Klopf an dein Herz

Klappentext:

„Diane hat es als Kind nicht leicht, denn ihre Mutter lehnt sie ab. Die Schwester hingegen ist Mutters Liebling. Trotzdem entwickelt sich Diane zu einer starken Persönlichkeit. Sie wird Kardiologin und kümmert sich um kranke Herzen, ganz im Sinne des Dichters Alfred de Musset, der sagte: »Klopf an dein Herz, denn da sitzt dein Genie.« Doch damit entfesselt sie zerstörerische Kräfte.“



Die Eltern prägen nicht nur die Erziehung eines Kindes, sondern auch das Verhalten und den inneren Halt nach dem Wichtigsten - Geborgenheit, Liebe und Vertrauen - eigentlich. Bei Diane war es anders. Ihre Mutter hat sie „verstoßen“. Sie war für sie nie da, hat ihr nie das verletzte Knie gepustet oder mal eine Umarmung geschenkt, zu der es keinen Grund brauchte. Diese Kälte hat Diane geprägt. Das Kind ist versaut und auf der ständigen Suche nach Liebe. Aber ihre Definition ist eine andere als bei geliebten Kindern….Ihre vermeintliche Stärke ist aus einer Kühle entstanden, die nur eines zeigt: zu funktionieren. Ihr geschundenes Kinderherz wuchs zu einem kalten Erwachsenen heran und sie hat den Drang, Herzen zu reparieren - kurzum, sie wird Kardiologin. Was der Leser aber dann erfährt, ist keine leichte Kost, denn Diane entwickelt sich auch jetzt immer noch weiter und stumpft ab. Diese Art ist nicht unbedingt die richtige für den Beruf einer „Retterin“ der Herzen.

Auch hier stecken die Details zwischen den Zeilen und es ist ein Fest hier Metaphern und Aphorismen zusammenzusetzen und sie Diane zuzuordnen. Dem aufmerksamen und analytischen Leser wird hier ein kleine Schmuckstück kredenzt, das vor Kraft und Intensität strotzt.

Ein echtes Leseabenteuer und genau dafür gibt es 4 von 5 Sterne.

"Normalerweise finden sich Kinder nicht damit ab, im Herzen der Mutter nicht an erster Stelle zu stehen, schon gar nicht als Erstgeborene." S.50

INHALT:
Als Diane aufwächst, erfährt sie von der Mutter keinerlei Liebe oder Zuneigung. Ihre jüngere Schwester dagegen wird von der Mutter regelrecht vergöttert, wenn nicht gar von Liebe erdrückt. Diane versucht so gut es geht damit umzugehen.
Später studiert sie Medizin und freundet sich schließlich mit ihrer Dozentin an. Doch ist das wirklich Freundschaft zwischen ihnen?

MEINUNG:
Nachdem ich bereits "Der japanische Verlobte" und "Kosmetik des Bösen" von Amélie Nothomb gelesen habe, würde ich "Klopf an dein Herz" als eines ihrer weniger "schrägen" Werke bezeichnen.
Nichtsdestotrotz hat sie auch in diesem Buch ein paar recht eigenwillige und interessante Charaktere in das Geschehen eingebettet. Einzelne davon wirken möglicherweise ein bisschen überspitzt, was ich jedoch als passend für den Stil der Autorin empfinde.
Nothomb sorgte dafür, dass sich bei mir beim Lesen innerhalb kürzester Zeit Abneigungen, aber auch Sympathien für die verschiedenen Figuren entwickelten. So manch eine Person hätte ich am liebsten gepackt und durchgeschüttelt und andere gerne mal in den Arm genommen.

Inhaltlich beschäftigt sich das Buch zunächst recht ausführlich mit Dianes Mutter, von der ich gerne noch mehr Hintergründe zu ihrer eigenen Kindheit erfahren hätte. Ihr Handeln habe ich nämlich gespannt verfolgt.
Mit Dianes Perspektive hatte ich anfangs jedoch ziemliche Schwierigkeiten. Allgemein bin ich vermutlich (als gelernte Erzieherin) etwas penibel, wenn Teile eines Romans aus Kindersicht erzählt werden. So wirkten Dianes Gedankengänge anfangs (als 2-Jährige) auf mich nicht, wie die eines so jungen Menschen, sondern mehr wie die eines Erwachsenen. Hier hätte ich mir mehr Authentizität gewünscht. Der eher etwas anspruchsvollere Schreibstil des Buches, trug an dieser Stelle sicherlich sein Übriges dazu bei.
Glücklicherweise wurden mir mit dem Alter der Protagonistin, deren Gedanken und Handlungen immer nachvollziehbarer. Und irgendwann kam ich dann gut mit der Figur zurecht und habe ihre Geschichte gerne gelesen.

Obwohl ich mir noch den ein oder anderen Überraschungsmoment, oder eine unerwartete Wendungen gewünscht hätte, konnte mich die Geschichte dennoch unterhalten und zum Nachdenken anregen.

FAZIT: Eines der ruhigeren Bücher Nothombs, mit durchaus spannenden Charakteren. Auch wenn ich mir noch etwas Unvorhersehbares gewünscht hätte, so konnte mich die Geschichte dennoch unterhalten. 3,5/5 Sterne!