detail, das außer mir, meiner Katze Nala und der Göttin Nyx bisher niemand kannte).
Wem hätte ich's auch zeigen sollen?
»Tja, vorgestern warst du nicht nur mit einem, sondern gleich mit drei Typen zusammen«, erklärte ich dem Ich mit den dunklen Augen und dem zynisch verzogenen Mund, das mich aus der Fensterscheibe ansah. »Aber damit hast du gründlich aufgeräumt, was? Heute hast du nicht nur absolut gar keinen Freund mehr, sondern dir wird die nächsten, keine Ahnung, hundert Millionen Jahre lang auch keiner mehr vertrauen.«
Na gut, außer Aphrodite, die vor zwei Tagen total ausgerastet und Hals über Kopf aus der Schule geflohen war, weil sie womöglich wieder zurück in einen Menschen verwandelt worden war, und Stevie Rae, die besagter ausgerasteten Aphrodite hinterher gejagt war, weil sie womöglich an ihrer Wiedermenschwerdung schuld war, als sie sich in dem von mir beschworenen Kreis von einem fiesen untoten toten Ding in eine un-untote, aber seltsam rot tätowierte Stevie Rae zurückverwandelt hatte. »Wie auch immer«, sagte ich laut zu mir selbst, »du hast es geschafft, so ungefähr bei jedem, der irgendwie mit dir zu tun hat, was falsch zu machen. Tolle Leistung!«
Meine Unterlippe hatte angefangen zu zittern, und ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stachen. Oh nein. Es würde überhaupt nichts bringen, wenn ich mir jetzt die Augen ausheulte. Ehrlich, hätte das irgendeine Wirkung, dann hätten meine Freunde und ich uns schon vor Tagen wieder vertragen und geküsst (also, nicht wirklich natürlich). Ich musste einfach auf sie zugehen und versuchen, die Dinge wieder ins Lot zu bringen.
Es war Ende Dezember, die Nacht war kühl und ein bisschen neblig. Die flackernden Gaslaternen entlang des Fußweges, der von den Ställen und Außenanlagen zum Hauptgebäude führte, hatten kleine gelbe Heiligenscheine und sahen altertümlich und wunderschön aus. Eigentlich war das ganze Schulgelände des House of Night einfach herrlich. Es wirkte viel mehr so als gehöre es zu einer König-Artus-Sage als zum einundzwanzigsten Jahrhundert. Ich liebe es, hier zu sein, rief ich mir ins Gedächtnis. Das hier ist mein Zuhause, der Ort, an den ich gehöre. Ich muss mich nur mit meinen Freunden versöhnen, dann wird alles wieder gut.
Ich kaute gerade auf meiner Unterlippe und fragte mich, was wohl die beste Versöhnungstaktik wäre, als mein angestrengtes Nachdenken von so etwas wie Flügelschläge unterbrochen wurde, die rings um mich die Luft erfüllten. Etwas an dem Geräusch ließ mir einen Schauder den Rücken hinunterlaufen. Ich sah nach oben. Da war nur Dunkelheit und Himmel und die winterkahlen Zweige der gewaltigen Eichen, die den Fußweg säumten. Ich erzitterte, weil die Nacht plötzlich nicht mehr weich und neblig wirkte, sondern finster und heimtückisch.
Halt mal – finster und heimtückisch? Was für ein Quatsch. Wahrscheinlich hatte ich gerade nur das finstere, heimtückische Rascheln des Windes in den Zweigen gehört. Himmel, ich verlor noch den Verstand.
Ich schüttelte den Kopf über mich selbst und ging weiter. Aber schon nach ein paar Schritten passierte es noch einmal. Das seltsame Flattern erzeugte sogar einen kleinen Wind, der mich umwehte und mir zehn Grad kälter vorkam als die übrige Luft. Mir kamen mir Bilder von Fledermäusen, Spinnen und ähnlichem ekligen Ungeziefer in den Kopf, und automatisch schlug ich mit der Hand wild über mir durch die Luft.
Meine Finger trafen auf keinen Widerstand, aber eisige Kälte jagte einen schneidenden Schmerz durch meine Hand. Völlig entgeistert schrie ich auf und barg die Hand schützend an der Brust. Einen Moment lang war ich einfach nur ratlos und wie betäubt vor Angst. Das Flattern wurde lauter und die Kälte größer. Da kam endlich Bewegung in mich. Ich zog den Kopf ein und tat das Einzige, was mir einfiel: ich rannte durch den nächsten Eingang in die Schule hinein.
Drinnen knallte ich die dicke Holztür hinter mir zu, drehte mich nach Atem ringend um und spähte durch das kleine Bogenfensterchen in der Tür. Die Nacht schwamm und waberte vor meinen Augen, wie schwarze Farbe, die auf einer dunklen Fläche zerläuft. Und das eisige Gefühl der Angst wollte nicht weggehen. Was war da los? Fast ohne zu begreifen, was ich tat, flüsterte ich: »Feuer, komm zu mir. Ich brauche deine Wärme.«
Das Element gehorchte sofort. Die Luft um mich erfüllte sich mit der beruhigenden Hitze eines Kaminfeuers. Während ich weiter nach draußen starrte, legte ich die Handflächen auf das raue Holz der Tür. »Dorthin auch«, flüsterte ich. »Schick deine Hitze auch nach draußen.«
Wie eine Woge aus Hitze wanderte das Element an mir vorbei, durch die Tür hindurch und in die Nacht. Ein Zischen war zu hören, wie wenn Trockeneis verdampft. Dick und träge bäumten sich die Nebelschwaden auf, mich erfasste ein kurzer Schwindel, von dem mir ein bisschen übel wurde, und die seltsa¬me Dunkelheit begann sich aufzulösen. Dann vertrieb die Hitze endlich die frostige Kälte, und so plötzlich wie sie sich verändert hatte, war die Nacht wieder ruhig und vertraut.
Was war das gerade?
Jetzt bemerkte ich wieder das Stechen in meiner Hand. Ich betrachtete sie. Über den Handrücken zogen sich rote Striemen, so als hätte etwas mit Krallen oder Klauen meine Haut aufgekratzt. Ich rieb die hochroten Wunden, die juckten wie eine Verbrennung vom Bügeleisen.
Und dann überkam mich ein Gefühl – heftig, jäh, überwältigend – und ich erkannte mit dem sechsten Sinn, der mir von der Göttin gegeben worden war, dass ich nicht allein hier sein sollte. Die Kälte, die einen Augenblick lang die Nacht heimgesucht hatte – das geisterhafte Etwas, das mir die Hand versengt und vor dem ich nach drinnen geflohen war – löste ein schreckliches Vorgefühl in mir aus, und zum ersten Mal seit langer Zeit empfand ich richtige Angst. Nicht um meine Freunde. Nicht um meine Grandma oder um meinen menschlichen Exfreund oder selbst um meine Mom, mit der ich mich ein für allemal verkracht hatte. Ich hatte Angst um mich selbst. Es war nicht mehr nur so, dass ich meine Freunde gern um mich gehabt hätte. Es war so, dass ich sie brauchte.
Während ich mir weiter die Hand rieb, setzte ich mich in Bewegung. Eines war mir jetzt klar: Lieber würde ich mich mit der Enttäuschung und Gekränktheit meiner Freunde stellen als dem Etwas, das draußen im nächtlichen Dunkel vielleicht noch auf mich wartete.
Eine Sekunde lang blieb ich dicht vor der Tür zum ›Speisesaal‹ (auch bekannt als Schulmensa) stehen, in dem Hochbetrieb herrschte, sah zu, wie die anderen Schüler sich ungezwungen und fröhlich unterhielten und wurde fast von dem Wunsch überwältigt, so sein zu können wie all die anderen Jungvampyre – ohne außergewöhnliche Fähigkeiten und die Verantwortung, die damit einherging. Eine Sekunde lang wünschte ich mir so sehr, normal zu sein, dass ich kaum noch Luft bekam.
Dann spürte ich ein sanftes Lüftchen um mich spielen, warm wie von einem unsichtbaren Feuer. Flüchtig roch es nach dem Meer, obwohl Tulsa, Oklahoma nun wirklich weit von jeder Küste entfernt lag. Ich hörte Vogelgezwitscher und erahnte den Duft von frisch gemähtem Gras. Und mein Geist erbebte vor stummer Freude über die mächtige Gabe, die meine Göttin mir geschenkt hatte – die Affinität zu allen fünf Elementen, Luft, Feuer, Wasser, Erde und Geist.
Ich war nicht normal. Ich war anders als jeder andere Jungvampyr oder Vampyr, und es war unrecht, mir etwas anderes zu wünschen. Und etwas, das Teil meines Nicht-Normal-Seins war, sagte mir, dass ich da reingehen und mit meinen Freunden Frieden schließen musste. Ich straffte meinen Rücken und sah mich ohne jedes Selbstmitleid im Raum um.
Es war nicht schwer, meine spezielle Gruppe zu finden, die wie immer in unserer üblichen Ecke saß. Ich holte tief Luft und durchquerte zügig den Speisesaal, wobei ich den Jungs und Mädchen, die hi zu mir sagten, ein kurzes Nicken oder Lächeln schenkte. Ich stellte fest, dass alle mir die übliche Mischung aus Respekt und Ehrfurcht entgegenzubringen schienen, was bedeutete, dass meine Freunde nicht überall irgendwelchen Mist über mich rumerzählt hatten. Es bedeutete außerdem, dass Neferet noch nicht zu einem offenen Angriff gegen mich aufgerufen hatte. Noch nicht.
Ich nahm mir rasch einen Salat und eine Cola. Dann marschierte ich direkt zu unserem Tisch, die Finger so fest um das Tablett gekrallt, dass sie total blutleer waren, und setzte mich wie üblich neben Damien.
Niemand sah mich an, aber ihr belangloses Geplauder erstarb sofort. So was hasse ich total. Ich meine, was ist schlimmer, als zu einer Gruppe sogenannter Freunde zu stoßen, und sie verstummen alle sofort, so dass man genau weiß, dass sie gerade über dich geredet haben? Brr.
Statt wegzurennen oder in Tränen auszubrechen, was ich am liebsten gemacht hätte, sagte ich: »Hi.« Niemand sagte etwas.
»Und, was ist los?« Ich richtete die Frage an Damien, meiner Einschätzung nach das schwächste Glied in der Wir-reden-nicht-mit-Zoey-Kette.
Leider waren es die Zwillinge, die mir antworteten, und nicht der schwule und daher viel einfühlsamere und höflichere Damien.
»Genau nichts, oder, Zwilling?«, sagte Shaunee.
»Genau, Zwilling, nichts. Weil man uns ja auch nichts anvertrauen kann«, bekräftigte Erin. »Zwilling, wusstest du schon, dass wir kein bisschen vertrauenswürdig sind?«
»Hab's erst vor Kurzem erfahren. Und du?«
»Ich auch«, schloss Erin. Okay, in Wirklichkeit sind die Zwillinge alles andere als Zwillinge. Shaunee Cole ist eine karamellfarbene Jamaika-Amerikanerin und an der Ostküste aufgewachsen. Erin Bates ist herrlich blond und kommt aus Tulsa. Die zwei lernten sich kennen, nachdem sie am selben Tag Gezeichnet und ins House of Night gekommen waren. Und die Chemie zwischen ihnen stimmte sofort – als ob so etwas wie Genetik und Geographie überhaupt nicht existieren würden. Die eine ergänzt buchstäblich die angefangenen Sätze der anderen. Und in diesem Moment starrten sie mich beide mit genau dem gleichen verärgerten, missbilligenden Blick an.
Himmel, war das ermüdend. Und es brachte mich auf die Palme. Okay, ich hatte ihnen Sachen vorenthalten. Okay, ich hatte sie angelogen. Aber ich musste es tun. Na gut – in den meisten Fällen musste ich es. Und dieses selbstgerechte Getue in doppelter Ausgabe ging mir tierisch auf die Nerven.
»Danke für die netten Kommentare. Und jetzt würde ich gern jemanden fragen, der sich nicht anhört wie diese Blair-Zicke aus Gossip Girl in Stereo.« Während die Zwillinge entrüstet den Atem einsogen, um mir was an den Kopf zu werfen, was sie irgendwann garantiert bereuen würden, wandte ich mich demonstrativ Damien zu.
»Ich glaube, eigentlich wollte ich weniger fragen >Was ist los<, als >Hat jemand von euch in letzter Zeit auch so erschreckende geisterhafte Flattererscheinungen draußen gesehen?< Hm?«
Damien ist ein hochgewachsener, echt süßer Kerl mit fein gemeißelten Gesichtszügen und ausdrucksvollen braunen Augen, die gewöhnlich voller Wärme sind. Momentan blickten sie allerdings wachsam und ziemlich eisig. »Geisterhafte Flattererscheinungen? Sorry, ich hab keine Ahnung, was du meinst.«
Es schnürte mir die Kehle ab, wie fremd er klang, aber ich sagte mir: okay, zumindest hat er die Frage beantwortet.
»Auf dem Weg vom Stall hierher hat mich irgendwas mehr oder weniger angegriffen. Ich hab nicht wirklich was gesehen, aber es war kalt und hat mich ganz scheußlich an der Hand geschrammt.« Ich hielt die Hand hoch – aber die Striemen waren verschwunden. Na super.
Shaunee und Erin schnaubten im Chor. Damien sah einfach nur furchtbar traurig aus. Ich öffnete gerade den Mund, um zu erklären, dass da noch vor wenigen Minuten eine fette Krallenspur gewesen war, da kam Jack mit einem Tablett in der Hand herbeigestürmt.
»Oh hi! Sorry, dass ich so spät bin, aber als ich mein Hemd anziehen wollte, hab ich gemerkt, dass vorne drauf ein Riesenfleck ist! Unglaublich!« Er ließ sich auf seinen Platz neben Damien fallen.
»Ein Fleck? Aber doch nicht auf dem tollen langärmligen blauen Armani-Hemd, das ich dir zu Weihnachten geschenkt habe, oder?« Damien rückte auf, um seinem Freund Platz zu machen.
»Mein Gott, nein! Auf das würde ich nie im Leben was draufkleckern. Mit dem bin ich ganz vorsichtig, weil es mein absolutes –« Abrupt verstummte er, als sein Blick auf mich fiel. Er schluckte.
»Oh, äh. Hi, Zoey. «
Ich lächelte ihm zu. »Hi, Jack.« Dass er und Damien zusammen waren, war für niemanden von uns ein Problem. So blöd sie sich mir gegenüber auch gerade benahmen – spießig oder intolerant waren meine Freunde nun wirklich nicht.
»Ich hatte dich gar nicht erwartet«, faselte Jack. »Ich dachte, du wärst noch ... äh ... na ja ... «
Er verstummte und lief sehr hübsch rosa an.
»Du dachtest, ich würde mich noch in meinem Zimmer verstecken?«, schlug ich vor.
Er nickte.
»Nein«, sagte ich fest. »Das ist vorbei.«
»Ta-di-dum«, begann Erin, aber bevor Shaunee sich wie üblich an ihrer Ablenkungstaktik beteiligen konnte, kam von der Tür ein so ungeniertes sexy Lachen, dass wir uns alle danach umdrehten.
An der Seite von Darius, einem der jüngsten (und schärfsten) Söhne des Erebos – der Kriegertruppe, die das House of Night bewachte – kam lachend Aphrodite hereingestöckelt, klimperte ihn kokett an und warf gekonnt die blonde Mähne zurück. Die Frau war schon immer ein Multitasking-Genie gewesen, aber ich war total verblüfft, wie ungezwungen, cool und vollkommen gefasst sie wirkte.
Erst vor zwei Tagen war sie fast gestorben und gleich darauf völlig ausgetickt, weil der saphirfarbene Umriss einer Mondsichel (der auf der Stirn eines jeden Jungvampyrs erschien, als Zeichen dafür, dass in ihm oder ihr die Wandlung begonnen hatte, durch die man zum Vampyr wurde,
wenn man nicht vorher starb) aus ihrem Gesicht verschwunden war.
Was bedeutete, dass sie sich irgendwie zurück in einen Menschen verwandelt hatte.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2010
»Aber trotzdem.« Persephone drehte ein Ohr nach hinten, um mir zuzuhören. »Die sind total vorschnell in ihrem Urteil.«
Persephone schnaubte noch einmal. Ich seufzte wieder. Mist. Viel länger konnte ich es wirklich nicht mehr hinauszögern. Ich tätschelte meiner süßen Stute noch ein letztes Mal den Hals, dann ging ich gemächlich in die Sattelkammer und legte die verschiedenen Striegel, Bürsten und Mähnenkämme zurück, mit denen ich sie jetzt eine Stunde lang bearbeitet hatte. Tief atmete ich die tröstliche Mischung aus Leder- und Pferdeduft ein, um meine Nerven zu beruhigen.
Als ich im Glas der Fensterscheibe mein Spiegelbild erblickte, fuhr ich mir automatisch mit den Fingern durch mein langes dunkles Haar, damit es nicht ganz so zerknautscht aussah. Ich war erst vor etwas mehr als zwei Monaten Gezeichnet worden und ins House of Night gekommen, aber mein Haar war schon merklich länger und kräftiger geworden. Und dass ich supertolle Haare bekam, war nur eine der vielen Veränderungen, die mit mir vorgingen. Manche davon sah man mir von außen nicht an – wie die Tatsache, dass ich eine Affinität zu allen fünf Elementen hatte.
Andere sprangen sofort ins Auge – wie die einzigartigen Tattoos, die in filigranen, fremdartigen Spiralen mein Gesicht umrahmten und sich dann (anders als bei jedem anderen Jungvampyr oder erwachsenem Vampyr) weiter über Hals und Schultern und das Rückgrat hinunter zogen – und nun auch, erst seit wenigen Tagen, um meine Taille herum liefen (ein kleines Detail, das außer mir, meiner Katze Nala und der Göttin Nyx bisher niemand kannte).
Wem hätte ich's auch zeigen sollen?
»Tja, vorgestern warst du nicht nur mit einem, sondern gleich mit drei Typen zusammen«, erklärte ich dem Ich mit den dunklen Augen und dem zynisch verzogenen Mund, das mich aus der Fensterscheibe ansah. »Aber damit hast du gründlich aufgeräumt, was? Heute hast du nicht nur absolut gar keinen Freund mehr, sondern dir wird die nächsten, keine Ahnung, hundert Millionen Jahre lang auch keiner mehr vertrauen.«
Na gut, außer Aphrodite, die vor zwei Tagen total ausgerastet und Hals über Kopf aus der Schule geflohen war, weil sie womöglich wieder zurück in einen Menschen verwandelt worden war, und Stevie Rae, die besagter ausgerasteten Aphrodite hinterher gejagt war, weil sie womöglich an ihrer Wiedermenschwerdung schuld war, als sie sich in dem von mir beschworenen Kreis von einem fiesen untoten toten Ding in eine un-untote, aber seltsam rot tätowierte Stevie Rae zurückverwandelt hatte. »Wie auch immer«, sagte ich laut zu mir selbst, »du hast es geschafft, so ungefähr bei jedem, der irgendwie mit dir zu tun hat, was falsch zu machen. Tolle Leistung!«
Meine Unterlippe hatte angefangen zu zittern, und ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stachen. Oh nein. Es würde überhaupt nichts bringen, wenn ich mir jetzt die Augen ausheulte. Ehrlich, hätte das irgendeine Wirkung, dann hätten meine Freunde und ich uns schon vor Tagen wieder vertragen und geküsst (also, nicht wirklich natürlich). Ich musste einfach auf sie zugehen und versuchen, die Dinge wieder ins Lot zu bringen.
Es war Ende Dezember, die Nacht war kühl und ein bisschen neblig. Die flackernden Gaslaternen entlang des Fußweges, der von den Ställen und Außenanlagen zum Hauptgebäude führte, hatten kleine gelbe Heiligenscheine und sahen altertümlich und wunderschön aus. Eigentlich war das ganze Schulgelände des House of Night einfach herrlich. Es wirkte viel mehr so als gehöre es zu einer König-Artus-Sage als zum einundzwanzigsten Jahrhundert. Ich liebe es, hier zu sein, rief ich mir ins Gedächtnis. Das hier ist mein Zuhause, der Ort, an den ich gehöre. Ich muss mich nur mit meinen Freunden versöhnen, dann wird alles wieder gut.
Ich kaute gerade auf meiner Unterlippe und fragte mich, was wohl die beste Versöhnungstaktik wäre, als mein angestrengtes Nachdenken von so etwas wie Flügelschläge unterbrochen wurde, die rings um mich die Luft erfüllten. Etwas an dem Geräusch ließ mir einen Schauder den Rücken hinunterlaufen. Ich sah nach oben. Da war nur Dunkelheit und Himmel und die winterkahlen Zweige der gewaltigen Eichen, die den Fußweg säumten. Ich erzitterte, weil die Nacht plötzlich nicht mehr weich und neblig wirkte, sondern finster und heimtückisch.
Halt mal – finster und heimtückisch? Was für ein Quatsch. Wahrscheinlich hatte ich gerade nur das finstere, heimtückische Rascheln des Windes in den Zweigen gehört. Himmel, ich verlor noch den Verstand.
Ich schüttelte den Kopf über mich selbst und ging weiter. Aber schon nach ein paar Schritten passierte es noch einmal. Das seltsame Flattern erzeugte sogar einen kleinen Wind, der mich umwehte und mir zehn Grad kälter vorkam als die übrige Luft. Mir kamen mir Bilder von Fledermäusen, Spinnen und ähnlichem ekligen Ungeziefer in den Kopf, und automatisch schlug ich mit der Hand wild über mir durch die Luft.
Meine Finger trafen auf keinen Widerstand, aber eisige Kälte jagte einen schneidenden Schmerz durch meine Hand. Völlig entgeistert schrie ich auf und barg die Hand schützend an der Brust. Einen Moment lang war ich einfach nur ratlos und wie betäubt vor Angst. Das Flattern wurde lauter und die Kälte größer. Da kam endlich Bewegung in mich. Ich zog den Kopf ein und tat das Einzige, was mir einfiel: ich rannte durch den nächsten Eingang in die Schule hinein.
Drinnen knallte ich die dicke Holztür hinter mir zu, drehte mich nach Atem ringend um und spähte durch das kleine Bogenfensterchen in der Tür. Die Nacht schwamm und waberte vor meinen Augen, wie schwarze Farbe, die auf einer dunklen Fläche zerläuft. Und das eisige Gefühl der Angst wollte nicht weggehen. Was war da los? Fast ohne zu begreifen, was ich tat, flüsterte ich: »Feuer, komm zu mir. Ich brauche deine Wärme.«
Das Element gehorchte sofort. Die Luft um mich erfüllte sich mit der beruhigenden Hitze eines Kaminfeuers. Während ich weiter nach draußen starrte, legte ich die Handflächen auf das raue Holz der Tür. »Dorthin auch«, flüsterte ich. »Schick deine Hitze auch nach draußen.«
Wie eine Woge aus Hitze wanderte das Element an mir vorbei, durch die Tür hindurch und in die Nacht. Ein Zischen war zu hören, wie wenn Trockeneis verdampft. Dick und träge bäumten sich die Nebelschwaden auf, mich erfasste ein kurzer Schwindel, von dem mir ein bisschen übel wurde, und die seltsa¬me Dunkelheit begann sich aufzulösen. Dann vertrieb die Hitze endlich die frostige Kälte, und so plötzlich wie sie sich verändert hatte, war die Nacht wieder ruhig und vertraut.
Was war das gerade?
Jetzt bemerkte ich wieder das Stechen in meiner Hand. Ich betrachtete sie. Über den Handrücken zogen sich rote Striemen, so als hätte etwas mit Krallen oder Klauen meine Haut aufgekratzt. Ich rieb die hochroten Wunden, die juckten wie eine Verbrennung vom Bügeleisen.
Und dann überkam mich ein Gefühl – heftig, jäh, überwältigend – und ich erkannte mit dem sechsten Sinn, der mir von der Göttin gegeben worden war, dass ich nicht allein hier sein sollte. Die Kälte, die einen Augenblick lang die Nacht heimgesucht hatte – das geisterhafte Etwas, das mir die Hand versengt und vor dem ich nach drinnen geflohen war – löste ein schreckliches Vorgefühl in mir aus, und zum ersten Mal seit langer Zeit empfand ich richtige Angst. Nicht um meine Freunde. Nicht um meine Grandma oder um meinen menschlichen Exfreund oder selbst um meine Mom, mit der ich mich ein für allemal verkracht hatte. Ich hatte Angst um mich selbst. Es war nicht mehr nur so, dass ich meine Freunde gern um mich gehabt hätte. Es war so, dass ich sie brauchte.
Während ich mir weiter die Hand rieb, setzte ich mich in Bewegung. Eines war mir jetzt klar: Lieber würde ich mich mit der Enttäuschung und Gekränktheit meiner Freunde stellen als dem Etwas, das draußen im nächtlichen Dunkel vielleicht noch auf mich wartete.
Eine Sekunde lang blieb ich dicht vor der Tür zum ›Speisesaal‹ (auch bekannt als Schulmensa) stehen, in dem Hochbetrieb herrschte, sah zu, wie die anderen Schüler sich ungezwungen und fröhlich unterhielten und wurde fast von dem Wunsch überwältigt, so sein zu können wie all die anderen Jungvampyre – ohne außergewöhnliche Fähigkeiten und die Verantwortung, die damit einherging. Eine Sekunde lang wünschte ich mir so sehr, normal zu sein, dass ich kaum noch Luft bekam.
Dann spürte ich ein sanftes Lüftchen um mich spielen, warm wie von einem unsichtbaren Feuer. Flüchtig roch es nach dem Meer, obwohl Tulsa, Oklahoma nun wirklich weit von jeder Küste entfernt lag. Ich hörte Vogelgezwitscher und erahnte den Duft von frisch gemähtem Gras. Und mein Geist erbebte vor stummer Freude über die mächtige Gabe, die meine Göttin mir geschenkt hatte – die Affinität zu allen fünf Elementen, Luft, Feuer, Wasser, Erde und Geist.
Ich war nicht normal. Ich war anders als jeder andere Jungvampyr oder Vampyr, und es war unrecht, mir etwas anderes zu wünschen. Und etwas, das Teil meines Nicht-Normal-Seins war, sagte mir, dass ich da reingehen und mit meinen Freunden Frieden schließen musste. Ich straffte meinen Rücken und sah mich ohne jedes Selbstmitleid im Raum um.
Es war nicht schwer, meine spezielle Gruppe zu finden, die wie immer in unserer üblichen Ecke saß. Ich holte tief Luft und durchquerte zügig den Speisesaal, wobei ich den Jungs und Mädchen, die hi zu mir sagten, ein kurzes Nicken oder Lächeln schenkte. Ich stellte fest, dass alle mir die übliche Mischung aus Respekt und Ehrfurcht entgegenzubringen schienen, was bedeutete, dass meine Freunde nicht überall irgendwelchen Mist über mich rumerzählt hatten. Es bedeutete außerdem, dass Neferet noch nicht zu einem offenen Angriff gegen mich aufgerufen hatte. Noch nicht.
Ich nahm mir rasch einen Salat und eine Cola. Dann marschierte ich direkt zu unserem Tisch, die Finger so fest um das Tablett gekrallt, dass sie total blutleer waren, und setzte mich wie üblich neben Damien.
Niemand sah mich an, aber ihr belangloses Geplauder erstarb sofort. So was hasse ich total. Ich meine, was ist schlimmer, als zu einer Gruppe sogenannter Freunde zu stoßen, und sie verstummen alle sofort, so dass man genau weiß, dass sie gerade über dich geredet haben? Brr.
Statt wegzurennen oder in Tränen auszubrechen, was ich am liebsten gemacht hätte, sagte ich: »Hi.« Niemand sagte etwas.
»Und, was ist los?« Ich richtete die Frage an Damien, meiner Einschätzung nach das schwächste Glied in der Wir-reden-nicht-mit-Zoey-Kette.
Leider waren es die Zwillinge, die mir antworteten, und nicht der schwule und daher viel einfühlsamere und höflichere Damien.
»Genau nichts, oder, Zwilling?«, sagte Shaunee.
»Genau, Zwilling, nichts. Weil man uns ja auch nichts anvertrauen kann«, bekräftigte Erin. »Zwilling, wusstest du schon, dass wir kein bisschen vertrauenswürdig sind?«
»Hab's erst vor Kurzem erfahren. Und du?«
»Ich auch«, schloss Erin. Okay, in Wirklichkeit sind die Zwillinge alles andere als Zwillinge. Shaunee Cole ist eine karamellfarbene Jamaika-Amerikanerin und an der Ostküste aufgewachsen. Erin Bates ist herrlich blond und kommt aus Tulsa. Die zwei lernten sich kennen, nachdem sie am selben Tag Gezeichnet und ins House of Night gekommen waren. Und die Chemie zwischen ihnen stimmte sofort – als ob so etwas wie Genetik und Geographie überhaupt nicht existieren würden. Die eine ergänzt buchstäblich die angefangenen Sätze der anderen. Und in diesem Moment starrten sie mich beide mit genau dem gleichen verärgerten, missbilligenden Blick an.
Himmel, war das ermüdend. Und es brachte mich auf die Palme. Okay, ich hatte ihnen Sachen vorenthalten. Okay, ich hatte sie angelogen. Aber ich musste es tun. Na gut – in den meisten Fällen musste ich es. Und dieses selbstgerechte Getue in doppelter Ausgabe ging mir tierisch auf die Nerven.
»Danke für die netten Kommentare. Und jetzt würde ich gern jemanden fragen, der sich nicht anhört wie diese Blair-Zicke aus Gossip Girl in Stereo.« Während die Zwillinge entrüstet den Atem einsogen, um mir was an den Kopf zu werfen, was sie irgendwann garantiert bereuen würden, wandte ich mich demonstrativ Damien zu.
»Ich glaube, eigentlich wollte ich weniger fragen >Was ist los<, als >Hat jemand von euch in letzter Zeit auch so erschreckende geisterhafte Flattererscheinungen draußen gesehen?< Hm?«
Damien ist ein hochgewachsener, echt süßer Kerl mit fein gemeißelten Gesichtszügen und ausdrucksvollen braunen Augen, die gewöhnlich voller Wärme sind. Momentan blickten sie allerdings wachsam und ziemlich eisig. »Geisterhafte Flattererscheinungen? Sorry, ich hab keine Ahnung, was du meinst.«
Es schnürte mir die Kehle ab, wie fremd er klang, aber ich sagte mir: okay, zumindest hat er die Frage beantwortet.
»Auf dem Weg vom Stall hierher hat mich irgendwas mehr oder weniger angegriffen. Ich hab nicht wirklich was gesehen, aber es war kalt und hat mich ganz scheußlich an der Hand geschrammt.« Ich hielt die Hand hoch – aber die Striemen waren verschwunden. Na super.
Shaunee und Erin schnaubten im Chor. Damien sah einfach nur furchtbar traurig aus. Ich öffnete gerade den Mund, um zu erklären, dass da noch vor wenigen Minuten eine fette Krallenspur gewesen war, da kam Jack mit einem Tablett in der Hand herbeigestürmt.
»Oh hi! Sorry, dass ich so spät bin, aber als ich mein Hemd anziehen wollte, hab ich gemerkt, dass vorne drauf ein Riesenfleck ist! Unglaublich!« Er ließ sich auf seinen Platz neben Damien fallen.
»Ein Fleck? Aber doch nicht auf dem tollen langärmligen blauen Armani-Hemd, das ich dir zu Weihnachten geschenkt habe, oder?« Damien rückte auf, um seinem Freund Platz zu machen.
»Mein Gott, nein! Auf das würde ich nie im Leben was draufkleckern. Mit dem bin ich ganz vorsichtig, weil es mein absolutes –« Abrupt verstummte er, als sein Blick auf mich fiel. Er schluckte.
»Oh, äh. Hi, Zoey. «
Ich lächelte ihm zu. »Hi, Jack.« Dass er und Damien zusammen waren, war für niemanden von uns ein Problem. So blöd sie sich mir gegenüber auch gerade benahmen – spießig oder intolerant waren meine Freunde nun wirklich nicht.
»Ich hatte dich gar nicht erwartet«, faselte Jack. »Ich dachte, du wärst noch ... äh ... na ja ... «
Er verstummte und lief sehr hübsch rosa an.
»Du dachtest, ich würde mich noch in meinem Zimmer verstecken?«, schlug ich vor.
Er nickte.
»Nein«, sagte ich fest. »Das ist vorbei.«
»Ta-di-dum«, begann Erin, aber bevor Shaunee sich wie üblich an ihrer Ablenkungstaktik beteiligen konnte, kam von der Tür ein so ungeniertes sexy Lachen, dass wir uns alle danach umdrehten.
An der Seite von Darius, einem der jüngsten (und schärfsten) Söhne des Erebos – der Kriegertruppe, die das House of Night bewachte – kam lachend Aphrodite hereingestöckelt, klimperte ihn kokett an und warf gekonnt die blonde Mähne zurück. Die Frau war schon immer ein Multitasking-Genie gewesen, aber ich war total verblüfft, wie ungezwungen, cool und vollkommen gefasst sie wirkte.
Erst vor zwei Tagen war sie fast gestorben und gleich darauf völlig ausgetickt, weil der saphirfarbene Umriss einer Mondsichel (der auf der Stirn eines jeden Jungvampyrs erschien, als Zeichen dafür, dass in ihm oder ihr die Wandlung begonnen hatte, durch die man zum Vampyr wurde,
wenn man nicht vorher starb) aus ihrem Gesicht verschwunden war.
Was bedeutete, dass sie sich irgendwie zurück in einen Menschen verwandelt hatte.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2010
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Autoren-Porträt von P. C. Cast, Kristin Cast
P.C. Cast und Kristin Cast sind das erfolgreichste Mutter-Tochter-Autorengespann weltweit. Sie leben beide in Oklahoma, USA. Gemeinsam haben sie die »House-of-Night«-Serie geschrieben – die Mutter bringt die Erfahrung mit und die Tochter sorgt dafür, dass alles möglichst jung klingt. Diese Methode scheint sich zu bewähren. Ihre Bücher kommen so gut an, dass sie es allesamt auf die New-York-Times-Bestsellerliste geschafft haben. House of Night hat bereits über 8 Millionen Fans in den USA und erscheint in über 40 Ländern. Die Verfilmung ist in Vorbereitung.
Autoren-Interview mit P. C. Cast
Was macht ihr gerne, wenn ihr nicht schreibt?PC: Kristin und ich reisen gerne. Seit sie klein ist machen wir lange Autotouren. Außerdem sehen wir uns gerne Trash im Fernsehen an und gehen ins Kino. Ich mache gern Wanderungen mit meinen Hunden. Dass wir beide auch ins Fitnessstudio gehen, ist eigentlich kein Hobby – eher eine Notwendigkeit. Denn Essen in tollen Restaurants ist auch ein Hobby von uns.
Wie ist es mit der Tochter/Mutter zu schreiben? Wie schreibt man mit jemand anderem?
PC: Ich liebe es mit Kristin zu schreiben! Autoren haben normalerweise einen sehr einsamen Job; da ist es schön, jemanden dabei zu haben. Und es ist sehr beruhigend, dass Kristin alles, was ich schreibe, noch mal durchgeht. Ich schreibe nämlich immer erst einen kompletten Entwurf, bevor Kristin das Manuskript zur Bearbeitung bekommt. Da muss ich mir keine Sorgen machen, ob ich zu alt oder jung klinge – Kristin richtet das. Ich schreibe nur die Geschichte.
KC: Mit meiner Mutter zu schreiben ist großartig, weil ich ihr zum ersten mal in meinem Leben sagen kann, wenn sie nicht Recht hat.
Habt ihr ein paar Tipps für junge aufstrebende Autoren?
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PC: Selbstverständlich! Denk daran, dass Schreiben ein Beruf ist. Das bedeutet man muss sich über eine solche Karriere informieren. Lies Lehrbücher fürs Schreiben und Ratgeber von Autoren, die du gut findest. Werde Mitglied einer Schreibgruppe und belege Kurse für kreatives Schreiben. Und finde heraus wie man etwas veröffentlicht. Dann schreib, schreib, schreib – um anschließend alles wieder und wieder zu überarbeiten. Wenn du so weit bist, dass du nichts mehr an deinem Manuskript verbessern kannst, ist es an der Zeit, es an Verlage und Agenten zu schicken. Aber du solltest vorher genau recherchieren, wie man das am besten macht.
KC: Worüber du schreiben solltest? Schreib ein Buch, dass du selbst am liebsten lesen würdest.
Gibt es Momente in denen ihr beide völlig anderer Meinung seid und nicht entscheiden könnt, in welche Richtung ihr gehen wollt?
KC: Worüber du schreiben solltest? Schreib ein Buch, dass du selbst am liebsten lesen würdest.
Gibt es Momente in denen ihr beide völlig anderer Meinung seid und nicht entscheiden könnt, in welche Richtung ihr gehen wollt?
PC: Zuerst war es schwierig. Ich bin es zwar gewohnt mit einem Lektorat zu arbeiten, aber als Team zu schreiben ist anders. Ich hatte bereits ein wenig Erfahrung damit, denn ich habe mit der Bestsellerautorin Gena Showalter an ein paar Anthologien gearbeitet und wir haben gemeinsam Ideen gewälzt. Kristin und ich sind uns manchmal uneinig, aber nicht über das Große und Ganze. Weil ich die erfahrenere Schriftstellerin (und die Mutter!) bin, gewinne ich meistens. Und für Kristin ist es dann immer das Größte, wenn unsere Lektorin denselben Vorschlag macht, den ich gerade noch abgelehnt hatte.
Mit welcher Figur könnt ihr euch am meisten identifizieren?
PC: Aphrodite!
KC: Zoey!
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Bibliographische Angaben
- Autoren: P. C. Cast , Kristin Cast
- 2010, 2. Aufl., 544 Seiten, Maße: 13,6 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Christine Blum
- Verlag: Fischer FJB
- ISBN-10: 3841420044
- ISBN-13: 9783841420046
- Erscheinungsdatum: 08.11.2010
Kommentare zu "House of Night Band 4: Ungezähmt"
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