Bachelorarbeit / Leistet der Film "Merry Christmas" (2005) eine quellen- und forschungsnahe Darstellung des Weihnachtsfriedens von 1914?
Bachelorarbeit
Mit dem Weihnachtsfrieden von 1914 sieht sich die Forschung zum Ersten Weltkrieg einem sehr paradoxen und zugleich faszinierenden Themenkomplex konfrontiert. Während der Kampfhandlungen kommt es an vielen Stellen der belgischen, britischen und französischen...
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Klappentext zu „Bachelorarbeit / Leistet der Film "Merry Christmas" (2005) eine quellen- und forschungsnahe Darstellung des Weihnachtsfriedens von 1914? “
Mit dem Weihnachtsfrieden von 1914 sieht sich die Forschung zum Ersten Weltkrieg einem sehr paradoxen und zugleich faszinierenden Themenkomplex konfrontiert. Während der Kampfhandlungen kommt es an vielen Stellen der belgischen, britischen und französischen Front zu spontanen Verbrüderungen an Heiligabend. Dabei scheint sich ein bestimmtes Handlungsmuster abzuzeichnen, wonach die meisten Fraternisationen charakterisiert werden können. Das Singen von Weihnachtsliedern zusammen mit dem Feind, der Abschluss eines Waffenstillstandes zu Heiligabend, das Treffen im Niemandsland zum Austausch von kleinen Geschenken sowie die gemeinsame Bestattung der Toten und Fußballspiele zwischen fraternisierenden Soldaten sind wesentliche Aspekte dieses historischen Ereignisses.Die Auseinandersetzung mit dem Weihnachtsfrieden und jenem kennzeichnenden Handlungsmuster blieb zumeist Aufgabe der historischen Forschung, eine literarische oder filmische Umsetzung der Ereignisse als Bestandteil des Ersten Weltkrieges war hingegen selten. Erst mit der Jahrtausendwende und der nötigen zeitlichen Distanz zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges fand die Thematik des Weihnachtsfriedens Einzug in die filmische Repräsentation und Interpretation. 2005 erschien mit "Merry Christmas" (original: "Joyeux Noël") von Regisseur Christian Carion die bislang längste Verfilmung zur Thematik der Fraternisationen. Unter französischer, deutscher, britischer, belgischer und rumänischer Beteiligung entstand eine retrospektive Sichtweise zu den Ereignissen des Weihnachtsfriedens.
Die vorliegende Untersuchung versucht nun anhand ausgewählter Untersuchungsschwerpunkte herausfinden, ob in "Merry Christmas" eine quellen- und forschungsnahe Darstellung des historischen Ereignisses gewährleistet ist. Dazu werden wesentliche Zusammenhänge zwischen dem Film und dem historischen Kontext herausgestellt, um beurteilen zu können, inwiefern Regisseur Christian Carion ein authentisches Bild des Weihnachtsfriedens von 1914
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Textprobe:Kapitel 3.2.2 Darstellung von realhistorischen Personen:
Neben den Protagonisten, welche anhand von historischen Vorbildern geschaffen wurden, ist Kronprinz Wilhelm die einzige realhistorische Persönlichkeit in "Merry Christmas". Zweimal tritt der Kronprinz im Film auf, wobei die Handlung im Hauptquartier sich maßgeblich an den historischen Quellen orientiert. Zum Weihnachtsfest organisiert der Befehlsstab des Kronprinzen im Hauptquartier eine große Feier, zu welcher die dänische Sopranistin Anna Sörensen mit Nikolaus Sprink zusammen einen Liederabend veranstalten soll. Der Zuschauer erfährt nicht, wo das Hauptquartier genau lokalisiert ist, doch liefert eine kurze Szene den entscheidenden Hinweis: Auf der Suche nach Sprink entdeckt Anna, dass in der Befehlszentrale des Kronprinzen ein altes französisches Ehepaar wohnt, das von den deutschen Besatzern die Erlaubnis bekam, weiter in ihrem Anwesen leben zu dürfen. Kronprinz Wilhelm bezog von September 1914 bis Februar 1918 das Château des Tilleuls im französischen Stenay nahe Sedan und richtete dort sein Hauptquartier ein. Ursprünglich als Kommandeur für die 1. Garde-Infanterie-Division vorgesehen übernahm der Kronprinz den Oberbefehl über die 5. Deutsche Armee wegen eines krankheitsbedingten Ausfalls des zuständigen Generalobersts von Eichhorn. Das französische Schloss in Stenay gehörte zum Zeitpunkt der Besatzung der Familie Vernier, wobei Madame du Vernier die damalige Besitzerin des Anwesens war. Die rechtmäßige Schlossherrin durfte auch über den Zeitraum der deutschen Inbesitznahme im Château des Tilleuls wohnen, sodass Anna Sörensen durchaus mit der Familie Vernier als historisches Vorbild für die Szene in Kontakt kommt. Dementsprechend richtet sich die filmische Darstellung des Hauptquartiers sehr nah an die Quellen- und Forschungsliteratur zur Befehlszentrale des Kronprinzen.
Allerdings lässt sich die weitere Inszenierung Wilhelms nur schwerlich mit den gegebenen historischen Überlieferungen
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vergleichen. Es fand kein Liederabend für ihn statt, ob Walter Kirchhoff wirklich für seine Majestät gesungen hat, ist nur indirekt aus den Erinnerungen des Kronprinzen abzulesen. Tenor und Prinz haben sich nach dessen Angaben nur am ersten Weihnachtstag getroffen, wo Kirchhoff ihm über Heiligabend und dem gesanglichen Auftritt in den Schützengräben erzählt. Wilhelm selbst befand sich nach eigenen Angaben am Weihnachtsabend nicht primär im Hauptquartier, sondern 45 km südwestlich von Stenay entfernt, nämlich in den Argonnen:
"Mir wird das erste Weihnachtsfest im Kriege stets unvergeßlich sein. [...] So zog es mich denn gerade an diesem Tag besonders stark zu meinen Feldgrauen, und ich lenkte mein Auto nach den Argonnen. Im Hüttenlager der Württemberger, bei den Regimentern 120 und 124, verbrachte ich den Nachmittag".
Wie sich das Abendprogramm des Kronprinzen zum 24. Dezember 1914 gestaltete, darüber liefert die derzeitige Quellenlage leider keine näheren Informationen, was der filmischen Inszenierung in diesem Fall einen großen Interpretationsspielraum für die Gestaltung der Filmhandlung verschafft.
Aber nicht nur einzelne Charaktere des Films können als realhistorische Akteure des Ersten Weltkriegs und des Weihnachtsfriedens inszeniert werden, sondern im Fall von "Merry Christmas" auch ganze Bataillone. Die drei verfeindeten Lager, bestehend aus deutschen, französischen und schottischen Soldaten, stehen als Kollektiv im Gegensatz zu den einzelnen individuellen Filmcharakteren repräsentativ für die Verbrüderung von 1914. Anhand von bestimmten Kennzeichen und visuellen Symbolen kann der Zuschauer sogar Soldaten und Bataillone identifizieren und mithilfe verschiedener Quellen und Forschungsliteratur in den historischen Kontext des Weihnachtsfriedens einordnen.
Betrachtet man das Standbild aus Filmminute 0:11:46, so erkennt man den schottischen Soldaten Jonathan, der überprüft, ob sein angeschossener Bruder William noch
"Mir wird das erste Weihnachtsfest im Kriege stets unvergeßlich sein. [...] So zog es mich denn gerade an diesem Tag besonders stark zu meinen Feldgrauen, und ich lenkte mein Auto nach den Argonnen. Im Hüttenlager der Württemberger, bei den Regimentern 120 und 124, verbrachte ich den Nachmittag".
Wie sich das Abendprogramm des Kronprinzen zum 24. Dezember 1914 gestaltete, darüber liefert die derzeitige Quellenlage leider keine näheren Informationen, was der filmischen Inszenierung in diesem Fall einen großen Interpretationsspielraum für die Gestaltung der Filmhandlung verschafft.
Aber nicht nur einzelne Charaktere des Films können als realhistorische Akteure des Ersten Weltkriegs und des Weihnachtsfriedens inszeniert werden, sondern im Fall von "Merry Christmas" auch ganze Bataillone. Die drei verfeindeten Lager, bestehend aus deutschen, französischen und schottischen Soldaten, stehen als Kollektiv im Gegensatz zu den einzelnen individuellen Filmcharakteren repräsentativ für die Verbrüderung von 1914. Anhand von bestimmten Kennzeichen und visuellen Symbolen kann der Zuschauer sogar Soldaten und Bataillone identifizieren und mithilfe verschiedener Quellen und Forschungsliteratur in den historischen Kontext des Weihnachtsfriedens einordnen.
Betrachtet man das Standbild aus Filmminute 0:11:46, so erkennt man den schottischen Soldaten Jonathan, der überprüft, ob sein angeschossener Bruder William noch
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Bibliographische Angaben
- Autor: Jonas Krüning
- 2016, 56 Seiten, Maße: 15,5 x 22 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Bachelor + Master Publishing
- ISBN-10: 3959930046
- ISBN-13: 9783959930048
- Erscheinungsdatum: 28.01.2016
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