Krieg und Frieden, 2 Bde.
Ausgezeichnet mit dem Preis der Leipziger Buchmesse, Kategorie Übersetzung 2011
Das Epos einer Welt des Friedens, die unaufhörlich bedroht ist vom Krieg: Tolstois Klassiker der Weltliteratur liegt nun nach einem halben Jahrhundert endlich in einer Neuübersetzung vor, die als erste konsequent dem Original folgt. Tolstois größtes Werk...
lieferbar
versandkostenfrei
Buch (Gebunden)
70.00 €
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
- Ratenzahlung möglich
Produktdetails
Produktinformationen zu „Krieg und Frieden, 2 Bde. “
Klappentext zu „Krieg und Frieden, 2 Bde. “
Das Epos einer Welt des Friedens, die unaufhörlich bedroht ist vom Krieg: Tolstois Klassiker der Weltliteratur liegt nun nach einem halben Jahrhundert endlich in einer Neuübersetzung vor, die als erste konsequent dem Original folgt. Tolstois größtes Werk beschreibt die Epoche der Napoleonischen Kriege und vor allem des Russlandfeldzugs in unvergleichlicher, monumentaler Weise. Er spannt ein weit verzweigtes Netz von Machtkämpfen, Familien- und Liebesgeschichten, in das die Weltgeschichte immer wieder gewaltsam eingreift. Nachwort und Anmerkungen der Neuausgabe beschreiben den geschichtlichen Hintergrund und machen die überwältigende Leistung des großen Schriftstellers durchschaubar.
Mit Lesebändchen. Mit Personenverzeichnis..
Lese-Probe zu „Krieg und Frieden, 2 Bde. “
Krieg und Frieden von Lew TolstoiTeil I, I.
»Eh bien, mon prince. Gênes et Lucques ne sont plus
que des apanages, des Landgüter, de la famille Buonaparte.
Non, je vous préviens, que si vous ne me dites pas,
que nous avons la guerre, si vous vous permettez encore
de pallier toutes les infamies, toutes les atrocités de cet
Antichrist (ma parole, j'y crois) - je ne vous connais
plus, vous n'êtes plus mon ami, vous n'êtes plus mein getreuer
Sklave, comme vous dites. Aber seien Sie gegrüßt.
Je vois que je vous fais peur,* setzen Sie sich und erzählen
Sie.«
Mit diesen Worten empfing im Juli 1805 die bekannte
Anna Pawlowna Scherer, Hofdame und Vertraute der
Kaiserin Marija Fjodorowna, den einflussreichen ranghohen
Fürsten Wassili, der als erster auf ihrer Abendgesellschaft
erschien. Anna Pawlowna hustete seit einigen
Tagen, sie hatte grippe, wie sie sich ausdrückte (grippe
war damals ein neues Wort, das erst wenige benutzten).
In den Billetts, die sie am Morgen durch einen roten
Lakaien verschickt hatte, stand unterschiedslos stets
dasselbe:
* Nun, mein Fürst, Genua und Lucca sind doch nur noch
Apanagegüter der Familie Buonaparte. Nein, ich warne Sie,
wenn Sie mir nicht sagen, dass wir im Krieg sind, wenn Sie
sich weiterhin erlauben, all die Infamien, die Grausamkeiten
dieses Antichrist (mein Wort darauf, das glaube ich) zu beschönigen
- dann kenne ich Sie nicht mehr, dann sind Sie
nicht mehr mein Freund, nicht mehr mein getreuer Sklave,
wie Sie sagen. Aber ich mache Ihnen ja Angst,
»Si vous n'avez rien de mieux à faire, M. le comte (oder
mon prince), et si la perspective de passer la Soiree chez
une pauvre malade ne vous effraye pas trop, je serai charmée
de vous voir chez moi entre 7 et 10 heures. Annette
Scherer.«*
»Dieu, quelle virulente sortie!«** erwiderte, durch
... mehr
diesen
Empfang nicht im geringsten verlegen, der soeben
in seiner gestickten Hofuniform mit Strümpfen, Schuhen
und Ordenssternen eingetretene Fürst, einen heiteren
Ausdruck auf dem flächigen Gesicht.
Das gesuchte Französisch, in dem unsere Vorfahren
nicht nur redeten, sondern auch dachten, sprach er mit
jener leisen, gönnerhaften Intonation, wie sie typisch
ist für den in der Gesellschaft und bei Hofe alt gewordenen
bedeutenden Mann. Er trat zu Anna Pawlowna,
küsste ihr die Hand und bot ihr dabei seine glänzende,
parfümierte Glatze dar, dann ließ er sich behaglich auf
dem Sofa nieder.
»Avant tout dites moi, comment vous allez, chère
amie?*** Beruhigen Sie mich«, sagte er, ohne die Stimme
zu verändern und in einem Ton, bei dem hinter Höflichkeit
und Anteilnahme auch Gleichgültigkeit und
sogar Spott durchschimmerten.
»Wie kann es einem gutgehen ... wenn man moralisch
leidet? Kann man denn, wenn man Gefühle hat,
ruhig sein in unseren Zeiten?« sagte Anna Pawlowna.
»Sie bleiben doch den Abend bei mir, hoffe ich?«
»Und das Fest des englischen Gesandten? Heute ist
* Wenn Sie, Graf (oder Fürst), nichts Besseres vorhaben,
und wenn die Aussicht auf einen Abend bei einer armen
Kranken Sie nicht zu sehr schreckt, dann würde ich mich sehr
freuen, Sie heute zwischen sieben und zehn Uhr bei mir zu
sehen. Annette Scherer.
** Mein Gott, was für ein heftiger Überfall!
*** Vor allem, sagen Sie mir, wie es Ihnen geht, teure Freundin.
Mittwoch. Ich muss mich dort sehen lassen«, sagte der
Fürst. »Meine Tochter kommt mich abholen, sie bringt
mich hin.«
»Ich dachte, das Fest heute sei abgesagt. Je vous avoue
que toutes ces fêtes et tous ces feux d'artifice commencent à
devenir insipides.«*
»Hätte man gewusst, dass Sie es wünschen, man hätte
das Fest abgesagt.« Gewohnheitsmäßig wie ein aufgezogenes
Uhrwerk sagte der Fürst etwas daher, von dem
er nicht einmal wollte, dass man es glaubte.
»Ne me tourmentez pas. Eh bien, qu'a-t-on décidé
par rapport à la dépêche de Novosilzoff ? Vous savez tout.«**
»Was soll ich Ihnen sagen?« Der Fürst blieb bei seinem
kühlen, gelangweilten Ton. »Qu'a-t-on décidé? On
a décidé que Buonaparte a brûlé ses vaisseaux, et je crois
que nous sommes en train de brûler les nôtres.«***
Fürst Wassili sprach immer träge, wie ein Schauspieler
die Rolle eines altgewohnten Stücks spricht.
Anna Pawlowna Scherer hingegen war trotz ihrer vierzig
Jahre ganz Lebhaftigkeit und Temperament.
Die Enthusiastin, das war ihre Rolle in der Gesellschaft,
und manchmal, selbst wenn sie es gar nicht
wollte, gab sie sich doch so, nur um die Erwartungen
derer, die sie kannten, nicht zu enttäuschen. Das verhaltene
Lächeln, das ständig auf ihrem Gesicht spielte,
auch wenn es nicht zu ihren erschlafften Zügen passte,
drückte wie bei verwöhnten Kindern das stete Bewusstsein
ihrer reizenden Schwäche aus, die abzulegen sie
* Ich muss Ihnen sagen, all diese Feste und all diese Feuerwerke
sind doch langsam etwas abgeschmackt.
** Quälen Sie mich nicht. Was hat man denn in bezug auf
die Depesche Nowossilzews beschlossen? Sie wissen doch alles.
*** Was man beschlossen hat? Man hat beschlossen, dass
Buonaparte seine Schiffe verbrannt hat, und ich glaube, wir
sind dabei, die unseren zu verbrennen.
weder wünschte noch vermochte und auch gar nicht für notwendig erachtete.
Mitten im Gespräch über die politischen Ereignisse ereiferte sich Anna Pawlowna.
»Ach, reden Sie mir doch nicht von Österreich! Vielleicht
verstehe ich ja nichts davon, aber Österreich hat
den Krieg noch nie gewollt. Es verrät uns. Russland
muss allein der Retter Europas sein. Unser Wohltäter
weiß um seine hohe Bestimmung und wird ihr treu
bleiben. Das ist das einzige, woran ich glaube. Unserem
gütigen und wunderbaren Kaiser fällt die bedeutendste
Rolle in der Welt zu; er ist so tugendhaft und gut, dass
Gott ihn nicht verlässt, er wird seine Bestimmung erfüllen,
wird die Hydra der Revolution zermalmen, die
jetzt ja noch schrecklicher ist in Gestalt dieses Mörders
und Verbrechers. Wir allein müssen das Blut des Gerechten
sühnen. Auf wen können wir denn hoffen, frage
ich Sie? ... England mit seinem Krämergeist wird nie
die ganze Seelengröße Kaiser Alexanders verstehen können.
Es hat sich geweigert, Malta zu räumen. Es vermutet
ja immer Hintergedanken hinter unseren Taten,
sucht förmlich danach. Was haben sie Nowossilzew gesagt?
Nichts. Sie haben nicht verstanden, können gar
nicht verstehen, wie selbstlos unser Kaiser ist, der nichts
für sich will und alles zum Wohle der Welt. Und was haben
sie versprochen? Nichts. Und was sie versprochen
haben, auch daraus wird nichts! Preußen hat bereits erklärt,
Bonaparte sei nicht zu schlagen, selbst ganz Europa
vermöchte nichts gegen ihn. Ich glaube kein Wort,
weder Hardenberg noch Haugwitz. Cette fameuse neutralité
prussienne, ce n'est qu'un piège.* Ich glaube allein
an Gott und an die hohe Bestimmung unseres geliebten
Kaisers. Er wird Europa retten!« Plötzlich hielt sie inne,
mit einem belustigten Lächeln über ihren Eifer.
Diese berühmte preußische Neutralität ist nur eine Falle.
»Ich glaube«, sagte der Fürst lächelnd, »hätte man
Sie anstelle unseres lieben Wintzingerode geschickt, Sie
hätten das Einverständnis des preußischen Königs im
Sturm erobert, beredt, wie Sie sind. Geben Sie mir etwas Tee?«
»Sofort. Apropos«, fuhr sie dann etwas ruhiger fort,
»heute sind zwei sehr interessante Persönlichkeiten bei
mir, le vicomte de Mortemart, il est allié aux Montmorency
par les Rohans,* eine der ersten Familien Frankreichs.
Das ist einer der guten Emigranten, der echten.
Und dann l'abbé Morio: Kennen Sie diesen bedeutenden
Geist? Er wurde vom Kaiser empfangen. Kennen Sie ihn?«
»Ah! Das wird mich freuen«, sagte der Fürst.
»Sagen Sie«, fuhr er dann ganz beiläufig fort, als ob ihm
gerade etwas eingefallen wäre, während doch das, wonach
er fragte, der eigentliche Zweck seines Besuchs
war, »stimmt es, dass l'impératrice-mère** die Ernennung
von Baron Funke zum ersten Sekretär in Wien wünscht?
C'est un pauvre sire, ce baron, à ce qu'il paraît.«*** Fürst
Wassili wünschte nämlich seinen eigenen Sohn auf
diese Stellung zu bringen, die man durch Kaiserin Maria
Fjodorowna dem Baron zu verschaffen suchte.
Anna Pawlowna schloss die Augen fast ganz, zum
Zeichen, dass weder sie noch irgendein anderer darüber
zu urteilen habe, was der Kaiserin gefalle oder genehm
sei.
»Monsieur le baron de Funke a été recommandé à
l'impératrice-mère par sa soeur«,**** sagte sie nur in wehmütigem,
trockenem Ton. Als Anna Pawlowna die Kai*
der Vicomte de Mortemart, er ist über die Rohans mit
den Montmorencys verwandt,
** die Kaiserin-Mutter
*** Das ist, scheint's, ein armer Wicht, dieser Baron.
**** Baron Funke wurde der Kaiserin-Mutter durch ihre Schwester empfohlen.
© Carl Hanser Verlag, München 2010
Verlagsgruppe Weltbild GmbH
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Übersetzt aus dem Russischen von Barbara Conrad
ISBN: 978-3-446-23575-5
Empfang nicht im geringsten verlegen, der soeben
in seiner gestickten Hofuniform mit Strümpfen, Schuhen
und Ordenssternen eingetretene Fürst, einen heiteren
Ausdruck auf dem flächigen Gesicht.
Das gesuchte Französisch, in dem unsere Vorfahren
nicht nur redeten, sondern auch dachten, sprach er mit
jener leisen, gönnerhaften Intonation, wie sie typisch
ist für den in der Gesellschaft und bei Hofe alt gewordenen
bedeutenden Mann. Er trat zu Anna Pawlowna,
küsste ihr die Hand und bot ihr dabei seine glänzende,
parfümierte Glatze dar, dann ließ er sich behaglich auf
dem Sofa nieder.
»Avant tout dites moi, comment vous allez, chère
amie?*** Beruhigen Sie mich«, sagte er, ohne die Stimme
zu verändern und in einem Ton, bei dem hinter Höflichkeit
und Anteilnahme auch Gleichgültigkeit und
sogar Spott durchschimmerten.
»Wie kann es einem gutgehen ... wenn man moralisch
leidet? Kann man denn, wenn man Gefühle hat,
ruhig sein in unseren Zeiten?« sagte Anna Pawlowna.
»Sie bleiben doch den Abend bei mir, hoffe ich?«
»Und das Fest des englischen Gesandten? Heute ist
* Wenn Sie, Graf (oder Fürst), nichts Besseres vorhaben,
und wenn die Aussicht auf einen Abend bei einer armen
Kranken Sie nicht zu sehr schreckt, dann würde ich mich sehr
freuen, Sie heute zwischen sieben und zehn Uhr bei mir zu
sehen. Annette Scherer.
** Mein Gott, was für ein heftiger Überfall!
*** Vor allem, sagen Sie mir, wie es Ihnen geht, teure Freundin.
Mittwoch. Ich muss mich dort sehen lassen«, sagte der
Fürst. »Meine Tochter kommt mich abholen, sie bringt
mich hin.«
»Ich dachte, das Fest heute sei abgesagt. Je vous avoue
que toutes ces fêtes et tous ces feux d'artifice commencent à
devenir insipides.«*
»Hätte man gewusst, dass Sie es wünschen, man hätte
das Fest abgesagt.« Gewohnheitsmäßig wie ein aufgezogenes
Uhrwerk sagte der Fürst etwas daher, von dem
er nicht einmal wollte, dass man es glaubte.
»Ne me tourmentez pas. Eh bien, qu'a-t-on décidé
par rapport à la dépêche de Novosilzoff ? Vous savez tout.«**
»Was soll ich Ihnen sagen?« Der Fürst blieb bei seinem
kühlen, gelangweilten Ton. »Qu'a-t-on décidé? On
a décidé que Buonaparte a brûlé ses vaisseaux, et je crois
que nous sommes en train de brûler les nôtres.«***
Fürst Wassili sprach immer träge, wie ein Schauspieler
die Rolle eines altgewohnten Stücks spricht.
Anna Pawlowna Scherer hingegen war trotz ihrer vierzig
Jahre ganz Lebhaftigkeit und Temperament.
Die Enthusiastin, das war ihre Rolle in der Gesellschaft,
und manchmal, selbst wenn sie es gar nicht
wollte, gab sie sich doch so, nur um die Erwartungen
derer, die sie kannten, nicht zu enttäuschen. Das verhaltene
Lächeln, das ständig auf ihrem Gesicht spielte,
auch wenn es nicht zu ihren erschlafften Zügen passte,
drückte wie bei verwöhnten Kindern das stete Bewusstsein
ihrer reizenden Schwäche aus, die abzulegen sie
* Ich muss Ihnen sagen, all diese Feste und all diese Feuerwerke
sind doch langsam etwas abgeschmackt.
** Quälen Sie mich nicht. Was hat man denn in bezug auf
die Depesche Nowossilzews beschlossen? Sie wissen doch alles.
*** Was man beschlossen hat? Man hat beschlossen, dass
Buonaparte seine Schiffe verbrannt hat, und ich glaube, wir
sind dabei, die unseren zu verbrennen.
weder wünschte noch vermochte und auch gar nicht für notwendig erachtete.
Mitten im Gespräch über die politischen Ereignisse ereiferte sich Anna Pawlowna.
»Ach, reden Sie mir doch nicht von Österreich! Vielleicht
verstehe ich ja nichts davon, aber Österreich hat
den Krieg noch nie gewollt. Es verrät uns. Russland
muss allein der Retter Europas sein. Unser Wohltäter
weiß um seine hohe Bestimmung und wird ihr treu
bleiben. Das ist das einzige, woran ich glaube. Unserem
gütigen und wunderbaren Kaiser fällt die bedeutendste
Rolle in der Welt zu; er ist so tugendhaft und gut, dass
Gott ihn nicht verlässt, er wird seine Bestimmung erfüllen,
wird die Hydra der Revolution zermalmen, die
jetzt ja noch schrecklicher ist in Gestalt dieses Mörders
und Verbrechers. Wir allein müssen das Blut des Gerechten
sühnen. Auf wen können wir denn hoffen, frage
ich Sie? ... England mit seinem Krämergeist wird nie
die ganze Seelengröße Kaiser Alexanders verstehen können.
Es hat sich geweigert, Malta zu räumen. Es vermutet
ja immer Hintergedanken hinter unseren Taten,
sucht förmlich danach. Was haben sie Nowossilzew gesagt?
Nichts. Sie haben nicht verstanden, können gar
nicht verstehen, wie selbstlos unser Kaiser ist, der nichts
für sich will und alles zum Wohle der Welt. Und was haben
sie versprochen? Nichts. Und was sie versprochen
haben, auch daraus wird nichts! Preußen hat bereits erklärt,
Bonaparte sei nicht zu schlagen, selbst ganz Europa
vermöchte nichts gegen ihn. Ich glaube kein Wort,
weder Hardenberg noch Haugwitz. Cette fameuse neutralité
prussienne, ce n'est qu'un piège.* Ich glaube allein
an Gott und an die hohe Bestimmung unseres geliebten
Kaisers. Er wird Europa retten!« Plötzlich hielt sie inne,
mit einem belustigten Lächeln über ihren Eifer.
Diese berühmte preußische Neutralität ist nur eine Falle.
»Ich glaube«, sagte der Fürst lächelnd, »hätte man
Sie anstelle unseres lieben Wintzingerode geschickt, Sie
hätten das Einverständnis des preußischen Königs im
Sturm erobert, beredt, wie Sie sind. Geben Sie mir etwas Tee?«
»Sofort. Apropos«, fuhr sie dann etwas ruhiger fort,
»heute sind zwei sehr interessante Persönlichkeiten bei
mir, le vicomte de Mortemart, il est allié aux Montmorency
par les Rohans,* eine der ersten Familien Frankreichs.
Das ist einer der guten Emigranten, der echten.
Und dann l'abbé Morio: Kennen Sie diesen bedeutenden
Geist? Er wurde vom Kaiser empfangen. Kennen Sie ihn?«
»Ah! Das wird mich freuen«, sagte der Fürst.
»Sagen Sie«, fuhr er dann ganz beiläufig fort, als ob ihm
gerade etwas eingefallen wäre, während doch das, wonach
er fragte, der eigentliche Zweck seines Besuchs
war, »stimmt es, dass l'impératrice-mère** die Ernennung
von Baron Funke zum ersten Sekretär in Wien wünscht?
C'est un pauvre sire, ce baron, à ce qu'il paraît.«*** Fürst
Wassili wünschte nämlich seinen eigenen Sohn auf
diese Stellung zu bringen, die man durch Kaiserin Maria
Fjodorowna dem Baron zu verschaffen suchte.
Anna Pawlowna schloss die Augen fast ganz, zum
Zeichen, dass weder sie noch irgendein anderer darüber
zu urteilen habe, was der Kaiserin gefalle oder genehm
sei.
»Monsieur le baron de Funke a été recommandé à
l'impératrice-mère par sa soeur«,**** sagte sie nur in wehmütigem,
trockenem Ton. Als Anna Pawlowna die Kai*
der Vicomte de Mortemart, er ist über die Rohans mit
den Montmorencys verwandt,
** die Kaiserin-Mutter
*** Das ist, scheint's, ein armer Wicht, dieser Baron.
**** Baron Funke wurde der Kaiserin-Mutter durch ihre Schwester empfohlen.
© Carl Hanser Verlag, München 2010
Verlagsgruppe Weltbild GmbH
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Übersetzt aus dem Russischen von Barbara Conrad
ISBN: 978-3-446-23575-5
... weniger
Autoren-Porträt von Lew Tolstoi
Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi wurde am 28. August 1828 auf dem Gut Jasnaja Poljana geboren, wo er, mit der Unterbrechung langer Reisen, sein ganzes Leben verbrachte. Er starb am 7. November 1910 auf der Bahnstation Astapovo und wurde auf Jasnaja Poljana beigesetzt. Sein Werk umfasst Romane, Erzählungen, Theaterstücke und philosophische Schriften; die beiden großen Romane Krieg und Frieden (1868) und Anna Karenina (1877) brachten ihm Weltruhm. Seitdem zählt Tolstoi zu den bedeutendsten Autoren der Literaturgeschichte. Bei Hanser erschienen Anna Karenina (2009), Krieg und Frieden (2010) und Auferstehung (2016). Barbara Conrad, geboren 1937, arbeitet als Slawistin in Heidelberg. Sie übersetzte Werke u. a. von Tschechow, Pasternak, Boris Pilnjak und Lew Tolstoi. Für ihre Neuübersetzung von Tolstois Krieg und Frieden (Hanser, 2010) erhielt sie den Preis der Leipziger Buchmesse.
Bibliographische Angaben
- Autor: Lew Tolstoi
- 2010, 9. Aufl., 2284 Seiten, Maße: 12,4 x 19 cm, Leinen, Deutsch
- Übersetzer: Barbara Conrad
- Verlag: HANSER
- ISBN-10: 3446235752
- ISBN-13: 9783446235755
- Erscheinungsdatum: 01.09.2010
Pressezitat
"Barbara Conrad hat sich aus Anlass von Tolstois 100. Todestag an die titanische Aufgabe einer Neuübersetzung gewagt und sie mit Bravour gelöst." Ulrich M. Schmid, Neue Zürcher Zeitung, 04.10.10"Sein Werk ... scheint heute in vielem lebendiger denn je." Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.11.10
"Hier hört man den Meister. Tolstoi ist nicht verständlich - sondern hypnotisierend. Die Neuübersetzung von "Krieg und Frieden" beweist das aufs Wunderbarste. Für die nächsten Jahrzehnte sind mit dieser Ausgabe hohe Maßstäbe gesetzt." Olga Martynova, Die Zeit, 18.11.10
"Tolstoi, allem voran "Krieg und Frieden", kann man eigentlich nur lesen, ohne aufzuhören, und dabei kann man das Lesen buchstäblich neu lernen. ... Zuweilen sitzt man wie mit alten Bekannten am Tisch der damaligen Gesellschaft. Genau dieses Lesegefühl kann diese Neuübersetzung herstellen." Sabine Berking, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.11.10
"Barbara Conrads kluge und zugleich gründlich kommentierte Neuübersetzung, die in zwei wunderschönen Dünndruckbänden daherkommt, bietet die beste Gelegenheit, nachzuprüfen, was Somerset Maugham über "Krieg und Frieden" schrieb: 'Zweifellos der größte Roman aller Zeiten.'" Wolfgang Schneider, Deutschlandradio, 19.11.10
"Eine schöne Ausgabe und sehr lesefreundliche, dabei Tolstoi nicht glättende Übersetzung." Dirk Knipphals, die tageszeitung, 20.11.10
"Die neue Übersetzung von Barbara Conrad leuchtet in vielen frischen Einzelheiten. ... Barbara Conrads fabelhafter Kommentar zeigt uns am Detail, wie Tolstoi mit historischen Dokumenten und Recherchen vor Ort gearbeitet hat." Andreas Isenschmid, Neue Zürcher Zeitung, 07.11.10
"Barbara Conrad hat mit ihrer transparenten Übersetzungskunst eine so entschlackte, strahlende deutsche Fassung des großen Klassikers geschaffen, dass man sie und ihre Leser nur beglückwünschen kann." Brigitte van Kann, Deutschlandfunk, 26.09.10
Kommentar zu "Krieg und Frieden, 2 Bde."
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Krieg und Frieden, 2 Bde.".
Kommentar verfassen