Im Herzen der Wildnis
Roman. Originalausgabe
1899. Nach vier Jahren in der Fremde kehrt Shannon nach San Francisco zurück. Ihre Großmutter erwartet sie ungeduldig, denn Shannon soll den reichen Unternehmenserben Rob heiraten. Aus Pflichtgefühl stimmt Shannon dem Plan zu. Auf dem Weg zu...
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Produktinformationen zu „Im Herzen der Wildnis “
1899. Nach vier Jahren in der Fremde kehrt Shannon nach San Francisco zurück. Ihre Großmutter erwartet sie ungeduldig, denn Shannon soll den reichen Unternehmenserben Rob heiraten. Aus Pflichtgefühl stimmt Shannon dem Plan zu. Auf dem Weg zu ihrem zukünftigen Schwiegervater stößt sie jedoch mit einem geheimnisvollen Fremden zusammen und verliebt sich Hals über Kopf. Eine leidenschaftliche Affäre beginnt - und endet, als Jay die Stadt verlässt, um in Alaska sein Glück zu finden. Zu verletzt ist er, dass Shannon sich für Rob entschieden hat. Dann aber entdeckt Shannon, dass sie schwanger ist, und macht sich auf, Jay im Herzen der Wildnis zu suchen.
Klappentext zu „Im Herzen der Wildnis “
1899. Nach vier Jahren in der Fremde kehrt Shannon nach San Francisco zurück. Ihre Großmutter erwartet sie ungeduldig, denn Shannon soll den reichen Unternehmenserben Rob heiraten. Aus Pflichtgefühl stimmt Shannon dem Plan zu. Auf dem Weg zu ihrem zukünftigen Schwiegervater stößt sie jedoch mit einem geheimnisvollen Fremden zusammen und verliebt sich Hals über Kopf. Eine leidenschaftliche Affäre beginnt - und endet, als Jay die Stadt verlässt, um in Alaska sein Glück zu finden. Zu verletzt ist er, dass Shannon sich für Rob entschieden hat. Dann aber entdeckt Shannon, dass sie schwanger ist, und macht sich auf, Jay im Herzen der Wildnis zu suchen -
Lese-Probe zu „Im Herzen der Wildnis “
Im Herzen der Wildnis von Norah Sanders1
Tief in Gedanken ließ das Mädchen das Buch sinken, um die Dame gegenüber zu betrachten. Das Cable Car auf seiner Fahrt durch die California Street hinunter zur San Francisco Bay schwankte und warf die Fahrgäste auf den Holzsitzen hin und her. Aber die Lady hielt sich sehr gerade. Die Beine unter dem langen Rock zusammengepresst, klammerte sie sich mit beiden Händen an einen kleinen, ein wenig abgestoßenen Koffer.
Was für eine Anmut! Fasziniert schloss das Mädchen Henry James' Porträt einer Dame und musterte die Lady. Das schöne Gesicht wurde von einem Trauerschleier verhüllt. Der schwarze Hauch, der die Augen verbarg, die vollen Lippen jedoch betonte, verlieh ihr eine besondere Würde. Oder war es gar nicht der Spitzenschleier, sondern ihre beherrschte Haltung, mit der sie sich gegen das Schlingern des Cars stemmte? Ihr Schweigen inmitten des munteren Geplappers rundum? Ihr leises Lächeln? Die Lady hatte Eleganz und Stil. Sie trug keinen Ring. Wie alt mochte sie sein - Ende zwanzig? Was mochte sie schon alles erlebt haben? Welche Erfahrungen hatten ihr Gesicht geformt, das von innen heraus zu leuchten schien?
... mehr
Nur mit Mühe bewahrte Shannon Tyrell ihre Haltung, während das Cable Car an diesem strahlend schönen Tag im Januar 1900 zum Hafen hinunterrumpelte. Die bewundernden Blicke des Mädchens waren ihr nicht entgangen. Als sie ihm freundlich zulächelte, sah es verlegen aus dem Fenster. Shannon folgte dem Blick. Der Himmel schimmerte wie ein bleicher Opal, die Wolken leuchteten wie Goldflitter. Die Luft duftete schon ein wenig nach Frühlingsblüten.
Sie schloss die Augen und lauschte der Sinfonie von San Francisco. Dem Rattern des Cable Cars, dem Rasseln der Scheiben, dem Kreischen des Zugkabels, dem Donnern, Scheppern, Klappern und Quietschen der Fahrt hinunter zum Ferry Building. Der Wagen vibrierte dröhnend, als fiele er gleich auseinander. Wie lange hatte sie diese Melodie nicht mehr gehört?
Vier Jahre Exil. Wie ein Flüchtling, der seine Familie und seine Heimat verließ, hatte sie erst zurückkehren wollen, wenn sich die Umstände geändert hatten. Doch dann hatte sie in Hawaii ein Telegramm ihres Vaters bekommen. Skip musste ihm verraten haben, wo sie sich aufhielt. Ihr Adoptivbruder war der Einzige, dem sie in all den Jahren geschrieben hatte. »Bitte komm nach Hause«, hatte ihr Vater sie gebeten. »Wir müssen reden.« Lange hatte sie gezögert, obwohl sie das Flehen, ja sogar die Bitte um Vergebung in seinen Worten sah. Dann hatte sie ihm telegrafiert: »Ich komme an Weihnachten nach Hause, Sir.«
Vier Jahre Exil. Vier Jahre Selbstbestimmung und Freiheit. Sie hatte geglaubt, sie hätte ihre Vergangenheit hinter sich gelassen und ihr Leben in den Griff bekommen. Kein Blick zurück! Kein Bedauern! Keine Reue! Aber in San Francisco erwartete sie die Vergangenheit - in Gestalt ihrer Großmutter.
Shannon gab sich ruhig und gelassen. Aber in ihrem Innersten war sie aufgewühlt, als sie sich ihr künftiges Leben vorstellte. Elegante Abendgesellschaften, prunkvolle Diners im Palace Hotel, Segeltörns in der Bay, Polospiele im Golden Gate Park, Bärenjagden im Yosemite Valley, Grillpartys in der Lodge in San Rafael. Immer dieselben Leute aus dem Geldadel von San Francisco und dieselben Gespräche über Gewinne aus dem Alaskahandel und aus den Investitionen in Eisenbahnen und Zuckerrohrplantagen.
Sie atmete tief durch.
Und Rob? Würde ihr künftiger Ehemann sich an diesem endlosen Kampf um noch mehr Geld, Prestige und Macht beteiligen? Nach Tom Conroys Worten während der Silvesterparty vor einigen Tagen war sein Sohn ein ganzer Kerl, hart wie die Opale, die er im australischen Outback fand. Ein Siegertyp eben. Ein millionenschwerer Sieger in einem verschwitzten, mit rotem Staub bedeckten Hemd und verwaschenen Jeans. So jedenfalls sah er auf dem Foto aus, das Tom ihr gezeigt hatte. Robs strahlendes Lächeln und Toms unverstellte Art versöhnten sie ein wenig mit der unvermeidlichen Heirat. Rob Conroy war immer noch besser als Lance Burnette, der Erbe eines Eisenbahntycoons aus New York, den sie mitsamt Verlobungsring hatte sitzen lassen. Der Brillant war bemerkenswert gewesen - im Gegensatz zu Lance.
Rob also. Der charmante Aussie, der noch gar nicht wusste, dass er eine Yankee heiraten sollte, würde vermutlich genauso begeistert sein wie sie - nämlich gar nicht. Sollte er wider Erwarten dieser arrangierten Heirat zustimmen, was erwartete er dann von ihr? Die perfekte Inszenierung einer glücklichen Ehe? Die Rolle der ergebenen Frau an seiner Seite? Der Mutter seines Sohnes und Erben? Der First Lady eines gewaltigen Finanzimperiums, das sich von Australien über Südafrika, Hongkong und Hawaii bis nach San Francisco erstreckte?
Langsam atmete sie aus. Ein zweites Mal würde sie sich der Ehe vermutlich nicht entziehen können, wie vor vier Jahren, als sie einfach ihre Koffer gepackt hatte. Auf der Flucht vor gesellschaftlichen Zwängen und einem Mann, den sie nicht liebte, war sie um die ganze Welt gereist. Nur um bei ihrer Rückkehr festzustellen, dass die Menschen, die sie ins Exil getrieben hatten, noch immer dieselben waren. Sie begriffen nicht, welches Leid sie über andere brachten, die nicht so waren wie sie, und welche Schuld sie auf sich luden, weil sie ohne Einsicht und Reue handelten.
»Nob Hill«, rief der Schaffner von der hinteren Plattform. »Ladies and Gentlemen, bitte festhalten! Es geht abwärts!«
Mit kreischenden Bremsen rumpelte das Cable Car die steile Straße hinunter zum Financial District. Ein Fahrradfahrer überholte mit wehender Jacke. Ein Zeitungsjunge verkaufte den San Francisco Examiner durch die offenen Fenster. Ein Straßenmusiker sprang auf das Trittbrett des Wagens. Seine sehnsuchtsvollen Melodien versetzten Shannon in eine träumerische Stimmung, aus der sie schließlich der Schaffner riss: »Financial District, Tyrell Tower. Umsteigen zu den Linien Sacramento, Sutter und Market Street.«
An der nächsten Kreuzung, California Street Ecke Sansome, ragte der Sitz des Familienunternehmens in den Himmel. TYRELL & SONS, ALASKA TRADING COMPANY stand auf dem Messingschild über dem Portal. Shannon blickte an der fünfzehnstöckigen Prachtfassade hinauf zur Kuppel. Der Tyrell Tower war ein Symbol des Reichtums und der Macht von Caitlin Tyrell, der Gründerin von Tyrell & Sons. Shannon lehnte sich auf ihrem Sitz zurück, lockerte die verspannten Schultern und schloss die Augen.
Am Heiligabend, dem Todestag ihres Vaters, war sie von ihrer Großmutter Caitlin ins Arbeitszimmer beordert worden. Der Raum im Empire-Stil mit dem Marmorkamin und den hohen Fenstern mit Blick über die Bay wirkte ausgesprochen herrschaftlich. Die Porträts an den Wänden sollten den Eindruck erwecken, bei der Sammlung handele es sich um eine ehrwürdige Ahnengalerie. Die meisten Geschäftspartner von Caitlin O'Leary Tyrell wussten jedoch, dass die Firmengründerin während der Großen Hungersnot aus Irland geflohen war, weil ihrem Vater Rory O'Leary die Kartoffelernte auf dem Feld verfault war. Caitlin wäre verhungert, wenn sie nicht verzweifelt genug gewesen wäre, zu stehlen und zu betrügen, um die Passage nach New York bezahlen zu können.
Caitlin erhob sich nicht, um Shannon zu begrüßen, sondern winkte sie zu sich heran. Ihr Gesicht, trotz ihrer vierundsiebzig Jahre noch erstaunlich glatt, war wie aus Stein gemeißelt. Nur die zusammengepressten Lippen und der matte Blick ihrer Augen verrieten die Trauer über den Tod ihres ältesten Sohnes an diesem Morgen.
»Sie wollten mich sprechen, Ma'am?« Shannon blieb vor dem Schreibtisch stehen.
Caitlin deutete auf einen Stuhl. »Setz dich.«
Shannon schlug die Beine übereinander.
Ihre Großmutter runzelte unwillig die Stirn. »Dein Vater ist tot. Mit Sean habe ich heute den zweiten Sohn nach Kevin verloren. Nur Reämon ist mir geblieben.«
Die beiden Frauen schwiegen einen Augenblick, aber auch das stille Gedenken an den verstorbenen Sohn und Vater brachte sie einander nicht näher. Caitlin sah schließlich wieder auf. »Du hast dich verändert, Shannon. Nicht nur äußerlich ... deine Haare, dein Stil, dich zu kleiden, deine Haltung. Du bist reifer ... abgeklärter ... selbstbewusster.«
Wortlos zog Shannon ein Etui hervor, steckte eine Zigarette in den schwarzen Fume-Cigarette, den sie in Paris gekauft hatte, und riss ein Streichholz an. Sie nahm den ersten Zug.
Unwillig presste Caitlin die Lippen aufeinander. »Du weißt genau, dass ich es nicht mag, wenn du rauchst, Shannon.« Shannon blies den Rauch in Richtung der Decke.
»Du hast dich verändert.«
Shannon lachte leise.
»Kaffee?«
»Nein, danke.«
»Jack Daniel's?«
Shannon schüttelte den Kopf. »Ich denke, wir haben schon genug Trinker in der Familie. Großvater Geoffrey starb nach endlosen Affären ohne einen Cent in der Tasche. Er hat sich zu Tode getrunken. Und Onkel Reämon hält das Andenken seines Vaters in Ehren. Mit einem Glas Whiskey in der Hand.«
Ihr Cousin Skip, den ihr Vater nach dem Tod von Onkel Kevin an Sohnes statt angenommen hatte, ertränkte seinen Kummer in Absinth. Shannon war erschrocken gewesen, als sie an jenem Morgen nach vierjähriger Abwesenheit zurückgekehrt war. Skip, dem der Tod seines Adoptivvaters sehr nahegegangen war, hatte besinnungslos im kalten Wasser der Badewanne gelegen, neben ihm eine halbleere Flasche Absinth und ein Fläschchen mit Laudanum. Der Butler Mr Wilkinson hatte ihr geholfen, ihren Adoptivbruder ins Bett zu stecken. Hatte Skip versucht, sich im Rausch zu ertränken? War die dramatische Inszenierung im Bad ein gescheiterter Selbstmordversuch? Oder der verzweifelte Hilferuf eines sensiblen, verstörten Menschen, der die Eiseskälte in der Familie einfach nicht mehr ertragen konnte?
»Hast du einen Geliebten?«, fragte Caitlin.
»Das geht Sie nichts an«, antwortete Shannon ruhig. »Hast du mit einem Mann geschlafen?«
»Lesen Sie mein Tagebuch.«
Caitlin hob die Augenbrauen. Einen solchen Ton war sie nicht gewohnt. »Stehen dort pikante Dinge?«
»Was nennen Sie pikant?«
»Hast du oder hast du nicht?«, fragte Caitlin ungeduldig. Shannon lachte trocken. »Sinkt gerade mein Marktwert?« »Shannon!«
»Hat jemand eine Kaufoption auf mich erworben?«
»Ja.«
Daher die Aussteuertruhen, die sie bei ihrer Ankunft in ihrem Zimmer gefunden hatte: Porzellan, Kristall, Silber, Tischtücher und Bettwäsche. Alles vom Feinsten, wie nicht anders zu erwarten. Nur eben Caitlins Geschmack, nicht ihrer. Nach dem Telegramm ihres Vaters war damit zu rechnen gewesen. Shannons Vermählung war für Caitlin offenbar beschlossene Sache. »Wer?«
»Tom Conroy. Von Conroy Enterprises. New South Wales.« »Opale?«
»Schwarze Opale in Australien, Diamanten in Südafrika, Handel in China und Japan. Niederlassungen in Sydney, Kapstadt, Kalkutta, Hongkong, Yokohama und Honolulu.«
»Und offenbar demnächst in San Francisco. Was will er?«
»Tyrell & Sons ist neben der Brandon Corporation der weltgrößte Pelzlieferant und das finanzstärkste Handelsunternehmen im Westen der Vereinigten Staaten. Tom will mit uns kooperieren und in den Alaskahandel einsteigen.«
Das Unternehmen unterhielt in Alaska mehr als neunzig Handelsposten, wo Trapper, Jäger und Robbenfänger die Pelze und das Elfenbein aus den Stoßzähnen von Walrossen und Walknochen gegen Waren tauschten. Obwohl die Fangquoten für Robben erschöpft waren und der Pelztierbestand in Alaska unaufhörlich sank, wuchs der Reichtum der Familie Tyrell stetig weiter. Die ungeheuren Gewinne aus der Goldsuche am Yukon wurden umsichtig reinvestiert: Handel mit Sibirien, Japan und China. Fischerei in Alaska. Zuckerrohrplantagen auf Hawaii. Minen in Mexiko. Konservenfabriken in San Francisco. Straßenbahnen in Chicago, New York und Philadelphia. Und die Eisenbahn, die Verbindung zwischen dem Westen und dem Osten, die Caitlin wie den Hafen von San Francisco unter ihre Kontrolle bringen wollte. Der Einzige, der ihr erbittert Widerstand leistete, war Charlton Brandon von der konkurrierenden Brandon Corporation. Die beiden Unternehmen waren seit einem halben Jahrhundert verfeindet.
Wie Caitlin und Charlton schien auch Tom seine Finger in jeden Kuchen zu stecken, um davon zu kosten. »Was will er?«, wiederholte sie ihre Frage.
»Dich.«
»Für sich selbst?«
»Tom ist Mitte fünfzig. Seit einem Unfall in seiner Opalmine in Lightning Ridge sitzt er im Rollstuhl und steht trotzdem mit beiden Beinen fest auf der Erde, wenn du verstehst, was ich meine. Er sucht eine Frau für seinen Sohn, Rob Conroy.«
»Ist Rob die Kurzversion von Robert?«
»Nein, er heißt tatsächlich so. Tom hat ihm den Namen gegeben, als er den Jungen eines Tages vor seiner Tür fand. Der Kleine war sechs Wochen alt. Aber das soll Tom dir selbst erzählen.«
»Rob ist gar nicht sein Sohn?«
»Tom betrachtet ihn als seinen Erben.« Caitlin lächelte matt. »Rob ist das einzige Kind, das bei ihm abgegeben wurde.«
»Verstehe.« Tom Conroy war offenbar nie verheiratet gewesen. »Also schön, Tom hat eine Kaufoption auf mich. Habe ich auch eine auf Rob?«
Caitlin hielt ihrem Blick stand. »Ich sehe, dein Studium in Stanford war eine gute Investition.«
»Beantworten Sie bitte meine Frage!«
»Die Ware steht für eine eingehende Prüfung nicht zur Verfügung. Rob ist in New South Wales. Er kommt, sobald ich mich mit Tom geeinigt habe.«
»Nein, Ma'am«, sagte sie ruhig. »Der Deal ist erst dann perfekt, wenn ich mich mit Tom geeinigt habe. Ich will wissen, worauf ich mich einlasse, wenn ich seinen Sohn heirate. Und ich will, dass er weiß, dass ich nicht Mrs Rob Conroy werde, sondern Mrs Shannon Tyrell Conroy bleibe. Wenn Rob das nicht akzeptiert, kann er sich die Reise nach San Francisco sparen.«
Caitlin atmete tief durch. »Du hast dich verändert.« Sie nahm einen versiegelten Umschlag von ihrem Schreibtisch. »Weißt du, was das ist?«
Sie nickte langsam. »Das Testament meines Vaters?«
Caitlin zerriss das Dokument in kleine Schnipsel. »Mein Unternehmen erbt, wer sich dessen als würdig erweist. Es kann nur einen Erben geben. Und das muss nicht dein Bruder Colin sein, nur weil er in Alaska das Unternehmen vertritt. Aidan kann die Leitung nicht übernehmen. Er sitzt wegen Hochverrats auf Alcatraz. Und dein Cousin Eoghan kann auch nicht erben. Er soll für den Senat kandidieren. Er wird in Sacramento und Washington sein.«
»Sie haben Skip nicht erwähnt.«
»Er verdient keine Erwähnung. Skip nimmt Opium.« »Das Opium, das Sie illegal importieren?«
Caitlin schnaubte verächtlich. »Skip wird nicht erben, nicht einen Dollar. Wie gesagt: Es kann nur einen Erben geben. Und es ist mir gleichgültig, ob dieser Erbe ein Mann oder eine Frau ist. «
»Verstehe.«
»Tust du das?«
»Aber ja.« Nach all den Jahren war sie nach Hause zurückgekehrt, um ein neues Leben zu beginnen, und Stunden nach ihrer Ankunft musste sie feststellen, dass ihre Großmutter im Begriff war, ihre hart erkämpfte Freiheit meistbietend zu versteigern. »Ich soll Rob heiraten ... «
»Er ist eine glänzende Partie. Auch wenn er ein Aussie ist.« »... und ich soll eine Fusion mit Conroy Enterprises vorbereiten...«
»Ganz recht.«
»... und wie meine Brüder und Cousins soll ich den Ruhm und das Ansehen der Familie mehren und Ihnen, Ma'am, zu noch mehr Macht verhelfen.«
»Ich denke, ich werde der Stanford University dieses Jahr eine großzügige Spende zukommen lassen. Jane Stanford hat wirklich gute Arbeit geleistet, als sie dich unter ihre Fittiche nahm. Sie hat aus dir eine präsentable Erscheinung gemacht. Vernunftbegabt und selbstbewusst. Ich bin stolz auf dich.«
Shannon ließ sich die Überraschung nicht anmerken. »Und nach der Fusion mit Conroy Enterprises? Die endgültige Vernichtung der Brandon Corporation?« Sie drückte ihre Zigarette aus. Dann schlug sie die Beine lässig übereinander. Den missbilligenden Blick ihrer Großmutter ignorierte sie.
»Glaubst du, fünfzigtausend Dollar wären angemessen?«
»Und dann, Ma'am? Wollen Sie Alaska kaufen? Der russische Zar hat Alaska für 7,2 Millionen Dollar an die USA verkauft. Das war 1867, und der Marktwert ist seit dem Goldrausch am Yukon gestiegen. Präsident McKinley und sein designierter Vizepräsident Roosevelt werden Ihnen bei dieser Gelegenheit sicherlich die Philippinen aufschwatzen. Teddy träumt von einem amerikanischen Pazifik mit amerikanischen Inseln und einer amerikanischen Flotte, die die amerikanischen Interessen schützt. Dafür wird er die Monopolkontrolle für Trusts nicht auf Tyrell & Sons anwenden, sondern sich auf J. P. Morgans Bankhaus stürzen, das Eisenbahnlinien sammelt wie andere Leute Postkarten aus aller Welt.«
»Ich denke, hunderttausend wären als Spende angemessen. Was meinst du, Shannon?«
»Sie fragen mich allen Ernstes nach meiner Meinung?« Caitlin lehnte sich zurück, stützte ihre Ellbogen auf die Armlehnen und faltete die Hände. »Ja.«
»Die Verhandlungen mit Tom Conroy führe ich«, beharrte Shannon.
»Was seinen Sohn betrifft, von mir aus. Solange du deine romantischen Ideale vergisst und dich auf selbstlose Tugenden wie Ehre, Pflicht, Verantwortung und Einsatz für das Unternehmen besinnst, das dir deinen Lebensstandard sichert. Was die Unternehmen betrifft, treffe ich die Entscheidungen.«
Caitlin war es gewohnt, in familiären wie politischen Angelegenheiten allein zu entscheiden. Ihr letzter Ehemann, Geoffrey Tyrell, war ganz und gar von ihr abhängig gewesen, nicht nur in finanzieller Hinsicht. Auch ihre Söhne hatten ihre Autorität niemals in Frage gestellt und keinen Widerstand gegen ihr Regime gewagt. Shannons Vater war ein pflichtbewusster und integrer Gentleman gewesen, der seiner Mutter bis zur Selbstverleugnung gehorcht hatte. Unter großen persönlichen Opfern, wie seiner gescheiterten Ehe mit Alannah O'Hara, hatte er sich für das Unternehmen eingesetzt. Doch zu solchen Opfern, zum Verzicht auf Selbstbestimmung, Freiheit und Glück war Shannon nicht bereit.
»Ich möchte etwas klarstellen, Ma'am: Ich entscheide, wen ich heirate. Ich lasse mich zu keiner Ehe zwingen. Die von Ihnen gewünschte und gesellschaftlich geduldete Prostitution durch Geldheirat lässt sich mit meinen Vorstellungen von Freiheit und Selbstbestimmung nicht vereinbaren. Sollten Sie diesbezüglich andere Pläne haben - was die Aussteuertruhen in meinen Räumen nahelegen -, kann ich noch heute Abend wieder abreisen. Ich habe meine Koffer noch nicht ausgepackt. Und da Sie eben meinen Lebensstandard erwähnten: Ich verdiene mein eigenes Geld. Ich lebe nicht auf Kosten von Tyrell & Sons.«
»Das weiß ich.«
»Ich schulde Ihnen nur eine Hand voll Dollars für die Eisenbahnfahrt vor vier Jahren nach New York.« Shannon holte die Münzen hervor und legte sie auf den Schreibtisch.
»Wie viel verdienst du als Journalistin?«
»Genug, um stolz darauf zu sein.«
»Immer noch National Geographic?«
»Unter anderem.«
Caitlin nickte. Die Autoren des National Geographic waren in der Regel renommierte Gentlemen mit zwei, wenn nicht sogar drei Initialen vor den Namen: Generals, Colonels, Senatoren, Professoren, Forscher, Expeditionsleiter.
»Ich habe deine Reportagen aus aller Welt gelesen«, sagte Caitlin. »Gut geschrieben.« Es war das erste Mal, dass sie Interesse an Shannons Arbeit und eine gewisse Anerkennung zeigte. »Offen gestanden, ich musste erst einmal nachschlagen, wo Kaschmir liegt. Skip hat alle deine Artikel gesammelt und deine Reiseroute auf der Weltkarte markiert.«
»Die National Geographic Society hat großes Interesse am Goldrausch in Alaska. Die Verleger sind bereit, eine Expedition ins Yukon Territory zu finanzieren.«
Caitlin nickte versonnen. »Und du sollst sie begleiten?« »Nein, Ma'am. Ich soll sie leiten. Aufbruch in San Francisco
Anfang Mai. Wir sind in Alaska, sobald der Yukon eisfrei ist.« »Hast du dich schon entschieden?«
Ein durchdringendes Quietschen und Krachen riss Shannon aus ihren Erinnerungen. Das Cable Car bog in die Market Street ab und hielt auf das Ferry Building zu. »Endstation!«, rief der Schaffner, als der Wagen anhielt. »Bitte alles aussteigen.«
Shannon schlenderte zu den Piers. An den Kais lagen etliche Segler und Schaufelraddampfer. Die salzige Luft roch nach Aufbruch, nach Flucht und nach Freiheit. Wie eine Woge überkam sie das Fernweh. Was, wenn sie einfach wieder verschwand? Aufs nächste Schiff, egal wohin? Tahiti hatte sie noch nicht gesehen. Und dann gab es ja tatsächlich das Angebot der National Geographic Society, die Expedition zum Yukon zu führen ...
Shannon atmete tief durch und blickte zum Uhrturm am Ferry Building. Halb vier. Zeit genug bis zum Treffen mit Tom Conroy. Mit ihrer Kameraausrüstung machte sie sich auf den Weg zum Palace Hotel. Sie hätte das Cable Car nehmen können, das gerade an ihr vorbeiratterte, doch sie wollte laufen. Sie war noch nicht bereit für das Gespräch mit Tom.
»Ist denn niemand da, der Ihnen den Koffer abnimmt?« Shannon blieb stehen und drehte sich um. »Nein, Sir.« »Ma'am.« Ein junger Mann zog den Hut und betrachtete ein wenig missmutig ihren Trauerschleier. »Schaffen Sie es denn allein?«
Sie lächelte. »Selbstverständlich.«
Er wollte sie offenbar nicht einfach so gehen lassen. »Ich kann Ihnen dieAusrüstung tragen. Sie wollen in die Market Street, nicht wahr?« Er deutete auf den breiten Boulevard hinter Shannon, wo auf zwei Gleisen in der Mitte der Straße die Cable Cars fuhren, auf beiden Seiten flankiert von Kutschen und Autos. Unter Einsatz ihres Lebens kreuzten Fußgänger und Fahrradfahrer den dichten Verkehr - nicht alle Fahrzeuge fuhren auf der richtigen Straßenseite. In den Straßen von San Francisco galt das Recht des Stärkeren, Schnelleren, Entschlosseneren.
»Das ist überaus freundlich von Ihnen, Sir. Aber ich schaffe es wirklich allein.«
»Sicher?«
»Ganz sicher. Ich habe diese Kamera durch Kaschmir und Ladakh geschleppt.«
»Oh!« Der junge Mann lächelte verschmitzt. »Kann ich Ihnen sonst irgendwie behilflich sein, Ma'am? Als Fremdenführer bin ich fast so gut wie als Kofferträger. Ich zeige Ihnen die Imperial City, die Königin der Städte, in ihrer ganzen Pracht.«
»Das klingt wirklich verführerisch«, lachte Shannon über seine charmante Unverfrorenheit. »Aber nein, vielen Dank. Ich bin aus San Francisco.«
»Ein romantisches Dinner in einem italienischen Restaurant an der Fisherman's Wharf?«, flirtete der junge Mann ungeniert weiter. Er zog eine Visitenkarte hervor und gab sie Shannon.
Sie las seinen Namen: Ian Starling. Darunter stand sein Titel: Assistant Vice President. Brandon Corporation. Alaska Trading Company. Ian Starling hatte eine eigene Telefonnummer - wirklich beeindruckend!
Der imposante Firmensitz der Brandon Corporation lag nur wenige Schritte von Tyrell & Sons entfernt. Charlton Brandon war Caitlin O'Learys erster Ehemann gewesen, bevor sie Geoffrey Tyrell geheiratet hatte. Fast schien es, als könnten Charlton und Caitlin trotz ihrer jahrzehntelangen erbitterten Feindschaft einfach nicht ohne einander leben.
»Nein, vielen Dank für die Einladung, Sir«, sagte sie mit einem Lächeln. »Ich bin schon verabredet. Im Palace Hotel.«
»Und wer ist der Glückliche?« Ians Blick irrte zu ihrer Hand. Kein Ring.
»Mein künftiger Schwiegervater.«
»Verzeihen Sie«, murmelte Ian verlegen. »Sie kommen wirklich zurecht, ja?«
Sie musste lachen. »Aber sicher.«
»Dann gehe ich jetzt.« Ian zog seinen Hut. »Guten Tag, Ma'am.«
»Guten Tag, Sir.« Shannon nickte ihm zu, wandte sich ab und ging die Market Street hinauf zum Palace Hotel.
Als sie einige Schritte entfernt war, rief er ihr nach: »Verlieren Sie meine Karte nicht! Falls Sie sich verirren, rette ich Sie!«
Lachend winkte Shannon mit der Visitenkarte und ging weiter. Ein echter Draufgänger!
»Nicht vergessen: Ian Starling.«
...
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Nur mit Mühe bewahrte Shannon Tyrell ihre Haltung, während das Cable Car an diesem strahlend schönen Tag im Januar 1900 zum Hafen hinunterrumpelte. Die bewundernden Blicke des Mädchens waren ihr nicht entgangen. Als sie ihm freundlich zulächelte, sah es verlegen aus dem Fenster. Shannon folgte dem Blick. Der Himmel schimmerte wie ein bleicher Opal, die Wolken leuchteten wie Goldflitter. Die Luft duftete schon ein wenig nach Frühlingsblüten.
Sie schloss die Augen und lauschte der Sinfonie von San Francisco. Dem Rattern des Cable Cars, dem Rasseln der Scheiben, dem Kreischen des Zugkabels, dem Donnern, Scheppern, Klappern und Quietschen der Fahrt hinunter zum Ferry Building. Der Wagen vibrierte dröhnend, als fiele er gleich auseinander. Wie lange hatte sie diese Melodie nicht mehr gehört?
Vier Jahre Exil. Wie ein Flüchtling, der seine Familie und seine Heimat verließ, hatte sie erst zurückkehren wollen, wenn sich die Umstände geändert hatten. Doch dann hatte sie in Hawaii ein Telegramm ihres Vaters bekommen. Skip musste ihm verraten haben, wo sie sich aufhielt. Ihr Adoptivbruder war der Einzige, dem sie in all den Jahren geschrieben hatte. »Bitte komm nach Hause«, hatte ihr Vater sie gebeten. »Wir müssen reden.« Lange hatte sie gezögert, obwohl sie das Flehen, ja sogar die Bitte um Vergebung in seinen Worten sah. Dann hatte sie ihm telegrafiert: »Ich komme an Weihnachten nach Hause, Sir.«
Vier Jahre Exil. Vier Jahre Selbstbestimmung und Freiheit. Sie hatte geglaubt, sie hätte ihre Vergangenheit hinter sich gelassen und ihr Leben in den Griff bekommen. Kein Blick zurück! Kein Bedauern! Keine Reue! Aber in San Francisco erwartete sie die Vergangenheit - in Gestalt ihrer Großmutter.
Shannon gab sich ruhig und gelassen. Aber in ihrem Innersten war sie aufgewühlt, als sie sich ihr künftiges Leben vorstellte. Elegante Abendgesellschaften, prunkvolle Diners im Palace Hotel, Segeltörns in der Bay, Polospiele im Golden Gate Park, Bärenjagden im Yosemite Valley, Grillpartys in der Lodge in San Rafael. Immer dieselben Leute aus dem Geldadel von San Francisco und dieselben Gespräche über Gewinne aus dem Alaskahandel und aus den Investitionen in Eisenbahnen und Zuckerrohrplantagen.
Sie atmete tief durch.
Und Rob? Würde ihr künftiger Ehemann sich an diesem endlosen Kampf um noch mehr Geld, Prestige und Macht beteiligen? Nach Tom Conroys Worten während der Silvesterparty vor einigen Tagen war sein Sohn ein ganzer Kerl, hart wie die Opale, die er im australischen Outback fand. Ein Siegertyp eben. Ein millionenschwerer Sieger in einem verschwitzten, mit rotem Staub bedeckten Hemd und verwaschenen Jeans. So jedenfalls sah er auf dem Foto aus, das Tom ihr gezeigt hatte. Robs strahlendes Lächeln und Toms unverstellte Art versöhnten sie ein wenig mit der unvermeidlichen Heirat. Rob Conroy war immer noch besser als Lance Burnette, der Erbe eines Eisenbahntycoons aus New York, den sie mitsamt Verlobungsring hatte sitzen lassen. Der Brillant war bemerkenswert gewesen - im Gegensatz zu Lance.
Rob also. Der charmante Aussie, der noch gar nicht wusste, dass er eine Yankee heiraten sollte, würde vermutlich genauso begeistert sein wie sie - nämlich gar nicht. Sollte er wider Erwarten dieser arrangierten Heirat zustimmen, was erwartete er dann von ihr? Die perfekte Inszenierung einer glücklichen Ehe? Die Rolle der ergebenen Frau an seiner Seite? Der Mutter seines Sohnes und Erben? Der First Lady eines gewaltigen Finanzimperiums, das sich von Australien über Südafrika, Hongkong und Hawaii bis nach San Francisco erstreckte?
Langsam atmete sie aus. Ein zweites Mal würde sie sich der Ehe vermutlich nicht entziehen können, wie vor vier Jahren, als sie einfach ihre Koffer gepackt hatte. Auf der Flucht vor gesellschaftlichen Zwängen und einem Mann, den sie nicht liebte, war sie um die ganze Welt gereist. Nur um bei ihrer Rückkehr festzustellen, dass die Menschen, die sie ins Exil getrieben hatten, noch immer dieselben waren. Sie begriffen nicht, welches Leid sie über andere brachten, die nicht so waren wie sie, und welche Schuld sie auf sich luden, weil sie ohne Einsicht und Reue handelten.
»Nob Hill«, rief der Schaffner von der hinteren Plattform. »Ladies and Gentlemen, bitte festhalten! Es geht abwärts!«
Mit kreischenden Bremsen rumpelte das Cable Car die steile Straße hinunter zum Financial District. Ein Fahrradfahrer überholte mit wehender Jacke. Ein Zeitungsjunge verkaufte den San Francisco Examiner durch die offenen Fenster. Ein Straßenmusiker sprang auf das Trittbrett des Wagens. Seine sehnsuchtsvollen Melodien versetzten Shannon in eine träumerische Stimmung, aus der sie schließlich der Schaffner riss: »Financial District, Tyrell Tower. Umsteigen zu den Linien Sacramento, Sutter und Market Street.«
An der nächsten Kreuzung, California Street Ecke Sansome, ragte der Sitz des Familienunternehmens in den Himmel. TYRELL & SONS, ALASKA TRADING COMPANY stand auf dem Messingschild über dem Portal. Shannon blickte an der fünfzehnstöckigen Prachtfassade hinauf zur Kuppel. Der Tyrell Tower war ein Symbol des Reichtums und der Macht von Caitlin Tyrell, der Gründerin von Tyrell & Sons. Shannon lehnte sich auf ihrem Sitz zurück, lockerte die verspannten Schultern und schloss die Augen.
Am Heiligabend, dem Todestag ihres Vaters, war sie von ihrer Großmutter Caitlin ins Arbeitszimmer beordert worden. Der Raum im Empire-Stil mit dem Marmorkamin und den hohen Fenstern mit Blick über die Bay wirkte ausgesprochen herrschaftlich. Die Porträts an den Wänden sollten den Eindruck erwecken, bei der Sammlung handele es sich um eine ehrwürdige Ahnengalerie. Die meisten Geschäftspartner von Caitlin O'Leary Tyrell wussten jedoch, dass die Firmengründerin während der Großen Hungersnot aus Irland geflohen war, weil ihrem Vater Rory O'Leary die Kartoffelernte auf dem Feld verfault war. Caitlin wäre verhungert, wenn sie nicht verzweifelt genug gewesen wäre, zu stehlen und zu betrügen, um die Passage nach New York bezahlen zu können.
Caitlin erhob sich nicht, um Shannon zu begrüßen, sondern winkte sie zu sich heran. Ihr Gesicht, trotz ihrer vierundsiebzig Jahre noch erstaunlich glatt, war wie aus Stein gemeißelt. Nur die zusammengepressten Lippen und der matte Blick ihrer Augen verrieten die Trauer über den Tod ihres ältesten Sohnes an diesem Morgen.
»Sie wollten mich sprechen, Ma'am?« Shannon blieb vor dem Schreibtisch stehen.
Caitlin deutete auf einen Stuhl. »Setz dich.«
Shannon schlug die Beine übereinander.
Ihre Großmutter runzelte unwillig die Stirn. »Dein Vater ist tot. Mit Sean habe ich heute den zweiten Sohn nach Kevin verloren. Nur Reämon ist mir geblieben.«
Die beiden Frauen schwiegen einen Augenblick, aber auch das stille Gedenken an den verstorbenen Sohn und Vater brachte sie einander nicht näher. Caitlin sah schließlich wieder auf. »Du hast dich verändert, Shannon. Nicht nur äußerlich ... deine Haare, dein Stil, dich zu kleiden, deine Haltung. Du bist reifer ... abgeklärter ... selbstbewusster.«
Wortlos zog Shannon ein Etui hervor, steckte eine Zigarette in den schwarzen Fume-Cigarette, den sie in Paris gekauft hatte, und riss ein Streichholz an. Sie nahm den ersten Zug.
Unwillig presste Caitlin die Lippen aufeinander. »Du weißt genau, dass ich es nicht mag, wenn du rauchst, Shannon.« Shannon blies den Rauch in Richtung der Decke.
»Du hast dich verändert.«
Shannon lachte leise.
»Kaffee?«
»Nein, danke.«
»Jack Daniel's?«
Shannon schüttelte den Kopf. »Ich denke, wir haben schon genug Trinker in der Familie. Großvater Geoffrey starb nach endlosen Affären ohne einen Cent in der Tasche. Er hat sich zu Tode getrunken. Und Onkel Reämon hält das Andenken seines Vaters in Ehren. Mit einem Glas Whiskey in der Hand.«
Ihr Cousin Skip, den ihr Vater nach dem Tod von Onkel Kevin an Sohnes statt angenommen hatte, ertränkte seinen Kummer in Absinth. Shannon war erschrocken gewesen, als sie an jenem Morgen nach vierjähriger Abwesenheit zurückgekehrt war. Skip, dem der Tod seines Adoptivvaters sehr nahegegangen war, hatte besinnungslos im kalten Wasser der Badewanne gelegen, neben ihm eine halbleere Flasche Absinth und ein Fläschchen mit Laudanum. Der Butler Mr Wilkinson hatte ihr geholfen, ihren Adoptivbruder ins Bett zu stecken. Hatte Skip versucht, sich im Rausch zu ertränken? War die dramatische Inszenierung im Bad ein gescheiterter Selbstmordversuch? Oder der verzweifelte Hilferuf eines sensiblen, verstörten Menschen, der die Eiseskälte in der Familie einfach nicht mehr ertragen konnte?
»Hast du einen Geliebten?«, fragte Caitlin.
»Das geht Sie nichts an«, antwortete Shannon ruhig. »Hast du mit einem Mann geschlafen?«
»Lesen Sie mein Tagebuch.«
Caitlin hob die Augenbrauen. Einen solchen Ton war sie nicht gewohnt. »Stehen dort pikante Dinge?«
»Was nennen Sie pikant?«
»Hast du oder hast du nicht?«, fragte Caitlin ungeduldig. Shannon lachte trocken. »Sinkt gerade mein Marktwert?« »Shannon!«
»Hat jemand eine Kaufoption auf mich erworben?«
»Ja.«
Daher die Aussteuertruhen, die sie bei ihrer Ankunft in ihrem Zimmer gefunden hatte: Porzellan, Kristall, Silber, Tischtücher und Bettwäsche. Alles vom Feinsten, wie nicht anders zu erwarten. Nur eben Caitlins Geschmack, nicht ihrer. Nach dem Telegramm ihres Vaters war damit zu rechnen gewesen. Shannons Vermählung war für Caitlin offenbar beschlossene Sache. »Wer?«
»Tom Conroy. Von Conroy Enterprises. New South Wales.« »Opale?«
»Schwarze Opale in Australien, Diamanten in Südafrika, Handel in China und Japan. Niederlassungen in Sydney, Kapstadt, Kalkutta, Hongkong, Yokohama und Honolulu.«
»Und offenbar demnächst in San Francisco. Was will er?«
»Tyrell & Sons ist neben der Brandon Corporation der weltgrößte Pelzlieferant und das finanzstärkste Handelsunternehmen im Westen der Vereinigten Staaten. Tom will mit uns kooperieren und in den Alaskahandel einsteigen.«
Das Unternehmen unterhielt in Alaska mehr als neunzig Handelsposten, wo Trapper, Jäger und Robbenfänger die Pelze und das Elfenbein aus den Stoßzähnen von Walrossen und Walknochen gegen Waren tauschten. Obwohl die Fangquoten für Robben erschöpft waren und der Pelztierbestand in Alaska unaufhörlich sank, wuchs der Reichtum der Familie Tyrell stetig weiter. Die ungeheuren Gewinne aus der Goldsuche am Yukon wurden umsichtig reinvestiert: Handel mit Sibirien, Japan und China. Fischerei in Alaska. Zuckerrohrplantagen auf Hawaii. Minen in Mexiko. Konservenfabriken in San Francisco. Straßenbahnen in Chicago, New York und Philadelphia. Und die Eisenbahn, die Verbindung zwischen dem Westen und dem Osten, die Caitlin wie den Hafen von San Francisco unter ihre Kontrolle bringen wollte. Der Einzige, der ihr erbittert Widerstand leistete, war Charlton Brandon von der konkurrierenden Brandon Corporation. Die beiden Unternehmen waren seit einem halben Jahrhundert verfeindet.
Wie Caitlin und Charlton schien auch Tom seine Finger in jeden Kuchen zu stecken, um davon zu kosten. »Was will er?«, wiederholte sie ihre Frage.
»Dich.«
»Für sich selbst?«
»Tom ist Mitte fünfzig. Seit einem Unfall in seiner Opalmine in Lightning Ridge sitzt er im Rollstuhl und steht trotzdem mit beiden Beinen fest auf der Erde, wenn du verstehst, was ich meine. Er sucht eine Frau für seinen Sohn, Rob Conroy.«
»Ist Rob die Kurzversion von Robert?«
»Nein, er heißt tatsächlich so. Tom hat ihm den Namen gegeben, als er den Jungen eines Tages vor seiner Tür fand. Der Kleine war sechs Wochen alt. Aber das soll Tom dir selbst erzählen.«
»Rob ist gar nicht sein Sohn?«
»Tom betrachtet ihn als seinen Erben.« Caitlin lächelte matt. »Rob ist das einzige Kind, das bei ihm abgegeben wurde.«
»Verstehe.« Tom Conroy war offenbar nie verheiratet gewesen. »Also schön, Tom hat eine Kaufoption auf mich. Habe ich auch eine auf Rob?«
Caitlin hielt ihrem Blick stand. »Ich sehe, dein Studium in Stanford war eine gute Investition.«
»Beantworten Sie bitte meine Frage!«
»Die Ware steht für eine eingehende Prüfung nicht zur Verfügung. Rob ist in New South Wales. Er kommt, sobald ich mich mit Tom geeinigt habe.«
»Nein, Ma'am«, sagte sie ruhig. »Der Deal ist erst dann perfekt, wenn ich mich mit Tom geeinigt habe. Ich will wissen, worauf ich mich einlasse, wenn ich seinen Sohn heirate. Und ich will, dass er weiß, dass ich nicht Mrs Rob Conroy werde, sondern Mrs Shannon Tyrell Conroy bleibe. Wenn Rob das nicht akzeptiert, kann er sich die Reise nach San Francisco sparen.«
Caitlin atmete tief durch. »Du hast dich verändert.« Sie nahm einen versiegelten Umschlag von ihrem Schreibtisch. »Weißt du, was das ist?«
Sie nickte langsam. »Das Testament meines Vaters?«
Caitlin zerriss das Dokument in kleine Schnipsel. »Mein Unternehmen erbt, wer sich dessen als würdig erweist. Es kann nur einen Erben geben. Und das muss nicht dein Bruder Colin sein, nur weil er in Alaska das Unternehmen vertritt. Aidan kann die Leitung nicht übernehmen. Er sitzt wegen Hochverrats auf Alcatraz. Und dein Cousin Eoghan kann auch nicht erben. Er soll für den Senat kandidieren. Er wird in Sacramento und Washington sein.«
»Sie haben Skip nicht erwähnt.«
»Er verdient keine Erwähnung. Skip nimmt Opium.« »Das Opium, das Sie illegal importieren?«
Caitlin schnaubte verächtlich. »Skip wird nicht erben, nicht einen Dollar. Wie gesagt: Es kann nur einen Erben geben. Und es ist mir gleichgültig, ob dieser Erbe ein Mann oder eine Frau ist. «
»Verstehe.«
»Tust du das?«
»Aber ja.« Nach all den Jahren war sie nach Hause zurückgekehrt, um ein neues Leben zu beginnen, und Stunden nach ihrer Ankunft musste sie feststellen, dass ihre Großmutter im Begriff war, ihre hart erkämpfte Freiheit meistbietend zu versteigern. »Ich soll Rob heiraten ... «
»Er ist eine glänzende Partie. Auch wenn er ein Aussie ist.« »... und ich soll eine Fusion mit Conroy Enterprises vorbereiten...«
»Ganz recht.«
»... und wie meine Brüder und Cousins soll ich den Ruhm und das Ansehen der Familie mehren und Ihnen, Ma'am, zu noch mehr Macht verhelfen.«
»Ich denke, ich werde der Stanford University dieses Jahr eine großzügige Spende zukommen lassen. Jane Stanford hat wirklich gute Arbeit geleistet, als sie dich unter ihre Fittiche nahm. Sie hat aus dir eine präsentable Erscheinung gemacht. Vernunftbegabt und selbstbewusst. Ich bin stolz auf dich.«
Shannon ließ sich die Überraschung nicht anmerken. »Und nach der Fusion mit Conroy Enterprises? Die endgültige Vernichtung der Brandon Corporation?« Sie drückte ihre Zigarette aus. Dann schlug sie die Beine lässig übereinander. Den missbilligenden Blick ihrer Großmutter ignorierte sie.
»Glaubst du, fünfzigtausend Dollar wären angemessen?«
»Und dann, Ma'am? Wollen Sie Alaska kaufen? Der russische Zar hat Alaska für 7,2 Millionen Dollar an die USA verkauft. Das war 1867, und der Marktwert ist seit dem Goldrausch am Yukon gestiegen. Präsident McKinley und sein designierter Vizepräsident Roosevelt werden Ihnen bei dieser Gelegenheit sicherlich die Philippinen aufschwatzen. Teddy träumt von einem amerikanischen Pazifik mit amerikanischen Inseln und einer amerikanischen Flotte, die die amerikanischen Interessen schützt. Dafür wird er die Monopolkontrolle für Trusts nicht auf Tyrell & Sons anwenden, sondern sich auf J. P. Morgans Bankhaus stürzen, das Eisenbahnlinien sammelt wie andere Leute Postkarten aus aller Welt.«
»Ich denke, hunderttausend wären als Spende angemessen. Was meinst du, Shannon?«
»Sie fragen mich allen Ernstes nach meiner Meinung?« Caitlin lehnte sich zurück, stützte ihre Ellbogen auf die Armlehnen und faltete die Hände. »Ja.«
»Die Verhandlungen mit Tom Conroy führe ich«, beharrte Shannon.
»Was seinen Sohn betrifft, von mir aus. Solange du deine romantischen Ideale vergisst und dich auf selbstlose Tugenden wie Ehre, Pflicht, Verantwortung und Einsatz für das Unternehmen besinnst, das dir deinen Lebensstandard sichert. Was die Unternehmen betrifft, treffe ich die Entscheidungen.«
Caitlin war es gewohnt, in familiären wie politischen Angelegenheiten allein zu entscheiden. Ihr letzter Ehemann, Geoffrey Tyrell, war ganz und gar von ihr abhängig gewesen, nicht nur in finanzieller Hinsicht. Auch ihre Söhne hatten ihre Autorität niemals in Frage gestellt und keinen Widerstand gegen ihr Regime gewagt. Shannons Vater war ein pflichtbewusster und integrer Gentleman gewesen, der seiner Mutter bis zur Selbstverleugnung gehorcht hatte. Unter großen persönlichen Opfern, wie seiner gescheiterten Ehe mit Alannah O'Hara, hatte er sich für das Unternehmen eingesetzt. Doch zu solchen Opfern, zum Verzicht auf Selbstbestimmung, Freiheit und Glück war Shannon nicht bereit.
»Ich möchte etwas klarstellen, Ma'am: Ich entscheide, wen ich heirate. Ich lasse mich zu keiner Ehe zwingen. Die von Ihnen gewünschte und gesellschaftlich geduldete Prostitution durch Geldheirat lässt sich mit meinen Vorstellungen von Freiheit und Selbstbestimmung nicht vereinbaren. Sollten Sie diesbezüglich andere Pläne haben - was die Aussteuertruhen in meinen Räumen nahelegen -, kann ich noch heute Abend wieder abreisen. Ich habe meine Koffer noch nicht ausgepackt. Und da Sie eben meinen Lebensstandard erwähnten: Ich verdiene mein eigenes Geld. Ich lebe nicht auf Kosten von Tyrell & Sons.«
»Das weiß ich.«
»Ich schulde Ihnen nur eine Hand voll Dollars für die Eisenbahnfahrt vor vier Jahren nach New York.« Shannon holte die Münzen hervor und legte sie auf den Schreibtisch.
»Wie viel verdienst du als Journalistin?«
»Genug, um stolz darauf zu sein.«
»Immer noch National Geographic?«
»Unter anderem.«
Caitlin nickte. Die Autoren des National Geographic waren in der Regel renommierte Gentlemen mit zwei, wenn nicht sogar drei Initialen vor den Namen: Generals, Colonels, Senatoren, Professoren, Forscher, Expeditionsleiter.
»Ich habe deine Reportagen aus aller Welt gelesen«, sagte Caitlin. »Gut geschrieben.« Es war das erste Mal, dass sie Interesse an Shannons Arbeit und eine gewisse Anerkennung zeigte. »Offen gestanden, ich musste erst einmal nachschlagen, wo Kaschmir liegt. Skip hat alle deine Artikel gesammelt und deine Reiseroute auf der Weltkarte markiert.«
»Die National Geographic Society hat großes Interesse am Goldrausch in Alaska. Die Verleger sind bereit, eine Expedition ins Yukon Territory zu finanzieren.«
Caitlin nickte versonnen. »Und du sollst sie begleiten?« »Nein, Ma'am. Ich soll sie leiten. Aufbruch in San Francisco
Anfang Mai. Wir sind in Alaska, sobald der Yukon eisfrei ist.« »Hast du dich schon entschieden?«
Ein durchdringendes Quietschen und Krachen riss Shannon aus ihren Erinnerungen. Das Cable Car bog in die Market Street ab und hielt auf das Ferry Building zu. »Endstation!«, rief der Schaffner, als der Wagen anhielt. »Bitte alles aussteigen.«
Shannon schlenderte zu den Piers. An den Kais lagen etliche Segler und Schaufelraddampfer. Die salzige Luft roch nach Aufbruch, nach Flucht und nach Freiheit. Wie eine Woge überkam sie das Fernweh. Was, wenn sie einfach wieder verschwand? Aufs nächste Schiff, egal wohin? Tahiti hatte sie noch nicht gesehen. Und dann gab es ja tatsächlich das Angebot der National Geographic Society, die Expedition zum Yukon zu führen ...
Shannon atmete tief durch und blickte zum Uhrturm am Ferry Building. Halb vier. Zeit genug bis zum Treffen mit Tom Conroy. Mit ihrer Kameraausrüstung machte sie sich auf den Weg zum Palace Hotel. Sie hätte das Cable Car nehmen können, das gerade an ihr vorbeiratterte, doch sie wollte laufen. Sie war noch nicht bereit für das Gespräch mit Tom.
»Ist denn niemand da, der Ihnen den Koffer abnimmt?« Shannon blieb stehen und drehte sich um. »Nein, Sir.« »Ma'am.« Ein junger Mann zog den Hut und betrachtete ein wenig missmutig ihren Trauerschleier. »Schaffen Sie es denn allein?«
Sie lächelte. »Selbstverständlich.«
Er wollte sie offenbar nicht einfach so gehen lassen. »Ich kann Ihnen dieAusrüstung tragen. Sie wollen in die Market Street, nicht wahr?« Er deutete auf den breiten Boulevard hinter Shannon, wo auf zwei Gleisen in der Mitte der Straße die Cable Cars fuhren, auf beiden Seiten flankiert von Kutschen und Autos. Unter Einsatz ihres Lebens kreuzten Fußgänger und Fahrradfahrer den dichten Verkehr - nicht alle Fahrzeuge fuhren auf der richtigen Straßenseite. In den Straßen von San Francisco galt das Recht des Stärkeren, Schnelleren, Entschlosseneren.
»Das ist überaus freundlich von Ihnen, Sir. Aber ich schaffe es wirklich allein.«
»Sicher?«
»Ganz sicher. Ich habe diese Kamera durch Kaschmir und Ladakh geschleppt.«
»Oh!« Der junge Mann lächelte verschmitzt. »Kann ich Ihnen sonst irgendwie behilflich sein, Ma'am? Als Fremdenführer bin ich fast so gut wie als Kofferträger. Ich zeige Ihnen die Imperial City, die Königin der Städte, in ihrer ganzen Pracht.«
»Das klingt wirklich verführerisch«, lachte Shannon über seine charmante Unverfrorenheit. »Aber nein, vielen Dank. Ich bin aus San Francisco.«
»Ein romantisches Dinner in einem italienischen Restaurant an der Fisherman's Wharf?«, flirtete der junge Mann ungeniert weiter. Er zog eine Visitenkarte hervor und gab sie Shannon.
Sie las seinen Namen: Ian Starling. Darunter stand sein Titel: Assistant Vice President. Brandon Corporation. Alaska Trading Company. Ian Starling hatte eine eigene Telefonnummer - wirklich beeindruckend!
Der imposante Firmensitz der Brandon Corporation lag nur wenige Schritte von Tyrell & Sons entfernt. Charlton Brandon war Caitlin O'Learys erster Ehemann gewesen, bevor sie Geoffrey Tyrell geheiratet hatte. Fast schien es, als könnten Charlton und Caitlin trotz ihrer jahrzehntelangen erbitterten Feindschaft einfach nicht ohne einander leben.
»Nein, vielen Dank für die Einladung, Sir«, sagte sie mit einem Lächeln. »Ich bin schon verabredet. Im Palace Hotel.«
»Und wer ist der Glückliche?« Ians Blick irrte zu ihrer Hand. Kein Ring.
»Mein künftiger Schwiegervater.«
»Verzeihen Sie«, murmelte Ian verlegen. »Sie kommen wirklich zurecht, ja?«
Sie musste lachen. »Aber sicher.«
»Dann gehe ich jetzt.« Ian zog seinen Hut. »Guten Tag, Ma'am.«
»Guten Tag, Sir.« Shannon nickte ihm zu, wandte sich ab und ging die Market Street hinauf zum Palace Hotel.
Als sie einige Schritte entfernt war, rief er ihr nach: »Verlieren Sie meine Karte nicht! Falls Sie sich verirren, rette ich Sie!«
Lachend winkte Shannon mit der Visitenkarte und ging weiter. Ein echter Draufgänger!
»Nicht vergessen: Ian Starling.«
...
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Autoren-Porträt von Norah Sanders
Norah Sanders hat auf ihren Reisen schon viel gesehen und ist besonders von der Landschaft und den Menschen an der amerikanisch-kanadischen Westküste zwischen Kalifornien und Alaska fasziniert. Ihre Leidenschaft fürs Schreiben entdeckte sie während einer Kalifornien-Reise. Wenn Norah Sanders nicht unterwegs ist, lebt sie in Süddeutschland.
Bibliographische Angaben
- Autor: Norah Sanders
- Altersempfehlung: 16 - 99 Jahre
- 2012, 718 Seiten, Maße: 12,5 x 18,6 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Bastei Lübbe
- ISBN-10: 3404166914
- ISBN-13: 9783404166916
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