Macht Wirtschaft!

Macht Wirtschaft!Zugegeben, es kann einem schon bange werden, wenn man in die Welt blickt. Die Problemberge wachsen und die Verantwortlichen verheddern sich immer neu in alte Debatten, gerade in wirtschaftlichen Fragen. Die Klimakrise spitzt sich zu und in Wirtschaftsdebatten zählt nur Wachstum. Alle reden von Gerechtigkeit - doch die Kluft zwischen Superreichen und Habenichtsen wird immer größer, weltweit und hierzulande. Ständig werden Solidarität und Zusammenhalt beschworen, doch im Zweifel herrschen egoistische Interessen. Kritische Anfragen oder alternative Konzepte werden schnell mit dem Hinweis auf die angeblich unüberwindbaren Sachzwänge einer komplexen Ökonomie ins Abseits geredet. Wie lässt sich bei alledem noch Zukunft gestalten, ohne von Ohnmachtsgefühlen erdrückt zu werden?Zunächst, indem man sich einlässt auf die Widersprüche einer so komplexen Wirtschaft. Das kostet Überwindung, weil viele glauben, sie könnten Wirtschaft sowieso nie verstehen. Dieser Glaube wird von manchen Fachleuten gerne genährt, sie wollen ihr Wissensmonopol behaupten. Wer sich jedoch die ökonomischen Zusammenhänge offen und klar vor Augen führt, vielleicht darüber mit anderen spricht, stellt bald fest: Es ist komplex, aber kein Hexenwerk. Plötzlich fällt auf, dass sich hinter manchem Wortgeklingel von Politikern, Unternehmern, Wissenschaftlern, Gewerkschaftern oder Börsianern oft einfache Wahrheiten verbergen und nicht selten ganz einseitige Interessen.Dies zu durchschauen macht selbstbewusst. Man lässt sich nicht mehr so leicht von Worthülsen beeindrucken - und auch nicht von angeblich unverrückbaren Wahrheiten. Gerade in einer polarisierten Welt, in einer polarisierten Gesellschaft wie der deutschen ist es wichtig, auch in komplizierten Streitfeldern immer zu fragen, ob alles nicht auch ganz anders sein könnte. Wer konsequent sucht, wird überrascht sein von den vielen Alternativen, die irgendwo gedacht und zuweilen sogar praktiziert werden. Aber auch dann gilt es, offen zu

Wolfgang Kessler, geb. 1953, wuchs in Oberschwaben auf und wurde dort durch die katholische Jugendarbeit geprägt. Das Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Konstanz, Bristol/England und an der London School of Economics schloss er 1982 mit der Promotion ab. Er arbeitete wissenschaftlich über den Internationalen Währungsfonds, auch in der Zentrale in Washington D.C., wandte sich aber aufgrund der umstrittenen Politik des IWF dem Journalismus zu. Dies zunächst im eigenen Pressebüro, ab 1991 bei Publik-Forum. Von 1999 bis 2019 war Wolfgang Kessler Chefredakteur der Zeitschrift. Er publiziert heute in unterschiedlichen Zeitungen und Zeitschriften und ist Autor zahlreicher Bücher zu sozialethischen Themen.Wolfgang Kessler wurde 2007 mit dem Internationalen Bremer Friedenspreis für »sein öffentliches Wirken für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung« ausgezeichnet. Im Jahre 2020 erhielt er für seinen »engagierten Journalismus« den Walter-und-Marianne-Dirks-Preis.