Liebesbriefe großer Männer.Bd.1
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Wer hätte gedacht, daß der Film "Sex and the City" die Lust an klassischen Liebesbriefen neu erweckt? Jeder der über zwei Millionen Zuschauer kennt die Szene, in der Carrie ihrem Mr. Big aus dem Buch "Liebesbriefe...
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Produktinformationen zu „Liebesbriefe großer Männer.Bd.1 “
Wer hätte gedacht, daß der Film "Sex and the City" die Lust an klassischen Liebesbriefen neu erweckt? Jeder der über zwei Millionen Zuschauer kennt die Szene, in der Carrie ihrem Mr. Big aus dem Buch "Liebesbriefe großer Männer. Band 1" vorliest. Hier ist das Buch - und es ist einzigartig: Es stellt 50 Liebesbriefe großer Männer vor und erzählt die Geschichten hinter den Briefen.
Für alle Frauen, die sich nach großen Gefühlen sehnen.
Für alle Männer, die wissen wollen, wie man die Herzen der Frauen erobert.
Klappentext zu „Liebesbriefe großer Männer.Bd.1 “
Wer hätte gedacht, dass der Film »Sex and the City« die Lust an klassischen Liebesbriefen neu erweckt? Jeder der über zwei Millionen Zuschauer kennt die Szene, in der Carrie ihrem Mr. Big aus dem Buch »Liebesbriefe großer Männer. Band 1« vorliest. Hier ist das Buch - und es ist einzigartig: Es stellt 50 Liebesbriefe großer Männer vor und erzählt die Geschichten hinter den Briefen. - Für alle Frauen, die sich nach großen Gefühlen sehnen. Für alle Männer, die wissen wollen, wie man die Herzen der Frauen erobert.
Lese-Probe zu „Liebesbriefe großer Männer.Bd.1 “
Liebesbriefe großer Männer Bd. 1 herausgegeben von Petra Müller und Rainer WielandLESEPROBE
Von einem Herzen zum andern:
Der Liebesbrief und sein Zauber
Vorwort
»Die Liebe gleicht einem Fieber; sie überfällt uns und schwindet, ohne daß der Wille im geringsten beteiligt ist«, schreibt Stendhal in seinem Buch Über die Liebe. Vom Fieber der Liebe, vom ekstatischen ebenso wie vom schmerzhaften, legt der Liebesbrief Zeugnis ab. Der Liebesbrief ist der direkteste Weg von einem Herzen zum andern – es gibt ihn, seitdem sich die Menschen Briefe schreiben. Kaum etwas auf der Welt bewegt unser Herz so sehr wie ein in Worte gefaßtes Liebesgeständnis – um so mehr, wenn es handgeschrieben ist, auf einem Blatt Papier und in einem schönen Kuvert, das wir voller Spannung und Ungeduld aufreißen. Auch im Zeitalter moderner Kommunikationsmedien hat der Liebesbrief nichts von seinem Zauber verloren. Er ist ein greifbares Stück unserer Lebens- und Liebesgeschichte, das wir überall herumtragen, in unser Lieblingsbuch oder unters Kopfkissen legen können; das wir in Momenten der Verzweiflung in Stücke reißen oder verbrennen können; das wir aber auch jahrzehntelang aufbewahren und immer wieder hervorholen können, wenn uns danach ist – auch dann noch, wenn wir alt und grau geworden sind. Die Liebe mag flüchtig sein wie das Leben, Liebesbriefe sind unsterblich.
Für das Schreiben von Liebesbriefen gibt es ebenfalls eine Reihe überzeugender Argumente. »Wir schreiben, weil wir schüchtern sind. Was wir sagen wollen, ist zu wichtig, um es gesprochenen Worten anzuvertrauen«, formuliert es Alain de Botton. Wer ein Liebesgeständnis in Briefform ablegt, kann ohne Scheu sein Herz ausschütten, kann sagen, wofür ihm von Angesicht zu Angesicht der Mut oder die Worte fehlen, und
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muß keine Angst haben, stotternd oder mit knallrotem Gesicht eine peinliche Figur abzugeben. Er kann sich alle Zeit der Welt nehmen, für seinen Antrag die passenden Worte zu finden. Und sollte dieser allen Bemühungen zum Trotz kein Gehör finden, bleibt ihm doch der schmerzliche Moment erspart, der Zurückweisung ins Gesicht sehen zu müssen.
Das vorliegende Buch versammelt Liebesbriefe großer Männer aus sechs Jahrhunderten. Dazu gehören – natürlich – die Briefe von großen Dichtern der Weltliteratur, von denen man erwarten kann, daß sie für ihre Liebe besondere Worte und eine eigene Sprache finden, von Byron über Goethe und Kafka bis Henry Miller und Hemingway. Aber auch Musiker wie Mozart, Beethoven und Wagner sind vertreten, Philosophen wie Voltaire, Diderot und Nietzsche, Gelehrte wie Einstein und Freud, Schauspieler und Sportler wie Alain Delon und Marcel Cerdan. Und nicht zu vergessen die großen Männer, die Geschichte machten: von Heinrich IV. und Luther über Napoleon und Bismarck bis hin zu Winston Churchill.
So universell die Sprache der Liebe ist, so vielfältig sind die einzelnen Briefe und erst recht die damit verbundenen Liebesgeschichten: Wer weiß, daß sich Heinrich von Kleist und Henriette Vogel gemeinsam das Leben genommen haben, liest die Worte »mein Herzblut, meine Eingeweide, mein Augenstern« in ihren kurz vor ihrem Tod geschriebenen Briefen mit anderen Augen. Wer weiß, daß Beethoven sein Leben lang unverheiratet geblieben ist, kann ermessen, wie wichtig für ihn seine »Unsterbliche Geliebte« war, an die er drei sehnsuchtsvolle Briefe richtete – von denen wir nicht einmal wissen, ob er tatsächlich gewagt hat, sie abzuschicken. Aus diesem Grund präsentiert dieses Buch nicht nur eine Auswahl der schönsten Liebesbriefe berühmter Männer, sondern erzählt die Geschichten hinter den Briefen und stellt die Frauen – und gelegentlich auch die Männer – vor, an die sie gerichtet sind. Manchmal kennen wir nur die eine Seite der Liebesgeschichte: Kafka verbrannte die Liebesbriefe, die er von Felice Bauer erhielt. Nicht anders Charlotte von Stein, die ihre Briefe von Goethe zurückforderte und dem Feuer übergab. Die Antwortbriefe von Marlene Dietrich an Erich Maria Remarque sind, mit Ausnahme einiger Telegramme, der Eifersucht seiner späteren Ehefrau zum Opfer gefallen.
Im Grunde genommen gehen Briefe und insbesondere Liebesbriefe ja auch nur die etwas an, die sie schreiben und für die sie bestimmt sind. Wenn sie obendrein in falsche Hände geraten, wie die Richard Wagners, kann das verheerende Folgen haben. Die in diesem Buch aufgenommenen Briefe erscheinen, wenn nicht mit der Zustimmung ihrer Verfasser, so doch mit der ihrer Empfängerinnen oder Nachlaßverwalter. Zwischen dem Zeitpunkt der Entstehung und ihrer Veröffentlichung liegt ein genügend langer Zeitraum, um sie für den öffentlichen Skandal untauglich zu machen.
Eine Prise Voyeurismus mag im Spiel sein, wenn wir die intime Korrespondenz anderer lesen, zumal die von berühmten Menschen, aber das ist nicht das Entscheidende. Manch große Gestalt der Geschichte erscheint uns in ihren Briefen in neuem Licht. Da ist der Feldherr und spätere Kaiser Napoleon Bonaparte, der sich in seinen Briefen von den Schlachtfeldern der Weltgeschichte nach seiner Joséphine verzehrt; der allzeit entschlossene britische Premierminister Winston Churchill, der sich seiner Frau als treu ergebener Mops vorstellt; der Haudegen Hemingway, der seine Mary inständig bittet: »Bitte, liebe mich sehr und immer«. Sie alle offenbaren in ihren Briefen eine Seite ihrer Persönlichkeit, die nicht unbedingt zu erwarten ist. Sie zeigen sich als schwach und verletzlich und scheuen sich nicht, ihre Gefühle zu äußern.
Der Liebesbrief überwindet die größten Distanzen. Zwischen Moskau, wo Olga Knipper Theater spielte, und Jalta, wo sich der tuberkulosekranke Tschechow auf Anraten seiner Ärzte aufhielt, lag im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert eine beschwerliche Bahnreise von achtundvierzig Stunden. Zwischen der französischen Hauptstadt, wo die Piaf auf der Bühne sang, und New York, wo Marcel Cerdan im Boxring kämpfte, lag der Atlantik, den man damals in der Regel nicht per Flugzeug, sondern per Schiff überquerte. John Lennon schreibt seiner Geliebten Cynthia in Liverpool aus dem Hamburger Star Club auf der Großen Freiheit, wo die damals noch unbekannten Beatles ein siebenwöchiges Engagement eingegangen waren. Oft sind es Reisen oder berufliche Verpflichtungen, die Trennungen verursachen, manchmal sind sie durch äußere Umstände erzwungen. Aus den Schützengräben des Ersten Weltkriegs richtet der Maler Franz Marc einen letzten Brief an seine Frau, wenige Stunden bevor er getötet wird. Jean-Paul Sartre wiederum schreibt Simone de Beauvoir, seinem geliebten »Castor«, von einer Wettermeßstation aus dem Elsaß, wohin er zu Beginn des Zweiten Weltkriegs als Soldat abkommandiert worden ist. Oscar Wilde schreibt seinem geliebten Lord Douglas aus dem Zuchthaus, in das ihn die verbotene Liebe zu seinem Freund gebracht hat – und es bedeutet eine besondere seelische Qual für ihn als passionierten Briefschreiber, daß er während seiner Haft nur vier persönliche Briefe pro Jahr schreiben und empfangen darf.
Daß nur Frauen zu romantischen Gefühlen neigen und diese in Worte zu fassen wissen – dieses Vorurteil vermag das vorliegende Buch zu widerlegen. Auch große Männer schweben gelegentlich im siebten Himmel und überschütten die Frau ihrer Wahl mit romantischen Liebesbekundungen. Sie geben sich ausgelassen wie Brecht in seinen Briefen an Paula und Pessoa in den seinen an Ophélia. Sie sind voller Erfindungsgeist, die geliebte Person mit zauberhaften Worten zu umgarnen und ihr zärtliche Kosenamen zu geben, die doch alle nur das eine sagen wollen: Du bist einzigartig! So schreibt Baudelaire an seine Madonna, Churchill an seinen Miezevogel, Mozart an sein Bagatellerl, Pessoa an seine Baby-Raubkatze, Tucholsky an sein Dickerchen und Beethoven an seinen Engel, sein Alles, sein Ich. Sie sind kämpferisch angesichts von Widerständen und Hindernissen auf dem Weg, die Person ihres Herzens zu erobern und zu halten. Sie wehren sich – wie im Falle von Voltaire, Freud oder Einstein – gegen den Widerspruch von Eltern und Familie, oder – wie im Falle von HeinrichIV. – gegen den der ganzen Nation. Sie fürchten, wenn es um ihre Liebe geht, weder Sanktionen noch Drohungen. Sie plagen sich mit Nebenbuhlern und Rivalen, die ihnen die Geliebte abspenstig zu machen drohen, wie Paul Éluard, der mit ansehen muß, wie er seine Gala an Salvador Dalí verliert. Sie sorgen sich um die Gesundheit und das Wohlergehen der Geliebten wie der selbst schwerkranke John Keats, der unter dem »schlechten Gesundheitszustand« seiner Fanny leidet, oder wie Erich Maria Remarque, der aus der Schweiz an Marlene Dietrich im winterlichen New York die Frage richtet: »Bist Du auch unterwärts warm angezogen?« Sie sehnen sich nach Geborgenheit, verzehren sich nach ihrer Geliebten, fiebern vor Erwartung, rasen vor Eifersucht oder trauern um das Ende einer großen Liebe. Als Liebende sind die Mr. Bigs dieser Welt einfache Menschen wie alle anderen auch. – Das ist es, was die Lektüre ihrer Briefe so faszinierend und anrührend macht. Sie zeigen uns die Liebe in allen ihren Schattierungen und Aggregatzuständen, vom Augenblick des Sich-Verliebens und Sich-Findens bis hin zum Moment des Sich-Verlierens und Abschiednehmens. Manchmal liegen dazwischen nur ein paar Tage, Wochen oder Monate, manchmal währt die Liebe ein ganzes Leben.
»Es ist bemerkenswert, daß wir gerade von dem Menschen, den wir lieben, am mindesten aussagen können, wie er sei. Wir lieben ihn einfach«, schreibt Max Frisch und setzt hinzu: »Eben darin besteht ja die Liebe, daß sie uns in der Schwebe des Lebendigen hält, in der Bereitschaft, einem Menschen zu folgen in allen seinen möglichen Entfaltungen.« Das ist vielleicht eine der treffendsten und schönsten Definitionen der Liebe – als eines Gefühls und einer Haltung, die den Überschwang des Verliebtseins hinter sich gelassen hat. Aber ebenso wahr und gültig ist das Wort Robert Musils: »Der Wahnsinnige, der in seiner Sinnestäuschung ein Messer zückt und damit einen Unschuldigen durchbohrt, der gerade an der Stelle seiner Halluzinationen steht: in der Liebe ist er der Normale!«
Petra Müller & Rainer Wieland
Ich mache in Gedanken einen Rundgang
um Dein Bett und befehle Stille
Franz Kafka an Felice Bauer
Prag, 14. XI. 1912
Liebste, laß Dich nicht stören, ich sage Dir bloß Gute Nacht und habe deshalb mitten auf einer Seite mein Schreiben unterbrochen. Ich habe Angst, daß ich Dir bald nicht mehr werde schreiben können, denn um jemandem (ich muß Dich mit allen Namen benennen, darum heiße einmal auch »jemand«) schreiben zu können, muß man sich doch vorstellen, daß man sein Gesicht vor sich hat, an das man sich wendet. Und vorstellbar ist mir Dein Gesicht sehr gut, daran würde es nicht scheitern. Aber die noch viel stärkere Vorstellung fängt immer häufiger an mich zu halten, daß mein Gesicht auf Deiner Schulter liegt und daß ich mehr erstickt als verständlich zu Deiner Schulter, zu Deinem Kleid, zu mir selbst rede während Du keine Ahnung haben kannst, was dort gesprochen wird.
Schläfst Du jetzt? Oder liest Du noch, was ich verurteilen würde? Oder bist Du gar noch auf einer Probe, was ich schon gar nicht hoffen will. Es ist nach meiner immer bummelnden, niemals aber verdorbenen Uhr in 7 Minuten ein Uhr. Merke, Du mußt mehr schlafen als andere Menschen, denn ich schlafe ein wenig, nicht viel weniger als der Durchschnitt. Und ich weiß mir keinen besseren Ort, um meinen ungenützten Anteil am allgemeinen Schlaf aufzubewahren, als Deine lieben Augen.
Und bitte keine wüsten Träume! Ich mache in Gedanken einen Rundgang um Dein Bett und befehle Stille. Und nachdem ich hier Ordnung gemacht und vielleicht noch einen Betrunkenen aus der Immanuelkirchstraße gedrängt habe, kehre ich, ordentlicher auch in mir, zu meinem Schreiben oder vielleicht gar schon zum Schlaf zurück.
Schreib mir doch immer, Liebste, was Du zur beiläufigen Zeit meiner Briefe beiläufig gemacht hast. Ich werde danach dann meine Ahnungen kontrollieren, Du wirst nach Möglichkeit die Tatsachen meinen Ahnungen nähern und wäre es dann so unglaublich, daß sie beide endlich nach vielen Proben zusammentreffen und eine einzige große Wirklichkeit werden, deren man immer sicher ist. – Jetzt schlägt es also 1 vom Turm genau nach der Prager Zeit.
Adieu, Felice, adieu! Wie kamst Du zu dem Namen? Und flieg mir nicht fort! fällt mir irgendwie ein, vielleicht durch das Wort »Adieu«, das solche Flugkraft hat. Es müßte ja, denke ich mir, ein ausnehmendes Vergnügen sein, in die Höhe wegzufliegen, wenn man dadurch ein schweres Gewicht loswerden kann, das an einem hängt, wie ich an Dir. Laß Dich nicht verlocken durch die Erleichterung, die winkt. Bleib in der Täuschung, daß Du mich nötig hast. Denke Dich noch tiefer hinein. Denn sieh, Dir schadet es doch nichts, willst Du mich einmal los sein, so wirst Du immer genug Kräfte haben, es auch zu werden, mir aber hast Du in der Zwischenzeit ein Geschenk gemacht, wie ich es in diesem Leben zu finden auch nicht geträumt habe. So ist es, und wenn Du auch im Schlaf den Kopf schüttelst.
Franz
Als Franz Kafka am Abend des 13. August 1912 seinen Freund Max Brod besucht, um mit ihm das Manuskript für seine erste Buchveröffentlichung durchzugehen, sitzt dort am Eßtisch eine ihm unbekannte junge Frau: Felice Bauer, eine entfernte Verwandte Brods aus Berlin, Prokuristin in einer Firma für Diktiergeräte. »Knochiges, leeres Gesicht, das seine Leere offen trug. Freier Hals. Überworfene Bluse… Fast zerbrochene Nase. Blondes, etwas steifes reizloses Haar, starkes Kinn«, so die wenig schmeichelhafte Beschreibung, die Kafka in sein Tagebuch notiert. Und doch entspinnt sich aus der Begegnung eine Liebesbeziehung, die fünf Jahre währen sollte. Wie auch die späteren Beziehungen Kafkas wird sie auf dem Briefwege angefacht und am Leben erhalten. Vier Wochen nach dem gemeinsamen Abend bei Max Brod erhält Felice aus Prag den ersten Brief. Es dauert nicht lange, und die Briefe wechseln im Tagesrhythmus zwischen der Immanuelkirchstraße in Berlin und Prag hin und her.
Selten hat ein Mensch, der um einen anderen wirbt, so viel Kunst aufgewandt, sich in einem unvorteilhaften Licht darzustellen, wie Kafka in diesen Briefen – zaudernd, zagend, »im Unglück badend«, ein bleischweres Gewicht auf dem Herzen der Freundin: »Ich bin noch knapp gesund für mich, aber nicht mehr zur Ehe und schon gar nicht zur Vaterschaft.« Doch gleichzeitig sind Kafkas Briefe voller zauberhafter Liebeserklärungen: »Ich erschrecke, wenn ich höre, daß Du mich liebst, und wenn ich es nicht hören sollte, wollte ich sterben.« Zweimal verloben sich die beiden, und zweimal wird die Verlobung wieder gelöst. Schließlich heiratet Felice den Bankier Moritz Marasse. Sie zieht mit ihm in die Schweiz, dann nach Amerika. Im Jahr 1955, über dreißig Jahre nach Kafkas Tod, gibt sie Kafkas Briefe zur Veröffentlichung frei. Ihre Antwortbriefe haben sich nicht erhalten, wahrscheinlich hat Kafka sie dem Feuer übergeben.
© Piper Verlag GmbH, München
Kafka-Brief aus Franz Kafka, Briefe an Felice und andere Korrespondenz aus er Verlobungszeit, Herausgegeben von Erich Heller und Jürgen Born, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main, 1967
Das vorliegende Buch versammelt Liebesbriefe großer Männer aus sechs Jahrhunderten. Dazu gehören – natürlich – die Briefe von großen Dichtern der Weltliteratur, von denen man erwarten kann, daß sie für ihre Liebe besondere Worte und eine eigene Sprache finden, von Byron über Goethe und Kafka bis Henry Miller und Hemingway. Aber auch Musiker wie Mozart, Beethoven und Wagner sind vertreten, Philosophen wie Voltaire, Diderot und Nietzsche, Gelehrte wie Einstein und Freud, Schauspieler und Sportler wie Alain Delon und Marcel Cerdan. Und nicht zu vergessen die großen Männer, die Geschichte machten: von Heinrich IV. und Luther über Napoleon und Bismarck bis hin zu Winston Churchill.
So universell die Sprache der Liebe ist, so vielfältig sind die einzelnen Briefe und erst recht die damit verbundenen Liebesgeschichten: Wer weiß, daß sich Heinrich von Kleist und Henriette Vogel gemeinsam das Leben genommen haben, liest die Worte »mein Herzblut, meine Eingeweide, mein Augenstern« in ihren kurz vor ihrem Tod geschriebenen Briefen mit anderen Augen. Wer weiß, daß Beethoven sein Leben lang unverheiratet geblieben ist, kann ermessen, wie wichtig für ihn seine »Unsterbliche Geliebte« war, an die er drei sehnsuchtsvolle Briefe richtete – von denen wir nicht einmal wissen, ob er tatsächlich gewagt hat, sie abzuschicken. Aus diesem Grund präsentiert dieses Buch nicht nur eine Auswahl der schönsten Liebesbriefe berühmter Männer, sondern erzählt die Geschichten hinter den Briefen und stellt die Frauen – und gelegentlich auch die Männer – vor, an die sie gerichtet sind. Manchmal kennen wir nur die eine Seite der Liebesgeschichte: Kafka verbrannte die Liebesbriefe, die er von Felice Bauer erhielt. Nicht anders Charlotte von Stein, die ihre Briefe von Goethe zurückforderte und dem Feuer übergab. Die Antwortbriefe von Marlene Dietrich an Erich Maria Remarque sind, mit Ausnahme einiger Telegramme, der Eifersucht seiner späteren Ehefrau zum Opfer gefallen.
Im Grunde genommen gehen Briefe und insbesondere Liebesbriefe ja auch nur die etwas an, die sie schreiben und für die sie bestimmt sind. Wenn sie obendrein in falsche Hände geraten, wie die Richard Wagners, kann das verheerende Folgen haben. Die in diesem Buch aufgenommenen Briefe erscheinen, wenn nicht mit der Zustimmung ihrer Verfasser, so doch mit der ihrer Empfängerinnen oder Nachlaßverwalter. Zwischen dem Zeitpunkt der Entstehung und ihrer Veröffentlichung liegt ein genügend langer Zeitraum, um sie für den öffentlichen Skandal untauglich zu machen.
Eine Prise Voyeurismus mag im Spiel sein, wenn wir die intime Korrespondenz anderer lesen, zumal die von berühmten Menschen, aber das ist nicht das Entscheidende. Manch große Gestalt der Geschichte erscheint uns in ihren Briefen in neuem Licht. Da ist der Feldherr und spätere Kaiser Napoleon Bonaparte, der sich in seinen Briefen von den Schlachtfeldern der Weltgeschichte nach seiner Joséphine verzehrt; der allzeit entschlossene britische Premierminister Winston Churchill, der sich seiner Frau als treu ergebener Mops vorstellt; der Haudegen Hemingway, der seine Mary inständig bittet: »Bitte, liebe mich sehr und immer«. Sie alle offenbaren in ihren Briefen eine Seite ihrer Persönlichkeit, die nicht unbedingt zu erwarten ist. Sie zeigen sich als schwach und verletzlich und scheuen sich nicht, ihre Gefühle zu äußern.
Der Liebesbrief überwindet die größten Distanzen. Zwischen Moskau, wo Olga Knipper Theater spielte, und Jalta, wo sich der tuberkulosekranke Tschechow auf Anraten seiner Ärzte aufhielt, lag im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert eine beschwerliche Bahnreise von achtundvierzig Stunden. Zwischen der französischen Hauptstadt, wo die Piaf auf der Bühne sang, und New York, wo Marcel Cerdan im Boxring kämpfte, lag der Atlantik, den man damals in der Regel nicht per Flugzeug, sondern per Schiff überquerte. John Lennon schreibt seiner Geliebten Cynthia in Liverpool aus dem Hamburger Star Club auf der Großen Freiheit, wo die damals noch unbekannten Beatles ein siebenwöchiges Engagement eingegangen waren. Oft sind es Reisen oder berufliche Verpflichtungen, die Trennungen verursachen, manchmal sind sie durch äußere Umstände erzwungen. Aus den Schützengräben des Ersten Weltkriegs richtet der Maler Franz Marc einen letzten Brief an seine Frau, wenige Stunden bevor er getötet wird. Jean-Paul Sartre wiederum schreibt Simone de Beauvoir, seinem geliebten »Castor«, von einer Wettermeßstation aus dem Elsaß, wohin er zu Beginn des Zweiten Weltkriegs als Soldat abkommandiert worden ist. Oscar Wilde schreibt seinem geliebten Lord Douglas aus dem Zuchthaus, in das ihn die verbotene Liebe zu seinem Freund gebracht hat – und es bedeutet eine besondere seelische Qual für ihn als passionierten Briefschreiber, daß er während seiner Haft nur vier persönliche Briefe pro Jahr schreiben und empfangen darf.
Daß nur Frauen zu romantischen Gefühlen neigen und diese in Worte zu fassen wissen – dieses Vorurteil vermag das vorliegende Buch zu widerlegen. Auch große Männer schweben gelegentlich im siebten Himmel und überschütten die Frau ihrer Wahl mit romantischen Liebesbekundungen. Sie geben sich ausgelassen wie Brecht in seinen Briefen an Paula und Pessoa in den seinen an Ophélia. Sie sind voller Erfindungsgeist, die geliebte Person mit zauberhaften Worten zu umgarnen und ihr zärtliche Kosenamen zu geben, die doch alle nur das eine sagen wollen: Du bist einzigartig! So schreibt Baudelaire an seine Madonna, Churchill an seinen Miezevogel, Mozart an sein Bagatellerl, Pessoa an seine Baby-Raubkatze, Tucholsky an sein Dickerchen und Beethoven an seinen Engel, sein Alles, sein Ich. Sie sind kämpferisch angesichts von Widerständen und Hindernissen auf dem Weg, die Person ihres Herzens zu erobern und zu halten. Sie wehren sich – wie im Falle von Voltaire, Freud oder Einstein – gegen den Widerspruch von Eltern und Familie, oder – wie im Falle von HeinrichIV. – gegen den der ganzen Nation. Sie fürchten, wenn es um ihre Liebe geht, weder Sanktionen noch Drohungen. Sie plagen sich mit Nebenbuhlern und Rivalen, die ihnen die Geliebte abspenstig zu machen drohen, wie Paul Éluard, der mit ansehen muß, wie er seine Gala an Salvador Dalí verliert. Sie sorgen sich um die Gesundheit und das Wohlergehen der Geliebten wie der selbst schwerkranke John Keats, der unter dem »schlechten Gesundheitszustand« seiner Fanny leidet, oder wie Erich Maria Remarque, der aus der Schweiz an Marlene Dietrich im winterlichen New York die Frage richtet: »Bist Du auch unterwärts warm angezogen?« Sie sehnen sich nach Geborgenheit, verzehren sich nach ihrer Geliebten, fiebern vor Erwartung, rasen vor Eifersucht oder trauern um das Ende einer großen Liebe. Als Liebende sind die Mr. Bigs dieser Welt einfache Menschen wie alle anderen auch. – Das ist es, was die Lektüre ihrer Briefe so faszinierend und anrührend macht. Sie zeigen uns die Liebe in allen ihren Schattierungen und Aggregatzuständen, vom Augenblick des Sich-Verliebens und Sich-Findens bis hin zum Moment des Sich-Verlierens und Abschiednehmens. Manchmal liegen dazwischen nur ein paar Tage, Wochen oder Monate, manchmal währt die Liebe ein ganzes Leben.
»Es ist bemerkenswert, daß wir gerade von dem Menschen, den wir lieben, am mindesten aussagen können, wie er sei. Wir lieben ihn einfach«, schreibt Max Frisch und setzt hinzu: »Eben darin besteht ja die Liebe, daß sie uns in der Schwebe des Lebendigen hält, in der Bereitschaft, einem Menschen zu folgen in allen seinen möglichen Entfaltungen.« Das ist vielleicht eine der treffendsten und schönsten Definitionen der Liebe – als eines Gefühls und einer Haltung, die den Überschwang des Verliebtseins hinter sich gelassen hat. Aber ebenso wahr und gültig ist das Wort Robert Musils: »Der Wahnsinnige, der in seiner Sinnestäuschung ein Messer zückt und damit einen Unschuldigen durchbohrt, der gerade an der Stelle seiner Halluzinationen steht: in der Liebe ist er der Normale!«
Petra Müller & Rainer Wieland
Ich mache in Gedanken einen Rundgang
um Dein Bett und befehle Stille
Franz Kafka an Felice Bauer
Prag, 14. XI. 1912
Liebste, laß Dich nicht stören, ich sage Dir bloß Gute Nacht und habe deshalb mitten auf einer Seite mein Schreiben unterbrochen. Ich habe Angst, daß ich Dir bald nicht mehr werde schreiben können, denn um jemandem (ich muß Dich mit allen Namen benennen, darum heiße einmal auch »jemand«) schreiben zu können, muß man sich doch vorstellen, daß man sein Gesicht vor sich hat, an das man sich wendet. Und vorstellbar ist mir Dein Gesicht sehr gut, daran würde es nicht scheitern. Aber die noch viel stärkere Vorstellung fängt immer häufiger an mich zu halten, daß mein Gesicht auf Deiner Schulter liegt und daß ich mehr erstickt als verständlich zu Deiner Schulter, zu Deinem Kleid, zu mir selbst rede während Du keine Ahnung haben kannst, was dort gesprochen wird.
Schläfst Du jetzt? Oder liest Du noch, was ich verurteilen würde? Oder bist Du gar noch auf einer Probe, was ich schon gar nicht hoffen will. Es ist nach meiner immer bummelnden, niemals aber verdorbenen Uhr in 7 Minuten ein Uhr. Merke, Du mußt mehr schlafen als andere Menschen, denn ich schlafe ein wenig, nicht viel weniger als der Durchschnitt. Und ich weiß mir keinen besseren Ort, um meinen ungenützten Anteil am allgemeinen Schlaf aufzubewahren, als Deine lieben Augen.
Und bitte keine wüsten Träume! Ich mache in Gedanken einen Rundgang um Dein Bett und befehle Stille. Und nachdem ich hier Ordnung gemacht und vielleicht noch einen Betrunkenen aus der Immanuelkirchstraße gedrängt habe, kehre ich, ordentlicher auch in mir, zu meinem Schreiben oder vielleicht gar schon zum Schlaf zurück.
Schreib mir doch immer, Liebste, was Du zur beiläufigen Zeit meiner Briefe beiläufig gemacht hast. Ich werde danach dann meine Ahnungen kontrollieren, Du wirst nach Möglichkeit die Tatsachen meinen Ahnungen nähern und wäre es dann so unglaublich, daß sie beide endlich nach vielen Proben zusammentreffen und eine einzige große Wirklichkeit werden, deren man immer sicher ist. – Jetzt schlägt es also 1 vom Turm genau nach der Prager Zeit.
Adieu, Felice, adieu! Wie kamst Du zu dem Namen? Und flieg mir nicht fort! fällt mir irgendwie ein, vielleicht durch das Wort »Adieu«, das solche Flugkraft hat. Es müßte ja, denke ich mir, ein ausnehmendes Vergnügen sein, in die Höhe wegzufliegen, wenn man dadurch ein schweres Gewicht loswerden kann, das an einem hängt, wie ich an Dir. Laß Dich nicht verlocken durch die Erleichterung, die winkt. Bleib in der Täuschung, daß Du mich nötig hast. Denke Dich noch tiefer hinein. Denn sieh, Dir schadet es doch nichts, willst Du mich einmal los sein, so wirst Du immer genug Kräfte haben, es auch zu werden, mir aber hast Du in der Zwischenzeit ein Geschenk gemacht, wie ich es in diesem Leben zu finden auch nicht geträumt habe. So ist es, und wenn Du auch im Schlaf den Kopf schüttelst.
Franz
Als Franz Kafka am Abend des 13. August 1912 seinen Freund Max Brod besucht, um mit ihm das Manuskript für seine erste Buchveröffentlichung durchzugehen, sitzt dort am Eßtisch eine ihm unbekannte junge Frau: Felice Bauer, eine entfernte Verwandte Brods aus Berlin, Prokuristin in einer Firma für Diktiergeräte. »Knochiges, leeres Gesicht, das seine Leere offen trug. Freier Hals. Überworfene Bluse… Fast zerbrochene Nase. Blondes, etwas steifes reizloses Haar, starkes Kinn«, so die wenig schmeichelhafte Beschreibung, die Kafka in sein Tagebuch notiert. Und doch entspinnt sich aus der Begegnung eine Liebesbeziehung, die fünf Jahre währen sollte. Wie auch die späteren Beziehungen Kafkas wird sie auf dem Briefwege angefacht und am Leben erhalten. Vier Wochen nach dem gemeinsamen Abend bei Max Brod erhält Felice aus Prag den ersten Brief. Es dauert nicht lange, und die Briefe wechseln im Tagesrhythmus zwischen der Immanuelkirchstraße in Berlin und Prag hin und her.
Selten hat ein Mensch, der um einen anderen wirbt, so viel Kunst aufgewandt, sich in einem unvorteilhaften Licht darzustellen, wie Kafka in diesen Briefen – zaudernd, zagend, »im Unglück badend«, ein bleischweres Gewicht auf dem Herzen der Freundin: »Ich bin noch knapp gesund für mich, aber nicht mehr zur Ehe und schon gar nicht zur Vaterschaft.« Doch gleichzeitig sind Kafkas Briefe voller zauberhafter Liebeserklärungen: »Ich erschrecke, wenn ich höre, daß Du mich liebst, und wenn ich es nicht hören sollte, wollte ich sterben.« Zweimal verloben sich die beiden, und zweimal wird die Verlobung wieder gelöst. Schließlich heiratet Felice den Bankier Moritz Marasse. Sie zieht mit ihm in die Schweiz, dann nach Amerika. Im Jahr 1955, über dreißig Jahre nach Kafkas Tod, gibt sie Kafkas Briefe zur Veröffentlichung frei. Ihre Antwortbriefe haben sich nicht erhalten, wahrscheinlich hat Kafka sie dem Feuer übergeben.
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Kafka-Brief aus Franz Kafka, Briefe an Felice und andere Korrespondenz aus er Verlobungszeit, Herausgegeben von Erich Heller und Jürgen Born, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main, 1967
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Autoren-Porträt von Petra Müller (Hrsg.)
Petra Müller, geboren 1966 in Mecklenburg, studierte Bibliothekswissenschaft und Italianistik in Berlin und Pisa. Sie lebt und arbeitet als freiberufliche Lektorin und Herausgeberin in Berlin. Mit Rainer Wieland veröffentlichte sie »Die Jahre sind mein Lebensglück. Schriftsteller über das Alter«.Rainer Wieland, geboren 1968 in Weißenburg in Bayern, studierte Literaturwissenschaften, Geschichte und Publizistik. Unter der Herausgeberschaft von Hans Magnus Enzensberger arbeitete er viele Jahre als Lektor der renommierten Anderen Bibliothek, in der auch seine ebenso kurzweilige wie einsichtsreiche Auswahl aus Diderots berühmter Enzyklopädie »Die Welt der Encyclopédie« erschien. Heute lebt er als freiberuflicher Lektor, Herausgeber und Autor in Berlin.
Bibliographische Angaben
- Autor: Petra Müller (Hrsg.)
- 2008, 16. Aufl., 192 Seiten, 15 Abbildungen, Maße: 12,5 x 19,6 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Herausgegeben: Petra Müller, Rainer Wieland
- Verlag: Piper
- ISBN-10: 3492254268
- ISBN-13: 9783492254267
- Erscheinungsdatum: 24.09.2008
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