In guter Gesellschaft / Lars M. Johansson Bd.1
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'Schwedens bester Kriminalautor legt einmal mehr einen Thriller der Meisterklasse vor.' -- Passauer Neue Presse
Ausgezeichnet mit dem Schwedischen Krimipreis.
'Schwedens bester Kriminalautor legt einmal mehr einen Thriller der Meisterklasse vor.' -- Passauer Neue Presse
In guterGesellschaft von Leif G. W.Persson
LESEPROBE
Kapitel 1
Unsere Zeit kennt die Gnade nicht.
Er lag ordentlich im Bett, die Kante des Bettbezugs klemmte unter seinem Kinn,und seine Arme ruhten auf der Decke. Es war ein durchaus behaglicher Raum, keintypisches Krankenhauszimmer. Klein und hell, gepflegt und eben erst gelüftet,Textilien und Bettwäsche in milden Gelb und Grautönen. Ein Nachttisch aushellem Eichenfurnier. Das Einzige, was das Bild im Grunde störte, waren derMann im Bett und eine überaus nichts sagende Lithographie an der Wand.
Sein Gesicht war geschwollen, großporig und überzogen von einem feinmaschigenNetz aus Adern und Gefäßen. Zwischen Augenbrauen und Wangenknochen befand sichein kräftiger Bluterguss, dessen Ausläufer sich bis zur Augenhöhle zogen.Außerdem hatte er eine hässliche Wunde an der linken Schläfe, Schrammen auf demNasenrücken und blaue Flecken an den Armen.
Die Krankenschwester, von der Johansson ins Zimmer geführt worden war, hattegesagt, der Patient sei bei Bewusstsein. Wenn das stimmte, ließ er sichjedenfalls nichts anmerken. Er lag unbeweglich da, und sein verschlossenesGesicht trotzte allen Annäherungsversuchen. Nach einer halben Stunde beschlossJohansson aufzugeben. Gegen Ende hatte er vor allem schweigend auf seinem Stuhlneben dem Bett gesessen. Das ist doch keine Arbeit für einen Polizeidirektor.Deshalb erhob er sich vorsichtig. Griff nach dem Tonbandgerät, das er auf dieBettdecke gelegt hatte, und bückte sich nach seiner Aktentasche auf dem Boden.
Plötzlich bewegte sich der Mann im Bett. Er ballte die linke Faust, und imspaltbreit geöffneten Auge war ein leichtes Funkeln zu ahnen. Johansson beugtesich über ihn.
»Wer hat dich zusammengeschlagen?« Falsch, dachte er. Falsche Frage. Hatirgendwer dich zusammengeschlagen, hätte er fragen sollen.
Aber jetzt war es geschehen. Außerdem reagierte der Mann. Er fasste nach derBettdecke und versuchte, den Kopf zu heben. Und dann kam es. Mit schwacher undunsicherer Stimme, aber doch deutlich.
»Björneborger ... Björneborger Marsch.« Dann sank sein Kopf zurück auf dasKissen.
Kapitel 2
Erst gegen Abend fingen die Autos an, auf den Verkehrsadern in die Stadt hineinSchlangen zu bilden. Eine sich windende Blechkarawane, in der die aktiven,wohlangepassten Mitbürger zufälligerweise mitwirkten. Alle, die eine Muschelvon einem Muslim unterscheiden konnten, alle, die Laub harken und ein Boot fürden Winter auflegen konnten. Es war Sonntag, der achte September, und derAusklang eines ruhigen Wochenendes.
In der Stadt geblieben waren die anderen. Jene, denen ihr Videogerät lieber warals der Altweibersommer, jene, die an solche Dinge keinen Gedankenverschwendeten, und jene, die keine Wahl hatten. Geblieben waren Gauner,Säufer, Junkies und alle anderen, die nur Ärger machten. Geblieben warengenügend Polizisten, Sozialarbeiter, Ärzte und Krankenschwestern, um der großenMehrheit alle Sorgen zu ersparen.
Es war auch für die Polizei ein ruhiges Wochenende gewesen. Im Laufe desSonntags waren zweihunderteinundzwanzig Vergehen gemeldet worden. Nur halb soviel wie normal, und auch keine besonders auffälligen Dinge; fünfzehnKörperverletzungen, zehn Raubüberfälle, neun Handtaschendiebstähle, etwafünfzig Einbrüche und ansonsten einfache Klauereien. Die insgesamttausendunddreißig Polizisten, die in diesen vierundzwanzig Stunden Dienstgehabt hatten, brauchten sich also nicht an ihrem Kaffee zu verschlucken.
In der Zentrale der Stockholmer Polizei konnte man in aller Ruhe die Aufgabenan die Kollegen draußen im Feld verteilen, und es herrschte kein Mangel anunbelegten Zellen im Polizeihauptquartier Kronoberg und in den einzelnenWachdistrikten. Nur etwa hundert Festnahmen hatte es gegeben, zumeistBetrunkene und alte Bekannte. Dass einer davon an diesem Tag gleich zweimalfestgenommen wurde, konnte die Arbeit auch nicht merklich beeinträchtigen. Umsoweniger, als er zunächst im ersten Wachdistrikt in der Nähe der ZentraleMittagsschlaf gehalten und danach im WD 4 draußen bei Farsta sein Nachtquartierbezogen hatte. Zehn Stunden später und fast ein Dutzend Kilometer von dortentfernt.
»Überaus ruhig«, fasste der Wachhabende in der Zentrale die Lage zusammen, alsdie Nachtredaktion der großen Abendzeitung ihn anrief, um sich nach Vorfällenzu erkundigen, über die es sich zu schreiben lohnen könnte.
»Ruhig und friedlich«, bestätigte sein Kollege von der Kriminalabteilung, demzehn Minuten später dieselbe Frage gestellt wurde. Er konnte nur von zweiDingen berichten, und das waren höchstens Spaltenfüller. Es ging um Ionnis, 13,und Sirka-Lisa, 19.
Ersterer war übers Wochenende nach Stockholm gekommen, um seinen Vater zubesuchen. Die Eltern waren geschieden, und Ionnis wohnte bei seiner Mutter inEskilstuna. Am Samstagvormittag klingelte der Junge an der väterlichen Tür inTensta, dort aber war niemand daheim. Um seine Mutter nicht unnötig zubeunruhigen, hatte er sich einmal rund um die Uhr in der Stadt herumgetrieben,dann hatte er sich in die U-Bahn zum Östermalmstorg gesetzt, um zumHauptbahnhof zu fahren und von dort den Zug nach Hause zu nehmen. Leider war erim selben Wagen gelandet wie ein achtzehn Jahre alter Kung-Fu-Spezialist, derfast doppelt so groß war wie Ionnis. Zwischen Östermalmstorg und Hauptbahnhofwaren dem dreizehnjährigen »Kanacken« überzeugende Beweise für die Fertigkeitenseines Reisegenossen geliefert geworden. Mit nur einem Tritt hatte er beideHoden des Jungen zertreten, obwohl der »Wagen so verdammt gewackelt hatte, dasses scheißschwer war, im Gleichgewicht zu bleiben.«
Jetzt lag Ionnis im St.-Görans-Krankenhaus. Der Täter saß im Arrest, und beideEltern waren unterrichtet. Die des Täters, nicht die von Ionnis. Die hatte mannoch nicht erreichen können.
Sirka-Lisa arbeitete seit einigen Monaten in einem Altenheim in den südlichenVororten. Als »Pottmieze«, wie der Wachhabende in der Bereitschaft sichauszudrücken beliebte. Am Sonntagnachmittag hatte sie offenbar - und ausunklaren Gründen - einen nervösen Zusammenbruch erlitten und einen Rollstuhlmit einer achtzigjährigen Frau in hohem Tempo die Treppe hinuntergeschoben. Beider ersten Vernehmung gab sie an, sie sehne »sich nach ihrem einjährigen Sohnund habe es satt, lauter undankbare alte Idioten durch die Gegend zu fahren,die durchaus nicht zu alt und zu krank sind, um mitten in der Nacht ihreKlingel zu betätigen«.
Jetzt lag ihr Opfer in seinem Bett. Zugepflastert, ansonsten aber fast so gutin Schuss wie zuvor. Sirka-Lisa saß im Arrest, und die Heimleitung war imBilde.
Ionnis, 13, und Sirka-Lisa, 19. Aber kein Wort von Nils Rune Nilsson, 66.Sinnlos betrunken war er in die Obhut einer fünfköpfigen Streife geraten. Aberda er nicht viel Arbeit machte und Nilsson nur einer von vielen Betrunkenenwar, die an diesem Abend festgenommen wurden, fand das niemand weiterbeachtlich.
© btb
Übersetzung: Gabriele Haefs
Leif GW Persson gilt als Großmeister der skandinavischen Kriminalliteratur. Persson, der lange Zeit als Profiler im Polizeidienst tätig war, ist Professor der Kriminologie, Medienexperte und seit mittlerweile 30 Jahren einer der erfolgreichsten Krimiautoren Schwedens. Er wurde mehrfach mit dem Schwedischen Krimipreis ausgezeichnet, daneben erhielt er den Dänischen und den Finnischen Krimipreis. Seine Romane stehen regelmäßig auf Platz 1 der Bestsellerliste und verzeichnen Millionenauflagen.Haefs, Gabriele
Dr. Gabriele Haefs studierte in Bonn und Hamburg Sprachwissenschaft. Seit 25 Jahren übersetzt sie u.a. aus dem Dänischen, Englischen, Niederländischen und Walisischen. Sie wurde dafür u.a. mit dem Gustav-Heinemann-Friedenspreis und dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet, zuletzt 2008 mit dem Sonderpreis für ihr übersetzerisches Gesamtwerk. Sie hat u.a. Werke von Jostein Gaarder, Håkan Nesser und Anne Holt übersetzt. Zusammen mit Dagmar Mißfeldt und Christel Hildebrandt hat sie schon mehrere Anthologien skandinavischer Schriftsteller herausgegeben.
- Autor: Leif G. W. Persson
- 2005, 368 Seiten, Maße: 11,8 x 18,6 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung:Haefs, Gabriele
- Übersetzer: Gabriele Haefs
- Verlag: BTB
- ISBN-10: 3442733383
- ISBN-13: 9783442733385
- Erscheinungsdatum: 24.06.2005
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