Ich zähmte die Wölfin
Die Erinnerungen des Kaisers Hadrian. Mit e. Anh. 'Notizen zur Entstehung des Buches'
Die Lebensgeschichte des römischen Kaisers Hadrian, als hätte er sie selbst verfasst. Ein historischer Roman von außergewöhnlicher Feinheit und melancholischer Schönheit.
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Produktinformationen zu „Ich zähmte die Wölfin “
Die Lebensgeschichte des römischen Kaisers Hadrian, als hätte er sie selbst verfasst. Ein historischer Roman von außergewöhnlicher Feinheit und melancholischer Schönheit.
Klappentext zu „Ich zähmte die Wölfin “
Ein leidenschaftlicher MannDie Lebensgeschichte des römischen Kaisers Hadrian.
In seiner Villa in Tibur schreibt der sechzigjährige Kaiser Hadrian an seinen Adoptivenkel, den späteren Herrscher Marc Aurel. Was er dem siebzehnjährigen Jüngling mitteilt, gleicht einem reflexiven Selbstgespräch, ist ein Versuch des alternden Mannes, die wechselnden Masken und Gesichter des eigenen Ich zu erkunden: Hadrian wurde als Provinzler im westlichsten Teil des Reichs, in Spanien geboren. Der Eroberungswut seines Vorgängers Trajan setzt der musische und sensible Hadrian seine Friedenspolitik entgegen, die die segensreichsten Auswirkungen auf das Reich haben sollte. Zwei große Leidenschaften prägten diesen ungewöhnlichen Herrscher: die einfühlende Bewunderung griechischer Kunst und die Liebe zu dem bithynischen Knaben Antonius.
Ein Besuch der Villa Adriana bei Rom weckte in der zwanzigjährigen Marguerite Yourcenar den Plan, eine Biographie dieses Mannes zu verfassen. Als die fiktiven Erinnerungen in deutscher Sprache erschienen, schrieb Ludwig Curtis: »Man hat nur wenige Seiten ... zu lesen, um von einem doppelten Zauber umfagen zu werden: von dem Zauber der großen Persönlichkeit des Kaisers und von dem Zauber der dichterischen Einfühlung der Verfasserin nicht nur in dessen persönliche, sondern in seine ganze weite antike Welt.«
Lese-Probe zu „Ich zähmte die Wölfin “
Animula vagula blandulaMein Marcus,ich bin heute morgen zu Hermogenes gegangen, meinem Arzt, der von einer längeren Reise in Asien wieder in die Villa zurückgekehrt ist. Da die Untersuchung in nüchternem Zustande vorgenommen werden sollte, hatte ich mich in den frühen Morgenstunden eingefunden: Nachdem ich mich des Mantels und der Tunika entledigt hatte, streckte ich mich auf ein Bett hin. Einzelheiten; die dir ebenso zuwider sein würden, wie sie es mir sind, erspare ich uns. Was hätte es für einen Zweck, dir den alternden Körper eines Mannes zu beschreiben; der sich damit abfinden muß, an der Herzwassersucht zugründe zu gehn! So begnüge ich mich damit, dir zu sagen, daß ich gemäß den Anweisungen, die der Arzt gab, hustete, tief einatmete und den Atem anhielt. Der rasche Fortgang, den das Übel inzwischen genommen hat, machte auf Hermogenes sichtlichen Eindruck. Er schien geneigt, die Schuld daran dem jungen Jollas beizumessen, der mich in seiner Abwesenheit pflegte. Es ist wahrlich nicht leicht, vor einem Arzt die Menschenwürde zu bewahren, geschweige denn Kaiser zu bleiben. Vor seinem wissenden Blick schrumpfte ich zu einem bresthaften Häufchen zusammen; zu einem schadhaften Gefäß für Blut und trübe Säfte. Zum ersten Male enthüllte sich mir heute morgen mein Leib, dieser alte Freund und treue Gefährte, den ich soviel besser kenne als meine Seele, als ein tückisches Ungeheuer, das gegen seinen Gebieter aufbegehren will. Geduld! Ich habe ihn lieb; diesen meinen Leib. Er hat mir treu gedient auf jegliche Weise, und ferne sei es von mir, ihm die notwendige Pflege zu mißgönnen. Aber anders als Hermogenes es immer noch zu tun vorgibt, vertraue ich nicht mehr auf die Heilkräfte der Kräuter und das Mengenverhältnis der Salze, die er aus dem Orient mitgebracht hat. Der sonstso gescheite Mann glaubt mich mit Redensarten trösten zu sollen, zu nichtssagend, als daß sie den Leichtgläubigsten täuschen könnten. Wohl weiß er, wie sehr ich diese Art von Betrug verabscheue, aber
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man ist schließlich nicht umsonst mehr als dreißig Jahre hindurch Arzt gewesen. So verzeihe ich denn dem ergebenen Diener seinen Versuch, mir meinen baldigen Tod zu verheimlichen. Hermogenes ist gelehrt, ja sogar weise, und weit redlicher; als Hofärzte gemeinhin zu sein pflegen. Ich werde also besser betreut werden als sonst ein Sterblicher. Aber die gesetzte Grenze überschreitet niemand. Meine geschwollenen Beine lassen mich während der langwierigen römischen Zeremonien im Stich, und ich ringe nach Luft. Ich bin ein Mann von sechzig Jahren.
Glaube mir, noch ist es nicht so weit, daß ich mich den Wahngebilden der Furcht hingebe, die ebenso töricht, dabei aber quälender sind als die, welche die Hoffnung uns vorgaukelt. Wenn ich mich schon irren soll; dann immer noch lieber im zuversichtlichen Sinne: dabei verliere ich auch nicht mehr, leide aber weniger. Der fatale Augenblick droht noch nicht unmittelbar hereinzubrechen, so nah er auch sein mag. Noch darf ich jede Nacht in der Hoffnung einschlafen, das Licht des neuen Tages zu sehen. Innerhalb der unübersehbaren Grenzen, von denen ich sprach, vermag ich das Gelände Zoll für Zoll zu verteidigen, vielleicht sogar hie und da ein wenig Boden zurückzugewinnen. Immerhin bin ich in das Alter eingetreten, in dem das Leben für den Menschen zur eingestandenen Niederlage wird. Es bedeutet nichts, wenn wir uns sagen, daß unsere Tage gezählt sind, denn so war es von je und so ist es noch heute für alles, was atmet. Je mehr aber die Krankheit fortschreitet, je mehr verringert sich die Ungewißheit über Ort, Zeit und Todesart, die uns das Ziel verbirgt, dem wir unablässig entgegengehn. Der erste beste kann im nächsten Augenblick sterben, aber der Kranke weiß genau, daß er in zehn Jahren nicht mehr leben wird. Mein Spielraum umfaßt nicht mehr Jahre, sondern nur noch Monate. Meine Aussichten, durch einen Dolchstoß oder durch einen Sturz vom Pferde zu enden, schwinden immer mehr; der Tod durch die Pest ist unwahrscheinlich geworden, Krebs und Aussatz können kaum noch Macht über mich gewinnen. Keine scotische Streitaxt wird mir an den Grenzen des Reiches den Schädel spalten und kein Partherpfeil die Brust durchbohren. Auch dürfte der Magier recht behalten, der mir einst prophezeit hat, daß ich nicht ertrinken würde: die Stürme haben die ihnen so oft gebotene Gelegenheit verschmäht. So werde ich an einem Erstickungsanfall sterben, hier in Tibur, vielleicht in Rom, höchstens in Neapel. Wird es der zehnte oder der hundertste Anfall sein, der mich dahinrafft?. Nur darum handelt es sich noch. Wie der Reisende, der das Inselmeer durchschifft, die Uferlinie im Abenddunst aufleuchten sieht, sehe ich allmählich den Umriß meines Todes Gestalt annehmen.
Glaube mir, noch ist es nicht so weit, daß ich mich den Wahngebilden der Furcht hingebe, die ebenso töricht, dabei aber quälender sind als die, welche die Hoffnung uns vorgaukelt. Wenn ich mich schon irren soll; dann immer noch lieber im zuversichtlichen Sinne: dabei verliere ich auch nicht mehr, leide aber weniger. Der fatale Augenblick droht noch nicht unmittelbar hereinzubrechen, so nah er auch sein mag. Noch darf ich jede Nacht in der Hoffnung einschlafen, das Licht des neuen Tages zu sehen. Innerhalb der unübersehbaren Grenzen, von denen ich sprach, vermag ich das Gelände Zoll für Zoll zu verteidigen, vielleicht sogar hie und da ein wenig Boden zurückzugewinnen. Immerhin bin ich in das Alter eingetreten, in dem das Leben für den Menschen zur eingestandenen Niederlage wird. Es bedeutet nichts, wenn wir uns sagen, daß unsere Tage gezählt sind, denn so war es von je und so ist es noch heute für alles, was atmet. Je mehr aber die Krankheit fortschreitet, je mehr verringert sich die Ungewißheit über Ort, Zeit und Todesart, die uns das Ziel verbirgt, dem wir unablässig entgegengehn. Der erste beste kann im nächsten Augenblick sterben, aber der Kranke weiß genau, daß er in zehn Jahren nicht mehr leben wird. Mein Spielraum umfaßt nicht mehr Jahre, sondern nur noch Monate. Meine Aussichten, durch einen Dolchstoß oder durch einen Sturz vom Pferde zu enden, schwinden immer mehr; der Tod durch die Pest ist unwahrscheinlich geworden, Krebs und Aussatz können kaum noch Macht über mich gewinnen. Keine scotische Streitaxt wird mir an den Grenzen des Reiches den Schädel spalten und kein Partherpfeil die Brust durchbohren. Auch dürfte der Magier recht behalten, der mir einst prophezeit hat, daß ich nicht ertrinken würde: die Stürme haben die ihnen so oft gebotene Gelegenheit verschmäht. So werde ich an einem Erstickungsanfall sterben, hier in Tibur, vielleicht in Rom, höchstens in Neapel. Wird es der zehnte oder der hundertste Anfall sein, der mich dahinrafft?. Nur darum handelt es sich noch. Wie der Reisende, der das Inselmeer durchschifft, die Uferlinie im Abenddunst aufleuchten sieht, sehe ich allmählich den Umriß meines Todes Gestalt annehmen.
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Autoren-Porträt von Marguerite Yourcenar
Marguerite Yourcenar wurde am 8. Juni 1903 in Brüssel geboren, studierte in Frankreich, England und in der Schweiz und wurde Professorin für französische Literatur in New York. 1980 wurde sie als erste Frau in die Académie française gewählt. Sie starb am 18. Dezember 1987 in Maine/USA.
Bibliographische Angaben
- Autor: Marguerite Yourcenar
- 1998, 31. Aufl., 336 Seiten, Maße: 12,1 x 19,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Fritz Jaffé
- Verlag: DTV
- ISBN-10: 3423124768
- ISBN-13: 9783423124768
- Erscheinungsdatum: 20.04.2001
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