Iss dein Eis, bevor es schmilzt
Warum es sich nicht lohnt, auf später zu warten
Hektik, Stress und überzogene Erwartungen machen uns das Leben schwer. Oft hetzen wir von Termin zu Termin und haben das Gefühl, dass die Tiefenentspannung der letzten Yoga-Stunde auf der Strecke bleibt. Wie Sie im Alltag entspannt und...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Iss dein Eis, bevor es schmilzt “
Hektik, Stress und überzogene Erwartungen machen uns das Leben schwer. Oft hetzen wir von Termin zu Termin und haben das Gefühl, dass die Tiefenentspannung der letzten Yoga-Stunde auf der Strecke bleibt. Wie Sie im Alltag entspannt und gelassen bleiben, verrät Ihnen Ursula Nuber mit praktischen Tipps.
Klappentext zu „Iss dein Eis, bevor es schmilzt “
Hektik, Stress und überzogene Erwartungen machen uns das Leben schwer. Oft hetzen wir von Termin zu Termin und haben das Gefühl, dass die Tiefenentspannung der letzten Yoga-Stunde auf der Strecke bleibt. Dabei könnten wir mit mehr Gelassenheit die Anforderungen des Alltags wesentlich besser bewältigen. Die renommierte Psychologin Ursula Nuber erklärt, wie das gelingt, und gibt praktische Tipps für ein entspanntes und gelassenes Leben.
Lese-Probe zu „Iss dein Eis, bevor es schmilzt “
Iss dein Eis, bevor es schmilzt von Ursula NuberEinleitung - Die zehn Gebote des Machbarkeitswahns
Angenommen, ich wäre eine gute Fee. Und weiter angenommen, ich würde zu Ihnen sagen: »Sie haben einen
Wunsch frei: Wenn Sie irgendetwas an sich verändern wollen, ich ermögliche es Ihnen.« Was würden Sie tun? Mich wegschicken, weil Sie so, wie Sie sind, zufrieden mit sich sind?
Ich vermute, das würden Sie nicht tun. Sie hätten wahrscheinlich einen Wunsch (wenn nicht sogar mehrere). Und ich glaube sogar, einige dieser Wünsche zu kennen:
- Sie möchten ein paar Pfunde weniger auf die Waage bringen.
- Sie möchten, dass man Ihnen das Alter nicht ansieht.
- Sie möchten fit und durchtrainiert sein.
- Sie möchten guter Stimmung sein und düstere Gedanken aus Ihrem Leben verbannen.
- Sie möchten mit dem Rauchen aufhören, weniger trinken.
- Sie möchten sich nicht mehr so oft ärgern.
- Sie möchten Ihren Kindern eine perfekte Mutter, ein liebevollerer Vater sein.
- Sie möchten im Beruf und auch im Privatleben mehr Erfolg haben.
- Sie möchten mit Ihrer Ehe zufriedener sein.
- Sie möchten weniger Ängste und dafür mehr Lust am Leben haben.
- Sie möchten beliebt sein.
... mehr
Kurz: Sie möchten ein problemfreies, glückliches, gutes Leben führen. Ein verständlicher Wunsch, wer möchte das nicht. Das Problem an diesem Wunsch ist jedoch nicht sein Inhalt, das Problem ist, dass Sie fest davon überzeugt sind, dass er erfüllbar ist. Sie glauben, dass das Leben leichter sein kann, als es für Sie im Moment vielleicht ist. Und Sie denken wahrscheinlich: Andere schaffen es doch auch! Anderen gelingt, was Ihnen so schwerfällt: optimistisch, unbeschwert, erfolgreich und zufrieden durchs Leben zu gehen. Nur Sie, Sie hadern bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit sich selbst. Schon wieder zu viel gegessen und zu wenig Sport getrieben. Schon wieder sich im Ton vergriffen, zu unfreundlich gewesen. Schon wieder zu viele Stunden mit Fernsehen vergeudet, wo doch so viel Wichtiges zu tun wäre. Schon wieder sich auf falsche Menschen eingelassen. Schon wieder mit dem linken Fuß zuerst aufgestanden. Schon wieder zu viel Alkohol getrunken. Schon wieder sich in unnötige Streitereien verwickelt ... Schon wieder versagt!
Das schlechte Gewissen ist zu einem ständigen Begleiter in Ihrem Leben geworden. Wann immer Sie von sich selbst enttäuscht sind, meldet es sich und erinnert Sie daran, dass Sie nicht (immer noch nicht) perfekt sind. Es flüstert Ihnen dann in allen möglichen und unmöglichen Situationen seine Botschaften zu: »Du kannst nicht so bleiben, wie du bist.« - »Du bist nicht glücklich genug.« - »Du bist nicht gut genug.« - »Du bist zu unattraktiv.« - »Du bist zu pessimistisch.« - »Du bist zu ängstlich, zu risikoscheu, zu schüchtern.« - »Du bist keine gute Mutter, kein guter Vater.« All diese negativen Einflüsterungen können auf einen Nenner gebracht werden: »Du bist nicht richtig, so wie du bist.«
Wie Psychologen festgestellt haben, richten wir in der Minute zwischen 150 und 300 Worte an uns selbst. Da kommen wir am Ende des Tages auf eine Menge selbstbezogener Gedanken. Viele davon sind natürlich belanglos und gehören in die Kategorie »Wo habe ich nur meine Schlüssel hingelegt?« Daneben gibt es aber eine stattliche Anzahl von »Du sollst«- und »Du darfst nicht«-Selbstgesprächen, die eine Art Erziehungsfunktion haben. Sie gängeln uns mit moralischen Vorstellungen, bombardieren uns mit Regeln und Geboten und rufen uns zur Ordnung, wenn wir mal nicht so funktionieren, wie wir sollten.
Diese kritischen Selbstgespräche sind mächtig, sie haben einen großen Einfluss. Mit ihren Ermahnungen und ihren Bewertungen unseres Tuns sorgen sie dafür, dass wir nur selten wirklich einverstanden sind mit uns: Unser Selbstbild ist alles andere als glänzend. Dazu finden wir zu viel an uns auszusetzen: zu viele Schwächen, zu viele Fehler, zu viele Probleme, zu unbeholfen, nicht belastbar, zu unzufrieden, zu inkonsequent, zu disziplinlos, zu anfällig für Versuchungen. Unsere inneren Stimmen sind schuld daran, dass wir nicht wirklich glücklich leben können. Je kritischer wir mit uns selbst ins Gericht gehen, desto mehr sinkt unsere Zufriedenheit mit uns selbst, und damit nimmt unser Selbstwertgefühl Schaden. Wir stehen dann nicht auf sicherem Boden, sondern werden schnell aus der Bahn geworfen, wenn das Leben mal nicht so läuft, wie es sollte. Dann zweifeln wir an unserem Können oder an unserer Beliebtheit und fühlen uns auch dem Leben insgesamt nicht mehr gewachsen.
Möglicherweise glauben wir dann, dass nur wir uns mit dieser Selbstunzufriedenheit herumquälen und es anderen sehr viel bessergeht. Doch das ist ein Irrtum! Die Unzufriedenheit, die wir verspüren, ist kein individuelles Phänomen. Fast jeder und jede von uns ist in gewissem Maß davon betroffen. Kaum jemand, der wirklich mit sich rundum einverstanden wäre. Die Unzufriedenheit mit sich selbst ist längst zu einer Epidemie geworden, und als Folge davon hat der Wunsch nach Selbstverbesserung und Selbstoptimierung in den letzten Jahren immer mehr Menschen erfasst. Sie alle sind überzeugt davon, dass es Eigenschaften, Verhaltensweisen, Einstellungen an ihnen gibt, die veränderungsbedürftig sind. Und sie glauben: Wenn sie sich selbst zum Positiveren verändern könnten, dann gelänge ihnen das ganze Leben besser.
»Ich werde glücklich sein, wenn ... ich schlanker, erfolgreicher, beliebter, schöner, positiver, beherrschter oder was auch immer geworden bin. « Solche Wenn-dann-Gedanken sind zu einer Art Mantra unserer Zeit geworden. Wir alle haben solche Sätze im Kopf und bemühen uns, das »Wenn« real werden zu lassen. Die meisten von uns sind nämlich fest davon überzeugt, dass unsere Veränderungswünsche in Erfüllung gehen können. Wir müssen uns nur ordentlich dafür ins Zeug legen.
Zwei Fragen drängen sich nun auf:
1. Woher kommt unser Gefühl der Unzulänglichkeit, warum fühlen wir uns oft so unfertig, so defizitär?
2. Warum glauben wir, dass wir es selbst in der Hand haben, ob es uns gut- oder schlechtgeht?
3.
Versuchen wir zunächst eine Antwort auf die erste Frage zu finden: Woher kommt unser Gefühl der Unzulänglichkeit? Ganz allgemein gesagt, gibt es dafür zwei Gründe:
- Wir sind gestresst.
- Wir sind verunsichert.
Beide Gründe sind Folgen unseres modernen Lebens. Und beide verursachen diese grundlegende Unzufriedenheit.
Warum wir unzufrieden mit uns sind
Es ist inzwischen eine Binsenweisheit: Unser Leben ist in den letzten Jahrzehnten immer komplexer und unübersichtlicher geworden. Unsere Welt hat kaum noch etwas mit der Welt früherer Generationen gemein. Früher folgte eine Lebensstation auf die andere: Kindheit, Schulzeit, Ausbildung, Heirat, Familiengründung, Alter. Man wusste, was in der jeweiligen Phase von einem erwartet wurde und was man selbst vom Leben und von anderen Menschen erwarten durfte. Wer so lebte, hatte die Gewissheit, »richtig« zu leben. Diese Gewissheit fehlt uns heute, denn so geradlinig wie früher verläuft das Leben längst nicht mehr. Wir gehen auf keine vorauszuplanende Wanderschaft mehr, wir unternehmen Kurztripps. Manchmal packen wir sogar unsere Koffer, ohne genau zu wissen, wohin die Reise gehen soll. Das Hauptmerkmal unseres modernen Lebens ist die permanente Veränderung. Auf nichts ist mehr Verlass, wir sind ständig aufs Neue gefordert. Die Fragen »Wer bin ich? «, »Wo ist mein Platz?«, »Was ist der Sinn des Ganzen?«, »Was ist richtig, was ist falsch?« sind immer schwerer zu beantworten. Uns fehlt die Bedienungsanleitung für unseren Alltag. Wir empfinden ihn als eine Art Experiment, in dem wir uns durch Versuch und Irrtum vorwärtstasten. Und niemand weit und breit, der uns mit seinem Vorbild und seinen Erfahrungen zur Seite stehen könnte. Wo früher Eltern, Großeltern, Tanten, Onkeln, Nachbarn stabile Lebensbegleiter waren, sind wir heute oftmals ganz allein auf uns gestellt. Wie erzieht man Kinder richtig? Wie führt man eine gute Partnerschaft? Wie viel Streit darf sein? Wie eigenständig darf man sich in der Arbeitswelt zeigen? Wem darf man sich anvertrauen? Wohin mit den Ängsten, Zweifeln, Zukunftssorgen?
Die Verunsicherung ist groß. Anlässe für Selbstzweifel gibt es wie Sand am Meer. Ohne rechte Orientierung gehen wir durchs Leben und landen nicht selten in einer Sackgasse. Kein Wunder, dass uns immer wieder Gefühle der Unzulänglichkeit, der Unfähigkeit heimsuchen. Wenn wir am Ende des Tages nicht geschafft haben, was wir vorhatten, wenn wir uns müde und ausgelaugt fühlen, wenn es Konflikte mit Kollegen oder in der Familie gibt - dann suchen wir die Verantwortung in der Regel bei uns. Dass unsere schwierigen und unübersichtlichen Lebensumstände eine Rolle spielen könnten, kommt uns meist nicht in den Sinn. Wir führen unsere Verunsicherung und unsere Probleme ausschließlich auf uns selbst zurück: auf unser scheinbares Unvermögen, auf unser ungenügendes Wissen, auf unsere schwachen Nerven. Wir übernehmen die Alleinverantwortung.
Das allein wäre schon Stress genug. Hinzu kommt aber noch, dass wir in diesem unübersichtlichen Leben kaum Ruhe finden - für uns selbst, zum Nachdenken, zum Ausspannen, zur Erholung. Wir sind Getriebene. Wir hetzen durch unseren Alltag, den wir mit Hilfe von Zeitmanagement und To-do-Listen verzweifelt in den Griff zu bekommen versuchen. Tagtäglich eilen wir gestresst von einem Termin zum anderen, von einer Aufgabe zur nächsten - gleichgültig, ob es sich um berufliche Aufgaben handelt oder um die Gestaltung der Freizeit. Computer, E-Mail, Handy, Smartphones - die neuen Technologien sind für uns längst zum Alltag geworden. Selbstverständlich arbeiten wir mit ihnen. Und ebenso selbstverständlich überlassen wir ihnen häufig auch die Regie über unser Leben. Ein übervoller E-Mail-Postkasten nach dem Wochenende stiehlt uns wertvolle Arbeitszeit und Nerven. Die ständige Erreichbarkeit per Handy lässt keine Mußestunden zu. Das Gefühl, alles gleichzeitig und nichts richtig zu machen, beherrscht unser Tun.
Das hat Folgen: Die Beschleunigung, die bei der Übermittlung von Daten durchaus hilfreich ist, erfasst auch andere Lebensbereiche, und dort schadet sie mehr, als sie nutzt. Wir haben keine Geduld mehr, nicht mit uns und nicht mit anderen, wir haben keine Zeit mehr, nicht für uns und nicht für andere. Das führt langfristig zu dem schrecklichen Gefühl,
die Kontrolle über das eigene Leben zu verlieren, keine Energie mehr zur Verfügung zu haben für die Herausforderungen des Alltags. Wir sind müde, gestresst, fühlen uns kaputt und ausgelaugt. Auf Dauer kann diese Lebensweise, die eine permanente Überforderung darstellt, Seele und Körper krank machen. Das Immunsystem wird geschwächt, wir reagieren mit Infektionen, die Leistungsfähigkeit lässt nach, Müdigkeit und depressive Verstimmungen nehmen zu.
Wenn der Stress und die Hektik in unserem unübersichtlichen, verunsichernden Leben überhandgenommen haben, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass wir unter einem oder mehreren der folgenden Symptome leiden:
- Wir können nur schwer einschlafen oder wachen sehr früh auf und liegen dann bis zum Weckerklingeln wach.
- Wir leiden regelmäßig unter Kopfschmerzen, Rückenbeschwerden oder anderen chronischen Schmerzzuständen.
- Wir haben keinen Appetit mehr oder erleben regelrechte Fressanfälle.
- Der Blutdruck ist viel zu hoch.
- Wir werden Erkältungen nicht mehr los. e Wir sind gereizt und schnell auf » 180«.
- Unsere Stimmung ist oft auf dem Nullpunkt.
- Konflikte mit Familienangehörigen oder Kollegen nehmen zu.
Wir registrieren diese Veränderungen an uns selbst und leiden unter den diversen Symptomen. Aber welchen Schluss ziehen wir daraus? Steuern wir dagegen? Nein, ganz im Gegenteil. Wir verurteilen uns selbst für die »Schwäche«, die wir zeigen, und setzen alles daran, ausreichend Energie zu finden, um im schnellen Rhythmus unserer Zeit mithalten zu können. Zusätzlich zu dem Stress, den uns das Leben bereitet, schaffen wir noch »hausgemachten« Stress, indem wir uns zwingen, nur ja nicht aus dem Takt zu geraten. Das aber ist alles andere als einfach. Deshalb suchen wir nach Lösungen, Anhaltspunkten, Hilfestellungen.
In dieser Situation sind wir empfänglich für Ratschläge und Hilfestellungen aller Art. Wir hören dann nur zu gern auf Experten, die, so glauben wir, mehr wissen als wir und die uns zeigen können, wie ein »gutes« Leben, ein »richtiges« Leben aussieht. Wo Frauen und Männer früherer Zeiten die Alten in ihrer Familie um Rat gefragt haben, lesen wir heute Zeitschriften und Bücher, informieren uns aus Fernsehsendungen, lassen uns von Experten beraten und orientieren uns an prominenten Vorbildern: Was wir von diesen Quellen erfahren, versuchen wir fürs eigene Leben zu nutzen und positive Veränderungen herbeizuführen. Wir joggen, stemmen Gewichte, ernähren uns nach der neuesten Lehre, lernen Entspannungsübungen, informieren uns über Kindererziehung, gehen in Psychotherapie, unterziehen uns kosmetischen Operationen oder schlucken Pillen gegen Schmerzen, gegen Müdigkeit, gegen Konzentrationsstörungen. Und wozu das alles? Selbstverbesserung heißt unser Ziel, das, wenn es einmal erreicht sein wird, die Verunsicherung vertreiben und uns die Kontrolle über unser Leben zurückgeben soll.
...
© 2010 Knaur Verlag
Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf.
GmbH & Co. KG, München
Kurz: Sie möchten ein problemfreies, glückliches, gutes Leben führen. Ein verständlicher Wunsch, wer möchte das nicht. Das Problem an diesem Wunsch ist jedoch nicht sein Inhalt, das Problem ist, dass Sie fest davon überzeugt sind, dass er erfüllbar ist. Sie glauben, dass das Leben leichter sein kann, als es für Sie im Moment vielleicht ist. Und Sie denken wahrscheinlich: Andere schaffen es doch auch! Anderen gelingt, was Ihnen so schwerfällt: optimistisch, unbeschwert, erfolgreich und zufrieden durchs Leben zu gehen. Nur Sie, Sie hadern bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit sich selbst. Schon wieder zu viel gegessen und zu wenig Sport getrieben. Schon wieder sich im Ton vergriffen, zu unfreundlich gewesen. Schon wieder zu viele Stunden mit Fernsehen vergeudet, wo doch so viel Wichtiges zu tun wäre. Schon wieder sich auf falsche Menschen eingelassen. Schon wieder mit dem linken Fuß zuerst aufgestanden. Schon wieder zu viel Alkohol getrunken. Schon wieder sich in unnötige Streitereien verwickelt ... Schon wieder versagt!
Das schlechte Gewissen ist zu einem ständigen Begleiter in Ihrem Leben geworden. Wann immer Sie von sich selbst enttäuscht sind, meldet es sich und erinnert Sie daran, dass Sie nicht (immer noch nicht) perfekt sind. Es flüstert Ihnen dann in allen möglichen und unmöglichen Situationen seine Botschaften zu: »Du kannst nicht so bleiben, wie du bist.« - »Du bist nicht glücklich genug.« - »Du bist nicht gut genug.« - »Du bist zu unattraktiv.« - »Du bist zu pessimistisch.« - »Du bist zu ängstlich, zu risikoscheu, zu schüchtern.« - »Du bist keine gute Mutter, kein guter Vater.« All diese negativen Einflüsterungen können auf einen Nenner gebracht werden: »Du bist nicht richtig, so wie du bist.«
Wie Psychologen festgestellt haben, richten wir in der Minute zwischen 150 und 300 Worte an uns selbst. Da kommen wir am Ende des Tages auf eine Menge selbstbezogener Gedanken. Viele davon sind natürlich belanglos und gehören in die Kategorie »Wo habe ich nur meine Schlüssel hingelegt?« Daneben gibt es aber eine stattliche Anzahl von »Du sollst«- und »Du darfst nicht«-Selbstgesprächen, die eine Art Erziehungsfunktion haben. Sie gängeln uns mit moralischen Vorstellungen, bombardieren uns mit Regeln und Geboten und rufen uns zur Ordnung, wenn wir mal nicht so funktionieren, wie wir sollten.
Diese kritischen Selbstgespräche sind mächtig, sie haben einen großen Einfluss. Mit ihren Ermahnungen und ihren Bewertungen unseres Tuns sorgen sie dafür, dass wir nur selten wirklich einverstanden sind mit uns: Unser Selbstbild ist alles andere als glänzend. Dazu finden wir zu viel an uns auszusetzen: zu viele Schwächen, zu viele Fehler, zu viele Probleme, zu unbeholfen, nicht belastbar, zu unzufrieden, zu inkonsequent, zu disziplinlos, zu anfällig für Versuchungen. Unsere inneren Stimmen sind schuld daran, dass wir nicht wirklich glücklich leben können. Je kritischer wir mit uns selbst ins Gericht gehen, desto mehr sinkt unsere Zufriedenheit mit uns selbst, und damit nimmt unser Selbstwertgefühl Schaden. Wir stehen dann nicht auf sicherem Boden, sondern werden schnell aus der Bahn geworfen, wenn das Leben mal nicht so läuft, wie es sollte. Dann zweifeln wir an unserem Können oder an unserer Beliebtheit und fühlen uns auch dem Leben insgesamt nicht mehr gewachsen.
Möglicherweise glauben wir dann, dass nur wir uns mit dieser Selbstunzufriedenheit herumquälen und es anderen sehr viel bessergeht. Doch das ist ein Irrtum! Die Unzufriedenheit, die wir verspüren, ist kein individuelles Phänomen. Fast jeder und jede von uns ist in gewissem Maß davon betroffen. Kaum jemand, der wirklich mit sich rundum einverstanden wäre. Die Unzufriedenheit mit sich selbst ist längst zu einer Epidemie geworden, und als Folge davon hat der Wunsch nach Selbstverbesserung und Selbstoptimierung in den letzten Jahren immer mehr Menschen erfasst. Sie alle sind überzeugt davon, dass es Eigenschaften, Verhaltensweisen, Einstellungen an ihnen gibt, die veränderungsbedürftig sind. Und sie glauben: Wenn sie sich selbst zum Positiveren verändern könnten, dann gelänge ihnen das ganze Leben besser.
»Ich werde glücklich sein, wenn ... ich schlanker, erfolgreicher, beliebter, schöner, positiver, beherrschter oder was auch immer geworden bin. « Solche Wenn-dann-Gedanken sind zu einer Art Mantra unserer Zeit geworden. Wir alle haben solche Sätze im Kopf und bemühen uns, das »Wenn« real werden zu lassen. Die meisten von uns sind nämlich fest davon überzeugt, dass unsere Veränderungswünsche in Erfüllung gehen können. Wir müssen uns nur ordentlich dafür ins Zeug legen.
Zwei Fragen drängen sich nun auf:
1. Woher kommt unser Gefühl der Unzulänglichkeit, warum fühlen wir uns oft so unfertig, so defizitär?
2. Warum glauben wir, dass wir es selbst in der Hand haben, ob es uns gut- oder schlechtgeht?
3.
Versuchen wir zunächst eine Antwort auf die erste Frage zu finden: Woher kommt unser Gefühl der Unzulänglichkeit? Ganz allgemein gesagt, gibt es dafür zwei Gründe:
- Wir sind gestresst.
- Wir sind verunsichert.
Beide Gründe sind Folgen unseres modernen Lebens. Und beide verursachen diese grundlegende Unzufriedenheit.
Warum wir unzufrieden mit uns sind
Es ist inzwischen eine Binsenweisheit: Unser Leben ist in den letzten Jahrzehnten immer komplexer und unübersichtlicher geworden. Unsere Welt hat kaum noch etwas mit der Welt früherer Generationen gemein. Früher folgte eine Lebensstation auf die andere: Kindheit, Schulzeit, Ausbildung, Heirat, Familiengründung, Alter. Man wusste, was in der jeweiligen Phase von einem erwartet wurde und was man selbst vom Leben und von anderen Menschen erwarten durfte. Wer so lebte, hatte die Gewissheit, »richtig« zu leben. Diese Gewissheit fehlt uns heute, denn so geradlinig wie früher verläuft das Leben längst nicht mehr. Wir gehen auf keine vorauszuplanende Wanderschaft mehr, wir unternehmen Kurztripps. Manchmal packen wir sogar unsere Koffer, ohne genau zu wissen, wohin die Reise gehen soll. Das Hauptmerkmal unseres modernen Lebens ist die permanente Veränderung. Auf nichts ist mehr Verlass, wir sind ständig aufs Neue gefordert. Die Fragen »Wer bin ich? «, »Wo ist mein Platz?«, »Was ist der Sinn des Ganzen?«, »Was ist richtig, was ist falsch?« sind immer schwerer zu beantworten. Uns fehlt die Bedienungsanleitung für unseren Alltag. Wir empfinden ihn als eine Art Experiment, in dem wir uns durch Versuch und Irrtum vorwärtstasten. Und niemand weit und breit, der uns mit seinem Vorbild und seinen Erfahrungen zur Seite stehen könnte. Wo früher Eltern, Großeltern, Tanten, Onkeln, Nachbarn stabile Lebensbegleiter waren, sind wir heute oftmals ganz allein auf uns gestellt. Wie erzieht man Kinder richtig? Wie führt man eine gute Partnerschaft? Wie viel Streit darf sein? Wie eigenständig darf man sich in der Arbeitswelt zeigen? Wem darf man sich anvertrauen? Wohin mit den Ängsten, Zweifeln, Zukunftssorgen?
Die Verunsicherung ist groß. Anlässe für Selbstzweifel gibt es wie Sand am Meer. Ohne rechte Orientierung gehen wir durchs Leben und landen nicht selten in einer Sackgasse. Kein Wunder, dass uns immer wieder Gefühle der Unzulänglichkeit, der Unfähigkeit heimsuchen. Wenn wir am Ende des Tages nicht geschafft haben, was wir vorhatten, wenn wir uns müde und ausgelaugt fühlen, wenn es Konflikte mit Kollegen oder in der Familie gibt - dann suchen wir die Verantwortung in der Regel bei uns. Dass unsere schwierigen und unübersichtlichen Lebensumstände eine Rolle spielen könnten, kommt uns meist nicht in den Sinn. Wir führen unsere Verunsicherung und unsere Probleme ausschließlich auf uns selbst zurück: auf unser scheinbares Unvermögen, auf unser ungenügendes Wissen, auf unsere schwachen Nerven. Wir übernehmen die Alleinverantwortung.
Das allein wäre schon Stress genug. Hinzu kommt aber noch, dass wir in diesem unübersichtlichen Leben kaum Ruhe finden - für uns selbst, zum Nachdenken, zum Ausspannen, zur Erholung. Wir sind Getriebene. Wir hetzen durch unseren Alltag, den wir mit Hilfe von Zeitmanagement und To-do-Listen verzweifelt in den Griff zu bekommen versuchen. Tagtäglich eilen wir gestresst von einem Termin zum anderen, von einer Aufgabe zur nächsten - gleichgültig, ob es sich um berufliche Aufgaben handelt oder um die Gestaltung der Freizeit. Computer, E-Mail, Handy, Smartphones - die neuen Technologien sind für uns längst zum Alltag geworden. Selbstverständlich arbeiten wir mit ihnen. Und ebenso selbstverständlich überlassen wir ihnen häufig auch die Regie über unser Leben. Ein übervoller E-Mail-Postkasten nach dem Wochenende stiehlt uns wertvolle Arbeitszeit und Nerven. Die ständige Erreichbarkeit per Handy lässt keine Mußestunden zu. Das Gefühl, alles gleichzeitig und nichts richtig zu machen, beherrscht unser Tun.
Das hat Folgen: Die Beschleunigung, die bei der Übermittlung von Daten durchaus hilfreich ist, erfasst auch andere Lebensbereiche, und dort schadet sie mehr, als sie nutzt. Wir haben keine Geduld mehr, nicht mit uns und nicht mit anderen, wir haben keine Zeit mehr, nicht für uns und nicht für andere. Das führt langfristig zu dem schrecklichen Gefühl,
die Kontrolle über das eigene Leben zu verlieren, keine Energie mehr zur Verfügung zu haben für die Herausforderungen des Alltags. Wir sind müde, gestresst, fühlen uns kaputt und ausgelaugt. Auf Dauer kann diese Lebensweise, die eine permanente Überforderung darstellt, Seele und Körper krank machen. Das Immunsystem wird geschwächt, wir reagieren mit Infektionen, die Leistungsfähigkeit lässt nach, Müdigkeit und depressive Verstimmungen nehmen zu.
Wenn der Stress und die Hektik in unserem unübersichtlichen, verunsichernden Leben überhandgenommen haben, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass wir unter einem oder mehreren der folgenden Symptome leiden:
- Wir können nur schwer einschlafen oder wachen sehr früh auf und liegen dann bis zum Weckerklingeln wach.
- Wir leiden regelmäßig unter Kopfschmerzen, Rückenbeschwerden oder anderen chronischen Schmerzzuständen.
- Wir haben keinen Appetit mehr oder erleben regelrechte Fressanfälle.
- Der Blutdruck ist viel zu hoch.
- Wir werden Erkältungen nicht mehr los. e Wir sind gereizt und schnell auf » 180«.
- Unsere Stimmung ist oft auf dem Nullpunkt.
- Konflikte mit Familienangehörigen oder Kollegen nehmen zu.
Wir registrieren diese Veränderungen an uns selbst und leiden unter den diversen Symptomen. Aber welchen Schluss ziehen wir daraus? Steuern wir dagegen? Nein, ganz im Gegenteil. Wir verurteilen uns selbst für die »Schwäche«, die wir zeigen, und setzen alles daran, ausreichend Energie zu finden, um im schnellen Rhythmus unserer Zeit mithalten zu können. Zusätzlich zu dem Stress, den uns das Leben bereitet, schaffen wir noch »hausgemachten« Stress, indem wir uns zwingen, nur ja nicht aus dem Takt zu geraten. Das aber ist alles andere als einfach. Deshalb suchen wir nach Lösungen, Anhaltspunkten, Hilfestellungen.
In dieser Situation sind wir empfänglich für Ratschläge und Hilfestellungen aller Art. Wir hören dann nur zu gern auf Experten, die, so glauben wir, mehr wissen als wir und die uns zeigen können, wie ein »gutes« Leben, ein »richtiges« Leben aussieht. Wo Frauen und Männer früherer Zeiten die Alten in ihrer Familie um Rat gefragt haben, lesen wir heute Zeitschriften und Bücher, informieren uns aus Fernsehsendungen, lassen uns von Experten beraten und orientieren uns an prominenten Vorbildern: Was wir von diesen Quellen erfahren, versuchen wir fürs eigene Leben zu nutzen und positive Veränderungen herbeizuführen. Wir joggen, stemmen Gewichte, ernähren uns nach der neuesten Lehre, lernen Entspannungsübungen, informieren uns über Kindererziehung, gehen in Psychotherapie, unterziehen uns kosmetischen Operationen oder schlucken Pillen gegen Schmerzen, gegen Müdigkeit, gegen Konzentrationsstörungen. Und wozu das alles? Selbstverbesserung heißt unser Ziel, das, wenn es einmal erreicht sein wird, die Verunsicherung vertreiben und uns die Kontrolle über unser Leben zurückgeben soll.
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© 2010 Knaur Verlag
Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf.
GmbH & Co. KG, München
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Autoren-Porträt von Ursula Nuber
Nuber, UrsulaUrsula Nuber, geboren 1954 in München, studierte Psychologie und war als freie Journalistin für den Bayerischen Rundfunk/Fernsehen tätig. Seit 1983 ist sie Redakteurin bei dem Wissenschaftsmagazin "Psychologie heute", seit 1996 stellvertretende Chefredakteurin. Ursula Nuber ist verheiratet und lebt in der Nähe von Heidelberg.
Bibliographische Angaben
- Autor: Ursula Nuber
- 2012, 265 Seiten, Maße: 12,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Droemer/Knaur
- ISBN-10: 3426783274
- ISBN-13: 9783426783276
- Erscheinungsdatum: 25.09.2012
Rezension zu „Iss dein Eis, bevor es schmilzt “
"Ein gescheites Buch mit einem schlauen Ansatz und der Erkenntnis, dass besser fährt, wer Erfolg und Leistung nicht als einzige Kriterien fürs Glück ansieht." Beda Hanimann St. Galler Tagblatt 20110205
Pressezitat
"Ein gescheites Buch mit einem schlauen Ansatz und der Erkenntnis, dass besser fährt, wer Erfolg und Leistung nicht als einzige Kriterien fürs Glück ansieht." Beda Hanimann St. Galler Tagblatt 20110205
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